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21-02-2018 | Automatisiertes Fahren | Schwerpunkt | Article

Mensch misstraut Maschine

Author: Patrick Schäfer

4:30 min reading time

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Eine große Herausforderung beim Übergang zum automatisierten Fahren scheint bei der Schnittstelle Mensch-Maschine zu liegen. Laut einer Studie möchte die Mehrheit der Autofahrer die letzte Verantwortung über die Fahraufgabe behalten.

In einer aktuellen Studie des TÜV sind sich 78 Prozent aller Befragten darüber einig, dass es dem Menschen durchgängig möglich sein muss, im Notfall jederzeit selbst das Steuer zu übernehmen. Offenbar ist das Vertrauen der Studienteilnehmer in die Technik nicht besonders hoch. Doch ausgerechnet das Zusammenspiel an der Schnittstelle Mensch-Maschine ist technisch hoch komplex. Der Übergang von Level 2 zu Level 3 beim automatisierten Fahren ist für die Hersteller eine große Herausforderung. 

Innerhalb weniger Sekunden müssen der Fahrer und das System in die Lage versetzt werden können, die Fahraufgabe des Fahrzeugs vom Computer wieder zu übernehmen. "Doch bereits das stellt hohe Anforderungen an die Umfelderfassung sowie die gesamte Systemarchitektur im Fahrzeug" heißt es im Beitrag Automatisiertes Fahren und seine Sensorik im Test in der ATZ 1/2018. Zudem muss das System das Fahrzeug kontrolliert zum Stillstand bringen können, sollte der Fahrer in diesem Moment verhindert sein. Damit diese gewährleistet werden kann, müssen alle relevanten Teilsysteme redundant ausgelegt werden, damit etwa auch bei einem Ausfall der Lenkung noch ein "gewisses Lenkmoment" aufgebracht werden kann. Das gilt auch für die Stromversorgung. 

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01-01-2018 | Titelthema

Automatisiertes Fahren und seine Sensorik im Test

Insgesamt mehr als 140.000 km absolvierten die Cruise4U-Versuchsfahrzeuge bislang auf Testfahrten in Europa und den USA mit ihren Assistenzsystemen. Valeo zeigt mit den Messergebnissen, dass 99 % der Autobahnabschnitte eines Testwagens imautomatisierten Modus absolviert wurden. Der Fahrer konnte also seine Hände vom Lenkrad lassen, während das Fahrzeug Längs- und Querführung übernahm.


Die Schwierigkeit für die Ingenieure, den Übergang zwischen Mensch und Maschine sicher zu gewährleisten, steht offenbar im Gegensatz zum Empfinden der Menschen. Der aufwändigen Technik zum Trotz offenbaren die Teilnehmer der Studie vor allem Vorbehalte gegenüber völlig autonomen Fahrzeugen. Dabei sehen drei von vier Befragten die Technik grundsätzlich positiv, solange sie noch die Kontrolle behalten können, haben aber im Detail noch viele Vorbehalte, was die technische Umsetzung anbelangt. 

Das könnte auch daran liegen, dass es noch keine kulturelle Einbettung der Technik gibt, den Menschen fehlt im Umgang mit Robotern schlicht die Erfahrung: "Derzeit liegen erst wenige Untersuchungen vor, die sich mit der Frage auseinandersetzen, was das Fahren in einem vollautomatisierten Auto attraktiv macht," schreibt auch Prof. Dr. Barbara Lenz in ihrem Gastkommentar Automatisiertes Fahren Herausforderung mit Chancen und Risiken im ATZextra Mobilität 4.0

Infolgedessen fällt das Vertrauen in die noch unbekannten selbstfahrenden Automobile sehr schlecht aus: Knapp die Hälfte der Befragten befürchtet beim Einsatz fahrerloser Fahrzeuge eine Verschlechterung der Verkehrssicherheit.

Was kann KI alles leisten?

Könnten Fortschritte in der Entwicklung der künstlichen Intelligenz die menschlichen Zweifel an der Technik abmildern oder beseitigen? Schließlich wünscht man sich die KI als "Partner des Menschen", der ihm das Leben erleichtert – vielleicht auch als technische Hilfe im Umgang mit einer neuen Technologie? Sie könnte die noch holprige Interaktion zwischen Mensch und Maschine optimieren, etwa indem "die kognitiven Fähigkeiten der Roboteranlage verbessert und die Leistungsfähigkeit gesteigert werden", heißt es auch im Handbuch Industrie 4.0. Die Automobilindustrie setzt ihre Hoffnungen in die Robotik: Derzeit investieren Autokonzerne und Zulieferer bereits massiv in KI, wie Andreas Burkert im Report Mit künstlicher Intelligenz zur Reifeprüfung aus dem ATZextra Automatisiertes Fahren zeigt:

Ob nun maschinelles Lernen, neuronale Netze oder Augmented Intelligence: Bis 2020, wenn also die ersten autonom fahrenden Automobile auf den Markt kommen sollen, wird er 47 Milliarden US-Dollar umfassen", fasst Burkert die Einschätzung der Analysten von International Data Corporation zusammen. 

Automatisiertes Fahren wird die Sicherheit erhöhen

Immerhin geht die Mehrzahl der Befragten der TÜV-Studie davon aus, dass die Automatisierung des Fahrens die Verkehrssicherheit insgesamt erhöhen wird. Davon ist auch Uwe Winkelhake überzeugt, in seinem Ausblick auf die Auto-Mobilität 2040 schätzt er, dass es bei einem Anteil von bis zu 70 Prozent von selbstfahrenden Autos kaum noch Unfälle geben wird. Die künstliche Intelligenz wird einen erheblichen Beitrag dazu leisten, ist sich Kathy Winter von Intel sicher. Durch vermiedene Unfälle ließen sich als Nebeneffekt etwa 500 Milliarden US-Dollar einsparen, so ihre Schätzung im Beitrag Das erste Auto mit Hirn aus der ATZelektronik 2/2017

Zu dem in der Studie aufgetretenen Knackpunkt Mensch-Maschine lässt sich derzeit nur mit Sicherheit sagen, dass er bis auf weiteres noch nicht vorhanden ist. Denn in Deutschland liegt die Haftungsfrage immer noch beim Fahrer. Allerdings wird dies mit voranschreitender Technik nicht so bleiben können, sollte das autonome Fahren zukünftig wirklich auf unseren Straßen stattfinden. "Die Haftung Dritter dürfte in Zukunft an Bedeutung gewinnen. Schon heute sind Autos komplizierte Maschinen‚ in denen neben etwas Mechanik vor allem jede Menge Elektronik und Software steckt. Dies kann zu mehr Produktfehlern führen." berichtet Stefan Terliesner in seinem Beitrag Entspannt die Hände vom Lenkrad nehmen im Versicherungsmagazin 7/2017.

Das Vertrauen muss erst wachsen

Letztlich kann neben der Entwicklung und Verbreitung neuer Systeme nur viel Aufklärungsarbeit das Vertrauen der Fahrer in Fahrerassistenzsysteme stärken. Das sieht auch Dr. Matthias Schubert so: "Die Überzeugung der Autofahrer in China, Deutschland und den USA, dass mit zunehmender Automatisierung die Verkehrssicherheit abnimmt, zeigt: Wir müssen gegenüber den Menschen noch viel stärker informieren und die Vorteile von mehr Technik auch eindeutig vermitteln", sagte der Executive Vice President Mobilität des TÜV Rheinland.

Die Online-Untersuchung zur Sicherheit autonomer Fahrzeuge von TÜV Rheinland zum Thema autonomes Fahren wurde im September 2017 durchgeführt. Für die Studie wurden in China, Deutschland sowie den USA repräsentativ jeweils rund 1.000 Personen ab 18 Jahren mit Führerschein befragt.

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