Zusammenfassung
Der vorliegende Artikel widmet sich dem Thema der „Solidaritätsbrüche“ am Beispiel der Verbreitung von Vorurteilen gegenüber marginalisierten sozialen Gruppen und ihren Auswirkungen auf den sozialen Zusammenhalt. Am Beispiel Österreichs wird die konflikttheoretischen Annahme geprüft, die Zunahme materieller Verteilungskonflikte führe dazu, dass die „Grenzen der Gemeinschaft“ enger gezogen werden und marginalisierte soziale Gruppen zunehmend als „BürgerInnen zweiter Klasse“ bzw. als „Bürde für die Gemeinschaft“ definiert werden. Der postulierte Zusammenhang von sozialen Unsicherheiten, Verunsicherungen und relativen Deprivationen mit Vorurteilen kann bei der Entstehung und Rezeption von Vorteilen gegenüber marginalisierten sozialen Gruppen im Allgemeinen (die sogenannte „gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“) empirisch nachgewiesen werden. Bei den Ressentiments gegenüber spezifischen Gruppen (wie etwa den Vorurteilen gegenüber AsylwerberInnen oder sozial Schwachen) zeigt sich, dass diese Vorurteile jeweils ihrer eigenen Logik folgen. Die vorliegenden Ergebnisse sollen jedoch nicht als Widerlegung konflikttheoretischer Ansätze gelesen werden, sondern als Betonung der Heterogenität und Mehrdimensionalität von Entstehungs- und Rezeptionsbedingungen sozialer Vorurteile. Die Formel „Abstiegsangst = Tritt nach unten?“ geht nicht für alle Feindbilder in gleichem Ausmaß auf.