Das Automobil ist über 125 Jahre alt. Während der ersten vierzig Jahre, vom Benz-Dreirad über den 1891 Panhard Panhard & Levassor, das erste moderne Automobil, bis zu Henry Fords Modell T, dem ersten standardisierten Volkswagen, war dessen Entwicklung weitestgehend technologisch geprägt. In dem Übergang von Fordism zu Sloanism wird 1927 die zentrale Rolle von Styling als Entwicklungstreiber der Automobilindustrie zunächst in den USA, später weltweit erkannt. Die letzten 60 Jahre des Automobils wurden von Design geprägt. Um Nachfrage zu generieren, wurde ein breites Marken- und Modellportfolio kreiert und ständig aktualisiert. Der Produktionsprozess muss diese Vielfalt tragen. Mitte der 60er hatte General Motors dieses Ziel erreicht, wie Brock Yates in seinem Buch „the decline and fall of the american automobile industry“ auf den Punkt bringt: „ein Forscher aus Yale hat berechnet, dass ein 1965er Chevrolet, mit 46 Modellen, 32 Motoren, 20 Getriebearten, 30 Farben und 400 Sonderausstattungen in annähernd so vielen Permutationen bestellt werden kann, wie es Atome im Universum gibt“. Das japanische „Lean Manufacturing“ ändert am Prinzip Vielfalt nichts, lediglich die Qualität und die Flexibilität der Fertigungsprozesse werden optimiert: Als Japan 1980 zum größten Automobilproduzent der Welt avanciert, wagt die europäische Industrie einen Selbstrettungsversuch, aus dem das Ende der britischen und der Triumph der deutschen Hersteller resultieren. Doch während die Volkswagen AG und die Toyota Motor Company Seite an Seite für die marktführende Position kämpfen und Hyundai die Rolle des Herausforderers aufnimmt, avanciert China nicht nur zum bedeutendsten Markt für die westlichen Premium- Marken, sondern auch zum größten Automobilhersteller der Welt. Diese Prämisse ist fundamental, um die nächsten Entwicklungen im Automobildesign zu skizzieren. Denn so wie das Automobil zwischen 1927 und 1990 vom Design getrieben worden ist, so kann man nach den 00-Jahren Automobildesign nur in seiner politischen Dimension betrachten. Die Formsprache und die Stilfrage sind dabei nicht irrelevant, aber auch nicht mehr primär.