Indonesische Krisdolche wurden mittels eines tragbaren RFA-Geräts untersucht. Zwei von vier Krisen enthielten Ni, was auf die Verwendung von Meteoriteneisen hindeutet. Bei einem weiteren Kris aus Privatbesitz wurden Ni Konzentrationen im Prozentbereich gemessen, was eher auf die Verwendung eines Ni-reichen Stahls hindeutet. Es wurde auch ein gewellter Kris nachgeschmiedet und das Gefüge sowie die Qualität der Feuerverschweißungen metallographisch überprüft.
Notes
Hinweis des Verlags
Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.
1 Einleitung
Kris oder auch Keris (auf Javanesisch schneiden) bezeichnet eine traditionelle indonesiche/südostasiatische Waffe, die zur Jagd oder im Kampf eingesetzt wird. Definiert wird ein Kris als eine Form von Dolch und somit als stechendes Werkzeug. Besonders aufwändig gefertigte Krise gelten in Indonesien und Malaysien als Statussymbole und werden bei traditionellen Zeremonien eingesetzt. Teilweise gelten sie auch als heilige Erbstücke mit übernatürlichen Eigenschaften [1].
1.1 Der Kris, ein indonesischer Dolch
Kennzeichnend für Krise sind deren asymmetrische Klingenbasis und unterschiedliche Klingenbereiche. Diese können gerade oder gewellt sein (Abb. 1).
Abb. 1
Krisdolche aus dem Weltmuseum Wien. a gerade, b gewellt
Die Klingen weisen auch dekorative Muster auf, die durch die Verwendung verschiedener Eisenlegierungen erhalten werden. Es kommt dabei die Falt-Schmiedetechnik zum Einsatz, die von Meisterschmieden praktiziert wird [1, 2].
Als Ausgangsmaterialien finden Stahl, Eisen, Nickel haltiges Meteoriteneisen und/oder Nickel Verwendung, welche durch Feuerverschweißen verbunden werden. Die verschiedenen Kohlenstoffgehalte, aber auch das Nickel bewirken den guten Kontrast an der Klingenoberfläche. Diese Methode wird auch als Damaszentechnik bezeichnet [3, 4].
Heute werden noch immer Krise nach der traditionellen Methode hergestellt.
1.2 Damaszenertechnik
Erste Beschreibungen von Damaszenerklingen stammen aus dem 6. Jh.n. Chr., wobei diese Technik vermutlich bereits seit langem angewendet wurde. Die Europäer kamen damit während der Kreuzzüge in Kontakt [5, 6]. Aufgrund der hervorragenden Qualität wurden Damaszenerklingen zu einem Marken‑, Qualitäts- und Typenbegriff in Europa. Das Handelszentrum für diese Klingen war zwar Damaskus, jedoch erfolgte dort nicht die Herstellung.
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Bezüglich der Krisherstellung taucht auch der Indonesische Begriff „pamor“ auf, was einerseits Schweißen bedeutet und andererseits das Schweißmuster der Klinge beschreibt. Daher sind die Begriffe pamor und Damaszieren gleichzusetzen [4].
Das Muster im Klingenstahl wird durch Zusammenschweißen unterschiedlicher Eisen- und Stahlsorten, die auch Nickel enthalten können, erzielt. Zuerst entstehen dabei linienförmige Lagen, die durch Falten oder Zerschneiden und neuerliches Zusammenschmieden dünner und mehr werden [5]. Für indonesische Klingen sind 60 bzw. 120 Lagen typisch. Kompliziertere Muster können durch Verdrehen der geschmiedeten, noch heißen Stähle erhalten werden. Die geschmiedete Klinge wird durch Schleifen in ihre endgültige Form gebracht, und die typischen Strukturen werden danach durch Ätzen sichtbar gemacht. Durch längeres Ätzen kann ein Relief erzeugt werden (Reliefätzung). Traditionellerweise werden in Indonesien Arsenik und Zitronensaft gerieben und dieses Gemisch mit einer Bürste auf die Klinge aufgetragen [4].
Westliche Reisende berichteten bereits Anfang des 16. Jhd. von Krisen. Während der Kolonialzeit gelangten Krise in diverse europäische Sammlungen, so z. B. in Wien, Oxford, Florenz u. a. [7].
2 Experimentelles
Das tragbare Röntgenfluoreszenzgerät (RFA), Modell X‑MET8000 mit Optimum Alloy Flexi Package von HITACHI, wurde für die Analysen verwendet.
Proben von Zwischenschritten der Krisherstellung wurden metallographisch untersucht.
Von den zur Verfügung gestellten Proben wurden zunächst durch Trennen geeignete Stücke entnommen. Nach der Kalteinbettung in Epoxidharz wurde metallographisch präpariert (Planschleifen, Politur mit 9, 3 und 1 µm Diamantsuspension).
Da derartige Gefüge bereits eingehend untersucht wurden, erfolgte nur eine Ätzung mit Nital-Lösung, um den Gefügezustand zu überprüfen [8].
Für die Untersuchungen wurde ein Lichtmikroskop (LOM) verwendet.
3 Ergebnisse und Diskussion
3.1 RFA Messungen an Krisklingen
Als erste Fragestellung sollte geklärt werden, ob ausgewählte Krisdolche im Weltmuseum Wien Nickel enthalten oder nicht. Diese Messungen sollten Aufschluss darüber geben, ob für die Herstellung Meteoriteneisen verwendet wurde [2, 4].
Die Krise mit den entsprechenden Messpositionen sind in Abb. 2 dargestellt. Tab. 1 enthält die dazugehörigen Analysedaten.
Abb. 2
Krisdolche aus dem Weltmuseum Wien, an denen RFA-Messungen durchgeführt wurden. Die Analysenwerte an den markierten Stellen sind in Tab. 1 zusammengestellt
RFA-Analysen an verschiedenen Positionen der Kris-Dolche aus dem Weltmuseum (Gew.%)
Gew. %
Kris 73396
Kris 73397
Kris 73398
Kris 73399
Punkt
a
b
c
d
e
f
g
h
i
j
k
l
m
Fe
98,97
99,43
99,47
99,13
99,39
99,24
99,57
99,53
99,15
99,08
98,28
99,22
99,25
Ni
0,40
0,07
0,21
–
–
–
–
–
–
–
0,76
0,21
0,28
Ti
0,38
0,29
0,14
0,17
0,22
0,33
0,25
0,15
0,43
0,46
0,18
0,30
0,22
Mn
0,11
0,11
0,04
0,36
0,18
0,27
0,02
0,16
0,26
0,03
0,34
0,15
0,07
Cu
0,04
0,02
0,04
0,07
0,07
0,05
0,02
0,07
0,08
0,04
0,09
0,03
0,05
As
0,03
0,03
0,05
0,22
0,11
0,09
0,09
0,05
0,06
0,28
0,08
0,06
0,08
Cr
0,04
0,04
0,04
0,04
0,04
0,04
0,04
0,04
0,04
0,05
0,05
0,04
0,04
V
0,01
–
0,01
–
0,01
0,01
–
–
–
0,02
–
–
0,01
Co
0,02
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
Der Klingenstahl enthält nur wenige Verunreinigungen. Die Konzentrationsschwankungen zwischen den Messpositionen sind auf die naturgegebene Inhomogenität des Damaszenerstahls zurückzuführen.
Bezüglich der obigen Fragestellung wiesen zwei Krise (73996 und 73399) Nickel auf. Dies könnte darauf hindeuten, dass hier Meteoriteneisen verwendet wurde.
Ein weiterer Kris wurde von einer Privatperson zur Verfügung gestellt (Abb. 3). Bei dieser Krisklinge sind die gemessenen Nickelwerte mit 1,8 und 2,7 Gew. % deutlich höher als bei den Krisen aus dem Weltmuseum (Tab. 2). Im Bereich der Klingenbasis wurden sogar um die 4 Gew. % Ni gemessen. In diesem Dolch wurden auch noch S und P nachgewiesen. Bezüglich des Ausgangsmaterials für diesen Kris dürfte ein Ni-hältiger Stahl verwendet worden sein, denn für Meteoriteneisen erscheinen die Ni-Gehalte etwas hoch [9, 10].
Abb. 3
Kris aus Privatbesitz a Kris mit Scheide, b Positionen an denen RFA-Messungen durchgeführt wurden (gelb – Vorderseite; grün – Rückseite; rot – Griffhalterung), c, d Detailaufnahmen der Klinge. Die Analysenwerte sind in den Tab. 2 und 3 zusammengestellt
RFA-Analysen an verschiedenen Positionen des Kris einer Privatperson. (Gew.%)
Gew. %
Kris privat
Punkt
a
b
c1
c2
c3
d
e
f
h
i
j
Fe
91,75
94,40
94,21
93,27
94,09
93,81
89,04
91,46
93,65
90,81
92,60
Ni
2,18
2,37
2,70
2,18
1,83
2,39
4,00
4,06
2,46
2,15
2,70
Cu
0,08
0,06
0,10
0,11
0,13
0,11
–
–
0,07
0,06
0,08
As
0,01
0,02
0,01
0,02
–
–
–
–
–
0,02
0,01
Cr
0,07
0,14
0,12
–
0,08
0,13
0,24
0,05
0,13
0,08
0,14
Co
0,15
0,12
0,17
0,14
0,17
0,10
0,02
0,11
0,26
0,12
0,07
Si
2,02
1,58
1,41
2,48
1,88
2,10
3,76
2,78
1,37
4,47
2,73
Zr
0,67
–
–
–
0,79
–
–
0,11
0,93
–
–
Al
2,26
0,95
0,89
1,20
0,57
0,84
1,06
0,84
0,48
1,63
1,21
P
0,30
0,24
0,26
0,31
0,28
0,35
0,32
0,40
0,32
0,47
0,32
Zn
–
–
–
–
0,15
–
–
–
0,22
–
–
S
0,13
0,12
0,12
0,18
0,03
0,16
0,28
0,09
0,11
0,18
0,14
Ag
0,24
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
Die Heftzwinge des Kris besteht aus einer Silberlegierung, die 2,42 Gew. % Cu, 0,99 Gew. % S, 0,85 Gew. % Sn sowie einige andere Verunreinigungen enthält (Tab. 3).
TABELLE 3
RFA-Analyse an der Griffhalterung des Kris einer Privatperson (Gew.%)
Gew %
Punkt
g
Ag
95,25
Cu
2,42
S
0,99
Sn
0,85
Si
0,25
Fe
0,19
Zn
0,05
3.2 Nachschmiedung einer Krisklinge
Bilder von einer Auswahl der Prozessschritte sind in (Abb. 4) zusammengestellt. Zuerst wurden zwei Pakete aus Damaszenereisen hergestellt. Dazu wurden mehrere Lagen aus Reineisen, einem Stahl mit 0,1 Gew.% C (C10), Meteoriteneisen [9, 10] und Ni bei etwa 1100 °C feuerverschweißt. Dieses erste Paket wurde zerschnitten, 5 Schichten übereinandergelegt und abermals feuerverschweißt. Das Gefüge ist in Abb. 5 zu sehen.
Abb. 4
Schmieden der Krisklinge: a Ausschmieden des Damaszenerverbundes auf Dolchlänge; b, c mehrfaches Biegen um einen Dorn, um eine gewellte Klinge zu erhalten; d Ausschmieden eines Dorns für das Heft; e Klingenbasis aufsetzen; f Ausschmieden der asymmetrischen Klingenbasis
Zwei dieser Pakete wurden mit einem C60 Stahl in der Mitte feuerverschweißt und auf etwa die Dolchlänge ausgeschmiedet (Abb. 4a). Aus diesem Prozessschritt konnte ebenfalls eine Probe metallographisch untersucht werden (Abb. 6). Um einen gewellten Kris herzustellen, wurde der Ausgangsstab im heißen Zustand mehrfach um einen Dorn gebogen (Abb. 4b, c). Danach wurde der Dorn für das Heft ausgeschmiedet (Abb. 4d) und auf die Klingenbasis aufgesetzt (Abb. 4e). Abschließend wurde die asymmetrische Klingenbasis ausgeschmiedet (Abb. 4f).
Abb. 6
Gefüge der Krisklinge nach dem Ausschmieden (Nital Ätzung)
Die weitere Bearbeitung erfolgte durch Schleifen. Grob wurde mittels Schleifbändern abgetragen und zuletzt kamen Schleifpasten zum Einsatz.
3.3 Metallographie
Es wurden bereits früher verschiedene nach der Damaszenertechnik hergestellte Verbunde metallographisch charakterisiert [11‐13]. Im Wesentlichen sollte festgestellt werden ob die einzelnen Lagen gut feuerverschweißt wurden.
Eine Übersichtsaufnahme des Gefüges des ersten Damaszenerpakets ist in Abb. 5a zu sehen. Detailaufnahmen (Abb. 5b–e) zeigen, dass die einzelnen Lagen zwischen 100 und 200 µm dick sind. Am besten zu erkennen ist die Ni-Lage, denn sie zeigt keine Strukturierung. Die Reineisenlagen zeigen ferritisches Gefüge ohne Zementitausscheidungen, es sind aber Oxid- und Schlackeneinschlüsse erkennbar. Die Lagen aus unlegiertem C10 Stahl zeigen neben überwiegend ferritischem Gefüge auch etwas Perlit. Bei hoher Vergrößerung sind an den Grenzflächen 10–20 µm dicke Zonen erkennbar (Abb. 5e), wobei es sich um sehr feine Oxide handelt könnte.
Die Lagen aus Meteoriteneisen sind an länglichen Ausscheidungen zu erkennen, welche in ferritischer Matrix eingebettet sind. Die im „Campo del Cielo“ Meteoriten vorliegenden Phasen wurden beim Schmieden länglich verformt.
Ein Querschnitt über das Gefüge der finalen Krisklinge wird in Abb. 6a gezeigt. Außen sind die beiden Damaszenerpakete zu sehen und in der Mitte der C60 Stahl. Die Feuerverschweißung hat gut funktioniert, denn es sind keine Fehler oder Spalten erkennbar. Die Detailaufnahmen (Abb. 6b–d) zeigen, dass die Dicken der Lagen im Damaszenerverbund durch die abermalige Schmiedung auf 50 bis 100 µm reduziert wurden.
Die fertiggestellte Krisklinge ist in Abb. 7 zu sehen.
Indonesische Krisdolche haben eine lange Tradition und werden auch oft für Repräsentationszwecke verwendet. Als besonders kostbar galten Krise die Meteoriteneinsen enthielten. Aus der Sammlung des Weltmuseums Wien konnten mittels tragbarer RFA vier Krisklingen untersucht werden. Zwei dieser Krise enthielten Ni, was auf die Verwendung von Meteoriteneisen hindeutet. Bei einem ebenfalls untersuchten Kris aus Privatbesitz wurden Ni-Konzentrationen im Prozentbereich gemessen, was darauf hindeutet, dass ein Ni-reichen Stahl verwendet wurde. Es wurde auch ein gewellter Kris nachgeschmiedet, wobei verschiedene Stahlqualitäten, Nickel und auch Meteoriteneisen kombiniert wurden. Die Qualität der Feuerverschweißungen und das Gefüge der Klinge wurden metallographisch überprüft.
Danksagung
Unser Dank gilt Herrn Mag. Reinhard Blumauer vom Weltmuseum Wien für die Unterstützung bei den RFA Messungen im Museum.
Interessenkonflikt
W. Scheiblechner, S. Strobl und R. Haubner geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
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