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06-09-2023 | Automobilwirtschaft | Schwerpunkt | Article

So bleibt die europäische Autoindustrie wettbewerbsfähig

Author: Christiane Köllner

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Anlässlich der IAA Mobility hat McKinsey einen Masterplan für die angeschlagene, europäische Automobilindustrie vorgestellt. Sieben Bereiche, darunter Batterien und Halbleiter, sollte die Branche in Angriff nehmen. 

Die Wettbewerbsbedingungen für die europäische Automobilindustrie ändern sich grundlegend. Vor allem China und auch die USA greifen an. Um weltweit wettbewerbsfähig zu bleiben, sollte die europäische Industrie daher ihre Stärken besser ausspielen und Kompetenzen in neuen Feldern wie Batterien und Halbleitern strategisch ausbauen. Wie das gelingen kann, hat die Unternehmensberatung McKinsey & Company in einer zur IAA Mobility 2023 veröffentlichten Roadmap ausgearbeitet, die sich auf sieben Zukunftsfelder stützt.

70 % der Batteriezellen kommen aus China

Die Herausforderungen, mit denen die europäische Automobilindustrie zu kämpfen hat, sind vielfältig. Zum einen sind es neben Nachhaltigkeit und Digitalisierung insbesondere makroökonomische Faktoren. Die Energiekosten liegen laut McKinsey für die europäische Autoindustrie 2-3-mal höher als in China und den USA, die Risiken durch geopolitische Spannungen für die Lieferketten nehmen zu. Gleichzeitig halte sich die Inflation in Europa deutlich hartnäckiger als in den USA und China. Zum anderen verlieren europäische Hersteller Marktanteile auf dem heimischen und chinesischen Markt. Gleichzeitig bauen chinesische Hersteller ihre Anteile aus. 

Dazu kommt: Bei Batterien und der Software haben sich die Wettbewerbsbedingungen ebenfalls verschärft. Seit 2015 habe sich der Softwareanteil im Fahrzeug laut der Analysten verdreifacht – Halbleiter und Batterien werden zu entscheidenden Faktoren in der Wertschöpfungskette. Allerdings sei insbesondere bei Batterien die Abhängigkeit von China groß: 90 % der Kapazitäten zum Raffinieren von Lithium liegen in China, mehr als 70 % der Zellen werden in China gefertigt.

Die sieben Säulen des McKinsey-Masterplans

Laut der McKinsey-Analysten gelte nun, die Wettbewerbsfähigkeit mithilfe eines Masterplans zu schärfen und so die Grundlage für den Erfolg in den kommenden Jahrzehnten zu legen. Sieben Bereiche sollen sich dazu anbieten:

  • Klassische Stärken in Kundenverständnis, Design und Marke wiederbeleben: Marken blieben laut der Analysten wichtig und gehörten in China, Europa und den USA gleichermaßen zu den Top-5-Kaufkriterien für Autos. Allerdings würden sich die Faktoren, die eine Marke ausmachen, verändern. Ein besseres Kundenverständnis und eine perfekte Begleitung über den gesamten Lebenszyklus des Fahrzeugs sei notwendig.
  • Fokus auf Kosten und Agilität legen: Chinesische Hersteller hätten bei E-Autos aktuell einen Kostenvorteil von 20 bis 30 %. Europäische Autobauer könnten diese Lücke weitgehend schließen, wenn sie ihre Fahrzeuge noch viel stärker am tatsächlichen, europäischen Nutzerverhalten ausrichten würden, so McKinsey. Zudem könnten sie durch eine Integration der Batteriewertschöpfung und neue Batteriechemien kostengünstiger anbieten. Ein weiterer Hebel seien schnellere Entwicklungszyklen: Während europäische Hersteller rund 4 Jahre von der Konzept- zur Pilotphase eines Fahrzeugs brauchen, sollen die besten chinesischen Hersteller dies in 21 Monaten schaffen. 
  • Neue China-Strategie entwickeln: China bleibe der wichtigste Automarkt der Welt. Es gelte daher, die Erosion des Marktanteils – minus 5 Prozentpunkte seit 2019 – zu stoppen. Eine stärkere Anpassung an den chinesischen Kundengeschmack mit einem starken Fokus auf die neueste Technologie, Konnektivität, Fahrassistenzsysteme und Unterhaltungselektronik könnte laut der Analysten ein Weg sein. Dazu gehöre letztendlich auch eine stärkere Forschungs- und Entwicklungsarbeit vor Ort. 
  • Resiliente, zirkuläre und nachhaltige Lieferketten schaffen: Belastbare Lieferketten sind essenziell für die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit. Die Halbleiterkrise habe neben anderen Faktoren zu 11 Mio. weniger produzierten Autos geführt. Die mögliche Lücke für Batterien im Jahr 2030 betrage fast 40 % – Europa könnten 500 GWh an lokaler Kapazität fehlen. 20 zusätzliche Batteriefabriken mit einem Investitionsvolumen von 35 Mrd. Euro würden benötigt. Auch bei den Halbleitern sei die Versorgung nicht gesichert. 37 neue Werke mit einem Investitionsvolumen von 190 Mrd. Euro könnten das Risiko mindern. Gleichzeitig sollte Europa daran arbeiten, zirkuläre Systeme aufzubauen, um Batterien zu recyceln und so Abhängigkeiten zu verringern. 
  • Wettbewerbsfähige Batterie- und Halbleiterhersteller in Europa aufbauen: Europa sollte in wichtigen Zukunftsfeldern wie Batterien und Halbleitern global agierende Unternehmen skalieren. Strategische Partnerschaften und eine enge Einbindung in die Forschungslandschaft könnten hier helfen. Nur der niederländische Chipmaschinenhersteller ASML sei bislang unter den Top 10 der größten Halbleiterhersteller nach Marktkapitalisierung. 
  • Roadmap für Fahrassistenzsysteme und autonomes Fahren gestalten: Fahrassistenzsysteme werden für Kunden bei ihrer Kaufentscheidung immer wichtiger. So würden laut der Analysten 51 % für bessere Assistenzsysteme die Marke wechseln. Eine stärkere Zusammenarbeit bei der Definition technischer Standards und der gemeinsamen Nutzung von Daten könnten helfen, dass europäische Hersteller vorne dabei sind. Dafür müsste jedoch ein entsprechender Rechtsrahmen geschaffen werden.
  • Lücke im Software-Know-how schließen: Software wird im Auto der Zukunft immer wichtiger, doch nur 15 bis 20 % der aktuellen Belegschaft in der Autoindustrie hätten Software-Kenntnisse, so die Analysten. Bei den Herausforderern aus USA und China liege der Anteil bei 45 %. Die Roadmap schlägt eine stärkere Zusammenarbeit mit Hochschulen und die Unterstützung relevanter Studiengänge vor.

Fünf der zehn wertvollsten Automarken sind europäisch

Auf verlorenem Posten steht die europäische Autoindustrie trotz dieser Herausforderungen aber nicht. "Die Autoindustrie kann jedoch immer noch aus einer Position der Stärke heraus agieren", so Andreas Cornet, Senior Partner von McKinsey und Co-Autor der Studie. Die europäische Autoindustrie sei am Umsatz gemessen immer noch drei Mal so groß wie die chinesische, sie beschäftige mit fast 14 Mio. Menschen rund 6 % aller Arbeitnehmer in Europa. Dazu kommt: Fast 30 % der gesamten Forschungs- und Entwicklungsausgaben der EU entfallen auf die Autoindustrie, die jährlich rund 60 Mrd. Euro investiert. Fünf der zehn wertvollsten Automobilmarken seien europäisch – der Markenwert der zehn größten europäischen Hersteller liege bei über 200 Mrd. Euro. 

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