Ohne Datenkompetenz auf dem Abstellgleis
- 21-07-2022
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85 Prozent der Führungskräfte halten Datenkompetenz für ebenso wichtig, wie die Fähigkeit, einen Computer zu bedienen. Doch nur elf Prozent der Beschäftigten vertrauen ihren Skills auf diesem Gebiet. Und Betriebe kümmern sich nicht genug darum.
Weil heute in zahlreichen Bereichen mit Daten gearbeitet wird, haben Bewerber mit erwiesener Datenkompetenz vielerorts sehr gute Chancen.
iStockphoto
Daten bilden zunehmend den Rohstoff für Wissen und Wertschöpfung. Folglich wird Datenkompetenz (Data Literacy) im 21. Jahrhundert zur Schlüsselkompetenz, betonen Thomas Ludwig und Hannes Thiemann in ihrem Beitrag in der Zeitschrift Informatik Spektrum. (Seite 436)
Datenkompetenz sichert den Job
Problematisch ist allerdings, dass sehr viele Menschen an der eigenen Datenkompetenz große Zweifel haben. Und das, obwohl zwei Drittel der deutschen Führungskräfte sogar davon ausgehen, dass bis zum Jahr 2030 eine hohe Datenkompetenz die wichtigste Fähigkeit eines Arbeitnehmers sein wird. Passend dazu glaubt mehr als die Hälfte der befragten deutschen Arbeitnehmer, dass Datenkompetenz zu ihrer Jobsicherheit beiträgt.
Diese Erkenntnisse liefert die Studie “Data Literacy: The Upskilling Evolution Report” von Qlik und The Future Labs. Sie basiert auf Experteninterviews sowie einer Umfrage, die im Herbst 2021 unter 1.209 Führungskräften und 6.197 Vollzeitbeschäftigten in Großbritannien, den USA, Deutschland, Frankreich, Japan, Australien und Neuseeland (davon 200 Führungskräfte und 1.000 Mitarbeiter aus Deutschland) durchgeführt wurde.
Wer sich mit Daten auskennt, verdient mehr
Die international weitgehend übereinstimmenden Aussagen zeigen den Studienautoren zufolge sowohl die gestiegenen Erwartungen der Unternehmen an ihre Datenpotenziale als auch, wie sich die Arbeitsmethoden durch die zunehmende Datennutzung verändern. Demnach erwarten beispielsweise 85 Prozent der deutschen Führungskräfte heute, dass ihre Mitarbeiter erklären können, auf welche Weise Daten ihre Entscheidungsfindung beeinflusst haben.
Außerdem gaben alle befragten Unternehmensentscheider an, Bewerbern mit nachgewiesener Datenkompetenz ein höheres Gehalt anzubieten; der internationale Schnitt liegt bei 20 Prozent, in Deutschland sogar bei 26 Prozent. Für deutsche “Durchschnittsangestellte“ würde dies eine Erhöhung des Jahresgehalts um bis zu 12.400 Euro bedeuten, so die Studie.
“Datenkompetenz wird entscheidend sein, um die Zusammenarbeit am Arbeitsplatz über die menschliche Zusammenarbeit hinaus zu erweitern. Die Mitarbeiter müssen in die Lage versetzt werden, die maschinelle Intelligenz mit menschlicher Kreativität und kritischem Denken zu ergänzen“, erklärt Elif Tutuk, Vice President of Innovation & Design bei Qlik.
Schulungen nur für ausgesuchte Gruppen
Der Weg dahin ist aber noch weit. Der Befragung zufolge vertrauen gerade mal sieben Prozent der befragten deutschen Arbeitnehmer voll auf ihre Datenkompetenz. Zudem belegt die Untersuchung, dass Firmen, die ihre Datenkompetenz-Schulungen ausbauen, diese in erster Linie Beschäftigten anbieten, die ohnehin schon überwiegend mit Daten arbeiten (48 Prozent), wie etwa Datenanalysten und Datenwissenschaftler. Nur jeder zehnte Betrieb biete sie auch Mitarbeitenden in den Bereichen Personalwesen, Finanzen oder Marketing an. Dabei geben mehr als zwei Drittel der hier Tätigen an, dass sie für ihre derzeitigen Aufgaben Datenkenntnisse benötigen.
Auf ihre Arbeitgeber setzen viele Beschäftigte in puncto Weiterbildung offensichtlich nicht: 83 Prozent der Befragten investieren Freizeit und eigenes Geld, um Qualifikationen zu erwerben, die sie für mögliche künftige Tätigkeiten benötigen, so die Studie. Zudem sagten vier von zehn deutschen Arbeitnehmern, sie haben in den letzten zwölf Monate wegen fehlender Weiterbildungs- und Schulungsangebote die Firma gewechselt.
Keine Datenkompetenz – keine digitale Transformation
Ein solcher Kündigungsgrund sollte bei Unternehmen die Alarmglocken klingeln lassen – erst recht angesichts des sich zuspitzenden Fachkräftemangels. Aber auch das geringe Vertrauen der Beschäftigten in ihre Datenkompetenz zeigt, dass Arbeitgeber ihre Mitarbeitenden gründlicher im Bereich Datenanalyse, -interpretation und -nutzung qualifizieren müssen. Denn mangelnde Datenkompetenz bremst nicht nur einzelne Teams und Projekte aus, sondern blockiert die digitale Transformation der gesamten Organisation.
"Je besser Mitarbeiter in der Lage sind, Daten zu lesen, mit ihnen zu arbeiten, sie zu analysieren und mit ihnen zu argumentieren, desto besser können sie auch ihre Aufgaben erfüllen und wirkungsvoll zur Zukunft ihres Unternehmens beitragen", bekräftigen Andreas Schmidt et al. in dem Buchkapitel "Data Literacy als ein essenzieller Skill für das 21. Jahrhundert". (Seite 38/39) Überall würden Mitarbeitende benötigt, die in der Lage sind, Daten zielgerichtet zu sammeln, zu managen, zu bewerten und anzuwenden. Dabei gehe es nicht zwingend um hochspezialisierte Fachkräfte wie Data Scientists. Vor allem sollten Beschäftigte in Fachabteilungen in der Lage sein, datengestützt zu arbeiten und zu entscheiden. Dazu gehöre ebenfalls, in ihren jeweiligen Arbeitsbereichen datenbezogene Fragen zu formulieren, die Daten kritisch zu hinterfragen und Datenanalysen fachlich zu interpretieren.
Vom Grundverständnis bis zur ethischen Reflektion
Die Springer-Autoren identifizieren für den Begriff Data Literacy fünf Hauptbereiche und ordnen ihnen die folgenden erforderlichen Skills zu (Seite 35):
Andreas Schmidt, Thomas Neifer, Benedikt Haag | “Data Literacy als ein essenzieller Skill für das 21. Jahrhundert“, in: “Data Science“, D. Frick et al. (Hrsg.), Springer Fachmedien 2021, Seite 35
Doch wie können Unternehmen in der Praxis vorgehen, um die Datenkompetenz in ihrer Organisation zu erhöhen?
Da sich in der Forschung bislang keine bewährte Vorgehensweise zur Integration von Data Literacy in Unternehmen herausgebildet habe, verweisen Schmidt et al. auf das Studienprojekt "The Data Literacy Project" von Qlik. Dies vollzieht sich in sechs Stufen:
- Planning and Vision: Ausgehend von der Vision wird ein Plan mit Zielen und zeitlich festgelegten Meilensteinen erarbeitet.
- Communication: Ein definierter Kommunikationsplan sollte das "Warum" hinter der Initiative für ein Data-Literacy-Projekt erklären. Auch die einzelnen Prozessschritte sollten kommuniziert werden.
- Workforce Assessment: Erfassen des IST-Zustandes der Datenkompetenzen und Erstellung individueller Lernpläne.
- Cultural Learning: Die Implementation einer Data Literacy Initiative sollte wie ein herkömmliches Change-Management-Projekt angesehen werden.
- Prescreptive Learning: Die Projektteilnehmer erhalten die ihrem Lernstand entsprechenden Lernpläne mit verschiedenen Lernangeboten. Diese Lernpläne in Form einer Roadmap geben Orientierung, wo Defizite bestehen und welche Schritte notwendig sind, um ihre Datenkompetenzen auszubauen.
- Measurement: Evaluierung des Data Literacy Programms hinsichtlich seines Wirkungsgrads über vorab definierte Metriken.