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14-06-2017 | Automatisierung | Schwerpunkt | Article

Eine selbstlernende Roboterhand

Author: Dieter Beste

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Forschende der Universität Bielefeld haben ein Greifsystem mit Roboterhänden entwickelt, das sich selbstständig mit unbekannten Gegenständen vertraut macht – durch Probieren und eigenes Erkunden.

In der Automatisierung findet ein Paradigmenwechsel hin zu wandlungsfähigen Produktionssystemen mithilfe leichter, feinfühliger und interaktiver Roboter statt. "Sensitive Leichtbauroboter unterscheiden sich von bisherigen Roboterkonzepten vor allem durch ihre "Feinfühligkeit", also ihre Fähigkeit, die Kräfte und Momente, die in der Interaktion mit Gegenständen oder Menschen auftreten, mit integrierten Sensoren sehr präzise zu messen", berichten die Springer-Autoren Dieter Steegmüller und Michael Zürn im "Handbuch Industrie 4.0" (Band 1, Seite 36).

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Solche Leichtbauroboter können aber die Kräfte nicht nur messen, sondern auch situationsentsprechend reagieren. Wie genau reagiert wird – ob der Roboter bei einer Berührung beispielsweise zurückweicht oder nur innehält – ist programmierbar, so Steegmüller und Zürn. Der neue Leichtbauroboter LBR iiwa könne beispielsweise in der Getriebemontage von Mercedes-Benz ein Zahnrad greifen, die Position des damit zu bestückenden Gehäuses ertasten und das Zahnrad in die nur wenig größere Öffnung "einrütteln".

Möglich wurde der Paradigmenwechsel nach Ansicht der Springer-Autoren im Wesentlichen durch

  • extremen Leichtbau, basierend auf ganzheitlichem mechatronischen Entwurf,
  • neuartige Regelalgorithmen und einzigartiger Drehmomentsensorik sowie durch
  • intuitive Programmier- und Bedienkonzepte.

Großprojekt "Famula"

Unterdessen richtet sich der Blicke in der Grundlagenforschung schon in fernere Zukünfte. Forscher der Universität Bielefeld haben jetzt ein Greifsystem mit Roboterhänden vorgestellt, das sich selbstständig mit unbekannten Gegenständen vertraut machen kann. Das neue System funktioniert nach Angaben der Entwickler, ohne vorher die Merkmale von Objekten wie Obst oder Werkzeug zu kennen. Entstanden ist das Greif-Lern-System im Großprojekt "Famula" des Exzellenzclusters Kognitive Interaktionstechnologie (CITEC), das 2014 startete und zunächst bis Oktober 2017 befristet ist.

"Unser System lernt durch Probieren und eigenes Erkunden – so wie auch Babys sich neuen Objekten widmen", sagt Helge Ritter. Der Neuroinformatiker leitet das Projekt zusammen mit dem Sportwissenschaftler und Kognitionspsychologen Thomas Schack und dem Robotiker Sven Wachsmuth. Die CITEC-Wissenschaftler arbeiten mit einem Roboter mit zwei Händen, die menschlichen Händen in Form und Beweglichkeit nachempfunden sind. Das Robotergehirn für diese Hände muss lernen, wie alltägliche Objekte, etwa Obst, Geschirr oder auch Plüschtiere, durch ihre Farben und Formen unterschieden werden können, und worauf es ankommt, wenn man sie greifen will. So lässt sich etwa eine Banane umgreifen oder ein Knopf drücken. "Das System lernt, solche Möglichkeiten aus Merkmalen zu erkennen und baut sich ein Modell für den Umgang und die Wiedererkennung auf", erläutert Ritter.

Der Mensch als Vorbild

Um dieses Ziel zu erreichen, wurden im Projekt Formula Arbeiten in der künstlichen Intelligenz mit Forschungsarbeiten in weiteren Disziplinen zusammengebracht. So untersuchte etwa die Forschungsgruppe von Thomas Schack, welche Merkmale Versuchspersonen als bedeutsam bei Greifaktionen wahrnehmen. Oder: "Die Hände müssen mündliche Sprache, aber auch Gestik deuten können, um zu verstehen, mit welchem Objekt sie sich befassen sollen", sagt Sven Wachsmuth. "Und sie müssen sich in die Position des Menschen versetzen können, auch um nachzufragen, ob sie richtig verstanden haben."

In einem Video erklären die Bielefelder Forscher die Neuentwicklung. "Wir wollen verstehen, wie wir lernen, unsere Umwelt dank unserer Hände buchstäblich zu begreifen. Der Roboter ermöglicht uns dabei, unsere Erkenntnisse in der Realität zu überprüfen und Lücken in unserem Verständnis schonungslos aufzudecken. Dadurch leisten wir einen Beitrag für den künftigen Einsatz komplexer, vielfingriger Roboterhände, die heute noch zu kostspielig und zu komplex für den Einsatz zum Beispiel in der Industrie sind", sagt Helge Ritter.


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