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2017 | Book

Alltagsentscheidungen

Die anderen sind nicht dümmer als wir

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About this book

Dieses Buch beschäftigt sich mit Entscheidungen, aber es ist kein Buch über Entscheidungstheorie, wenngleich ab und zu auch auf entscheidungstheoretische Konzeptionen Bezug genommen wird. Es ist ein Buch über die Alltäglichkeit von Entscheidungen, präsentiert anhand von 99 höchst unterschiedlichen Episoden, trivialen und weniger trivialen. Viele Menschen haben Schwierigkeiten mit selbstreflexiven Problemen, bei denen es nicht nur um das eigene Problemverständnis, sondern vor allem um das anderer Personen geht (Mehrpersonenentscheidungen, Spiele, Märkte). Der Autor hat über die Jahre eine Fülle derartiger Probleme gesammelt und in diesem Buch zusammengetragen. Es geht um Denkfehler, asymmetrische Informationen und Signalling. Formuliert anhand praxiserprobter Beispiele, die jeder von uns aus dem Alltag kennt.

Table of Contents

Frontmatter
1. Das Drei-Stühle-Problem
Wo gewinne ich am ehesten?

In einem Raum stehen drei Stühle direkt hintereinander; drei Personen werden gebeten, auf ihnen Platz zu nehmen. Somit sieht die auf dem dritten Stuhl sitzende Person die beiden anderen vor sich; derjenige, der auf dem zweiten Stuhl Platz genommen hat, sieht nur seinen Vordermann auf dem ersten Stuhl; dieser wiederum sieht niemanden. Es ist nicht erlaubt, sich umzudrehen. Nun werden allen die Augen verbunden und eine vierte Person betritt den Raum; sie hat drei blaue und zwei rote Mützen (dies ist allen bekannt) und setzt jedem der drei Sitzenden eine zufällig gezogene Mütze auf; die zwei nicht benötigten Mützen werden entfernt.Nach Abnahme der Augenbinden erhält derjenige einen hohen Preis, der als Erster die Farbe seiner eigenen Mütze benennen kann. Da Falschangaben bestraft werden, wäre es sehr riskant, die Mützenfarbe erraten zu wollen. Sie betreten als Erster den Raum und haben freie Platzwahl. Auf welchen der drei Stühle setzen Sie sich?

Klaus Schredelseker
2. Die beiden schlauen Buben
Wissen über Wissen

Auf dem herbstlichen Hof spielen Julius und Peter, zwei kleine Buben, deren Mutter ihnen jeweils eine rote Mütze aufgesetzt hat, denn es ist schon recht kalt geworden. Die Buben wollten Fußball spielen und haben sich nicht für die Art ihrer Mütze interessiert, sehen aber, welche Farbe die Mütze des anderen hat. Nun kommt Onkel Franz vorbei und bietet demjenigen, der die Farbe seiner Mütze benennen kann, ohne sie abzunehmen, eine Tafel Schokolade an. Die beiden sind ratlos. Da sagt Onkel Franz: ‘Eines kann ich euch verraten: Mindestens einer von euch hat eine rote Mütze auf dem Kopf.’Was wissen Julius und Peter jetzt?

Klaus Schredelseker
3. Des anderen Umschlag ist immer hübscher
Soll man tauschen oder nicht?

Großvater möchte seinen beiden Enkeln Anne und Bernd etwas Gutes tun und gibt Anne ein Kuvert mit einem bestimmten Geldbetrag. Sodann wirft er verdeckt eine Münze und wenn diese auf Zahl fällt, gibt er den doppelten Betrag in ein Kuvert, das Bernd erhält; sollte die Münze allerdings auf Kopf fallen, so erhält Bernd in seinem Kuvert lediglich die Hälfte dessen, was sich in Annes Kuvert befindet. Da der Großvater auf jeden Fall vermeiden will, dass die beiden Enkelkinder das Gefühl haben könnten, benachteiligt zu sein, gestattet er, dass sie ihre Kuverts tauschen, wenn beide es wünschen. Anne und Bernd nehmen dankend ihre beiden Kuverts in Empfang und sind einigermaßen ratlos, denn für beide erscheint es so, als habe der jeweils andere einen höheren Betrag in seinem Kuvert.

Klaus Schredelseker
4. Welche Zahl sollte ich wählen?
Und was denken die anderen?

Stellen Sie sich vor, Sie sitzen in einer Vorlesung mit etwa 120 Zuhörern. Der Dozent gibt jedem ein Kärtchen, auf das man seinen Namen und eine Zahl zwischen null und 100 schreiben sollte. Aus den angegebenen Zahlen wird dann der Durchschnitt gebildet und diejenigen, deren Zahl nahe bei zwei Dritteln eben dieses Durchschnitts liegen, erhalten Punkte für die am Ende des Kurses abzulegende Prüfung: Fünf Punkte für denjenigen, der dieser Marke am nächsten kommt; vier Punkte für den zweitnächsten, drei Punkte für den drittnächsten, zwei Punkte für den viertnächsten und einen Punkt für denjenigen, der in dieser Rangfolge an fünfter Stelle steht. Da es sich um eine wichtige Prüfung handelt, bei der auch schon mal ein einzelner Punkt entscheidend sein kann, nehmen Sie die Ihnen gestellte Aufgabe wirklich sehr ernst.Welche Zahl werden Sie auf Ihr Kärtchen schreiben?

Klaus Schredelseker
5. Warum es so schwer ist, die Wahrheit zu erfahren
Asymmetrische Information und Signale

Sie möchten für Ihre Freunde Ihr Lieblingsgericht Saltimbocca alla Romana zubereiten und brauchen dafür ein Kalbfleisch, das gut abgehangen ist und das nicht beim Braten zunächst in der eigenen ausgeschwitzten Flüssigkeit köchelt, bis es, hart geworden, endlich zu bräunen beginnt. Sie gehen daher zu einem Metzger und fragen ihn: „Haben Sie ein gutes Kalbfleisch?“ Natürlich antwortet der Metzger „Selbstverständlich haben wir erstklassiges Kalbfleisch“ und zeigt ein schönes Stück seiner Ware, das auch durchaus appetitlich und verlockend ausschaut. Was ist diese Aussage für Sie wert?

Klaus Schredelseker
6. Was tun, wenn man wenig weiß?
Noch ein Nobelpreis für Informationsunterschiede

Häufig befinden wir uns in einer Situation, bei der wir einer Informationsasymmetrie ausgesetzt sind: Der andere weiß etwas, was wir nicht wissen. Nur allzu häufig lässt sich diese Divergenz nicht durch eine einfache Mitteilung beheben, da wirtschaftliche Interessen im Spiel sind: Wenn wir damit rechnen müssen, dass der andere aus einer Falschaussage einen wirtschaftlichen Vorteil zieht, für die Falschaussage aber nicht wirklich – weder strafrechtlich noch moralisch – belangt werden kann, bringen wir seinen Beteuerungen wenig Vertrauen entgegen.Derartige Informationsasymmetrien sind in der Regel für beide Marktseiten nachteilig, für den besser Informierten in gleichem Maße wie für den schlechter Informierten; es kommt nämlich nicht zu einem für beide vorteilhaften Abschluss. Im vorangegangenen Problem ist es der besser Informierte, der, weil er ein Geschäft abschließen will, die Informationsasymmetrie verringern möchte und ein Signal sendet. Dieses Signal ist deswegen glaubhaft, weil der Empfänger weiß, dass der Sender aus einer Falschaussage einen nicht unerheblichen wirtschaftlichen Nachteil hätte.Welche Möglichkeiten hätte der schlechter Informierte, um sich aus seinem Informationsnachteil zu befreien?

Klaus Schredelseker
7. Was unterscheidet die Formel 1 von der Aktienbörse?
Das Lob der Mittelmäßigkeit

Die Formel 1 und die Aktienbörse sind in allem unterschiedlich, das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Bei der Frage geht es nur um die Fähigkeiten und Eigenschaften, die jemand haben muss, um in dem einen oder dem anderen System erfolgreich zu sein. So gesehen, gibt es zwischen Autorennen und Aktienbörse doch eine ganze Reihe von Parallelen:bei beidem kann man gewinnen und verlieren,bei beidem ist enorme Reaktionsschnelligkeit gefordert,bei beidem spielt auch die Psychologie eine gewichtige Rolle,bei beidem gilt, dass demjenigen, der mehr Mut, mehr Wissen und mehr Erfahrung hat, höhere Erfolgschancen eingeräumt werden als einem weniger Befähigten.Ist das wirklich so?

Klaus Schredelseker
8. Ich mag nicht verlieren, was soll ich also tun?
Die Macht der verschenkten Intelligenz

Gitta und Edwin spielen ein Spiel. Beide legen zeitgleich eine Euromünze auf den Tisch. Sollten die beiden Münzen das Gleiche zeigen (beide liegen auf Kopf oder beide liegen auf Zahl), so gehören die beiden Münzen Gitta. Sollten die Münzen hingegen unterschiedlich liegen, so gehören sie Edwin.Wie sollten sich die beiden sinnvollerweise verhalten?

Klaus Schredelseker
9. Wann sollten wir in den Urlaub fahren?
Wie bleibt man in der Minderheit?

Wenn Sie Kinder haben, kennen Sie das Problem. Der letzte Schultag vor den Ferien endet am Freitag um 12 Uhr mittags und Sie wollen mit der Familie in den lang ersehnten Urlaub fahren. Allerdings wissen Sie, die anderen wollen das auch und Sie müssen eine Entscheidung darüber treffen, wann Sie Ihre Reise beginnen sollten, um nicht mit tausenden anderen im Stau zu stehen.

Klaus Schredelseker
10. Wer liebt schon lange Schlangen?
Ein weiteres Minderheitenproblem

Sie fahren an einem schönen Sonntagabend aus Lugano nach Mailand und kommen wenige Kilometer vor Ihrem Ziel zu einem Stau. Sie wissen, dass Grund dafür die schleppende Abfertigung an der einige hundert Meter vor Ihnen liegenden Mautstelle ist; obwohl nahezu alle Kassenhäuschen besetzt sind, lassen sich zu so verkehrsstarken Zeiten gewisse Wartezeiten nicht vermeiden. Allerdings stellen Sie fest, dass die Schlangen auf der dreispurigen Autobahn deutlich unterschiedlich lang sind: Die rechte Schlange ist kurz, die mittlere mittellang und die linke Schlange weist die größte Länge auf. Bei welcher Schlange reihen Sie sich ein, wissend, dass die genervten Autofahrer Ihnen einen Spurwechsel kaum ermöglichen werden, ohne dass es zu Rangeleien kommt?

Klaus Schredelseker
11. Pascals Gottesbeweis und Börseninformation
Gleiche Logik, gleiches Problem?

Auf den großen Aktienmärkten der Welt werden tagtäglich hunderte Millionen bewegt: Die einen kaufen Aktien, die anderen verkaufen sie und jeder versucht, dabei gut abzuschneiden, also besser zu sein als die anderen. Auf den großen Aktienmärkten der Welt werden tagtäglich Hunderte Millionen bewegt: Die einen kaufen Aktien, die anderen verkaufen sie und jeder versucht, dabei gut abzuschneiden, also besser zu sein als die anderen. Inwiefern es dabei notwendig ist, gut informiert zu sein, ist bis heute ungeklärt. Wer an die perfekte Selbstorganisationskraft des Marktes glaubt, geht davon aus, dass alle Informationen in die Kurse eingepreist sind und eine individuelle Informationsverarbeitung entbehrlich ist. Was gilt aber, wenn man unterstellt, dass dem Markt immer wieder Fehler unterlaufen, dass es immer wieder zu temporären Über- und Unterbewertungen kommt?

Klaus Schredelseker
12. Der Glückliche zahlt gerne
Wie man Engagement ausnutzt

Soziale Institutionen, seien es Kulturvereine, politische Parteien, Sportvereine, Interessengemeinschaften, Bürgerinitiativen, wissenschaftliche Institute, Religionsgemeinschaften o. ä., sind wichtige Elemente unserer europäischen Zivilgesellschaft; wir alle wissen, dass unsere gesellschaftliche Realität ohne sie um vieles ärmer wäre. Diese Institutionen sind, um ihre Aufgaben zu erfüllen, weitgehend auf freiwillige Spenden ihrer Mitglieder und Sympathisanten angewiesen und bedienen sich üblicherweise der Methode einer Kollekte. Alle infrage kommenden Spender werden gebeten, für die gemeinsame Idee einen frei zu wählenden Obolus zu entrichten. Die so gesammelten Gelder fließen dann in einen Fonds ein, der der Verfolgung der gemeinsamen Idee dient.Könnte man das besser machen?

Klaus Schredelseker
13. Wetterprognosen und Finanzmarktprognosen
Warum geht das eine und das andere nicht?

Jeder, der die Wetterprognosen im Radio oder Fernsehen verfolgt, weiß, dass die Qualität der Wettervoraussagen in den letzten Dekaden deutlich zugenommen hat. Zwar gibt es noch immer Fehleinschätzungen, doch diese sind deutlich seltener als in früheren Zeiten. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Die Meteorologen haben heute bessere Beobachtungssysteme (automatische Wetterstationen, Satelliten), schnellere Datenübertragungssysteme, leistungsfähigere Computer und deutlich detailreichere und komplexere Theorien. Nimmt man dies alles zusammen, so mündet es geradezu zwangsläufig in einer besseren Prognosequalität.Auf der anderen Seite dürften finanzwirtschaftliche Prognosen (über Wechselkurse, Aktienkurse, Rohstoffpreise etc.) heute qualitativ nicht besser sein als sie es vor einem halben Jahrhundert waren.Kann man daher sagen, dass der wissenschaftliche Fortschritt im Bereich der Meteorologie erfolgreicher war als im Bereich der Finanzwirtschaft?

Klaus Schredelseker
14. Finanzmarktprognosen als Wetterprognosen
Die Warenbörse als Wetterfrosch?

Bei der Gegenüberstellung von ökonomischen und meteorologischen Prognosen sollte deutlich geworden sein, dass regelmäßig der Marktpreis das Wissen der Marktteilnehmer bündelt. In diesem Sinne war auch die durchschnittliche Temperaturschätzung der Fachmeteorologen Kap. 13 eine Art Marktpreis, auch in dieser Durchschnittsschätzung wurde das Fachwissen der Meteorologen „gebündelt“. Alle Informationen, über die Marktteilnehmer verfügen, fließen in den Marktpreis ein und machen ihn zum Punkt der maximalen Verwirrung: Aufgrund des Marktmechanismus liegt der Preis nämlich genau da, wo gleich viel dafür spricht, dass er zu hoch ist, wie dafür, dass er zu niedrig ist (auch das gilt für die Medianschätzung der Meteorologen in Bozen). Eine vernünftige Aussage darüber, ob er zu hoch ist oder zu niedrig, ist somit nicht möglich.Wenn aber im Marktpreis die gebündelte Information aller, die geballte Information der Fachleute, steckt: Kann man das nicht einfach herumdrehen? Kann man nicht den jedermann bekannten Marktpreis dazu verwenden, Rückschlüsse auf die ihm zugrundeliegende Information zu ziehen?

Klaus Schredelseker
15. Ist mehr Information wirklich immer etwas Gutes?
Naturwissenschaft und Sozialwissenschaft

Wer vor der Entscheidung steht, sich eine neue Küchenmaschine kaufen zu wollen, holt normalerweise erst einmal Informationen ein; er fragt seine Freunde, lässt sich im Fachgeschäft beraten und konsultiert Testberichte in einschlägigen Zeitschriften. Eine neu erhaltene Information kann dabei zwei mögliche Auswirkungen haben: Entweder sie ändert seine aktuelle Präferenz nicht, da sie über Eigenschaften berichtet, die er schon kennt oder die er für unwichtig hält, oder die neue Information veranlasst ihn, seine Präferenz zu ändern und eine andere Entscheidung zu treffen als die, die er ohne diese Information getroffen hätte. Da einer Information nur dann Wert zukommt, wenn sie zu einem anderen Entscheidungsverhalten führt, ist ihr Wert null oder positiv; sie ist nie negativ, da der Entscheider niemals eine schlechtere Alternative wählen wird als die, die er ohne die Information gewählt hätte.

Klaus Schredelseker
16. Bitte sag mir nichts
Gibt es Sinn, Information zu verweigern?

Peter lässt Anne und Bernd wiederum ein einfaches Spiel spielen. Erst wirft Peter verdeckt eine Münze, die nur er sieht und zur Seite legt. Anne legt sodann eine Münze auf den Tisch, Bernd beobachtet das und legt ebenfalls eine Münze. Sollten ihre beiden Münzen dasselbe zeigen, erhalten beide je einen Euro; zeigen sie hingegen ein unterschiedliches Bild, so deckt Peter die verdeckte Münze auf und derjenige erhält sechs Euro, dessen Münze das gleiche Bild aufweist. Der andere geht leer aus.

Klaus Schredelseker
17. Wann gilt ein Problem als gelöst?
Dinge zu Ende denken!

Gegeben ist folgendes Problem:Gehen Sie von Punkt P aus zehn Kilometer nach Norden.Gehen Sie sodann zehn Kilometer nach Westen.Gehen Sie sodann zehn Kilometer nach Süden.Sie sind wieder bei P angekommen.Gibt es einen Punkt P (oder mehrere Punkte) dieser Art?

Klaus Schredelseker
18. Quod licet bovi …
Wenn Rinder menschliche Kreativität herausfordern

Nicht immer sind bei Entscheidungen nur Fähigkeiten wie logisches und schlüssiges Denken gefordert, sondern oft geht es darum, neue Ideen zu entwickeln, sich aus bekannten Schablonen zu lösen und der eigenen Kreativität freien Lauf zu lassen. In Lehrveranstaltungen an der Universität Innsbruck wurde auch immer wieder dieser Seite richtigen Entscheidens Rechnung getragen. Ein typisches Beispiel ist die folgende Aufgabe:Im Gebirge finden sich häufig sog. Weideroste, d. h. Einrichtungen, die es den Menschen erlauben sollen, eine Stelle zu überqueren, nicht aber den weidenden Rindern. Wie erreicht man den gegenteiligen Effekt, bei dem Kühe passieren können, Wanderer aber nicht?Bevor Sie nach hinten blättern, wo einige typische Lösungen der Studierenden aufgeführt sind, versuchen Sie selbst eine derartige Einrichtung zu entwickeln. Lassen Sie Ihrer Kreativität freien Lauf, bevor sie von Pseudolösungen erwürgt wird.

Klaus Schredelseker
19. Mehr Gehalt hätten wir alle gern
Der gesunde Menschenverstand am Werk

Stellen Sie sich vor, Sie bekommen eine neue Stelle mit einem Anfangsgehalt von 40.000 € pro Jahr angeboten. Dabei können Sie zwischen zwei Formen der Gehaltserhöhung wählen:1.Sie erhalten in jedem Halbjahr 250 € mehr.2.Ihr Gehalt erhöht sich pro Jahr um 1000 €.Für welche der beiden Varianten würden Sie sich entscheiden? (Um die Sache einfacher zu gestalten, nehmen Sie an, das Gehalt werde halbjährlich ausgezahlt; am Problem ändert sich dadurch nichts).

Klaus Schredelseker
20. Fünf Piraten und zehn Goldstücke
Vernunft als Sklave der Leidenschaften

Fünf Piraten haben zehn wertvolle Goldstücke erbeutet, die sie unter sich aufteilen müssen. Sie einigen sich darauf, dass beginnend mit dem Ältesten (P1) einer nach dem anderen einen Vorschlag macht, über den abgestimmt wird. Wird der Vorschlag angenommen (einfache Stimmenmehrheit), so wird er umgesetzt; im anderen Fall wird der Vorschlagende ins Meer geworfen (die Sitten auf See sind rau) und der Nächste ist an der Reihe, einen Vorschlag zu machen. Kein Pirat akzeptiert einen Vorschlag, bei dem er leer ausgeht und jeder versucht, für sich selbst so viel wie möglich herauszuholen. Wie viele Goldstücke sollte P1 für sich selbst in seinem Vorschlag vorsehen?

Klaus Schredelseker
21. Divergierende Interessen
Die Rationalität alter Handelsregeln

Der Interessenkonflikt ist offenkundig und erscheint unlösbar: Der Inhaber eines Delikatessengeschäfts, der Ware einkauft, möchte, um seinen Ruf als führendes Haus am Platze zu festigen, seinen Kunden nur die bestmögliche Qualität anbieten. Der Erzeuger, der seine Ware an den Handel verkauft, ist hingegen daran interessiert, sein gesamtes Angebot (und nicht nur die Topqualität) an den Mann zu bringen.Wie kann man diesen Interessenkonflikt zur allseitigen Zufriedenheit der Beteiligten lösen?

Klaus Schredelseker
22. Die Klassenarbeit
Kann man das Unerwartete erwarten?

Am Leonhard-Euler-Gymnasium haben die Schüler in der Oberstufe an jedem Montag, Dienstag, Mittwoch und Freitag eine Stunde Mathematik. Am Freitag entlässt der Lehrer die Schüler ins Wochenende mit dem Hinweis, es werde in der nächsten Woche eine Mathematikarbeit geben und der Tag werde für die Schüler eine Überraschung sein.Peter, der Mathematik an sich mag, aber für das Wochenende eigentlich einen Ausflug mit Freunden geplant hatte, ist zunächst enttäuscht. Nach einigem Überlegen wird ihm allerdings bewusst, dass die Aussage des Lehrers es diesem unmöglich macht, in der nächsten Woche eine Mathematikarbeit schreiben zu lassen. Seine Überlegung: Wenn es stimmt, dass in der nächsten Woche ein Mathetest durchgeführt wird, der für uns Schüler überraschend ist, so kann das natürlich nicht am Freitag sein, denn spätestens am Mittwochmittag wüssten wir ja, dass am Freitag die Arbeit ansteht; sie wäre somit nicht überraschend. Wenn das aber so ist, so kann die Arbeit auch unmöglich am Mittwoch geschrieben werden, da man dies am Dienstag wüsste und sie damit ohne Überraschungseffekt wäre. Mit der gleichen Logik kann man den Dienstag ausschließen: Die Arbeit muss also am Montag geschrieben werden. Das geht aber nicht, da sie dann ja nicht überraschend wäre.Der Lehrer setzt am Dienstag völlig überraschend, wie er es ja auch angekündigt hat, einen Mathematiktest an. Peter war am Wochenende auf seinem Ausflug und konnte sich somit nicht richtig vorbereiten. Daher setzt es einen Fünfer.Hat Peter bei seinen Überlegungen etwas falsch gemacht?

Klaus Schredelseker
23. Bei uns bekommen Sie den besten Preis
Das Gefangenendilemma in der Praxis

Wir kennen alle die vollmundigen und unsere Briefkästen füllenden Ankündigungen mancher Fachmärkte und Kaufhäuser im Sinne der nebenstehenden Bestpreisgarantie.Ein Unternehmen, das sich soweit aus dem Fenster wagen kann, muss erstklassig sein. Es dokumentiert in höchstem Maße seine Leistungsfähigkeit im Wettbewerb.Sehen Sie das auch so?

Klaus Schredelseker
24. Sozialverhalten als Daueraufgabe
Ein mehrfaches Gefangenendilemma

Gefangenen-Dilemmata gibt es in Wirtschaft und Gesellschaft zuhauf: Unternehmensübernahme durch einen Take-Over-Bid, Wettrüsten im kalten Krieg, Bestimmung der Fördermenge der OPEC, Tarifverhandlung zwischen Sozialpartnern etc. Häufig liegt auch der klassischen Tragödie ein Gefangenen-Dilemma zugrunde; ein Beispiel ist Puccinis Oper Tosca. Der korrupte Hauptmann Scarpia begehrt Tosca und lässt den Maler Cavadarossi, ihren Geliebten, zum Tode verurteilen. Scarpia bietet nun Tosca folgendes Geschäft an: Wenn sie sich ihm hingibt, lasse er Cavadarossi nur zum Schein erschießen; Tosca lässt sich auf den Handel ein, verlangt aber die vorherige Befehlserteilung im versprochenen Sinne durch Scarpia. Damit ergibt sich die folgende Entscheidungsmatrix (Nutzennotation: Tosca/Scarpia):

Klaus Schredelseker
25. Wer bietet 20 Euro für eine Zehn-Euro-Note?
Eine raffinierte Auktion

Stellen Sie sich vor, auf einer Auktion wird eine ganz normale Zehn-Euro-Note versteigert. Derjenige, der den Schein ersteigert, erhält ihn ohne weitere Rechte und Verpflichtungen und muss den von ihm gebotenen Betrag ohne Zu- und Abschläge bezahlen.Könnten Sie sich vorstellen, im Rahmen einer Versteigerung für den Schein ein Gebot in Höhe von mehr als zwanzig Euro abzugeben?

Klaus Schredelseker
26. Wie man den Zufall überlistet
Ein Spiel mit zwei Zetteln

Kurt und Ruth sind unschlüssig, ob sie am Abend ins Kino gehen sollen oder zum nahen Italiener, bei dem es diese Woche frische Trüffel gibt. Um eine Lösung zu finden, schlägt Ruth ein Spielchen vor: Kurt soll auf zwei Zettel zwei unterschiedliche Zahlen (maximal vierstellig) schreiben und die Zettel verdeckt auf den Tisch legen. Ruth nimmt sich einen der beiden Zettel, dreht ihn um und kann entscheiden, ob sie ihn behalten will oder ob sie sich doch lieber den anderen nimmt. Wenn sie sich für den Zettel mit der größeren Zahl entscheidet, gehen beide am Abend zum Italiener und lassen sich die duftenden Tagliatelle al tartufo schmecken.Eigentlich ein faires Spiel: Da sich bei den Zahlen, die Kurt aufgeschrieben hat, um irgendwelche frei gewählte Zahlen handelt, ist die Wahrscheinlichkeit dafür, dass die verdeckte Karte eine größere oder eine kleinere Zahl als die aufgedeckte aufweist, gleich groß. Ob Ruth ihre Karte behält oder die andere nimmt: Die Wahrscheinlichkeit für Kinobesuch und Trüffelessen liegt jeweils bei 50 %.Was würden Sie Ruth vorschlagen, die für ihr Leben gerne frische Trüffel isst?

Klaus Schredelseker
27. Soll ich meine Bronzefigur dem Meistbietenden verkaufen?
Weniger ist oft mehr

Kunstobjekte sind meistens Einzelstücke, für die es einen breiten Markt und damit eine halbwegs verlässliche Werteinschätzung kaum gibt. Aus diesem Grund werden sie meistens auf Auktionen angeboten: Die Zahlungsbereitschaft der möglichen Käufer offenbart sich in ihren Geboten und die Verkäufer können zumindest damit rechnen, nicht einen zu schlechten Preis zu bekommen. Sollte ich daher meine alte Bronzefigur in eine Versteigerung geben, wo sie der Meistbietende erhält? Oder könnte ich dadurch mehr bekommen, dass ich mich mit weniger zufriedengebe?

Klaus Schredelseker
28. Vorsicht vor dem Schnäppchen
Der Fluch des Gewinners

Der Wert einer antiken Bronzefigur ist im Wesentlichen subjektiv bestimmt; ein Liebhaber ist bereit, eine hohe Summe dafür zu bezahlen, während ein anderer darin nur einen überflüssigen Staubfänger sieht. Wir sprechen daher von einer Privatwertauktion. Völlig anders stellt sich das Problem dann dar, wenn der Wert des zu versteigernden Objekts für alle identisch ist (Gemeinwertauktion), allerdings Unsicherheit über diesen Wert herrscht. Ein typisches Beispiel ist die Versteigerung der Bohrrechte in einem Ölfeld: Der Wert dieser Rechte hängt von Qualität und Menge des förderbaren Rohöls ab und ist für alle Ölverarbeiter in etwa gleich; wie hoch er allerdings ist, kann letztlich erst nach Beendigung der Bohrungen gesagt werden. Zum Zeitpunkt der Versteigerung ist jeder auf Schätzungen, etwaige Probebohrungen und seine geologischen Kenntnisse angewiesen.Die Rechte werden im Rahmen einer englischen Versteigerung (der Meistbietende erhält sie) veräußert. Wie viel sollte ein Interessent für die Bohrrechte bieten und wie sollte sich der Verkäufer der Rechte verhalten?

Klaus Schredelseker
29. Der Koffer und das Taschentuchtheorem
Fast nichts ist nicht nichts

Immer wieder haben wir es bei Alltagsentscheidungen mit kleinen Differenzen zu tun: Paul hat bei einer Klausur, bei der man bis zu 100 Punkte erzielen kann, 73 Punkte erhalten, während sein Freund Peter 74 Punkte bekam; angesichts dessen zu sagen, Peter sei besser als Paul, erscheint in höchstem Maße als fragwürdig. Der Stadtwald bleibt der Stadtwald, auch wenn zwei Bäume gefällt werden müssen. Kein Koffer ist so voll, dass nicht auch noch ein Taschentuch hineinpassen würde. Wenn auf der Autobahn eine Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h ausgeschildert ist, ist jemand, der 122 km/h fährt, trotzdem kein Verkehrsrowdy. Ob ein Kleinanleger sich entscheidet, Daimler-Aktien zu erwerben, ändert an der Kursnotierung für Aktien der Daimler AG nichts.Ist es gerechtfertigt, im praktischen Leben so zu verfahren, auch wenn es mathematisch nicht korrekt ist?

Klaus Schredelseker
30. Von Engerln und Bengerln
Ein verbreiteter Weihnachtsbrauch

In der Vorweihnachtszeit ist es ein netter Brauch, unter Arbeitskollegen Freunden, Schülern einer Klasse oder auch in Online-Communities Engerl und Bengerl oder auch Wichteln zu spielen. Dabei bringt jeder zum gemeinsamen Weihnachtsessen ein hübsch verpacktes Geschenk mit, das dann nach dem Zufallsprinzip ein anderes Mitglied der Gruppe erhält. Natürlich kann es dabei passieren, dass jemand sein eigenes Geschenk bekommt.

Klaus Schredelseker
31. Die unwissenden Brüder
Ich weiß, dass ich nicht weiß

Max und Moritz sitzen einander gegenüber. Die listige Mey hat ihnen eine Zahl auf die Stirn geklebt, die sie natürlich nicht sehen können, wohl aber die Zahl auf der Stirn des jeweiligen Bruders. Mey klebt beiden eine „5“ auf die Stirn, sagt ihnen aber nur so viel, dass es sich um natürliche Zahlen (keine Brüche, keine Null) handelt, deren Summe entweder 10 oder 12 betrage.Mey fragt zuerst Max, ob er die Zahl auf seiner Stirn kenne; Max verneint,sodann Moritz, der auch verneint,nochmals Max, der wiederum verneintund auch ein zweites Mal Moritz, der ebenfalls verneint,ein drittes Mal Max, der wieder seine Zahl nicht nennen kann.Moritz kommt nunmehr einer dritten Frage an ihn zuvor und erklärt, er habe eine „5“ auf seiner Stirn.Wie ist das möglich?

Klaus Schredelseker
32. Der alte Schulfreund
Über Buben und Mädchen

Franz trifft in der Stadt unverhofft auf Edwin, einen alten Klassenkameraden aus der Volksschule. Franz und Edwin unterhalten sich angeregt über alte Zeiten und erzählen von ihren Familien. So erfährt Franz, dass Edwins Sohn verheiratet ist und zwei Kinder hat; eines davon, die kleine Marie, sei gerade in die Schule gekommen. Nachdem sie sich getrennt hatten, bedauert Franz, seinen alten Freund nicht gefragt zu haben, ob das zweite Enkelkind ein Bub ist oder ein Mädchen.Was meinen Sie? Ist es wahrscheinlich ein Bub oder wahrscheinlich ein Mädchen oder ist beides gleich wahrscheinlich?

Klaus Schredelseker
33. Die geplagte Großmutter
Wie kann man seine Erben testen?

Die alte und allseits geschätzte Großmutter möchte ein wertvolles und mit vielen Erinnerungen behaftetes Erbstück aus der Familie gerne demjenigen ihrer fünf Kinder vermachen, das es am meisten schätzt. Ihr ist bewusst, dass alle es gerne haben wollen und sie möchte niemanden enttäuschen. Wie sollte sie es anstellen, um von ihren Kindern ehrliche Antworten auf die Frage nach ihrer wahren Wertschätzung des Erbstücks zu erhalten?

Klaus Schredelseker
34. Wissen ist Macht …
Nichtwissen macht auch nichts

Seit unserer frühen Kindheit wissen wir, dass man, um sich im Leben behaupten zu können, lernen, sein Wissen erweitern, sich um Verständnis bemühen und Erfahrungen sammeln muss. Es gibt offenbar einen einfachen Zusammenhang: Je mehr jemand weiß, je mehr er von den Dingen versteht und je tiefer er sich in eine Materie versenkt hat, umso eher wird er auf ein ihm gestelltes Problem eine gute Lösung finden können. Beim Vergleich zwischen Formel 1 und Aktienbörse Kap. 7 haben wir aber schon gesehen, dass dieser Zusammenhang in Märkten so einfach nicht gelten kann. Wenn der Zufallsinvestor (schwanzwackelnder Hund, Dartpfeile werfender Affe) mit einer Durchschnittsrendite rechnen kann und es Marktteilnehmer gibt, die aufgrund ihrer überragenden Information in der Lage sind, überdurchschnittliche Ergebnisse zu erzielen, auf wessen Kosten gelingt das ihnen denn? Offenbar auf Kosten anderer, auch gut, aber eben nicht überragend gut informierter Marktteilnehmer, die im Gegensatz zum völlig uninformierten Zufallsinvestor in die Rolle der Verlierer gedrängt werden.Wie aber ist es möglich, dass jemand, der mehr weiß und erfahrener ist, gegenüber einem Unwissenden ins Hintertreffen gerät?

Klaus Schredelseker
35. Soll ich wechseln oder nicht?
Das Ziegenproblem

Nehmen Sie an, Sie haben sich bei einer Fernsehshow gegen die Konkurrenz durchgesetzt und bekommen am Ende noch die Superchance geboten. Auf der Bühne sind drei Türen, hinter einer verbirgt sich ein neuer Ferrari (versichert, versteuert, vollgetankt), hinter den beiden anderen je eine Gummiziege. Stellen Sie sich vor eine Tür und Sie gewinnen, was sich dahinter befindet. Nachdem Sie Ihre Wahl getroffen haben, öffnet der Showmaster, der natürlich weiß, wo der Ferrari ist, eine der beiden anderen Türen und zeigt Ihnen eine Gummiziege. Sodann fragt er Sie: „Bleiben Sie bei Ihrer Wahl oder möchten Sie sich doch für eine andere Tür entscheiden?“Welche Entscheidung würden Sie treffen?

Klaus Schredelseker
36. Feiern wir gemeinsam unseren Geburtstag?
Fehlinterpretation von Wahrscheinlichkeiten

Bei einer Faschingsparty stellt sich heraus, dass einer der 25 Anwesenden Geburtstag hat. Nachdem auf dieses Ereignis freundschaftlich angestoßen wurde, meldete sich der Gastgeber zu Wort und sagte: „Wenn wir schon bei Geburtstagen sind: Ich wette darauf, dass unter den Anwesenden mindestens zwei Personen sind, die am gleichen Tag im Jahr Geburtstag haben. Wer wettet dagegen?“Würden Sie auf diese Wette eingehen?

Klaus Schredelseker
37. Entscheiden macht glücklich
Ergebnisse aus der Verhaltensforschung

In diesem Buch geht es um Entscheidungen. Entscheidungen zu treffen hat viel zu tun mit persönlichen Präferenzen und Vorlieben, mit Emotionen, mit Psychologie, mit Logik, mit Mathematik, vor allem aber mit Ökonomie, die von manchen Autoren generell als Theorie der Wahlhandlungen bezeichnet wurde. Richtig zu entscheiden hat bessere Ergebnisse menschlichen Handelns, Schonung knapper natürlicher Ressourcen und besseren Umgang mit dem knappen Gut Zeit zur Folge. Des Weiteren reduziert richtiges Entscheiden den Ärger darüber, falsch entschieden zu haben; in der Sprache der Psychologie, reduziert es „kognitive Dissonanzen“.Gibt es da noch etwas?

Klaus Schredelseker
38. Ein Ultimatumspiel
Wieviel sollte er mir geben?

Das Café Central ist ein beliebter Ort für Schachspieler. Peter und Paul, zwei Klassenkameraden, spielen gerade eine Partie, als am Nachbartisch ein Herr aufsteht, zu Peter tritt und ihm sagt: „Seit Tagen sehe ich Sie hier regelmäßig Schach spielen und ich bewundere das. Ich war selbst ein begeisterter Schachspieler und möchte Ihn en etwas Gutes tun. Hier in diesem Kuvert sind 1000 € in hundert Scheinen à 10 €. Sie gehören Ihnen unter einer Bedingung: Sie müssen einen Teil davon an Paul abgeben und Paul muss mit dieser Aufteilung einverstanden sein. Machen Sie schnell, denn ich habe nicht viel Zeit.“Angenommen, Sie wären Paul: Wieviel muss Peter Ihnen anbieten, damit Sie Ihr Einverständnis erklären?

Klaus Schredelseker
39. Ein zweistufiges Ultimatumspiel
Wieviel sollte er mir geben?

Wieder sitzen Peter und Paul im Café Central beim Schachspiel und wieder kommt ein Gönner mit einem Kuvert vorbei, der 1000 € enthält (man sollte vielleicht häufiger im Café Central Schach spielen!). Er gibt ihn Peter mit der Auflage, einen Teil des Gelds an Paul abzugeben. Sollte Paul den ihm zugedachten Betrag akzeptieren, nimmt jeder seinen Teil und das Spiel ist beendet. Sollte Paul hingegen mit der Aufteilung nicht einverstanden sein, wird die Summe um 100 € vermindert und nun ist es Paul, der einen Vorschlag zur Verteilung der inzwischen nur noch 900 € zu machen hat. Nimmt Peter diesen Vorschlag an, so erhält jeder die in ihm vorgesehene Summe; nimmt er nicht an, so erhält niemand etwas. In jedem Fall ist das Spiel beendet.Angenommen, Sie wären Paul: Wieviel muss Peter Ihnen in der ersten Runde anbieten, damit Sie Ihr Einverständnis erklären?

Klaus Schredelseker
40. Wenn A besser als B und B besser als C …
Über Probleme mit der Transitivität

Wenn jemand Rotwein lieber trinkt als Weißwein und Weißwein lieber trinkt als Bier, dann nehmen wir an, er trinke auch Rotwein lieber als Bier. Wäre es anders, hätten wir Zweifel an seinem Geisteszustand. In der Philosophie wird das Prinzip „Wenn A besser als B und B besser als C, dann A besser als C“ als Transitivität bezeichnet. Transitivität gilt auch als eines der Grundaxiome rationalen Verhaltens.Muss der Rangordnung „A ist besser als B, B ist besser als C und C ist besser als A“ wirklich das Prädikat „rational“ abgesprochen werden?

Klaus Schredelseker
41. Das Skirennen in St. Gustav
Was ist eigentlich gerecht?

In St. Gustav wird jedes Jahr im März der beste Nachwuchsskifahrer prämiert. Auch in diesem Jahr geht es um ein Preisgeld in Höhe von 5120 €, das die lokalen Hotels und Gaststätten gesponsert haben. Von den zahlreichen Bewerbern sind nach diversen Ausscheidungen nur die beiden erstklassigen Sportler Sepp und Otmar übriggeblieben. Es soll eine Serie von Parallelslaloms entscheiden: Der Preis soll demjenigen der beiden zufallen, der als Erster sechs Siege erzielen kann. Nach drei Stunden steht es fünf zu drei für Sepp, allerdings macht starker Schneefall eine Fortsetzung des Wettbewerbs unmöglich; die Veranstaltung kann auch nicht auf ein späteres Datum vertagt werden.Was sollte jetzt mit dem ausgesetzten Preisgeld geschehen?

Klaus Schredelseker
42. Beim letzten Mal schmeckte es besser
Alles strebt zur goldenen Mitte

Bei Ihrer letzten Urlaubsreise in die Toskana waren Sie im Oste Buffo, einem kleinen Lokal in der Nähe von Siena, wo Sie traumhaft gegessen haben. Alles hat gestimmt und war von höchster Qualität: Die Vorspeisen, das Nudelgericht, das Kaninchen und die Cantuccini zum Dessert; natürlich war auch der dazu gereichte Brunello di Montalcino ein perfekter Begleiter. Dieses Jahr waren S ie wieder dort, doch leider waren Sie etwas enttäuscht: Zwar waren die Speisen gut und auch der Wein hat Ihren Vorstellungen entsprochen, doch insgesamt kam das Essen nicht an die Qualität von vor ein paar Jahren heran.Ist Ihre Erfahrung ein Beleg für den allgemeinen Qualitätsverlust in der Gastronomie oder wie würden Sie sie beurteilen?

Klaus Schredelseker
43. Wer mag schon Unsicherheit?
Das Ellsberg-Paradox

In einem Sack befinden sich 30 Kugeln, zehn davon sind grün und die anderen sind entweder blau oder rot. Sie können 100 € gewinnen, wenn Sie, ohne hineinzusehen, eine Kugel einer bestimmten Farbe aus dem Sack nehmen.Zuvor treffen Sie bitte die beiden nachstehenden Entscheidungen: Zunächst zwischen A1 und A2:A1: Sie gewinnen 100 €, wenn Sie eine grüne Kugel ziehen.A2: Sie gewinnen 100 €, wenn Sie eine blaue Kugel ziehen.Sodann zwischen B1 und B2:Haben Sie Ihre Entscheidungen getroffen?

Klaus Schredelseker
44. Wir lieben faire Spiele …
Auch wenn die unfairen gleich fair sind

Paul will mit Ihnen ein Glücksspiel spielen: Jeder legt 50 € auf den Tisch und eine Münze wird geworfen. Je nach Lage der Münze gewinnen Sie oder Paul den ganzen Betrag. Paul lässt Sie die Münze, mit der gespielt wird, wählen und bietet aneine Idealmünze, bei der die Wahrscheinlichkeit für Kopf oder Zahl exakt gleich groß ist,eine manipulierte Münze, bei der eine Seite deutlich öfter fällt, wobei es der Münze nicht anzusehen ist, welche Seite bevorzugt wird; auch dürfen Sie die Münze nicht „ausprobieren“.Für welche Münze entscheiden Sie sich, wenn Sie wählen können, ob Sie mit Kopf oder mit Zahl gewinnen wollen?

Klaus Schredelseker
45. Der fragwürdige Verkehrsplaner
Dienen Entlastungsstraßen der Entlastung?

Täglich fahren 6000 Autos Menschen aus der Wohnstadt A in das Geschäfts- und Handelszentrum D; dazwischen liegen die nur am Wochenende frequentierten Bergdörfer B und C. Die Autofahrer haben die Wahl zwischen zwei schnellen Autobahnen AC und BD, die das zwischen B und C liegende Gebirge umfahren, sowie zwischen zwei langsameren Landstraßen AB und CD. Somit sind nur die Routen AB-BD und AC-CD möglich, um an das gewünschte Ziel zu kommen. Die Fahrzeiten hängen von der Strecke und vom Verkehrsaufkommen ab: Sie bestehen aus einer Konstante (für die Autobahnen 40 min; für die Landstraßen 2 min) und einer fahrzeugabhängigen Größe; setzt man X für je 1000 Fahrzeuge, so beträgt sie X min auf der Autobahn und 8 X min auf der Landstraße.Es ist offensichtlich, dass es am besten ist, wenn sich die Fahrzeuge auf die beiden möglichen Routen zu gleichen Teilen aufteilen. Beide Routen werden somit von jeweils 3000 Autos (somit X = 3) befahren. Es ergeben sich folgende Zeiten (in Minuten):Die Autofahrer sind somit 69 min, d. h. eine gute Stunde von A nach D unterwegs. Wegen der ständigen Klagen beschließt die Regierung, zur Entlastung einen Tunnel zu bauen, der die Dörfer B und C direkt verbindet. Diese Neubaustrecke ist kurz, hat eine hohe Kapazität und darf werktags am Morgen nur in Richtung C befahren werden (abends natürlich in Richtung B): Die Fahrdauer auf der Tunnelstrecke beträgt (6 + X) min.Um wieviel verkürzt sich aufgrund des Entlastungstunnels die Fahrzeit von A nach D an einem Werktagmorgen? Welche Route würden Sie nehmen?

Klaus Schredelseker
46. Das todsichere Roulettesystem
Wie man fast immer gewinnt

Angenommen, jemand bietet Ihnen ein Roulettesystem an, mit dem man so gut wie immer gewinnen kann. Sie werden höchstwahrscheinlich ablehnen, denn Sie wissen (oder glauben zu wissen), dass es so etwas nicht gibt. Er insistiert, Sie bleiben hart. Schlussendlich bietet er Ihnen eine Wette an:

Ich gehe zehn Tage ins Casino Austria und spiele dort jeweils mindestens eine Stunde Roulette. Ich werde an jedem Tag gewinnen. Ich biete Ihnen 1000 €, wenn ich nur ein einziges Mal verlieren sollte. Kann ich hingegen mein Versprechen einhalten und ich gewinne wirklich an jedem der zehn Tage, so zahlen Sie mir 1000 €.

Was tun Sie? Wenn Sie wirklich überzeugt sind, dass es ein derartiges Roulettesystem nicht geben kann, müssten Sie eigentlich auf die Wette eingehen. Um einen anderen Begriff, den wir bereits kennengelernt haben, zu bemühen, senden Sie mit Ihrer Antwort ein „Signal“ Kap. 5, d. h. eine Mitteilung, der aufgrund der Ihnen entstehenden finanziellen Konsequenzen Wahrheitsgehalt zugemessen wird.

Sie können natürlich auch völlig ausweichen und darauf verweisen, dass Sie grundsätzlich nie wetten oder dass Sie jegliche gedankliche Beschäftigung mit so etwas Anrüchigem wie Roulette scharf von sich weisen. Sollte dies der Fall sein, überschlagen Sie bitte auch den „Antwortteil“ und gehen Sie zum nächsten, von Ihnen hoffentlich als solider angesehenen Problem über.

Wenn Sie noch dabei sind: Gehen Sie auf die Wette ein oder nicht?

Klaus Schredelseker
47. Eine listige Versteigerung von Klausurpunkten
Was machen wohl die anderen?

In einer Lehrveranstaltung mit 67 Teilnehmern wurde eine Art Versteigerung durchgeführt, bei der es um drei Güter ging: Gut A lieferte drei Punkte, Gut B lieferte zwei und Gut C lieferte einen Punkt für die Semesterabschlussklausur. Jeder Teilnehmer hatte virtuelle hundert Taler zur Verfügung, mit denen er für die Güter bieten konnte (nur ganzzahlige Gebote waren zulässig). Das Gut erhielt, wessen Gebot um mindestens zehn Prozent über dem Durchschnittsgebot lag; hat jemand für zwei Güter diese Bedingung erfüllt, so erhielt er nur das Höherwertige.Die Teilnahme an der Versteigerung war freiwillig und kostete einen Punkt; man konnte also maximal zwei Punkte für die Klausur vortragen lassen. Andererseits hätte es auch passieren können, dass man kein Gut erhält, weil man für alle drei Güter ein Gebot nahe dem Durchschnitt abgegeben hat und daher mit einem Minuspunkt aussteigt.Versetzen Sie sich bitte in die Situation der Innsbrucker Studenten, für die ein Klausurpunkt eine wertvolle Sache darstellt, und beantworten Sie für sich die beiden Fragen:1.Hätten Sie an dem Spiel überhaupt teilgenommen?2.Welche Gebote hätten Sie für die drei Güter abgegeben?

Klaus Schredelseker
48. Drei Spielkarten
Wieder mal bedingte Wahrscheinlichkeiten

Jemand hat drei Spielkarten. Eine ist auf beiden Seiten schwarz, eine ist auf beiden Seiten rot und eine ist auf der einen Seite schwarz, auf der anderen rot. Er zieht zufällig eine Karte und legt sie auf den Tisch. Ihre Oberseite zeigt rot. Welche Farbe wird wahrscheinlich auf der Rückseite sein? Eher rot, eher schwarz oder gleichermaßen das eine wie das andere?

Klaus Schredelseker
49. Survival of the fittest
Hat der Beste wirklich die besten Chancen?

Den Begriff „Survival of the fittest“ hat der englische Philosoph und Soziologe Herbert Spencer (1820–1903) geprägt. Als bedeutender Vertreter des sog. Sozialdarwinismus wandte er Mechanismen der Darwin’schen Evolutionsbiologie auf gesellschaftlich-soziale Prozesse an; er war überzeugt, dass sich in der gesellschaftlichen Auseinandersetzung stets der Stärkere, derjenige, der sich an seine Umwelt am besten angepasst hat, durchsetzen wird. So funktioniert im Sinne von Darwin (1809–1882) das Grundprinzip der natürlichen Auslese. Der Nicht-Angepasste, der physisch und sozial Schwächere, steht der gesellschaftlichen Entwicklung im Wege und wird Schwierigkeiten haben, sich zu behaupten; letztlich wird er aus dem sozialen Umfeld verschwinden.Noch heute wird, obwohl der Sozialdarwinismus klassischer Prägung kaum noch vertreten wird, das „Survival of the fittest“ als eine gültige Beschreibung gesellschaftlicher Prozesse angesehen: Demjenigen, der stärker, klüger, wendiger, fähiger ist als andere, werden höhere Chancen eingeräumt, sich im gesellschaftlichen Umfeld erfolgreich zu behaupten. Zurecht?

Klaus Schredelseker
50. Wo ist es am preisgünstigsten?
Die zwei gegenüberliegenden Supermärkte

Auf der Hauptstraße befinden sich zwei Supermärkte, der A-Markt auf der rechten, der B-Markt auf der linken Seite. Beide liefern sich seit Jahren einen erbitterten Wettbewerb um die Gunst der Kunden. Herr Amann, der Geschäftsführer vom A-Markt, hat sich etwas Besonderes einfallen lassen und lädt die lokale Presse ein, den Event zu beobachten und darüber zu berichten. Vor den Augen der Kamera spricht Amann eine ahnungslose Kundin an, die mit ihrem vollen Einkaufswagen zu ihrem Auto gehen möchte, und begrüßt sie:

Darf ich mich vorstellen: Amann. Ich freue mich, dass Sie bei uns eingekauft haben, denn wir sind wirklich die Besten. Ich weiß, Sie werden denken, das könne schließlich jeder sagen. Ich werde es Ihnen aber beweisen. Lassen Sie bitte Ihren Einkaufswagen hier stehen, ich passe auf ihn auf, und gehen Sie rüber in den B-Markt. Kaufen Sie dort exakt dieselben Waren, die Sie bei uns gekauft haben. Selbstverständlich geht alles auf unsere Kosten.

Die verdutzte Kundin tut, was Amann sagte, schließlich findet sie es durchaus attraktiv, alle Waren doppelt zu erhalten, ohne dafür etwas bezahlen zu müssen. Als sie von ihrem Einkauf im B-Markt zurückkommt, fragt sie Herr Amann: „Nun, was haben Sie bezahlt?“ Die Kundin zeigt den Einkaufsbeleg mit 43,35 €; in der Tat war dies deutlich teurer, denn im A-Markt kostete der gleiche Einkauf nur 41,12 €. Selbstbewusst sagt Amann, halb zur Kamera gerichtet, genau das habe er gewusst, der A-Markt sei doch der leistungsfähigere.

Klaus Schredelseker
51. Die Gutmenschen auf der Autobahn
Stellen Sie sich an oder fahren Sie vorbei?

Den Begriff des „Gutmenschen“ mag ich eigentlich nicht; er ist mir zu negativ besetzt. Mir käme es grundsätzlich nicht in den Sinn, einem Menschen, der Gutes tut, der sich sozial engagiert oder der Empathie gegenüber Schwachen und Benachteiligten aufbringt, in irgendeiner anderen Weise als mit Achtung entgegenzutreten. Gleichwohl gehen auch mir manchmal die allzu anständigen Mitmenschen auf die Nerven. Die folgende Situation tritt nach meiner Erfahrung häufiger in Deutschland als in den Nachbarländern auf: Sie fahren zügig auf der Autobahn dahin, auf einmal kündigt ein Schild eine baustellenbedingte Verengung auf eine Fahrspur nach 2000 m an. Schon kurz darauf sehen Sie, dass sich auf der linken Seite eine Schlange gebildet hat, während die rechte Fahrspur frei ist. Sie überlegen: Soll ich mich auch in der linken Spur anstellen oder soll ich rechts vorfahren, wissend, dass mich immer jemand nach links wechseln lässt, bzw. dass ich mich immer hineindrücken kann, ohne dass mir das ernsthaft verwehrt wird; niemand nimmt einen Blechschaden in Kauf, um eine Autolänge weiter vorne zu sein.Wie würden Sie sich verhalten? Würden Sie sich eher der Schlange, die sich links gebildet hat, anschließen, oder würden Sie rechts vorfahren und somit wertvolle Zeit gewinnen?

Klaus Schredelseker
52. Wer bekommt Kredit?
Sind schlechte Schuldner schlechte Schuldner?

Eine Regionalbank weiß aus Erfahrung, dass es bei rund einem Prozent der von ihr vergebenen Privatkredite zu Zahlungsschwierigkeiten kommt. Die aufgrund dessen in den Zinssatz einzurechnenden Risikoprämien gefährden ihre Konkurrenzfähigkeit. Ein Berater schlägt der Geschäftsführung daher vor, bei der Vergabe von Krediten eine Kreditwürdigkeitsanalyse durchzuführen; er könne ein Verfahren empfehlen, das relativ einfach durchzuführen sei und bei faulen Kreditwerbern nur in 20 % der Fälle daneben liege; gute Kreditwerber würden hingegen sogar mit 90 % Wahrscheinlichkeit als solche erkannt. Die Geschäftsführung ist beeindruckt und zeigt sich interessiert, hat aber Bedenken, dass sie zu viele Kreditwerber mit einer Ablehnung vor den Kopf stoßen könnte. Daraufhin befragt, sagt der Berater, die Wahrscheinlichkeit, dass ein von der Kreditwürdigkeitsanalyse abgelehnter Bewerber tatsächlich faul sei, liege bei 7,5 %. Entsetzt wenden sich die Banker ab: Das heißt ja dann, dass von 40 abgelehnten Kreditwerbern tatsächlich nur drei zu Recht abgelehnt werden; bei den anderen 37 Ablehnungen haben wir es mit einer Fehleinschätzung zu tun, da wir einen solventen Kreditwerber abweisen. Eine solche Analyse wollen wir nicht.Haben die kritischen Banker recht?

Klaus Schredelseker
53. Eine Lotterie aus dem alten St. Petersburg
Wieviel sind Sie zu zahlen bereit?

Jemand bietet Ihnen folgendes Spiel an: Eine Münze wird so lange geworfen, bis sie auf Zahl fällt; wenn das erste Mal Zahl beim n-ten Wurf kommt, erhalten Sie einen Gewinn in Höhe von 2n €. Somit erhalten Sie21 = 2 €, wenn die Münze gleich beim ersten Wurf auf Zahl fällt,22 = 4 €, wenn die Münze beim zweiten Wurf erstmals auf Zahl fällt,23 = 8 €, wenn die Münze beim dritten Wurf erstmals auf Zahl fällt,24 = 16 €, wenn die Münze beim vierten Wurf erstmals auf Zahl fällt,25 = 32 €, wenn die Münze beim fünften Wurf erstmals auf Zahl fällt,etc.Nach der Auszahlung eines Gewinns ist, unabhängig von der Höhe dieses Gewinns, das Spiel beendet. Sie werden also mit Sicherheit gewinnen; die Frage ist nur wieviel.Wie hoch ist der Einsatz, den Sie für dieses Spiel maximal zu zahlen bereit wären?

Klaus Schredelseker
54. Wer wird Bürgermeister?
Die Fragwürdigkeit strategischen Entscheidens

Der Wahlkampf ist vorüber. Die sieben Sitze im Gemeinderat sind durchwegs an verschiedene Bürgerlisten gegangen und die Vertreter der tradierten Parteien beklagen die erlittene Schlappe. Nach der Gemeindesatzung geht es nun darum, im Kooptationsverfahren einen neuen Bürgermeister zu wählen: Jedes Gemeinderatsmitglied erhält eine Liste aller sieben Ratsmitglieder und soll die Zahlen 1 bis 7 so verteilen, dass der nach seiner Ansicht am besten geeignete mit einer 7 und der am wenigsten geeignete mit einer 1 bedacht wird. Derjenige soll Bürgermeister sein, der die meisten Stimmen auf sich vereinigen kann; bei Stimmengleichheit entscheidet das Lebensalter und der Jüngere wird Bürgermeister.Während des intensiven Wahlkampfs hat sich allerdings schon ziemlich gut herauskristallisiert, wer politisches Talent hat und wer nicht. Abgesehen davon, dass jeder sich selbst für den Besten hält, stellen sich die Einschätzungen wie folgt dar:Bewerter in den Spalten; Bewertete in den Zeilen: Z. B. bewertet Gemeinderat C seinen Kollegen B mit einer 5, d. h. er hält ihn für den am drittbesten geeigneten Kandidaten für das hohe Amt des Bürgermeisters.Wer wird neuer Bürgermeister?

Klaus Schredelseker
55. Reich oder arm?
Ein eigenartiges Wertpapier

Nehmen wir an, es gäbe ein Wertpapier, das in jedem Monat mit gleicher Wahrscheinlichkeit entweder um 90 % steigt oder um 60 % fällt. Sie investieren in dieses Wertpapier 10.000 € und halten es für genau fünf Jahre.Teilnehmer der Vorlesung Entscheidungstheorie an der Universität Innsbruck erhielten diese Frage und mussten sich für eine der folgenden drei Aussagen entscheiden (unter „wahrscheinlich“ ist eine Wahrscheinlichkeit von mehr als 50 % zu verstehen):1.Nach fünf Jahren bin ich wahrscheinlich reich (d. h., ich habe mehr als 1 Mio €).2.Nach fünf Jahren bin ich wahrscheinlich arm (d. h., ich habe weniger als 100 €).3.Weder das eine, noch das andere ist richtig.Für welche Antwortkategorie hätten Sie sich entschieden?

Klaus Schredelseker
56. Wer erhält die neue Arbeitsstelle?
Ein ziegenähnliches Paradoxon

Lena, Mira und Nora haben sich um eine interessante Stelle beworben und sie wissen, dass die Entscheidung am Mittag im Personalrat gefallen ist. Lena kennt Peter, ein langjähriges Mitglied des Personalrats, und fragt ihn kurz vor Feierabend, ob sie die Stelle bekommen habe. Peter ist zur Verschwiegenheit verpflichtet und darf Lena natürlich nicht sagen, ob sie die Stelle bekommt oder nicht. Da er sie mag, ringt er sich aber zu der Aussage durch, Mira habe die begehrte Position nicht bekommen.Da alle drei in etwa gleich qualifiziert sind, rechnete sich anfangs jede eine Drittelchance dafür aus, die Stelle zu erhalten. Hat sich für Lena jetzt an dieser Einschätzung etwas geändert?

Klaus Schredelseker
57. Was geschieht nach der Entscheidung?
Kognitive Dissonanzen

Sie haben sich einen wirklich schönen Alfa Romeo gekauft, nach dem sich die Leute auf der Straße herumdrehen. Ihre Entscheidung für das Auto war anfangs eher spontan: Ihr Entschluss stand jedoch endgültig fest, als Sie beobachteten, wie ein gepflegter sportlicher Herr seinen schwarzblauen Alfa auf dem Parkplatz eines noblen Restaurants parkte, seiner hinreißenden Partnerin die Tür öffnete, ihr den Arm bot und beide vergnügt in das Lokal verschwanden. Das Bild, ein elegantes Paar und ein schönes Auto, hat sich fest in Ihrem Bewusstsein eingegraben. Zwei Wochen später konnten Sie den rassigen Italiener bei Ihrem Händler in Empfang nehmen.Nach ein paar Wochen sehen Sie im Regal Ihres Zeitungshändlers verschiedene bunte Autozeitschriften mit Tests und Analysen, darunter auch eine, die Ihrem Alfa einen Artikel widmete. Spontan nehmen Sie das Heft mit.Warum eigentlich? Informationen über das Auto hätten Sie damals benötigt, als es darum ging, eine Entscheidung zu treffen. Jetzt haben sie eigentlich keinen Sinn mehr, denn das Auto ist gekauft. Die Information ist eigentlich nicht mehr entscheidungsrelevant.

Klaus Schredelseker
58. Der optimale Weg durch den Park
Die Macht des Faktischen

Jeder Stadtplaner kennt das: Da haben wir einen neuen Park geschaffen, mit Wegen, die von überall nach überall führen, dazwischen mit saftig grünen Rasenflächen und Blumenbeeten. Es gibt auch Bänke zum Verweilen, ein Teich mit Enten, kurzum eine Oase der Ruhe inmitten der Stadt. Und was passiert? Schon nach einem Jahr haben sich Trampelpfade entwickelt, quer durch Wiesen und Blumenbeete. Durch die starke Belastung wächst hier nichts mehr. Anfangs kam es nur vereinzelt vor, dass jemand über den Rasen lief. Mehr und mehr machten es alle so und auf den regulären Wegen wuchs das Unkraut, da sie niemand mehr benutzte.Wie hätte man das vermeiden können?

Klaus Schredelseker
59. Soll man eine eigene Meinung haben?
Die Bindungswirkung des Vor-Urteils

Sie sollen eine möglichst gute Schätzung einer unsicheren Größe (z. B. Transportkapazität der deutschen Binnenschifffahrt) abgeben. Sollten Sie zunächst einmal selbst eine Schätzung vornehmen und sich dann ein wenig herumhören, um zu erfahren, was andere denken, bevor Sie Ihre endgültige Schätzung abgeben? Oder sollten Sie gleich mit dem Herumhören beginnen?

Klaus Schredelseker
60. Wie groß ist die Stadt, in der Max lebt?
Das Benford‘sche-Gesetz

Sie lernen im Urlaub Max kennen und fragen ihn, wie groß der Ort ist, in dem er lebt. Max kennt zufällig die Ergebnisse der letzten Volkszählung und gibt Ihnen eine präzise Antwort. Nehmen Sie an, x sei die erste Ziffer der von ihm genannten Zahl (natürlich ist x niemals Null). Welche der folgenden Aussagen halten Sie für zutreffend?Ist x eher gerade oder ungerade?Ist x drei oder kleiner oder ist x eher größer als drei?Ist x = 4 gleich wahrscheinlich wie x = 6?x ist mit gleicher Wahrscheinlichkeit eine Ziffer zwischen 1 und 9.

Klaus Schredelseker
61. Gewinnchance versus Sicherheit
Was bieten wohl die anderen?

Jemand legt für alle sichtbar 30 € in ein Kuvert und bietet es sodann zur Versteigerung an. Es gibt etwa 50 potentielle Bieter. Den Zuschlag erhält derjenige, der den geringsten Betrag bietet, der nur von ihm selbst und nicht auch von jemand anderem geboten wird. Es sind nur ganzzahlige Euro-Gebote zulässig.Welchen Betrag würden Sie bieten?

Klaus Schredelseker
62. Wie lange soll man warten?
Ungeduld versus Geduld

Ein Juwelier gibt sein Geschäft auf, möchte aber noch eine alte schöne Armbanduhr, eine klassische Audemars Piguet, verkaufen. Er ist sich selbst über den Preis unschlüssig und legt sie daher in sein Schaufenster zusammen mit einem kleinen Schild, auf dem steht:

Wenn Ihnen die Uhr gefällt, machen Sie ein Gebot. Wenn mir Ihr Gebot gefällt, erhalten Sie diese Uhr.

Er muss die Uhr innerhalb der nächsten Woche verkaufen und rechnet mit etwa dreißig potentiellen Interessenten. Er weiß auch, dass ein Kunde, dessen Gebot er ablehnt, nicht mehr zurückkommen wird.

Natürlich möchte er für die Uhr so viel wie möglich erlösen; am liebsten wäre ihm der Interessent, dessen Zahlungsbereitschaft am höchsten ist. Ist er sehr ungeduldig und gibt die Uhr einem der ersten Kunden, der ein halbwegs gutes Gebot abgibt, so läuft er Gefahr, das gute Stück zu billig zu verkaufen, da der Meistbietende erst später gekommen wäre. Verschmäht er allerdings für längere Zeit jedes Gebot, weil er auf ein besseres hofft, so läuft er Gefahr, dass er die Audemars Piguet viel zu billig abgeben muss; schließlich hat er den Meistbietenden schon vor Tagen zurückgewiesen.

Wie sollte der Juwelier verfahren?

Klaus Schredelseker
63. Vertrauen wir auf die Vernunft anderer?
Und das Schwein stellt sich sogar noch besser

Sie nehmen an einem Entscheidungsspiel teil, bei dem Ihr Gewinn nicht nur von Ihrer eigenen Entscheidung, sondern in hohem Maße auch von der Wahl anderer abhängt. Gegeben sei die nachstehende Auszahlungsmatrix:Sie gehören einer Gruppe von fünf Personen an, die Sie nicht kennen, deren Verhalten Sie nicht beobachten können und mit denen Sie weder verbal noch nonverbal kommunizieren können. Sie wählen eine Zahl zwischen eins und fünf und jeder andere aus der Gruppe tut das Gleiche. Ihre Auszahlung hängt zum einen von Ihrer eigenen Zahl ab: Je niedriger sie ist, umso höher ist Ihr Gewinn. Zum anderen hängt Ihr Gewinn von der niedrigsten Zahl, die innerhalb der Gruppe gegeben wurde, ab: Je niedriger diese niedrigste Zahl ist, umso niedriger ist Ihr Gewinn. Setzen Sie z. B. auf drei und die niedrigste Zahl, die in der Gruppe gewählt wurde, beträgt zwei, so erhalten Sie fünf Punkte.Für welche Zahl zwischen eins und fünf werden Sie sich entscheiden?

Klaus Schredelseker
64. Die Folge dreier Münzen
Wer entscheidet besser?

Wenn eine Münze dreimal hintereinander geworfen wird, sind die folgenden acht Folgen möglich (K = Kopf, Z = Zahl):KKK, KKZ, KZK, ZKK, KZZ, ZKZ, ZZK, ZZZVerena und Andreas spielen ein Spiel, bei dem jeder eine dieser Münzfolgen wählt. Sodann wird eine Münze solange geworfen, bis eine der gewählten Folgen auftritt und beschert dem, der sie gewählt hat, den Gewinn. Verena hat den Vortritt und wählt die Folge KKZ.Andreas schwankt zwischen den Folgen ZKK und KZK. Wofür sollte er sich entscheiden? Oder ist mit beiden Münzfolgen die Siegwahrscheinlichkeit gleich groß?

Klaus Schredelseker
65. Ein einfacher Hypothesentest
Ein Spiel mit Karten

Vor Ihnen liegen vier Spielkarten, von denen Sie wissen, dass diese auf einer Seite einen Buchstaben und auf der anderen Seite eine Ziffer aufweisen. Sie sehen vier Karten mit den Aufschriften A, R, 2 und 5 und bekommen die Aufgabe, zu überprüfen, ob die folgende Hypothese stimmt:Wenn auf der einen Seite ein Vokal ist, befindet sich auf der Rückseite eine gerade Zahl.Wenn Sie nur zwei Karten herumdrehen dürfen, für welche entscheiden Sie sich?

Klaus Schredelseker
66. Ist Insiderhandel unfair?
Ist der Insider Freund oder Feind des Privatanlegers?

Wir alle schätzen Fairness. Wir sind nicht bereit, an einem Spiel teilzunehmen, bei dem wir den Eindruck haben, es sei nicht fair, schon gar nicht, wenn wir Grund zur Vermutung haben, selbst systematisch im Nachteil zu sein. Das gilt für Spiele aller Art, aber natürlich auch für die Teilnahme am Finanzmarkt; hier ganz besonders, denn es handelt sich um unser Geld.An der Börse geht es um Informationen, darum, die angebotenen Informationen sachgerecht und besser als die anderen Marktteilnehmer interpretieren zu können. Dieser Herausforderung sind wir bereit uns zu stellen, solange wir Chancengleichheit in Anspruch nehmen können. Das ist aber dann nicht mehr der Fall, wenn wir es mit Mitspielern zu tun haben, die eindeutig besseren Zugang zu Informationen haben als wir. Sie spielen in einer anderen Liga: Ihre Entscheidungen gründen sich nicht auf eine bessere Interpretation der allen vorliegenden Information, sondern auf eine andere, nur ihnen exklusiv zugängliche Information. Wer mit ihnen in Wettbewerb tritt, hat von Anfang an schlechtere Karten, er muss notgedrungen damit rechnen, ins Hintertreffen zu geraten.

Klaus Schredelseker
67. Warten auf eine Mitnahmegelegenheit
Ein Fisch im Wald

Auf einer Sonntagswanderung haben Sie sich im Wald den Fuß verknackst, konnten sich aber humpelnd bis zu einer kleinen Straße durchschlagen. Es ist kurz vor Einbruch der Dunkelheit und Sie wissen, dass sonntagsabends im Schnitt zwei Fahrzeuge pro Stunde die Straße befahren.Wie lange werden Sie schätzungsweise warten müssen, bis das nächste Fahrzeug vorbeikommt?

Klaus Schredelseker
68. Wieviel spenden Sie?
Die zentrale Bedeutung von Ankern

Bei einem Vortrag werden Bilder einer Naturkatastrophe gezeigt: Nahe der Küste ist ein Tanker auf ein Riff gelaufen und riesige Mengen Öl fließen an den Strand. Gezeigt werden erschütternde Bilder von Seevögeln, deren Gefieder ölverschmiert sind und die dringend Hilfe benötigen. Einige Freiwillige sind quasi Tag und Nacht im Einsatz, aber es reicht nicht. Eine anerkannte Umweltorganisation ruft zu Spenden auf: „Sind auch Sie bereit, 5 $ zu spenden?“Wären Sie bereit? Mit wie viel Geld von Ihnen dürfen wir rechnen?

Klaus Schredelseker
69. Nichts ist überzeugender als Erfolg
Erfolg adelt die Tat?

Vor geraumer Zeit hat das Wirtschaftsmagazin „Capital“ ein Börsenspiel durchgeführt, an dem 10.500 Personen teilgenommen haben; viele Teilnehmer waren Profis von Banken und Vermögensverwalter, die gerne derartige Spiele benutzt haben, um gefahrlos neue strategische Konzepte testen zu können, andere waren allgemein an Wirtschaftsproblemen interessierte Leser der Zeitschrift. Bei dem Spiel ging es darum, innerhalb einer Zeitspanne von etwa drei Monaten Wertpapiertransaktionen durchzuführen und dabei eine möglichst gute Rendite zu erwirtschaften. Jeder Teilnehmer erhielt zu Beginn ein fiktives Spielkapital von 30.000 DM und konnte in einem vorgegebenen Ausschnitt des deutschen Markts Aktien und Obligationen handeln, wobei alle Transaktionen zu den amtlichen Mittelkursen der Frankfurter Wertpapierbörse einschließlich der dort üblichen Börsenspesen abgerechnet wurden. Um zu verhindern, dass Teilnehmer alles auf eine Karte setzen, wurde das Investment pro Titel auf 10.000 DM begrenzt; wer sein gesamtes Spielkapital investieren wollte, musste somit zumindest drei verschiedene Wertpapiere erwerben.

Klaus Schredelseker
70. Wie viele Stimmen bekommen ‚Die Grünen‘?
Wie gut können wir uns erinnern?

Im Juni 2008 fanden in Tirol Landtagswahlen statt. Im Rahmen des Online-Tests, der das ganze Semester die Vorlesung „Entscheidungen“ begleitete, wurden die Studenten fünf Tage davor gefragt, mit welchem Ergebnis (in Prozent der Stimmen) sie für die Partei „Die Grünen“ rechnen. Im Durchschnitt wurden 14,2 % genannt. Drei Wochen später lautete die Frage: „Mit welchem Ergebnis hätten Sie fünf Tage vor der Wahl für die Partei ‚Die Grünen‘ gerechnet?“ Hier wurden im Schnitt 12,3 % genannt.Neigen Innsbrucker Wirtschaftsstudenten zur Lüge?

Klaus Schredelseker
71. Der Schönheitswettbewerb
Eine Metapher von John Maynard Keynes

In den Dreißigerjahren führten englische Zeitungen einen Wettbewerb durch, bei dem es einen stattlichen Preis zu gewinnen gab. Es wurden hundert Fotos junger Frauen abgedruckt und die Leser sollten die sechs schönsten benennen. Den Preis erhielte der Leser, der tatsächlich die sechs schönsten Frauen genannt hat; sollten mehrere Leser das geschafft haben, so entscheide unter ihnen das Los.Stellen Sie sich vor, Sie nähmen an diesem Spiel teil. Nach welchen Kriterien würden Sie Ihre sechs Schönheiten auswählen?

Klaus Schredelseker
72. Wie sollte man Lotto spielen?
Kann man beim Zahlenlotto vernünftig sein?

Beim deutschen Zahlenlotto sind in einer 7 * 7-Felder-Matrix sechs Zahlen anzukreuzen. Zweimal wöchentlich erfolgt eine öffentliche und notariell beaufsichtigte Ziehung der Gewinnzahlen mithilfe einer komplizierten Maschine, die sicherstellt, dass die Auswahl der Zahlen tatsächlich rein zufällig erfolgt. Zusätzlich wird die sog. Superzahl ermittelt; für den Spieler entspricht sie jeweils der letzten Ziffer seiner Spielscheinnummer. Gewinnen kann man in neun verschiedenen Gewinnklassen: Von der höchsten Gewinnklasse 1 (sechs Richtige und Superzahl) mit einer Wahrscheinlichkeit von 1 : 139.838.160 bis zur niedrigsten Klasse 9 (zwei Richtige und Superzahl) und einer Wahrscheinlichkeit von 1 : 72.Gibt es beim deutschen Zahlenlotto Strategien, mit denen man besser abschneidet als mit anderen? Kann man beim Lotto „vernünftig“ spielen?

Klaus Schredelseker
73. Wo gehen wir heute Abend hin?
Intransitivitäten und die Qual der Wahl

In der kalten Jahreszeit gibt es eigentlich nur drei Orte, wo Harald und Martina am Abend gerne hingehen: In den Jazzclub, in eine kleine Pizzeria oder in ein Literaturcafé, wo engagierte junge Leute ihre eigenen Texte vorlesen.Da am Dienstag das Literaturcafé geschlossen ist, fragt Harald seine Frau, ob sie lieber zum Pizzaessen oder lieber zum Jazz gehen wolle; ganz entschieden zieht sie die Pizzeria vor. Da fällt ihm ein, dass heute ja Mittwoch ist, an dem die Pizzeria und nicht das Literaturcafé Ruhetag hat; Harald macht Martina auf den Irrtum aufmerksam und wieder sagt sie, sie wolle heute nicht so gerne zum Jazz, sondern würde lieber ins Literaturcafé gehen. Auf einmal wird Ihnen allerdings bewusst, dass heute ein Feiertag ist und daher auch die Pizzeria geöffnet sein wird. Darauf sagt Martina: Lass uns doch lieber zum Jazz gehen.Harald ist verwundert und sagt zu Martina: „Offenbar hast du deine Meinung geändert, aber mir ist es recht, ich gehe gern zum Jazz und freue mich schon darauf.“ Martina entgegnet, leicht verärgert: „Wieso soll ich meine Meinung geändert haben? Mir war immer das Jazzlokal von den drei Möglichkeiten, die du genannt hast, das liebste.“Harald versteht die Welt nicht mehr, sagt aber nichts. Ihm will nicht in den Kopf, warum Martina lieber in die Pizzeria geht als zum Jazz, warum sie auch das Literaturcafé dem Jazzlokal vorzieht, aber jetzt auf einmal behauptet, zum Jazz zu gehen, sei ihr von allem das liebste. „Ja“, seufzt er, „Frauen und Logik, das passt irgendwie doch nicht zusammen.“Hat Harald recht?

Klaus Schredelseker
74. Wo sollen wir tanken?
Sparen durch nachdenken

Anne, Bernd und Christiane wollen zu einem Rockkonzert nach Burgweiler fahren und wissen, dass sie auf dem Weg tanken müssen. Der jetzige Tankinhalt reicht zwar bis Burgweiler, nicht aber für die Rückfahrt und da es spät werden wird, sind bei der Rückfahrt alle Tankstellen geschlossen. Sie wissen, dass es drei Tankstellen auf dem Weg zu ihrem Ziel gibt und dass die Preise üblicherweise stark differieren; die aktuellen Preise kennen sie allerdings nicht. Da sie es eilig haben, können sie keinesfalls zurückfahren, sondern müssen an einer der drei Tankstellen zumindest so viel Benzin tanken, dass sie in der Nacht wieder sicher nach Hause kommen. An welcher Tankstelle sollten sie tanken? Wie so häufig, gibt es bei drei Leuten drei verschiedene Meinungen:Wessen Position leuchtet Ihnen am ehesten ein?

Klaus Schredelseker
75. Die Familienfeier
Alte und Junge zusammen

Wie so häufig ist es die Beerdigung eines geschätzten Verwandten, bei der die gesamte Familie mal wieder zueinanderfindet. So war es auch beim Tod des lieben Paul: Alle waren gekommen, die Mayers (väterliche Linie) und die Müllers (mütterliche Linie) mit ihren jeweiligen Nachkommen, die aufgrund von Verehelichungen mittlerweile anders hießen, familienintern aber noch immer in die Mayers und die Müllers unterschieden wurden. Da der Vater von Paul erheblich älter war als seine Frau, waren auch die Mayers im Schnitt älter als die Müllers; der Mayer’sche Durchschnitt lag bei 54 Jahren, der Müller’sche bei 41 Jahren. Die Mayers saßen im Gartenzimmer und die Müllers auf der Terrasse. Auf einmal ging Werner Mayer, dem der Zusammenhalt der Familienteile stets ein Anliegen war, hinaus auf die Terrasse.Ist nun das Durchschnittsalter …… auf der Terrasse gestiegen und im Gartenzimmer gefallen?… im Gartenzimmer gestiegen und auf der Terrasse gefallen?… in beiden Zimmern gestiegen?… in beiden Zimmern gefallen?Was von alledem wäre denn überhaupt möglich?

Klaus Schredelseker
76. Wie tief sollte man bohren?
Oft kommt es anders als man denkt

Sie besitzen ein schönes Gartengrundstück, das im Sommer bewässert werden will. Sie haben das Recht, einen eigenen Brunnen zu bohren und wollen angesichts der steigenden Wasserpreise endlich dieses Recht auch in Anspruch nehmen. Es lohnt sich allerdings nur, wenn in nicht allzu großer Tiefe Wasser in hinreichender Menge gefördert werden kann. Sie wollen daher eine Probebohrung vornehmen lassen und bitten mehrere Firmen um ein Angebot für eine derartige Sondierung. Drei Firmen melden sich, die alle gleich viel für die Probebohrung verlangen. Die Angebote unterscheiden sich jedoch in der Bohrtiefe: Firma A nimmt eine Bohrung bis auf 10 m Tiefe vor, Firma B bohrt auf 12 m Tiefe und Firma C bohrt auf 14 m Tiefe.Welcher der drei Firmen erteilen Sie einen Auftrag?

Klaus Schredelseker
77. Wie kommen wir zusammen?
Können Zahlen prominent sein?

Sie werden gebeten, eine einstellige natürliche Zahl zu nennen. Dieselbe Bitte ergeht an eine Ihnen unbekannte fremde Person. Sollten Sie beide dieselbe Zahl genannt haben, so erhalten beide ein zwei Jahre gültiges VIP-Ticket zum Eintritt in die Uffizien in Florenz, ohne sich in die sonst unvermeidbare Schlange einreihen zu müssen.Welche Zahl würden Sie wählen?

Klaus Schredelseker
78. Gehen wir dennoch ins Theater?
Die Buchführung im Kopf

Eigentlich wollte Paul gestern Abend ins Theater gehen, aber auf dem Weg dorthin musste er bestürzt feststellen, dass er die Karten, die je 25 € gekostet haben, verloren hatte. Er wusste, dass die Vorstellung nicht ausverkauft ist und man an der Abendkasse noch Tickets hätte erwerben können; dennoch hat er sich dafür entschieden, angesichts der verlorenen Tickets auf den Theaterbesuch zu verzichten.Tags drauf kam im Büro Pauls Kollege Peter auf ihn zu und schwärmte von dem wundervollen Theaterabend, den er gestern genossen hatte. Allerdings ist ihm etwas Dummes passiert: Er war zeitig dran, weil er noch die Tickets kaufen musste und kam in eine Routinekontrolle der Verkehrspolizei. Peter hatte in der Eile seinen Führerschein vergessen, was ihm eine Verwarnung in Höhe von 50 € einbrachte. Verärgert zwar, aber noch immer rechtzeitig kam er am Theater an, kaufte die Tickets und genoss den Abend.Versetzen Sie sich in die Rolle der beiden. Hätten Sie genauso entschieden? Oder hätten Sie im ersten Fall nochmals Tickets erworben? Oder hätten Sie im zweiten Fall auch auf den Theaterbesuch verzichtet? Oder hätten Sie sich für genau das Gegenteil von dem entschieden, was Paul und Peter gemacht haben?

Klaus Schredelseker
79. Abzugsfähigkeit von Spenden
Ein politisches Entscheidungsproblem

In Österreich hatte der Gesetzgeber vor ein paar Jahren die steuerliche Abzugsfähigkeit von Spenden an wohltätige und gemeinnützige Institutionen beschlossen, etwas, was in Deutschland seit langer Zeit Praxis ist. Im Vorfeld der Entscheidung gab es, wie immer, Befürworter und Gegner dieser Gesetzesinitiative. Der Verfasser hat sich eindeutig dem Lager der Gegner angeschlossen. Können Sie sich vorstellen, warum?

Klaus Schredelseker
80. Bewerten wir Gewinne und Verluste in gleicher Art?
Ein Ausflug zu den Nutzenfunktionen

Nehmen Sie an, jemand biete Ihnen die folgende Alternative A an:A1: Sie erhalten 240 €.A2: Wir werfen zwei Idealmünzen; fallen beide auf Kopf, gewinnen Sie 1000 €, andernfalls gehen Sie leer aus.Ziehen Sie A1 oder A2 vor? Nun zu einer anderen Entscheidungsalternative B:B1: Sie verlieren 750 €.Ziehen Sie B1 oder B2 vor?

Klaus Schredelseker
81. Wer schneidet besser ab, Männer oder Frauen?
Das Simpson Problem

An der kleinen aber feinen Universität im oberen Glottertal gibt es nur drei Fakultäten. Im Jahr 2016 traten insgesamt 560 Studenten zum Abschlussexamen an: 400 an der kulturwissenschaftlichen Fakultät, 100 an der rechtswissenschaftlichen und 60 an der naturwissenschaftlichen Fakultät. Im Rahmen der üblichen Prüfungsstatistik wurde auch erhoben, wie sich die Erfolgsquote in den Examina zwischen männlichen und weiblichen Studenten unterscheidet; das Ergebnis:An allen drei Fakultäten haben offensichtlich die Frauen besser abgeschnitten. Welche Schlüsse können Sie aus diesen Zahlen ziehen?

Klaus Schredelseker
82. Entscheidungen auf der Grundlage von Daten
Korrelationen sind keine Kausalitäten

Dass Entscheidungen gut fundiert, reiflich überlegt und von relevantem Wissen geprägt sein sollten, ist wohl unumstritten. Einen großen Teil dieses entscheidungsrelevanten Wissens beziehen wir aus statistischen Erhebungen, die von unterschiedlichen Quellen stammen: Wissenschaftliche Studien, Erhebungen der statistischen Landesämter, von EU, EZB, UNESCO, OECD, Presse, Rundfunk, Fernsehen etc. Alle diese Informationen hinterlassen in unserem Bewusstsein ein mehr oder minder gefestigtes Wissen, das für viele unserer Entscheidungen handlungsleitend wird. Beim Surfen durch den Datenwust sind allerdings ein paar Regeln zu beachten, die alle darauf hinauslaufen, ein zumindest intuitives Verständnis von Statistik zu haben.

Klaus Schredelseker
83. Blasen, die platzen, sind Blasen …
Sind Blasen, die nicht platzen, keine Blasen?

Im Herbst 2013 erhielten zwei Finanzwirtschaftler den Nobelpreis für Ökonomie, die in der Fachöffentlichkeit als klare Antipoden wahrgenommen wurden. Der eine, Eugene Fama (*1939), gilt als glühender Verfechter der These informationseffizienter Märkte, der andere, Robert Shiller (*1946), als einer der schärfsten Gegner dieses Konzepts. Paul Krugman (*1953), Nobelpreisträger des Jahres 2008, kommentierte die Entscheidung der wissenschaftlichen Kommission eher sarkastisch:

Viele Leute mögen immer schon gedacht haben, die Ökonomie sei die einzige Wissenschaft, in der zwei Leute das Gegenteil voneinander behaupten können und beide einen Nobelpreis bekommen. Aber selbst solche Leute werden es nicht für möglich gehalten haben, dass zwei Ökonomen mit sich widersprechenden Thesen im selben Jahr denselben Nobelpreis gemeinsam erhalten.

Die Positionen können tatsächlich kaum widersprüchlicher sein. Befragt nach der Existenz von Preisblasen in den Märkten, antwortete Fama, er glaube nicht an Blasen; es gäbe keinen Beweis, dass sie existieren. Shiller hingegen antwortete auf die Frage, ob es etwas Konkretes gebe, das ihn veranlasst habe, sich näher mit Finanzmärkten auseinanderzusetzen: Ja, Blasen. Die Vorstellung, dass die Menschen stets rational kalkulieren, möge auf einige wenige zutreffen, könne aber nicht für den gesamten Markt Gültigkeit beanspruchen. Deshalb gebe es Blasen.

Klaus Schredelseker
84. Wer kennt Linda?
Probleme der Repräsentativitätsheuristik

Sie treffen Linda immer wieder beim Sport. Das Einzige, was Sie von ihr wissen, ist: Sie ist 33 Jahre alt, hat Philosophie studiert, ist ledig und gilt als ausgesprochen intelligent. Sie sagt offen, was sie denkt und hat sich während ihrer Studienzeit vielfältig für Gleichberechtigung und soziale Gerechtigkeit engagiert. An einigen Demonstrationen gegen die Nutzung von Atomenergie hat sie auch teilgenommen.Welcher der beiden Gruppen würden Sie Linda eher zuordnen:a.Linda ist bei einer Bank angestellt.b.Linda ist Feministin und Bankangestellte.Auch Steve ist häufig im Fitnessstudio. Was Sie von ihm wissen, ist: Er ist 42 Jahre alt, eher schüchtern und zurückgezogen, aber immer hilfsbereit. Er zeigt wenig Interesse an anderen Menschen oder an der wirklichen Welt. Er ist ein sanftmütiger und ordentlicher Mensch, mit einem ausgeprägten Bedürfnis nach Ordnung und Liebe für das Detail.Ist für Sie Steve ehera.ein Pilot,b.ein Bibliothekar,c.ein Landwirtd.oder ein Verkäufer?

Klaus Schredelseker
85. Arbeit für die Kriminalpolizei
Eine Anwendung des Bayes‘schen Kalküls

In Flopstadt gibt es derzeit 20.000 Autos. Die meisten gehören alteingesessenen Flopstädtern, aber es leben auch aus den Kriegswirren Zentralafrikas geflohene Personen in der Stadt, von denen 200 ein Auto besitzen. Eines Abends wird eine ältere Dame von einem Auto angefahren und der Fahrer begeht Fahrerflucht. Ein Zeuge erklärt, gesehen zu haben, dass ein Mann mit schwarzer Hautfarbe am Steuer gesessen habe. Allerdings sei es dunkel gewesen und er habe nur einen kurzen Blick in das Auto werfen können.Am nächsten Morgen nimmt sich die örtliche Polizei der Sache an. Der Zeuge ist der Polizei aus einem anderen Zusammenhang als durchaus zuverlässig bekannt und man weiß aufgrund eines Tests, dass seine Angaben in 95 % der Fälle korrekt sind und er sich nur in 5 % der Fälle irrt.Wovon sollte die Polizei ausgehen? War eher ein Einheimischer oder ein Zuwanderer der Täter? Sollte man eher die Autos der Zuwanderer oder eher die der Einheimischen auf Spuren des Unfalls untersuchen?

Klaus Schredelseker
86. Wie macht man Wahlprognosen?
Unterschiedliche Versuche, die Zukunft vorauszusehen

Sie kennen es alle. Die Zeit vor einer wichtigen Wahl ist geprägt von fast täglich veröffentlichten Wahlprognosen. Sie kommen so zustande, dass eine nach dem Zufallsprinzip ausgewählte Menge von Wahlberechtigten telefonisch nach ihrer Parteienpräferenz befragt wird. Ist die Zahl der Befragten groß genug und nach den typischen demografischen Angaben (Alter, Geschlecht, Region, Einkommen etc.) ausgewogen, gilt die Umfrage als repräsentativ und dient als Prognose für die bevorstehende Wahl. In Deutschland am bekanntesten ist die sog. Sonntagsfrage: „Welche Partei würden Sie wählen, wenn nächsten Sonntag Bundestagswahl wäre?“ (ähnlich in Österreich und der Schweiz). Allerdings sind mit diesen Umfragen auch ernsthafte methodische Probleme verbunden: Berufstätige sind seltener zu Hause, es werden aus taktischen Gründen Falschantworten gegeben, „unbeliebte“ Parteien werden nicht genannt, eine Wahlentscheidung ist noch nicht gefallen, man will das aber nicht zugeben und nennt irgendeine Partei o. a.Könnte man Wahlprognosen nicht anders machen und sie einfach einer Börse überlassen?

Klaus Schredelseker
87. Wie intelligent sind Schwärme?
Der Einzelne und die Masse

Sie haben sicher beides schon gehört:1.Die meisten Menschen sind ja, wenn man mit ihnen unter vier Augen spricht, ganz vernünftig und einigermaßen abgewogen in ihrem Urteil. Wenn sie aber in der Masse sind, setzt offenbar der Verstand aus: Wie eine dumme Herde Schafe treffen sie dann völlig hirnlose Entscheidungen.2.Die meisten heutigen Probleme überfordern die kognitiven Fähigkeiten des Einzelnen. Erst wenn an der Entscheidung viele beteiligt sind, wenn alle Pros und Cons zur Geltung kommen und die Fehleinschätzungen Einzelner durch das Urteil der vielen eingeebnet werden, kommt etwas Vernünftiges heraus.Die Positionen erscheinen absolut konträr, aber an beiden ist offenbar etwas dran. Was überzeugt Sie persönlich am ehesten?

Klaus Schredelseker
88. Die schlauen Sterzinger Tuifl
Das Denken über das Denken anderer

In Sterzing (Südtirol) findet jedes Jahr am Vorabend von Nikolaus eine eindrucksvolle Brauchtumsveranstaltung statt. Junge Männer, als furchterregende Teufel (Tuifl, diavoli) verkleidet, ziehen begleitet von einem Feuerwagen durch die Stadt und beschmieren u. a. die Gesichter der Mädchen mit Ruß. Die jungen Frauen wehren sich zwar mit lautem Kreischen, wären aber zutiefst enttäuscht, wenn sie unbehelligt blieben. Vor einigen Jahren durfte ich mit Burgi, einer guten Freundin und Sterzigerin, die in Innsbruck lebt und trotz ihres jugendlichen Aussehens nicht eigentlich mehr als junges Mädchen eingestuft werden kann, dabei sein: Sie versteckte sich beim Eingang zur Metzgerei Rossi, wurde aber doch von den wilden Tuifln als Sterzinger Madl erkannt und mit Ruß verschmiert. Den Stolz darüber konnte sie nicht verbergen.

Klaus Schredelseker
89. Entspricht der Index dem Index?
Zu viel von einer guten Sache?

Mit der Börse ist es wie mit allen anderen Dingen auch: Entweder sie funktioniert perfekt oder sie tut das nicht. Funktioniert sie perfekt, so gilt der Markt als vollständig „informationseffizient“: Zu jedem Zeitpunkt sind alle verfügbaren Information vollständig eingepreist und niemand, auch nicht Warren Buffet, könnte damit rechnen, aufgrund des hohen Informationsstands bei seinen Anlageentscheidungen systematisch besser abzuschneiden als andere. Es wird zwar auch in einem solchen Markt Gewinner und Verlierer geben; ob man zu den einen oder den anderen gehört, ist allein vom Zufall abhängig, wie auch das Ergebnis eines Münzwurfs oder das Spiel im Casino. Funktioniert die Börse hingegen nicht perfekt, so wird es immer wieder Fehlbewertungen (Überbewertungen oder Unterbewertungen) geben. Wer diese erkennt, wird daraus einen Vorteil für sich ziehen können: Er kauft unterbewertete Titel und verkauft die überbewerteten. Die anderen, die die Gegenposition einnehmen, werden einen Nachteil daraus haben: Sie kaufen die überbewerteten und verkaufen die unterbewerteten Titel. Welche der beiden Sichtweisen der Wertpapierbörse der Realität näher kommt, ist unter Ökonomen bis heute umstritten Kap. 82.

Klaus Schredelseker
90. Pferderennen, Information und Buchmacherquoten
Welche Art von Wissen wird benötigt?

Sie kommen zum großen Renntag nach Baden-Baden und genießen das gesellschaftliche Ereignis: Die schönen Damen, die eleganten Herren, das gepflegte Ambiente. Von Pferden haben Sie allerdings keine Ahnung, aber Sie wollen, wie es alle tun, natürlich auch beim Buchmacher eine Wette eingehen, weil es dann viel aufregender ist, dem Rennen zu folgen. Sie gehen zum Buchmacher und erfahren, dass das heutige Rennen eine Charityveranstaltung ist, bei der die Buchmacher zugunsten des guten Zwecks auf jeglichen Kostenersatz und natürlich erst recht auf Gewinne verzichten. Es laufen die fünf Pferde Ali, Bobo, Ciro, Daila und Elly. Es dürfen nur Wetten auf Sieg abgeschlossen werden und für eine Wette ist ein Einsatz in Höhe von 10 € zu zahlen. Die Buchmacher setzen die Siegquoten so, dass sie nach Möglichkeit weder mit Gewinn, noch mit Verlust aussteigen.Der Buchmacher, bei dem Sie auf Daila gewettet haben, erklärt Ihnen stolz, dass ihm Folgendes gelungen sei: Er habe genau 20.000 Wetten angenommen und er werde nach dem Rennen mit Sicherheit weder einen Gewinn, noch einen Verlust einfahren. Sie sehen auf das Display mit den Quoten und lesen:Ali: 2,5, Bobo: 20, Ciro: 4, Daila: 10, Elly: 5In den Dingen unerfahren stellen Sie sich folgende Fragen:1.Welches Pferd ist Favorit?2.Mit welcher Wahrscheinlichkeit gewinnen Sie mit Daila?3.Wie häufig wurde auf Ciro gesetzt?

Klaus Schredelseker
91. Die Angst des Torwarts beim Elfmeter
Links oder rechts, das ist hier die Frage

Jeder kennt die Hochspannung im Fußballstadion, wenn ein Elfmeter ansteht: Wohin wird der Schütze zielen, wohin wird sich der Tormann werfen und wird der Tormann den Ball halten können? Der Schuss ist so schnell, dass es für den Tormann praktisch unmöglich ist, abzuwarten, bis der Ball getreten ist und sich dann ihm entgegenzuwerfen; er muss vorher reagieren, auch auf die Gefahr hin, genau auf die falsche Seite zu gehen. Gegenüber dem Schützen hat der Tormann psychologisch jedoch einen Vorteil: Hält er den Ball, so wird er gefeiert, hält er ihn nicht, macht man ihm keinen Vorwurf. Vom Schützen erwartet man hingegen eine klare Verwandlung des Elfmeters; gelingt ihm das nicht, so ist er gescheitert. Warum das so ist, spiegelt sich in der Statistik der deutschen Bundesliga (von 1992 bis 2003) wider:Ein Schütze, der aus seiner Chance am Elfmeterpunkt kein Tor macht, gehört zur kleinen Gruppe der Versager: Drei Viertel schaffen es und ein Viertel versagt. Bei den Torleuten hingegen gilt: Wer den Ball hält, ist ein Held: In nur einem von fünf Fällen gelingt eine solches Kunststück.

Klaus Schredelseker
92. Kann man Risikoaversion messen?
Die Pflichten nach dem Wertpapierhandelsgesetz

Üblicherweise sind Menschen risikoscheu: Bei ihren Entscheidungen präferieren sie Lösungen, die weniger risikobehaftet sind als andere, bzw. verlangen für die Übernahme von Risiken eine besondere Vergütung, eine „Risikoprämie“. Augenfälliger Ausdruck dessen sind die unterschiedlichen Renditen an den Finanzmärkten: Im Schnitt sind die Renditen auf Aktien stets höher als die auf Anleihen und bei den Anleihen erhält man umso mehr Zinsen, je zweifelhafter der Ruf des jeweiligen Schuldners ist.Dass es Risikoscheu (Risikoaversion) gibt, ist eine Tatsache. Aber kann man sie messen?

Klaus Schredelseker
93. Sollen Studiengebühren erhoben werden?
Ideologien prallen aufeinander

Ob Studiengebühren eingeführt werden sollen oder nicht, ist zunächst einmal eine politische Entscheidung, bei der es kein eindeutiges „Richtig“ oder „Falsch“ geben kann. In einer auf Vernunft gegründeten Gesellschaft muss allerdings jeder seine Ansicht sachlich begründen: Ein bloßes „Ich sehe das halt so“, reicht eben nicht. Bei der Frage nach den Studiengebühren wird offenkundig, dass das vielen Menschen schwerfällt und sie sich allzu leicht auf rein plakativ-emotionale Aussagen zurückziehen: „Was nichts kostet, wird nicht wertgeschätzt“; „Bildung ist ein Menschenrecht“. An beidem ist etwas dran, aber eben nur etwas. Natürlich ist der Zugang vieler zu höherer Bildung eine Grundvoraussetzung für Frieden, Wohlstand und Kultur eines Landes und sollte nicht von der finanziellen Leistungsfähigkeit der Familie abhängig gemacht werden. Natürlich erwerben Studenten mit ihrem Examen einen Vermögenswert, der sich in einem deutlich höheren Lebenseinkommen niederschlägt; dazu sollten sie selbst auch etwas beitragen.Welcher Position neigen Sie zu?

Klaus Schredelseker
94. Warum sind Gebrauchtwagen so billig?
Und was haben Autos mit Zitronen zu tun?

Sie haben sich ein neues schönes Cabriolet zum Preis von 40.000 € gekauft. Nach einem halben Jahr merken Sie, dass Sie es eigentlich gar nicht mögen, offen zu fahren, und Sie wollen das Fahrzeug doch lieber in eine komfortable Limousine umtauschen. Nachdem Sie Ihren Händler konsultiert haben, sind Sie entsetzt. Er könne Ihnen für Ihr erstklassig gepflegtes und fast neues Auto nur 32.000 € anbieten; mehr gebe der Markt einfach nicht her. Es kann doch wohl nicht sein, denken Sie sich, dass das Auto in einem halben Jahr 20 % seines Werts verliert; mit technischem Fortschritt oder mit gebrauchsbedingter Abnutzung ist ein solcher Preisverfall unmöglich zu erklären.Womit denn?

Klaus Schredelseker
95. Vertrauen ist gut, Kontrolle auch
Die Vertrauensgüter

Nach einer schweizerischen Untersuchung aus dem Jahr 1993 hängt bei bestimmten Krankheiten die Wahrscheinlichkeit dafür, dass im Rahmen der Therapie eine Operation erfolgt, wesentlich davon ab, ob der Patient ein „Normalbürger“ oder ein Arzt bzw. Familienmitglied eines Arztes ist. Das amerikanische Verkehrsministerium schätzt, dass bei Autoreparaturen mehr als die Hälfte der Ausgaben für an sich unnötige Leistungen und Teile anfallen. Und haben Sie nicht auch schon den Eindruck gehabt, dass der Taxifahrer, der Sie in einer fremden Stadt zum Hotel bringen sollte, eine weit längere Strecke gefahren ist als es eigentlich notwendig gewesen wäre?Worin bestehen die Gemeinsamkeiten dieser doch sehr unterschiedlichen Erfahrungen?

Klaus Schredelseker
96. Das Unmögliche möglich machen
Probleme mit Kamelen

Abdul, der alte Beduine, dessen ganzer Besitz die Kamele waren, mit denen er Transporte durch die Wüste organisierte, war verstorben. Seine drei Söhne öffneten sein Testament und fanden folgende Verfügung vor: Ali, der Älteste, soll die Hälfte meines Besitzes erhalten, Amir ein Drittel und Arif ein Neuntel. Sie waren ratlos, denn die Hinterlassenschaft umfasste gerade 17 Kamele, sonst nichts. Wie kann man da im Sinne der testamentarischen Verfügung teilen? Sie waren verzweifelt, denn sie wussten nicht, was sie tun sollten. Schließlich wollte niemand die geliebten Kamele des Vaters schlachten.

Klaus Schredelseker
97. Warum halten wir uns für überdurchschnittlich?
Overconfidence im Auto und am Finanzmarkt

Weltweit sind Studien darüber angestellt worden, wie Autofahrer sich selbst sehen und überall waren die Ergebnisse in etwa dieselben: Befragt, ob sie sich eher als über- oder als unterdurchschnittlich gute Fahrer einschätzten, hielt sich die große Mehrheit der Autofahrer für überdurchschnittlich befähigt (in einer kanadischen Studie waren es sogar 100 % der Befragten). Würden die Befragten sich einigermaßen realistisch einschätzen, so müssten sich doch wohl etwa 50 % als über- und 50 % als unterdurchschnittlich einschätzen. Die Befragungsergebnisse sind offenbar weit von einer solchen Gleichverteilung entfernt. Besonders ausgeprägt ist die Selbstüberschätzung bei jungen Männern; allerdings neigen auch Frauen dazu, sich zu überschätzen, jedoch in einem signifikant geringeren Ausmaß.Wie lässt sich diese Fehleinschätzung erklären?

Klaus Schredelseker
98. Warum ist Ihre Bank überdurchschnittlich gut?
Die Überlegenheit der Überlebenden

Die Idee, die hinter den klassischen Wertpapierfonds steht, ist entwaffnend einfach. Der normale Sparer hat weder die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen, um sein Geld an den Finanzmärkten anzulegen, noch ein Anlagevolumen, das einen hohen zeitlichen Aufwand für eine sachkundige Betreuung rechtfertigen und eine risikominimierende Streuung der Geldanlagen erlauben würde. Bereits in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts sind daher in Großbritannien Fonds aufgelegt worden, die eine Antwort auf dieses Problem geben sollten: Viele kleine Vermögen werden in einem großen gebündelt und von einem professionellen Portfoliomanager optimal veranlagt. So die Idee. Die Praxis sieht allerdings anders aus. In allen entwickelten Kapitalmärkten der Welt haben sich die Fonds im Durchschnitt als unfähig erwiesen, wenigstens eine Rendite in Höhe des Marktdurchschnitts zu erwirtschaften. Unzählige empirische Untersuchungen belegen dies; sie belegen auch, dass ein gutes Abschneiden in der Vergangenheit nichts darüber aussagt, ob sich der jeweilige Wertpapierfonds auch in der Zukunft gut entwickeln wird.Dennoch werden Sie, wenn Sie zu Ihrer Bank gehen und sich über angebotene Fonds-Produkte informieren wollen, höchstwahrscheinlich erfahren, dass die von Ihrer Bank angebotenen Fonds in den vergangenen Jahren durchweg besser abgeschnitten haben als der Marktdurchschnitt. Wieso ist das möglich?

Klaus Schredelseker
99. Was weiß ich, wenn die anderen nichts wissen?
Der Informationsgehalt des Nichtwissens

Albert und Bernd haben in einem Strandcafé Christina kennengelernt, ein reizendes Mädchen aus ihrer Heimatstadt, mit dem sie sich blendend unterhalten. Sie fragen sie, an welchem Tag sie Geburtstag habe, und sie gibt ihnen zur Antwort, dass sie dies nicht verraten wolle, aber bereit wäre, ein paar mögliche Daten zu nennen. Albert und Bernd gehen darauf ein und erfahren beide, dass Christinas Geburtstag auf eines der folgenden Daten fällt:3. April, 4. April, 7. April, 5. Mai, 6. Mai, 2. Juni, 4. Juni, 2. Juli, 3. Juli oder 5. Juli.Natürlich wollen die Burschen es genauer wissen, aber Christina lässt sich nur darauf ein, Albert den Monat und Bernhard den Tag ihrer Geburt wissen zu lassen.Daraufhin entwickelt sich das folgende Gespräch:Wann hat Christina Geburtstag?

Klaus Schredelseker
Backmatter
Metadata
Title
Alltagsentscheidungen
Author
Klaus Schredelseker
Copyright Year
2017
Electronic ISBN
978-3-658-12401-4
Print ISBN
978-3-658-12400-7
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-12401-4