Die Hybridfertigung nutzt die Präzision und Flexibilität des 3-D-Drucks zusammen mit den Stärken traditioneller Fertigungsverfahren. Welche Anwendungen bieten sich an?
Auf den ersten Blick hat es den Anschein, dass die herkömmliche (subtraktive) und die additive Fertigung (3-D-Druck) im Grunde an den entgegengesetzten Enden eines Spektrums angesiedelt sind. Aber ist das tatsächlich der Fall? In dem Szenario einer hybriden Fertigung sind additive und subtraktive Technologien keineswegs konkurrierende Verfahren, sondern ergänzen sich und steigern überdies die Performance deutlich.
Die Hybridfertigung nutzt die wertvollsten Fähigkeiten beider Technologien: die geometrische Komplexität der additiven Fertigung und die hohe Präzision subtraktiver Methoden. Das bedeutet, dass ein Werkstück in einem einzigen Arbeitsgang additiv erstellt und auch noch bearbeitet werden kann. Dies kann den Produktionsprozess wesentlich beschleunigen.
Das Beste aus beiden Welten
Hybridfertigungsanlagen sind so konzipiert, dass sie in bestehende Produktionslinien integriert werden können. Dies schafft eine nahtlose Kombination von additiven und subtraktiven Fertigungsprozessen, was die Effizienz und Flexibilität der Produktion steigert. Eine gängige Form der Hybridfertigung kombiniert beispielsweise den 3-D-Druck mit Fräs- und Drehverfahren per Computerized Numerical Control (CNC) für die Nachbearbeitung.
Denn trotz der Designkomplexität, die der 3-D-Druck von Metall ermöglicht, erfordern insbesondere Metallteile eine umfangreiche Nachbearbeitung, teilweise um raue Oberflächenbeschaffenheiten auszugleichen. Eine CNC-Bearbeitung ist zwar naturgemäß bei der Herstellung komplexer Geometrien begrenzt, bietet aber ein hohes Maß an Präzision bei der Nachbearbeitung. Auf diese Weise ermöglicht eine solche Kombination die Herstellung komplexer Teile mit präzisen Oberflächen und hoher struktureller Integrität.
Maßgeschneiderte Fertigungslösungen
Das Hauptziel der meisten Hybridprozesse besteht darin, die Teilequalität und -leistung zu verbessern und nicht die Verarbeitung per se zu optimieren. So umfasst eine Hybridfertigungsanlage in der Regel eine zyklische Prozesskette. Aus diesem Grund unterscheidet sie sich von einer herkömmlichen Nachbearbeitung, die das Kriterium der vollständigen Kopplung nicht erfüllt. Zu den sekundären Prozessen und Energiequellen zählen subtraktive und transformative Fertigungstechnologien wie beispielsweise Zerspanen, Umschmelzen, Strahlen, Walzen und Reibrührverfahren.
Durch die Kombination verschiedener Technologien lassen sich vor allem maßgeschneiderte Fertigungslösungen für spezifische Industrieanforderungen herstellen. Dies eröffnet wiederum neue Möglichkeiten für die Produktion von Werkstücken und Teilen, die mit herkömmlichen Methoden nicht oder nur schwer realisierbar wären.
Hybridtechniken im Einsatz
Beispielsweise kann die additive Fertigungsmethode Direct Energy Deposition (DED) in Hybridfertigungsanlagen integriert werden. DED funktioniert, indem das Material durch einen Laser- oder Elektronenstrahl geschmolzen und gleichzeitig durch eine Düse auf die Bauplattform aufgebracht wird.
Das aufgebrachte Material lässt sich im Anschluss CNC-fräsen, um eine bessere Oberflächenbeschaffenheit und engere Toleranzen zu erhalten. Alternativ kann ein Teil zuerst gefräst und dann zusätzliche Merkmale additiv erhalten, um komplexere Formen zu erzeugen.
Speziell angepasste Technologien
Die DED-Technologie bietet sich für die Herstellung großer Metallteile und die Reparatur wichtiger Komponenten an. Ergänzend dazu können eigens entwickelte hybride Aufbringungs- und Frässysteme zum Einsatz kommen.
Solche Systeme und Anlagen sind beispielsweise mit angepassten Aufbringungsköpfen für bestimmte Zwecke ausgestattet, die zu jeder CNC-Maschine angebracht werden können, um neue Teile herzustellen oder vorhandene Teile zu reparieren. Bestimmte Anlagen verfügen über mehrachsige Materialauftragsdüsen, mit der sich hochkomplexe Metallteile herstellen lassen.
Vorteile der Hybridfertigung
Die Kombination von additiver und subtraktiver Fertigung bietet einige Vorteile:
- Erstens lässt sich mithilfe von DED sowie der CNC-Frästechnik ein 3-D-gedrucktes Teil sofort fertigstellen. Ferner verkürzen sich die Vorlaufzeiten für die Herstellung von Metallteilen, was zu einer schnelleren Bereitstellung der Werkstücke führt.
- Zweitens bauen DED-Hybrid-Fertigungssysteme hochpräzise, dichte Metallteile in größeren Formaten, als dies beim Pulverbett-Schmelzverfahren möglich wäre. Zudem verfügen solche Anlagen typischerweise über einen mehrachsigen Arm, der in der Lage ist, ein Teil in jede Richtung zu bauen, ohne dass Stützstrukturen erforderlich sind.
- Drittens ist es möglich, dass verschiedene Metalle im selben Teil verwendet werden können. Beispielsweise kann ein Hybridsystem mit der Bearbeitung eines Blocks aus einem Metall beginnen und dann mithilfe der additiven Fertigung zu einem anderen wechseln. Oft wird auf diese Weise eine Beschichtung aufgetragen.
Anwendungen der Hybridfertigung
Die Luft-, die Raumfahrt- sowie die Automobilindustrie gehören unangefochten zu den Vorreitern bei der Hybridfertigung. Dies rührt daher, dass in diesen Branchen in der Regel Einzelstücke oder kleine Chargen hochkomplexer Teile hergestellt werden, wofür häufige Iterationen notwendig sind. Die Technik könnte aber auch eine praktikable Lösung für verschiedene medizinische Anwendungen sein. Dadurch lassen sich beispielsweise hochpräzise patientenspezifische Prothesen und Zahnimplantate schneller und kostengünstiger herstellen.
Noch besser eignet sich die hybride additive Fertigung im Bereich der Reparatur- und Wartungsarbeiten. Zum Beispiel werden beschädigte Teile einer Turbinenschaufel mit der DED-Technik repariert, indem neues Material auf ihre Oberfläche aufgetragen und diese dann mit präzisen Toleranzen bearbeitet wird. Dadurch entfällt nicht nur die Notwendigkeit, ein neues Teil von Grund auf herzustellen, sondern auch die Anzahl der Schritte, die zur Reparatur eines Teils erforderlich sind.