30-07-2018 | Abhandlung | Issue 3/2018

Aktienanlage für Lebensversicherer unter Solvency II
Sind die Solvenzkapitalanforderungen eine Rentabilitätsbremse?
Zusammenfassung
Lebensversicherer gehören zu den größten institutionellen Kapitalanlegern. Im Rahmen ihrer Anlagepolitik unterliegen sie besonderen rechtlichen Anforderungen. Insbesondere die Berechnung der Höhe des für die Kapitalanlage zu hinterlegenden Solvenzkapitals hat sich unter Solvency II geändert. Eine weit verbreitet These zu diesem Thema ist, dass die Aktienanlage für Lebensversicherer im Vergleich zu Zeiten mit hohen Aktienquoten von über 25 % auf Grund der Solvenzkapitalanforderungen unrentabel geworden sei, und die Versicherer u. a. deshalb ihre Aktienquoten auf im Schnitt unter 5 % gesenkt haben.
Ziel der vorliegenden Arbeit ist es zu untersuchen, ob die Kapitalanforderungen der Aktienanlage unter Solvency II eine Rentabilitätsbremse sind, oder ob die Aktienanlage geeignet ist, die Rendite der Kapitalanlagen der Lebensversicherer zu erhöhen. Hierzu werden die Solvenzkapitalanforderungen der Aktienanlage unter Solvency I inkl. der Berücksichtigung des BaFin Stresstests mit den Solvenzkapitalanforderungen unter Solvency II inkl. der Berücksichtigung des symmetrischen Anpassungsfaktors (SA) verglichen. Weiterhin werden die Diversifikationseffekte auf mehreren Ebenen berücksichtigt und anhand der erstmals 2017 erschienen SFCR-Berichte der Lebensversicherer plausibilisiert. Im Ergebnis lässt sich hiermit zeigen, dass die Risikokapitalanforderungen für die Aktienanlage sich unter Solvency II, je nach Szenario, im Vergleich zu den vorherigen Solvabilitätsanforderungen mehr als halbiert haben. So hätte das praktisch zu hinterlegende Solvenzkapital für Aktien unter Solvency I inkl. Stresstest zum Jahresende 2017 bei 31 % gelegen, während es nach dem Standardansatz unter Solvency II nach Aggregation der risikomindernden Effekte im Gruppenszenario nur 13,56 % der Anlagesumme beträgt. Unter Berücksichtigung von branchenüblichen Kapitalkosten für das zu hinterlegende Solvenzkapital und einer durchschnittlichen Aktienrendite von 8 % p. a. ergibt sich eine Überrendite von 7,2 %. Unter diesen Voraussetzungen ist die Aktienanlage also geeignet, die Rentabilität der Kapitalanlage deutscher Lebensversicherer zu erhöhen.