Klimawandel und Waldsterben gehen nach Wissenschaftsmeinung Hand in Hand. Mit besseren Daten soll geklärt werden, wie Wälder Trockenstress und Hitzewellen trotzen können.
Schon in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts wurde klar, dass der Klimawandel durch die Menschheit forciert wird. "Parallel wuchs die Erkenntnis, dass die mit der Verbrennung fossiler Energieträger verbundene Umweltverschmutzung nicht nur die Gesundheit der Menschen belastet, sondern auch für das Waldsterben verantwortlich waren. Große Filteranlagen wurden errichtet und strenge Emissionsregeln erlassen, zumindest in Deutschland", erläutert dies Springer-Autor Josef Gochermann in seinem Buchkapitel Am Ende der ersten Halbzeit auf Seite 51.
Waldexperten analysierten in den letzten Jahrzehnten auffällige Ereignisse von Baum- und Waldsterben in Wäldern, die als nicht bedroht angesehen wurden. Eine Studie unter Leitung des Max-Planck-Instituts für Biogeochemie (MPI-BGC) in Jena, zeigt, dass weiteres Baum- und Waldsterben wahrscheinlich ist. Mit Hilfe von verbesserten Datenstrukturen wollen die Wissenschaftler nun zur Ursachenforschung und Früherkennung beitragen.
Auch gesunde Wälder betroffen
"Am meisten beunruhigt uns, dass verstärkt Wälder betroffen waren, die eigentlich gar nicht als gefährdet galten", sagt Henrik Hartmann vom MPI-BGC. Dies zeigten genauer untersuchte Beispiele aus dem Amazonasgebiet, aus Costa Rica und den USA, aber auch aus Spanien, Australien und Deutschland. All diese Waldökosysteme befanden sich entweder in Regionen, in denen Klimaextreme bisher als eher unwahrscheinlich galten, oder es waren Ökosysteme und Baumarten betroffen, die man als tolerant gegenüber extremer Trockenheit und Dürre eingeschätzt hatte.
Untersucht wurde auch das flächige Absterben heimischer Waldkiefern in Thüringen, ebenfalls ein Baum, der dank seiner tiefreichenden Wurzeln bislang Wassermangel relativ gut überstehen konnte. Doch diese Strategie ging nach Ansicht der Wissenschaftler durch die Dürrejahre 2018 und 2019 nicht mehr auf.
Erforscht wurde auch, inwieweit solche Phänomene durch Fernerkundung etwa mittels Satelliten erkannt werden könnte. Die Resultate seien aber eher ernüchternd, da das wahre Ausmaß der Waldschäden mit hohen Anteilen an Totbäumen nicht erfasst würde.
Mit einer Kombination bereits bestehender Datensätze könnten jedoch die zugrunde liegenden Ursachen des Absterbens erkannt und Vegetationsmodelle deutlich verbessert werden. Prinzipiell geeignete Datensätze seien Waldinventuren oder anderen Monitoring-Aktivitäten, deren Erhebung zeitlich und räumlich verbessert werden müsse.
Forscher sehen Erderwärmung als Grundursache
Auch das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig widmet sich dem Thema, und zwar auf Grundlage wahrscheinlicher Klimaereignisse. Langanhaltende Dürren und Hitzewellen treten vermehrt gemeinsam auf. die Klimaforscher des UFZ haben nun herausgefunden, dass unter Annahme eines globalen Temperaturanstiegs von zwei Grad im Zuge der Erderwärmung die Häufigkeit dieser gleichzeitig auftretenden Extremereignisse vor allem durch lokale Niederschlagstrends bestimmt wird. Das zu wissen sei wichtig, weil man so die Risikoanpassung an den Klimawandel und die Abschätzung seiner Folgen verbessern könne.
"In der Vergangenheit wurden Dürreperioden und Hitzewellen oft separat betrachtet, doch tatsächlich sind beide Ereignisse stark korreliert, was man zum Beispiel an den beiden Extremjahren 2003 und 2018 sehen kann. Die negativen Folgen dieser kombinierten Extreme sind dann oft größer als nur bei einem Extrem", sagt der UFZ-Klimaforscher Jakob Zscheischler. Doch wovon das gleichzeitige Auftreten dieser Extreme in der Zukunft genau abhängt, war bislang nicht bekannt.
Die Forscher nutzten nun ein neues, aus sieben Klimamodellen bestehendes Modellensemble, um diese Unsicherheiten zu reduzieren. Die Wissenschaftler betrachteten den historischen Zeitraum der Jahre 1950 bis 1980 und verglichen die Ergebnisse mit denen eines potenziellen um zwei Grad wärmeren Klimas (im Vergleich zum vorindustriellen Niveau). Lagen extreme Klimaereignisse zwischen 1950 und 1980 noch bei drei Prozent, was statistisch gesehen alle 33 Jahre auftritt, werden sie in einem zwei Grad wärmeren Klima rund 12 Prozent betragen. Das wäre eine Vervierfachung im Vergleich zum historischen Zeitraum.
Neu ist, dass es nicht Temperatur-, sondern Niederschlagstrends sind, die in Zukunft über die Häufigkeit gleichzeitiger Dürre- und Hitzeereignisse entscheiden. Selbst bei einer Erwärmung von zwei Grad wird der lokale Temperaturanstieg so groß sein, dass künftig alle Dürren überall auf der Welt mit Hitzewellen einhergehen, unabhängig davon, um wie viel Grad genau sich lokal die Temperatur verändert.
"Damit entscheidet die lokale Niederschlagsmenge, ob gleichzeitig Dürreperioden und Hitzewellen auftreten werden", bilanziert Emanuele Bevacqua vom UFZ. Für Zentraleuropa bedeute das, dass im Fall eines "Feucht"- Szenarios mit Zunahme der Niederschläge im Schnitt alle zehn Jahre gleichzeitige Dürreperioden und Hitzewellen auftreten, im Fall eines "Trocken"-Szenarios bei abnehmenden Niederschlägen dagegen mindestens alle vier Jahre.
Für die deutschen Wälder sind das nicht gerade positive Nachrichten. "Allerdings weiß man […] dass andrerseits auch heute der Wald leidet, z. B. an Trockenheit, globaler Erwärmung", zeigt Springer- Autor Walter Hehl in seinem Buchkapitel Ausgewählte wissenschaftliche Themen zur Globalen Erwärmung auf Seite 200 und bezogen auf die Diskussion ums Waldsterben in den 80er Jahren noch einmal auf.