Die wichtigsten Anknüpfungspunkte der Arzthaftung sind der Behandlungsvertrag und die deliktischen Haftungstatbestände. In den Regelungen der §§ 630a ff. BGB finden sich dabei konkrete Bestimmungen zum Inhalt und Umfang eines vertraglichen Behandlungsverhältnisses. Die in den Regelungen vorgenommene gesetzliche Ausgestaltung besteht erst seit 2013 und die Entwicklung der rechtlichen Grundsätze zur Arzthaftung ist überwiegend keine Leistung des Gesetzgebers. Die rechtlichen Grundlagen der Arzthaftung waren bis zum Inkrafttreten des Patientenrechtegesetzes am 26. Februar 20131 nur rudimentär normativ verankert. Als Haftungsgründe kamen stets ein mit der Übernahme der ärztlichen Behandlung zustande gekommener, gesetzlich aber nicht speziell geregelter Behandlungsvertrag und ein deliktischer Anspruch nach § 823 Abs. 1 BGB in Betracht. Inhalt und Umfang der ärztlichen Pflichtenkreise sowie das arzthaftungsrechtliche Beweisrecht konnten mangels einschlägiger gesetzlicher Grundlagen nur durch die Rechtsprechung entwickelt und den aktuellen Verhältnissen angepasst werden. Nicht umsonst wird das Arzthaftungsrecht daher als „Richterrecht reinsten Wassers‟ bezeichnet.
Richtiger Anspruchsgegner ist für vertragliche Ansprüche der Vertragspartner des Patienten. Wer dies im Einzelnen für die konkrete Behandlungsaufgabe ist, wird in Teil 1 Abschnitt I Nr. 5 ausführlich dargestellt; die Vertragspartei auf Behandlungsseite muss sich das Verschulden ihrer Erfüllungsgehilfen nach § 278 BGB zurechnen lassen. In diesem Bereich sind durch die Kodifikation des Behandlungsvertrages in den § 630a ff. BGB keine Änderungen eingetreten. Für die unerlaubte Handlung ist Anspruchsgegner — mit Ausnahme hoheitlichen Handelns wegen der befreienden Wirkung des Art. 34 GG (hierzu Rn. 4 ff.) — zunächst einmal der Handelnde selbst. Daneben kann sein deliktisches Tun auch Dritten zuzurechnen sein (§§ 831, 31, 89 BGB). Soweit hierbei ein Einstehenmüssen für Verrichtungsgehilfen infrage steht, sind die spezifischen — durch die Rechtsprechung zunehmend entleerten — Entlastungsmöglichkeiten des § 831 BGB zu beachten.
Sieht man einmal von dem in der Praxis recht seltenen Fall der pflichtwidrig verweigerten Übernahme ärztlicher Behandlung ab, so gibt es zwei wichtige Ansatzpunkte für eine Haftung des Arztes: die Vornahme eines ärztlichen Eingriffs in die körperliche Integrität des Patienten ohne dessen Einwilligung (s. unten Rn. 185 ff.) sowie die Verletzung der ärztlichen Behandlungsregeln (Behandlungsfehlerhaftung). Da der Arzt rechtlich nicht für den Erfolg seiner Behandlung einzustehen hat, vermag der Misserfolg allein eine Haftung nicht zu begründen. Der Gesetzgeber hat dies mit der Konzeption des Behandlungsvertrages nach § 630a BGB als besonderem Dienstvertrag ebenfalls betont. Erforderlich ist ein Behandlungsfehler, d. h. eine schuldhafte Verletzung spezifischer Berufspflichten des Arztes.
Den Arzt treffen mehrere Aufklärungsverpflichtungen: Zum einen gibt es die in diesem Teil behandelte Eingriffs- und Risikoaufklärung („Selbstbestimmungsaufklärung‟) nach § 630e BGB, die die Grundlage der Wirksamkeit der — nach § 630d Abs. 3 BGB jederzeit und ohne Angabe von Gründen (nur mit Wirkung für die Zukunft) formlos widerruflichen — Einwilligung und damit für die erforderliche Rechtmäßigkeit des ärztlichen Vorgehens darstellt (§ 630d BGB). Zum anderen treffen den Behandler Informationspflichten, deren Verletzung einen Behandlungsfehler bedeutet und auf die die bereits im Teil 3, IV., dargestellten Beweisregeln anzuwenden sind.
Durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 wurde das Verjährungsrecht völlig neu geordnet. Danach hat die neu eingeführte Regelverjährung von drei Jahren für vertragliche und deliktische Ansprüche gem. § 195 BGB die bisherige Verjährungsfrist von 30 Jahren für vertragliche Ansprüche (§ 195 BGB a. F.) abgelöst. Im Ergebnis wurde damit das neue Verjährungsrecht an die vormalige Verjährungsregelung für deliktische Ansprüche nach § 852 BGB a. F., die ebenfalls eine Frist von drei Jahren vorsah, angeglichen. Die Rechtsprechung zu § 852 BGB a. F. kann daher — zumindest weitestgehend — auf den neuen Rechtszustand übertragen werden.
Im Arzthaftungsprozess erfordert das verfassungsrechtlich qualifizierte Postulat eines fairen Gerichtsverfahrens und der Waffengleichheit der Parteien besondere Berücksichtigung. Die damit verbundenen prozessrechtlichen Besonderheiten sollen im Folgenden dargestellt werden