Die verschärfte Rechtslage zum Thema Datenschutz sorgt auch für Verunsicherung beim Affiliate Marketing, das aus der Internetwirtschaft kaum mehr wegzudenken ist. Was Marketer beachten müssen.
Die Praxis ist alt, aber unverändert gefragt: Ein Betreiber einer Website oder kommerzieller Nutzer eines Social-Media-Profils (Affiliate Publisher) bietet einem Werbetreibenden (Advertiser) Platz für dessen Werbung. Klickt ein Besucher auf die Werbeanzeige beziehungsweise den platzierten Link, öffnet sich die Landingpage des Advertisers, auf der beispielsweise ein Produkt erworben werden kann. Da die Abrechnung dieser Werbedienstleistung erfolgsbasiert im Sinne einer Vermittlungsprovision geschieht, ist Affiliate Marketing nur möglich, wenn sich die Anzeigenklicks genau ihrer Quelle zuordnen lassen.
Die Lösung liegt im Tracking, das wiederum in der Regel auf kleinen Textdateien, sogenannter Cookies, basiert, die auf dem Computer des Internetsurfers gespeichert werden. Das Affiliate-System kann mit Hilfe der Cookies nachvollziehen, welcher Publisher den Klick durch seine Werbeplatzierung generiert und damit die gewünschte Interaktion angestoßen hat. Die Nutzer dieser Links können dabei nicht beeinflussen, ob ihr Klickverhalten registriert wird. Doch ist dieses Modell im Hinblick auf die EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) überhaupt noch tragbar?
Cookies aktuell alternativlos
Diese Frage muss grundsätzlich bejaht werden, so das Fazit der Fokusgruppe Affiliate Marketing im Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V., die zu dem brisanten Thema des datenschutzkonformen Affiliate-Marketing nun einen Leitfaden veröffentlicht hat. Darin erläutern die Autoren, dass die digitale Wirtschaft ohne Cookies nur schwer auskommt. Zum einen gibt es unverzichtbare Textdateien, die die Benutzbarkeit einer Website technologisch sicherstellen. Dazu zählt zum Beispiel die Befüllung des digitalen Warenkorbs.
Zum anderen verweisen die Autoren auf die durch die DSGVO geregelte Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen auch diejenigen Cookies einzusetzen, die der Erfüllung wirtschaftlicher Interessen dienen. Angesichts des verschärften Online-Wettbewerbs und der ungebrochenen Konsumentenerwartung, kostenlose Internet-Services zu erhalten, sind Händler sogar darauf angewiesen, Werbeplatzierungen mit Hilfe von Affiliate Marketing durchzuführen. Der BVDW mahnt deshalb, dass Datenschutz nicht zum Hemmschuh der digitalen Wirtschaft ausarten darf.
Tracking als berechtigtes Interesse
Darüber hinaus stellen die Autoren klar, dass Tracking und Cookies nicht automatisch mit Profiling einhergehen. Beim Affiliate Marketing etwa erfolgt die Datenerhebung nach dem Minimalprinzip ("Data-Light-Ansatz"), was bedeutet, dass die eingesetzten Cookies nicht zur Verfolgung eines Nutzers zum Einsatz kommen, sondern ausschließlich der Transaktionszuweisung zu Abrechnungszwecken. Der Einsatzgrund der Cookies fußt damit auf einem berechtigten Interesse der Affiliate Publisher, Advertiser und gegebenenfalls der Betreiber des Affiliate-Netzwerk-Systems.
Dieses berechtigte Interesse der am Affiliate-Marketing Beteiligten wird durch die DSGVO gestützt, so der BVDW. "Derzeit ist es daher vertretbar, dass eine Abwägung der Interessen unter Berücksichtigung der verarbeiteten Daten(-kategorien) und des Verarbeitungszwecks sowie der getroffenen Sicherungsvorkehrungen einen Zugriff und eine Verarbeitung von Informationen auf Grundlage eines berechtigten Interesses und damit ohne Einwilligung des Nutzers rechtfertigen kann", schreiben die Autoren im Leitfaden.
Rechtslage zur Haftung noch nicht eindeutig
Ein berechtigtes Interesse wird jedoch nur eingeschränkt durch die Datenschutzbehörden anerkannt. Sämtliche werberelevante Cookies sind von der Regelung ausgeschlossen. Das gilt auch für die geschäftsmäßige Datenverarbeitung und den Adresshandel. Generell rät der BVDW, die konkrete Ausgestaltung im Einzelfall zu betrachten. Werbetreibende sollten außerdem sorgsam mit der Auswahl ihrer Affiliates verfahren. Unter Geschäftstreibenden ist es in den Sozialen Medien mittlerweile üblich, Affiliate Links klar zu kennzeichnen.
"Maßgebend für das Affiliate-Marketing ist nach wie vor die Frage, inwieweit der Merchant für Rechtsverletzungen seiner Affiliates haftet", gibt ein Springer-Autorenteam im Buchkapitel "Rechtliche Rahmenbedingungen des Online-Marketings" zu bedenken (Seite 352). Außerdem kann es zu Manipulationsversuchen seitens der Affiliates kommen. Die Springer-Autoren fassen sie auf Seite 353 so zusammen:
Überblick | Rechtsaspekte bei Affiliate Modellen |
Klick-Betrug | Von Affiliates selbst ausgelöste Klicks auf die Online-Werbemittel des Merchant, um bei Vereinbarung eines Pay-per-Click-Modells die Provision zu steigern. |
Eigenbuchungen | Von Affiliates selbst eingegangene und später wieder stornierte Verträge mit dem Merchant, um bei Vereinbarung eines Pay-per-Sale-Modells die Provision zu steigern. |
Cookie-Dropping | Provisionsrelevante Cookies werden auf Endkunden-Rechnern gesetzt, ohne dass eine entsprechende Werbung des Merchant eingeblendet wird. |
Quelle: | "Rechtliche Rahmenbedingungen des Online-Marketings", aus: "B2B-Online-Marketing und Social Media", Wiesbaden 2020 |