Die Zahl privater Pleiten liegt in der ersten Jahreshälfte mit 42.235 Fällen auf dem niedrigen Niveau von 2004. Doch das Schuldenbarometer von Crifbürgel zeigt auch eine Trendwende, die vor allem ältere Verbraucher trifft.
Im Durchschnitt müssen 51 von 100.000 Privathaushalten in der Bundesrepublik Insolvenz anmelden. Im Norden sind es deutlich mehr.
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Im Durchschnitt gab es von Januar bis Ende Juni in Deutschland 51 Privatinsolvenzen pro 100.000 Einwohner. Obwohl es im Bundesdurchschnitt 1,4 Prozent weniger private Pleiten gab, bleiben die Menschen im Norden der Republik besonders betroffen, fand die Analyse "Schuldenbarometer 1. Halbjahr 2019" des Informationsanbieters Crifbürgel heraus. Für das gesamte Jahr 2019 gehen die Studienexperten von insgesamt bis zu 88.000 Insolvenzen privater Haushalte in der Bundesrepublik aus.
Noch hilft die positive Stimmung am Arbeitsmarkt
Als Grund für den erneuten Rückgang geben die Analysten die anhaltend niedrige Arbeitslosenquote sowie steigende Löhne in den letzten Jahren an. Allerdings dürfte mit den aktuellen Werten damit der Zenit erreicht sein. "Die Trendumkehr bei den Privatinsolvenzen ist eingeleitet", prognostiziert Crifbürgel-Geschäftsführer Christian Bock. "Für 2020 erwarten wir wieder mehr private Insolvenzen in Deutschland. Die konjunkturelle Schwächephase hinterlässt langsam auch am Arbeitsmarkt leichte Spuren. Da in den Insolvenzstatistiken vor allem die Vergangenheit abgebildet wird, sie gewissermaßen ein Blick in den Rückspiegel sind, werden diese Entwicklungen auch erst 2020 einen Einfluss auf die Insolvenzzahlen haben", begründet er die positiven Zahlen der ersten Jahreshälfte.
Als Hauptursachen, die Betroffene in eine finanziell prekäre Lage führen, gibt die Studie
- Arbeitslosigkeit und reduzierte Arbeit,
- Einkommensarmut,
- gescheiterte Selbstständigkeit,
- unwirtschaftliche Haushaltsführung,
- Veränderungen in der familiären Situation wie Scheidung beziehungsweise Trennung
- und Krankheit an.
Dabei verschulden sich die Verbraucher vor allem bei Banken und Versicherern, Versandhändlern, Energieversorgern und Telefongesellschaften, aber auch bei ihren Vermietern oder Behörden.
Jeder dritte Betroffene ist 51 Jahre oder älter
Während in der regionalen Betrachtung vor allem Menschen im Norden Privatinsolvenz anmelden müssen, sind nach Altersklassen vor allem die 31- bis 40-Jährigen sowie Menschen zwischen 51 und 60 Jahre und Senioren ab 61 Jahre betroffen. Bei ersteren legte die Zahl der Insolvenzfälle im ersten Halbjahr um 2,3 Prozent zu. Bei den älteren Menschen stieg der Anteil jeweils um 2,2 Prozent. Damit machen derzeit die Altersgruppen ab 51 Jahre mit 31,6 Prozent (13.350 Privatinsolvenzen absolut) fast ein Drittel der von einer Insolvenz betroffenen Privatpersonen aus.
Zu geringe Altersvorsorge
Als Ursachen für die finanziell prekäre Lage im Alter macht die Studie den problematischen Arbeitsmarkt in der Vergangenheit sowie den Wandel der Erwerbsformen aus. Dazu zähle beispielsweise die Zunahme von Niedriglohnbeschäftigung und in der Folge eine entsprechend geringe Altersrente.
Dass die Renten nicht ausreichen, beruhe in vielen Fällen auch auf einer Erwerbsbilanz mit Unterbrechungen. Auch hohe Kosten, etwa durch Krankheiten, erhöhe das Risiko einer Privatinsolvenz am Lebensabend. Auch ehemals Selbstständige seien betroffen, die nicht ausreichend für das Alter vorgesorgt hätten. Der demografische Wandel verstärke diese Entwicklungen zusätzlich.
Insolvenzrisiko steigt im Osten
Neben älteren Verbrauchern und Menschen in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Bremen ist vor allem die Bevölkerung in den neuen Bundesländern von einem steigenden Insolvenzrisiko bedroht. Das gelte vor allem für Sachsen-Anhalt. Das Bundesland verzeichnete laut Studie ein Plus bei den Privatpleiten von 8,3 Prozent. Eine Ausnahme bildet Thüringen, wo die Fallzahlen um 15,1 Prozent abnahmen.