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29-04-2014 | Automobil + Motoren | Nachricht | Article

Lübecker revolutioniert mit dem Inline-Doppelkolbenmotor das Viertakt-Prinzip

Author: Andreas Burkert

3:30 min reading time

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Maschinenbauingenieur Andreas Roß von der Fachhochschule Lübeck hat einen Inline-Doppelkolbenmotor entwickelt. Mithilfe dieser Idee soll sich der thermische Kreisprozess-Wirkungsgrad um rund 6 bis 14 Prozent steigern lassen, wie es aus Lübeck heißt.

Ansaugen - verdichten - arbeiten - ausstoßen. So lautet das Mantra eines herkömmlichen Viertakt-Verbrennungskraftmotor (Hubkolbenmotor). Ein weltweites Erfolgsmodell für Automobile. Allerdings mit einigen Nachteilen, wie Dipl.-Ing. Andreas Roß von der Fachhochschule Lübeck weiß. "Bedingt durch die konstante Kolbenfläche und das Öffnen des Auslassventils vor dem unteren Totpunkt des Kolbenhubes im Arbeitstakt verlassen noch unter Druck stehende Arbeitsgase ungenutzt den Zylinderraum", erklärt er. Auch wenn diese aktuell noch vorhandene Energie teilweise mittels eines Turboladers ausgenutzt wird, will Roß den Ansaug- und Verdichtungstakt vom Arbeits- und Ausstoßtakt trennen. Mit dem Ziel, den thermischen Kreisprozess-Wirkungsgrad um mehrere Prozent zu steigern. Gemeinsam mit Studierenden des Maschinenbaus hat er deshalb einen Inline-Doppelkolbenmotor konstruiert.

Der dazu entwickelte Arbeitskolben besteht aus zwei ineinander liegenden Kolben. Im Ansaugtakt saugt der Innenkolben das Gemisch an, der äußere Hülsenkolben wird im oberen Totpunkt gehalten. Die Verdichtung erfolgt wiederum durch den Innenkolben. Bei dem folgenden Arbeitstakt wird der Hülsenkolben so entriegelt, dass das Kolbenpaar gemeinsam mit seiner größeren Kolbenfläche zur Umwandlung von Druck- auf Bewegungsenergie genutzt werden kann. Die Kolbenfläche kann durch dieses Verfahren so angepasst werden, dass der Restdruck beim Öffnen des Auslassventils wesentlich geringer als beim herkömmlichen Verfahren gehalten werden kann.

Steigerung des Kreisprozess-Wirkungsgrades

"Die Energieausbeute des Kraftstoffes wird durch die umschriebene Fläche des Kreisprozesses im pv-Diagramm dargestellt. Um den Energieinhalt des Kraftstoffes besser auszunutzen, musste nach der Theorie diese umschriebene Fläche vergrößert werden. Diese Grundidee haben wir mit einer studentischen Projektgruppe im Rahmen von Praktika stark verfeinert und die Steigerung des Kreisprozess-Wirkungsgrades durch mehrere Simulationsrechnungen belegt", erläutert Roß seine theoretischen Überlegungen.

Neben der grundlegenden Idee war die Realisierung der Kolbensteuerung Dreh- und Angelpunkt der Entwicklung. Der Hülsenkolben erhält am Umfang eine Kulissenbahn und eine Führungsbahn. Die Führungsbahn verläuft in Achsrichtung des Kolbens und steht mit einer im Zylinder befestigten Kurvenrolle im Eingriff. Hierdurch wird nur die axiale Bewegung des Hülsenkolbens zugelassen. Die Kulissenbahn läuft am Umfang um und steht mit einer an einem Zahnkranz montierten Kurvenrolle im Eingriff, wobei sich der Zahnkranz um den Hülsenkolben dreht. Angetrieben wird der Zahnkranz mittels eines Ritzels welches mechanisch mit der Kurbelwelle verbunden ist.

Komplexer aber effizienter mechanischer Ablauf

In der auskonstruierten Version läuft der Zahnkranz mit halber Kurbelwellendrehzahl um, so dass eine Umfangshälfte des Hülsenkolbens für die Auf- und Abbewegung des Hülsenkolbens freigegeben werden kann. Die andere Umfangshälfte wird als Verriegelungsstrecke genutzt. Diese Zwangssteuerung stellt sicher, dass alle Bauteile Kurbelwelle, Hülsenkolben, Innenkolben und auch die Nockenwelle, mittels mechanischer Verbindung, in jedem Betriebspunkt in ihrer Stellung zueinander eindeutig festgelegt sind.

Im Arbeits- und Auslasstakt läuft die Kurvenrolle unbelastet in der Kulissenbahn. Der Hülsenkolben stützt sich auf dem Innenkolben ab. Während des Ansaug- und Verdichtungstaktes liegt die Kurvenrolle zur Kolbenunterseite in der Verriegelungsstrecke der Kulissenbahn an und verhindert so eine axiale Bewegung des Hülsenkolbens. Zwar ist die mechanische Ablauf sehr komplex. Doch der dadurch erzielte thermischen Kreisprozess-Wirkungsgrad soll um rund 6 bis 14 Prozent steigen.

Zumindest beeindruckende theoretische Werte

Allerdings beruhen die Angaben dazu derzeit nur auf der Basis mehrere vorausgegangener Simulationsrechnungen. Doch Roß zeigt sich zuversichtlich: "Es lassen sich folgende Aussagen treffen, die durch reale Versuche noch bewiesen werden müssen", erzählt er. So liegt "die Steigerung des thermischen Kreisprozess-Wirkungsgrads zwischen 6 bis 14 Prozent - je nach Berechnungsverfahren, der Spitzendruck wird um etwa 30 Prozent vermindert, die Spitzentemperatur wird geringfügig um rund 5 Prozent gesenkt, wobei eine erhöhte Reibung nicht zu erwarten ist, da jeweils nur ein Kolben in Funktion ist. Auch ist mit geringerem Verschleiß zu rechnen, da mögliche Verschleiße auf unterschiedliche Teilflächen aufgeteilt sind".

Und noch etwas sagt Roß voraus: Da der Arbeitsdruck, sowohl beim Referenz- als auch beim Inline-Doppelkolbenmotor, gleich hoch angesetzt werden kann - der Durchmesser des neuen Arbeitskolbens ist dabei 50 Prozent größer als beim Kolben des vergleichbaren Referenzmotors - führt dies zu einer "immensen Steigerung des Drehmomentes". Damit eigne sich der Motor für Motoren mit geringer Drehzahl etwa für Baufahrzeuge oder auch Schiffe.

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