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2021 | OriginalPaper | Chapter

4. Arbeits- und Wohnräume neu verbunden – wenn die Erwerbsarbeit heimkehrt

Authors : Nicola Hilti, Eva Lingg

Published in: Arbeitsräume

Publisher: Springer Fachmedien Wiesbaden

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Zusammenfassung

Arbeiten und Wohnen stehen seit jeher in einem vielschichtigen Zusammenhang, der sich im Zuge des beschleunigten sozialen Wandels jedoch zunehmend ausdifferenziert. Ein Strang in der Ausdifferenzierung dieses Zusammenhangs zeigt, dass die Erwerbsarbeit wieder vermehrt an den Wohnort kommt, zuletzt massiv beschleunigt durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie. Dies kann in Form des Arbeitens in der Wohnung (Home-Office) sein, aber auch in Form von wohnungsnahem Arbeiten, etwa in zugemieteten Zimmern innerhalb einer Siedlung oder in einem nahgelegenen Coworking-Space. Die derartigen Verbindungsweisen von Arbeiten und Wohnen haben Auswirkungen auf verschiedene planerische Bereiche wie etwa den Wohnungsbau, die Raumentwicklung und die Verkehrsplanung. Dementsprechend können Akteurinnen und Akteure aus diesen Bereichen einen Beitrag leisten, damit die Verbindung von Arbeits- und Wohnraum für die Erwerbstätigen besser gelingt, indem sie sich mit dessen Implikationen auseinandersetzen und innovative Gestaltungsansätze verfolgen.

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Footnotes
1
Ein in fachlichen Kreisen häufig verwendeter übergeordneter Begriff für Arbeit, die (teilweise) anderswo als im Gebäude des Arbeitgebers erledigt wird, ist (alternierende) Telearbeit oder auch mobiles Arbeiten. Ein Teil davon ist die (alternierende) Teleheimarbeit, also Arbeit, die dank informations- und kommunikationstechnischer Möglichkeiten (teilweise) von zu Hause aus erledigt wird. Die inzwischen allgemein geläufigste Bezeichnung für Teleheimarbeit ist Home-Office, auch in der Fachliteratur (wie eine kurze Recherche auf Google Scholar zeigt). Allerdings ist der Begriff Home-Office ein Scheinanglizismus, das heißt er wird nur im Deutschen verwendet. Im Englischen ist eher die Rede von Working From Home oder Remote Work für ortsunabhängige Fernarbeit.
 
2
Solche gibt es in immer mehr Wohnsiedlungen, vor allem von Wohnbaugenossenschaften, Stiftungen und Baugruppen errichteten (siehe auch Abschn. 4.5).
 
3
Coworking-Spaces sind offene, infrastrukturell voll ausgestattete Arbeitsräume, welche flexibel auf Zeit genutzt werden können. Zumeist können feste sowie flexible Arbeitsplätze stunden-, tage- oder monatsweise gemietet werden. Die Nutzerinnen und Nutzer von Coworking-Spaces arbeiten teilweise für sich, teilweise suchen sie aber auch den Kontakt zu anderen, um gemeinsam Projekte zu entwickeln. Coworking-Spaces beinhalten häufig die Idee, dass sich für die Nutzerinnen und Nutzer die Distanz zwischen Wohn- und Arbeitsort verringert, beziehungsweise dass das Coworking wohnungsnahes Arbeiten erlaubt.
 
4
Das Arbeiten hat im Grunde immer schon mit dem Wohnen zusammengehört, das Verhältnis der beiden hat sich aber je nach historischer Epoche qualitativ verschoben (z. B. im Zuge der Industrialisierung). Zudem findet nicht nur das Arbeiten am Ort des Wohnens statt, sondern auch das Wohnen am Ort des Arbeitens, beispielsweise in Form einer Dienstwohnung oder gar der Pritsche im Büro. Und wenn Hochmobile unterwegs arbeiten, so wird mitunter auch der Transitraum (von der Lounge am Flughafen bis hin zum Sitzplatz im Zug) zu einem Teil ihres Wohnraums. Weiter gilt die gegenläufige Entwicklung hin zum Zusammenrücken von (Erwerbs-)Arbeiten und Wohnen: Arbeiten und Wohnen treten für viele Menschen geografisch auseinander, sodass Pendeldistanzen und multilokale Wohnformen zunehmen. Aber auch für Menschen, die nicht ortsflexibel arbeiten können, sind Arbeiten und Wohnen gegenseitige Bezugspunkte, zum Beispiel indem die Wohnung der Erholung von der Arbeit dient. Auch bei Erwerbslosigkeit kommt der Wohnung eine spezifische Bedeutung zu: Erwerbslose Menschen verbringen in der Regel (zwangsläufig) besonders viel Zeit in den eigenen vier Wänden. Und selbst im Fall von Obdachlosigkeit finden sich spezifische Zusammenhänge zwischen Arbeiten und Wohnen: Wer keine eigene Wohnadresse hat, kann kaum eine Arbeit bekommen; und wer keine Arbeit hat, wird bei der Suche nach einer Wohnung benachteiligt.
 
5
Das Leitbild der funktionsgetrennten Stadt wird heute für verschiedene Fehlentwicklungen verantwortlich gemacht, wie etwa die hohe Verkehrsbelastung, die aufgrund der getrennten Funktionsbereiche und durch die Bevorzugung des motorisierten Individualverkehrs hervorgerufen wurde, oder auch die sogenannte „Verödung von Innenstädten“.
 
7
Die wachsende Kluft zwischen Wohnbedürfnissen und Wohnungsangebot wird auch in einem weiteren Kontext diskutiert, nämlich insofern, als sich Lebens- und Wohnformen generell ausdifferenzieren und pluralisieren und damit auch die Anforderungen an Wohnräume, während der Wohnungsbau nach wie vor auf ein vergleichsweise standardisiertes 0815-Angebot setzt (Lingg et al., 2019).
 
8
Das Konzept der New Work betont vor allem die Vorzüge des neuen Arbeitens für die Arbeitnehmerinnen und -nehmer, aber auch für die Unternehmen. Ursprünglich als Gegenbewegung zum Kapitalismus hat es der amerikanisch-österreichische Philosoph Frithjof Bergmann in den 1970er-Jahren entwickelt. Heute beschreibt es die Auseinandersetzung und Entwicklung mit neuen Arbeitsmodellen, bei denen der Mensch und die Entfaltung seines individuellen Potenzials im Mittelpunkt stehen. Nicht der Mensch soll der Arbeit dienen, sondern die Arbeit dem Menschen, etwa indem Selbstbestimmung und Vereinbarkeit von Arbeits- und Privatleben ebenso wie flache Hierarchien und neue Führungsmodelle realisiert werden.
 
9
Im Juni 2020 hat in der Schweiz ein überparteiliches Komitee von Nationalrätinnen und -räten ein Postulat eingereicht, mit dem Ziel, dass der Bundesrat Maßnahmen zur Förderung von Coworking-Flächen in ländlichen Regionen prüfen solle. Politischer Wunsch ist, dass bis 2030 100.000 regionale Gemeinschafsarbeitsplätze geschaffen werden, um die lokale Wertschöpfung und Lebensqualität zu steigern und die Verkehrsinfrastruktur zu entlasten (Cieslik, 2020).
 
10
https://​coworkingguide.​de/​coworking/​, zuletzt geprüft am 01.03.2021.
 
11
Bezüglich der Wohnbedürfnisse ist heute im Übrigen nicht nur eine Veränderung im Lebensverlauf zu konstatieren, sondern auch chronologisch: So verändern sich viele Haushaltszusammensetzungen aufgrund von neuen Familienmodellen und Zusammenlebensformen beispielsweise im Wochenrhythmus, etwa wenn Kinder getrennt lebender Eltern mal hier und mal dort zu Hause sind.
 
18
„SU-SI ist wandelbar und vielseitig: der ideale Zweitwohnsitz, das idyllische Feriendomizil, der Wohn-Loft für den modernen Single, das Huckepack-Haus, das unkonventionelle Büro oder ein ganz besonderer Raum für Ausstellungen.“ http://​www.​jkarch.​at/​projekt/​su-si, zuletzt zugegriffen am 01.03.2021.
 
21
https://​www.​kalkbreite.​net/​, zuletzt zugegriffen am 01.03.2021.
 
22
Folgende weiteren Aspekte sind in diesem Zusammenhang wichtig, auch wenn sie sich nicht direkt auf die Frage nach der Verbindung von Wohn- und Arbeitsraum beziehen: Aus individueller Sicht besteht durch diese Verbindung die Gefahr der (unbezahlten) Mehrarbeit, der Überlastung und der Selbstausbeutung. Zudem erfordert diese Arbeitsform in der Regel mehr Selbstverantwortung, Eigenmotivation und Zeitmanagement. Wird außerhalb des angestammten Büros gearbeitet, kann der fehlende persönliche (informelle) Kontakt zu Vorgesetzten und Kolleginnen und Kollegen problematisch sein, unter anderem weil diese Kontakte zur Arbeitszufriedenheit beitragen können, aber auch weil informelle Informationsflüsse versiegen. Die auswärts arbeitenden Erwerbstätigen können sich sozial isoliert fühlen; die fehlende Sichtbarkeit im Büro des Unternehmens kann außerdem ein Karrierenachteil sein. Auch das rein ökonomisch motivierte Wegrationalisieren des physischen Arbeitsplatzes, und damit quasi der Zwang zum Home-Office, werden kritisch gesehen. Positiv hingegen kann sein, dass die Arbeit am Wohnort ruhiger, selbstständiger und selbstgesteuerter erledigt werden kann; sie gilt darum auch häufig als störungsfreier, konzentrierter und produktiver.
 
23
FabLabs (englisch: fabrication laboratory) oder MakerSpaces sind offene Werkstätten, die Zugang zu technischer Infrastruktur wie Laser-Cutter, 3D-Drucker etc. anbieten. Diese Werkstätten beinhalten auch die Idee, sich gemeinschaftlich kreativ zu betätigen. Mehr dazu unter: https://​fablabs.​io/​, zuletzt zugegriffen am 01.03.2021.
 
24
https://​villageoffice.​ch/​de/​, zuletzt zugegriffen am 01.03.2021.
 
25
https://​coworking.​tadah.​ch/​de/​, zuletzt zugegriffen am 01.03.2021.
 
26
https://​zurich.​fablab.​ch/​, zuletzt zugegriffen am 01.03.2021.
 
27
Hinter den Überlegungen in diesem Absatz steht das theoretisch-analytische St.Galler Modell zur Gestaltung Sozialer Räume von Christian Reutlinger und Annegret Wigger (2010).
 
Literature
go back to reference Albrecht, K., & Zurfluh, L. (2022, i. E.). Arbeiten und Wohnen. In C. Hannemann, N. Hilti, & C. Reutlinger (Hrsg.), Wohnen heute – 12 Schlüsselbegriffe sozialräumlicher Wohnforschung. Fraunhofer. Albrecht, K., & Zurfluh, L. (2022, i. E.). Arbeiten und Wohnen. In C. Hannemann, N. Hilti, & C. Reutlinger (Hrsg.), Wohnen heute – 12 Schlüsselbegriffe sozialräumlicher Wohnforschung. Fraunhofer.
go back to reference Feuerstein, C. (2022, i.E.). Sorgetragen im Wohnen. In C. Hannemann, N. Hilti, & C. Reutlinger (Hrsg.), Wohnen heute – 12 Schlüsselbegriffe sozialräumlicher Wohnforschung. Fraunhofer. Feuerstein, C. (2022, i.E.). Sorgetragen im Wohnen. In C. Hannemann, N. Hilti, & C. Reutlinger (Hrsg.), Wohnen heute – 12 Schlüsselbegriffe sozialräumlicher Wohnforschung. Fraunhofer.
go back to reference Glaser, M. (2022). Privatheit und Öffentlichkeit. In Christine Hannemann, Nicola Hilti und Christian Reutlinger (Hrsg.), Wohnen heute – 12 Schlüsselbegriffe sozialräumlicher Wohnforschung. Fraunhofer. Glaser, M. (2022). Privatheit und Öffentlichkeit. In Christine Hannemann, Nicola Hilti und Christian Reutlinger (Hrsg.), Wohnen heute – 12 Schlüsselbegriffe sozialräumlicher Wohnforschung. Fraunhofer.
go back to reference Häußermann, H., & Siebel, W. (2000). Soziologie des Wohnens. Eine Einführung in Wandel und Ausdifferenzierung des Wohnens. 2., korrigierte Aufl. Juventa (Grundlagentexte Soziologie). Häußermann, H., & Siebel, W. (2000). Soziologie des Wohnens. Eine Einführung in Wandel und Ausdifferenzierung des Wohnens. 2., korrigierte Aufl. Juventa (Grundlagentexte Soziologie).
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Metadata
Title
Arbeits- und Wohnräume neu verbunden – wenn die Erwerbsarbeit heimkehrt
Authors
Nicola Hilti
Eva Lingg
Copyright Year
2021
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-34120-6_4