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02-01-2013 | Automobil + Motoren | Nachricht | Article

Studie "FAST 2025": E-Mobilität und Fahrzeugvernetzung treiben die Wertschöpfung

Author: Andreas Burkert

6:30 min reading time

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Die Automobilindustrie peilt mit rund 80 Millionen produzierten Fahrzeugen neue Rekordwerte an und ist heute eines der zentralen Standbeine der Weltwirtschaft. So leisteten Fahrzeuge und Fahrzeugkomponenten 2012 in den USA etwa 13 Prozent der gesamten Wertschöpfung, in Europa waren es 14 Prozent. Selbst die noch jungen Automärkte China und Indien kommen bereits auf acht beziehungsweise zehn Prozent. Gleichwohl erlebt die Automobilbranche bereits seit geraumer Zeit einen starken strukturellen Wandel. Ihr stehen Jahre mit enormen Herausforderungen bevor, mahnen die Analysten der Studie "FAST 2025 - Future Automotive Industry Structure" von Oliver Wyman und dem Verband der Automobilindustrie (VDA).

Zum einen wird die weiter wachsende Bedeutung der Schwellenländer - allen voran China und Indien - gravierende Auswirkungen auf die Wertschöpfung von OEMs und Zulieferer haben. Zum anderen fordern neue Geschäftsfelder wie Elektromobilität und Fahrzeugvernetzung die Branche zum umdenken. Darüber hinaus werden die zunehmende Modell- und Variantenvielfalt bei zugleich kürzeren Produktlebenszyklen sowie umfangreiche Modularisierungs- und Baukastenstrategien die Zusammenarbeit von OEMs sowie Zulieferern nachhaltig verändern - und damit auch ihre Wertschöpfungsanteile. Nur ein Beispiel: kamen Anfang der 1990er-Jahre Audi, BMW oder Mercedes-Benz noch mit jeweils sieben bis acht Modellen aus, so hat sich diese Zahl nicht zuletzt durch die Entwicklung zusätzlicher Derivate verdreifacht.

Hinzu kommt die Bedeutung von Schwellenländern wie China oder Indien, deren Bedeutung als Absatz und Produktionsmärkte stark zugenommen hat. Entsprechend investieren die Automobilhersteller zunehmend in den Auf- und Ausbau von Produktions-, Vertriebs- und Entwicklungsstandorten in den Ländern, in denen mit einer erhöhten Nachfrage zu rechnen ist, und erwarten dies auch von ihren Zulieferern. Speziell China verzeichnete zuletzt einen enormen Anstieg der Produktionsleistung.

Chinas enorme Produktionsleistung

Liefen 2005 noch 5,2 Millionen Fahrzeuge vom Band, so waren es 2011 bereits mehr als 17 Millionen - und mittlerweile ist China mit einem Viertel der globalen Fahrzeugfertigung der größte Produktionsstandort der Welt. Dagegen haben die etablierten Automärkte Europa, Nordamerika und Japan/Südkorea an Relevanz verloren. Insbesondere Nordamerika hat mit schrumpfenden Produktionszahlen zu kämpfen. Wurden dort 2005 noch 16 Millionen Fahrzeuge gefertigt, waren es 2011 noch etwa 13 Millionen.

Auch die Zahl der Automarken ist in der vergangenen Dekade drastisch gestiegen. Im Jahr 2011 wurden weltweit Modelle von 155 Marken angeboten, zehn Jahre zuvor waren es noch 129 Marken. Ursächlich dafür ist trotz einer geringen Bereinigung des Markenportfolios in den etablierten Märkten vor allem die wachsende Zahl der Marken in den Emerging Markets. Allein in China hat sich die Zahl von 2001 bis 2011 von 26 auf 60 mehr als verdoppelt.

Die anhaltend starke Entwicklung der Schwellenländer bewirkt, dass Asien seine Position als dominante Automobilregion mit den höchsten Wachstumsraten und der größten Produktionskapazität weiter ausbaut. Tatsächlich werden dort schon heute mehr als die Hälfte aller Kraftfahrzeuge (Nutzfahrzeuge und Pkw) gefertigt. Dabei schließt neben China auch Indien mit zweistelligen Wachstumsraten auf das Niveau von etablierten Märkten auf.

Die Wertschöpfung verschiebt sich

Die Innovationsbestrebungen der OEMs gelten künftig weniger dem Komfort, sondern vor allem Umweltfreundlichkeit und Effizienz. Gerade die Themen Elektromobilität und Leichtbau stehen im Fokus und werden drastische Wertverschiebungen nach sich ziehen. Der Kostendruck hält an. Kunden wünschen immer höherwertigere Fahrzeuge, Gesetzgeber fordern immer effizientere Fahrzeuge. Höhere Fahrzeugpreise aber lassen sich angesichts des starken Wettbewerbs kaum oder überhaupt nicht durchsetzen.

Für alle Marktteilnehmer stellt sich angesichts der bevorstehenden Veränderungen die Frage, wo die Wertschöpfung der Automobilindustrie in Zukunft erfolgt. Laut "FAST 2025" ist für die weltweite Automobilindustrie bis 2025 mit einem insgesamt soliden Wachstum von jährlich rund drei Prozent zu rechnen. Getrieben wird diese Entwicklung vor allem durch China und Indien. So wird China mit rund 300 Milliarden Euro Wertschöpfung bis 2025 seine Position als wichtigstes Produktionsland weiter ausbauen. Das auch weiterhin starke Europa bleibt führender Forschungs- und Entwicklungs-Standort.

Durch die Fokussierung der Hersteller auf zusätzliche Kernkompetenzen gewinnen Zulieferer in den kommenden Jahren zusätzliche Wertschöpfungsanteile - sowohl in der Forschung und Entwicklung als auch in der Produktion. Speziell in den Emerging Markets werden sich die OEMs verstärkt auf ihre Lieferanten verlassen. Die immer schnelleren Innovationszyklen führen zudem zu einer wachsenden Etablierung von Engineering-Dienstleistern.

Globale F&E-Wertschöpfung sinkt auf 47 Prozent

Insgesamt wird laut Studie der Anteil der OEMs an der globalen Forschungs- und Entwicklungs(F&E)-Wertschöpfung von heute 60 auf 47 Prozent im Jahr 2025 sinken, während sich der Anteil der Zulieferer von 32 auf 36 Prozent erhöht und die Engineering-Dienstleister ihren Anteil von 9 auf 17 Prozent fast verdoppeln. Im Produktionsbereich verstärken die Zulieferer ihre Position, ihr Wertschöpfungsanteil steigt von 65 auf 71 Prozent. Entsprechend wird der Wertschöpfungsanteil der OEM auf 29 Prozent zurückgehen. Bezogen auf die Fahrzeugmodule werden die OEMs beim Outsourcing künftig selektiver und modulspezifischer vorgehen. Die größte Verschiebung hin zu den Zulieferern erfolgt bei elektrischen Antrieben, die derzeit zu den wichtigsten Innovationsthemen der Automobilindustrie zählen.

Die Hersteller werden zwar in diesem Bereich weiterhin Schlüsseltechnologien kontrollieren, doch ihr Anteil an der automobilen Wertschöpfung dieses Moduls wird bis 2025 auf neun Prozent sinken, da die Produktion nur in geringem Umfang selbst durchgeführt wird. Im Bereich Verbrennungsmotoren und Aggregate werden sich OEMs künftig noch stärker auf Montage und Systemkompetenz fokussieren. Ihr Anteil an der Wertschöpfung geht auf 32 Prozent zurück. Auch beim Exterieur, traditionell von den OEMs dominiert, geht der Trend hin zu den Zulieferern. Diese werden in den kommenden Jahren zunehmend auch Submodule und Systeme liefern, da die OEMs stärker auf Modularkonzepte setzen. Fahrzeugmodule entwickeln sich unterschiedlich Die Wertschöpfung der Fahrzeugmodule selbst ändert sich ebenfalls.

F&E-Wertschöpfung bei Karosserie und Exterieur steigt

Wie die Studie von Oliver Wyman und VDA zeigt, wird durch die Notwendigkeit zum konsequenten Leichtbau die F&E-Wertschöpfung bei Karosserie und Exterieur mit beziehungsweise sechs Prozent überdurchschnittlich wachsen. Den größten absoluten Beitrag zur F&E-Wertschöpfung, die im Zeitraum 2012 bis 2025 mit einer jährlichen Zuwachsrate von 2,3Prozent von 110 auf 150 Milliarden Euro steigen wird, leistet neben dem Gesamtfahrzeug nach wie vor das Modul Verbrennungsmotor und Aggregate. Hier sind noch immer große Verbesserungspotenziale zu erzielen.

Das stärkste Wachstumsfeld in der Produktion werden hingegen die elektrischen Antriebe sein - trotz aller Unsicherheiten hinsichtlich der Entwicklung der Kundenakzeptanz. Die Wertschöpfung für dieses Modul steigert sich bis 2025 - getrieben durch die anhaltend hohen Preise für entsprechende Komponenten und Systeme - pro Jahr um mehr als 20 Prozent.

Verglichen damit nimmt die weltweite Produktionswertschöpfung von 2012 bis 2025jährlich um gut drei Prozent zu. Das Interieur behält den größten Anteil, obwohl es lediglich mit etwas mehr als zwei Prozent pro Jahr wächst. Mit Blick auf die Fahrzeugsegmente wiederum wird im Premiumbereich vor allem die Wertschöpfung des Exterieurs bis 2025 zunehmen. Ursächlich dafür sind neue Leichtbaukonzepte und damit neue Materialien, relativ geringe Kostenreduktionen sowie die starke Fokussierung auf das Design.

Im Volumensegment dominiert das Fahrwerk - bedingt durch die Sicherheitsansprüche der Kunden. Bei den Kleinfahrzeugen weisen Exterieur und Fahrwerk das größte Wachstum auf. Nur ertragsstarke Zulieferer können die Herausforderungen erfolgreich meistern Die skizzierten Markt- und Technologietrends der kommenden Jahre werden auf alle Unternehmen der Automobilindustrie gravierende Auswirkungen haben.

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