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16-06-2015 | Automobil + Motoren | Nachricht | Article

Fahrwerk und Assistenzsysteme wachsen zusammen

Author: Michael Reichenbach

4:30 min reading time

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Wie wirken unsere Fahrwerkssysteme auf den Kunden? Diese Frage beantwortete Peter Langen, BMW, in seinem Plenarvortag des 6. Internationalen Fahrwerkssymposiums, kurz chassis.tech plus, im Bayerischen Hof in München. Organisiert von ATZlive hörten am ersten Tag rund 450 Teilnehmer den drei Keynotes von BMW, Daimler Trucks und Bosch gespannt zu.

Verbesserungen der Fahreigenschaften gehen mit jeder neuen Generation einher. So auch beim BMW 7er. Langen rückt den Fahrer und den Kundennutzen wieder in den Fokus, nachdem in den vergangenen Jahren immer mehr die Technikverliebtheit der Ingenieure den Weg in die Autos fand. Bei einem Luxusfahrzeug wie dem Siebener steht oben an immer das Thema Komfort, also ruhiges Dahingleiten ohne schlechten Eintrag von Fahrbahn- und Windeinflüssen. Aber ein Luxusauto brauche auch Sportlichkeit, eine besondere Agilität. Diese beiden Themen verknüpfen Langen und sein Entwicklungsteam mit den drei Aspekten Delegation, Flow/Ability und Sicherheit. Lästige oder nicht so spannende Fahraufgaben kann man an das Auto übertragen. Zur Freude von Langen kann das Auto nun selbst ein- und ausparken, ob mit Fahrer am Steuer oder per Funkfernbedienung als Außenstehender. Bei Bedrohungen von der Seite oder Unaufmerksamkeit im Straßenverkehr greifen aktive Sicherheitssysteme als Ausweichassistent ein. Durch bessere Gene bei Steifigkeit (+ 30 Prozent) und Leichtbau in CFK-Multimaterialbauweise hat der neue Wagen mehr Möglichkeiten gewonnen.

Luftfederung hebt Aufbau um 20 mm an

Die integrale Aktivlenkung kommt erstmals in Kombination mit dem Allradantrieb zum Einsatz. Leichtbau-Bremssättel reduzieren die ungefederten Massen. Ein Novum, sagte Langen, ist die Luftfederung an Vorder- und Hinterachse, die im Langsamfahrbereich den Aufbau um 20 mm anheben kann. Wie wirken nun die Systeme für den Kunden? Langen nähert sich mit Ausgewogenheit an, eine reine Auslegung auf Sportlichkeit oder nur auf Komfort allein bringe einen in der Luxusklasse nicht weiter. Der Mix ist das Ziel. Als Lösung dieses Problems bietet BMW den neuen adaptiven Modus an. Über einen Schalter zwischen Sport- und Komforttaste kann der Fahrer einen adaptiven Betriebsmodus wählen. Denn nur wenige Käufer nutzten bisher diese beiden Tasten regelmäßig. Fährt man geradeaus, wird automatisch auf Komfort gestellt, kommen Kurven, wechselt das System auf Sport. Die Informationen dazu erhält das Fahrzeug aus der Navigationskarte, die in der Internet-Cloud hinterlegt ist. Auch die Reduzierung um 130 kg trägt zur Sportlichkeit bei.

Neben dem adaptiven Modus trägt die neue elektromechanische Wankstabilisierung sowohl zu Bequemlichkeit als auch Agilität bei. Die horizontale Zentrierung des BMW 7er (Regelung des Wankwinkels) führt zu einer Verbesserung des Eigenlenkverhaltens beispielsweise im Wedeltest. Das System wurde von BMW und Schaeffler entwickelt. Es sorgt laut Langen durch die ruhigere Fahrt unter anderem dafür, dass man die Felder auf einem Touchscreen sicherer trifft.

Daimler: Packungsdichte auf den Straßen erhöhen

Es sei eine neue Aufgabe für den Automobilingenieur, die Packungsdichte auf unseren Straßen zu erhöhen. Der Güterverkehr wird die nächsten Jahre weiter zunehmen. Im zweiten Plenarvortrag zeigte Markus Kirschbaum, Daimler, die Möglichkeiten per hochautomatisiertes Fahren mit dem Mercedes Future Truck 2025 und dem Freightliner Inspiration Truck 2025 auf. Es gelte, den Durchsatz zu erhöhen und eine Vergleichmäßigung des Verkehrs zu erreichen. Hinzukomme das Problem, dass immer weniger Leute Lkw-Fahrer werden möchten, sowohl in Deutschland als auch in den USA. Für all dies sei das hochautomatisierte Fahren eine gute Lösung, stellte Kirchbaum fest. Bei beiden Forschungsfahrzeugen griffen die Entwickler auf Pkw-Assistenzsysteme zurück. Die Genehmigung in Deutschland war nicht einfach, im US-amerikanischen Nevada war es durch die Zulassungsprozedur des Google-Autos etwas einfacher. Gerade die Steigerung von Sicherheit und Effizienz durch Assistenzsysteme würde der Kunde honorieren. Dabei würde das hochautomatisierte Fahren nicht plötzlich da sein, sondern in einem Schritt-für-Schritt-Prozess in den Markt migrieren. Die Frage sei noch, ob zur Umfelderkennung zwei Systeme, Kamera und Radar, ausreichen. Google testet derzeit einen Laserscanner als dritte Redundanz, was gerade bei Tunneleinfahrten auch für Lkw Sinn machen könnte, stellte Langen fest.

Bosch: E/E-Komplexität mit Abstraktionsebene steuern

Alle Antriebs- und Assistenzsysteme müssen in einer modernen E/E-Architektur untergebracht werden. In der dritten und letzten Keynote des Veranstaltungstages zeigte Alexander Häußler, Bosch, die Vorteile einer neuen Zwischenebene, der Vehicle Motion Control, auf. Als System der Systeme müssen hier die Steuergeräte des Antriebsstrangs, der Bremse und der Lenkung zusammengeführt und koordiniert werden. Mit dem Wechsel von manuell bedienten und heutigen Assistenzsystemen hin zu zukünftigen Systemen des autonomen Fahrens wird die Zahl und Komplexität vernetzter Domänenfunktionen signifikant zunehmen, die die Fortbewegung per Automobil beeinflussen. Umso wichtiger wird die Beherrschung der Vielzahl von Steuergeräten in einem Auto. Für diese Vernetzung bei mächtigeren Fahraufgaben, setzt Häußler auf die Abstraktionsebene der Vehicle Motion Control, die die Komplexität handelt und koordiniert und den Zugang zu Bremse, Antrieb und Lenkung steuert.

Die chassis.tech plus findet noch morgen (17. Juni 2015) in München statt. Wer es dieses Jahr nicht mehr in den Bayerischen Hof am Promenadeplatz schafft, kann im kommenden Jahr am 14. und 15. Juni 2016 das Fahrwerkssymposium besuchen.

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