In den vergangenen 25 Jahren hat sich die Technologie für den Zugang zum Fahrzeug und zum Starten desselben stark verändert. Nach dem ersten Funkschlüssel Anfang der 90er Jahre folgte mit dem Zonenmodell Pase (Passive Start and entry) die automatische Ent- und Verriegelung der Fahrzeugtüren. Im Zuge der Digitalisierung kristallisiert sich das "Smart Device Integrated Access System" als das Fahrzeugzugangssystem der Zukunft aus. Dann kommuniziert das Smartphone mit dem Fahrzeug, ein separater Schlüssel ist nicht mehr notwendig.
Der schlüssellose Zugang zu Fahrzeugen eignet sich neben privaten Anwendungen vor allem für Carsharing-Dienste. Continental hat 2015 mit dem belgischen Automobilservice-Spezialist D’leteren das Joint-Venture Ota keys gegründet. Mit diesem wollen sie den virtuellen Schlüssel im Smartphone für Carsharing-Dienste entwickeln. Anfang 2017 konnte Ota keys bereits acht Aufträge von Flottenbetreibern und Mietwagen-Anbietern vermelden. Gerade dort bietet das Smartphone als Fahrzeugschlüssel große Vorteile. Im Beitrag Das vernetzte Fahrzeug – Voraussetzungen, Anforderungen und Perspektiven für die ATZelektronik 4/2014 schreibt Dirk Wollschläger: "Mit dieser Technik wird es beispielsweise möglich sein, das Fahrzeug einfach mit dem Smartphone zu öffnen, ohne sich am Schalter des Vermieters anstellen zu müssen."
Auch Bosch setzt im Hinblick auf Carsharing-Dienste auf das Smartphone für den schlüssellosen Zugang: "Mit dem digitalen Fahrzeug-Zugangssystem namens Perfectly keyless kann der Autofahrer auf den klassischen Autoschlüssel verzichten. So geht stressfreie vernetzte Mobilität", sagt Harald Kröger, Vorsitzender des Bosch-Geschäftsbereichs Automotive Electronics. Erste digitale Zugangssysteme per App werden heute von Sharing-Diensten bereits eingesetzt. Continental will dies zum "Smart Access System" ausbauen, bei der eine "intelligente" Tür das Fahrzeug automatisch öffnen und schließen kann. Als erster Fahrzeughersteller hat Volvo 2016 angekündigt, den Fahrzeugschlüssel in Zukunft optional mit dem Smartphone ersetzen zu wollen. Im neuen XC40 bietet Volvo in seiner Fahrzeug-App "Volvo On-Call" nun auch einen digitalen Schlüssel an.
So funktioniert der virtuelle Schlüssel
Damit das Fahrzeug den Nutzer mit seinem Smartphone erkennt, muss ein virtueller Schlüssel erzeugt werden. Dazu wird eine App installiert, damit das Smartphone über Near Field Communication (NFC) oder über den Standard Bluetooth Low Energy (BLE) Daten mit dem Fahrzeug austauschen kann. Wer einen Wagen gemietet hat, bekommt vom Anbieter verschlüsselt einen Datensatz an das Mobiltelefon gesendet. Der virtuelle Schlüssel wird auf der SIM-Karte des Smartphones gespeichert. Er enthält die Zugangsberechtigung zum gewünschten Fahrzeug. Mithilfe des NFC- oder BLE-Standards überträgt das Mobiltelefon die Daten (Authentifizierung, Fahrzeug- und Diagnosedaten und Nutzerprofil) an das im Auto angebrachte Lesegerät. Schlange stehen am Schalter oder Schlüsselübergaben gehören dann der Vergangenheit an.
Das Smartphone als Fahrzeugschlüssel ist die logische Konsequenz aus bereits erhältlichen Fahrzeug-Apps der OEMs, mit denen sich heute schon Fahrzeugdaten auslesen, Türen entriegeln oder Standheizungen starten lassen. Der Zigarettenschachtel-große Display-Key von BMW ist wohl nur eine Übergangslösung. Auch die Idee von Jaguar, ein abnehmbares und intelligentes Lenkrad als Zugangssystem zu nutzen, ist nur auf den ersten Blick originell. Denn das Smartphone integriert als Mensch-Maschine-Schnittstelle vielfältige Funktionen in einem Gerät. Es ist immer zur Hand, leicht bedienbar und ermöglicht auch die Einbindung biometrischer Daten wie Fingerabdruck, Augenscan oder Gesichtserkennung.
Wie sicher sind Smartphones als Zugangssystem?
Als großer Nachteil gilt die Sicherheit der Daten und das damit verbundene Risiko des Fahrzeug-Diebstahls. Zwar werden Zugangskontroll- und Startsysteme seit Jahrzehnten mithilfe von Funktechnologie und Kryptologie gesichert, aber es gibt immer wieder neue Einfallstore. Beispielsweise die sogenannten "Man-in-the-Middle-Angriffe", bei denen ein Funksignal verlängert wird und ein Fahrzeug gestartet werden kann. Mithilfe der Ultra-Wide-Band (UWB)-Technik sollen sie in Zukunft abgewehrt werden können. Zudem haben die wenigsten Nutzer auf ihrem Smartphone ein Sicherheitssystem installiert.
Mobile Endgeräte und mobile Netze sind vergleichsweise unsicher und damit für die hohen Sicherheitsanforderungen im Automobilsektor nur bedingt geeignet", erklärt beispielsweise Thorsten Stuke, Mobility Experte im eco – Verband der Internetwirtschaft.
Er sieht auch Lücken im Mobilfunknetz kritisch, die zu einem Ausfall von Fahrzeugfunktionen führen könnten: "Ein gut funktionierendes Mobilfunknetz weist eine Verfügbarkeit von 98 Prozent auf, bestenfalls von 99 Prozent".
Das bekannte Hase-Igel-Problem in Bezug auf die Sicherheit der Zugangssysteme wird die IT-Unternehmen auch mit Voranschreiten der Digitalisierung weiter beschäftigen. Neben dem Smartphone und dem Smarthome wird es bald auch das "Smartcar" geben, bei dem bestimmte Funktionen einfach per Mobiltelefon gesteuert werden können. Die neuen Zugangssysteme bringen vor allem den Kunden Vorteile: "Die optionale Integration von intelligenten Endgeräten bedeutet eine völlig neue Qualität an Information, Kontrolle und Komfort für den Fahrer", sind sich die Autoren des Beitrags Fahrzeugzugangssysteme von morgen aus der ATZelektronik 3/2016 sicher.