Künstliche Intelligenz (KI) setzt sich auch in der Finanzbranche immer mehr durch, das zeigen beispielsweise Robo-Advisor-Anwendungen, die bei digitalen Geldanlage-Angeboten eingesetzt werden. Auch Chatbots in Vernetzung zu Kundenservice-Centern funktionieren auf Basis lernender Software. "Doch bei vielen Anwendungen merkt der Nutzer gar nicht, dass im Hintergrund KI aktiv ist", schreibt Bankmagazin-Autorin Anja Kühner in ihrem Titelbeitrag "Revolution im Hintergrund" (Ausgabe 11/2017).
Muster erkennen und von ihnen lernen
KI hält im Zuge der fortschreitenden Automatisierung gerade verstärkt Einzug bei Banken und Sparkassen. Sie erledigt beispielsweise wiederkehrende Aufgaben und nutzt dabei Muster, um das Bedeutungs-, Absichts- und sogar Stimmungsumfeld zu erkennen. Intelligente, robotergestützte Software kann im Kundenkontakt zum Beispiel komplexe Texte und Anfragen aufnehmen und auslegen. Ist eine Bearbeitung durch menschliche Mitarbeiter nötig, lernt der Software-Roboter durch jede Interaktion hinzu. Dadurch wird er bei jedem Vorgang auch treffgenauer. Der Vorteil von Robotik-Anwendungen liegt darin, dass sie ganze Aktivitätsketten automatisieren können. "Liegen strukturierte Daten vor, so schafft Robotik dies sogar ohne künstliche Intelligenz", erklärt Michael Neuberg, Director Global Solution Design Banking von Swiss Post Solutions (SPS). KI ist zudem in der Lage, beispielsweise geschäftsrelevante Informationen in unstrukturierter Kundenkorrespondenz von Kreditinstituten oder Unternehmen zu erkennen und sie zu extrahieren, etwa in E-Mails. "Die Robotik setzt dann auf den Ergebnissen der KI auf und speist die gewonnenen strukturierten Daten anschließend in die jeweiligen Banksysteme ein“, so Neuberg. Nicht immer geht es jedoch um komplexe Kundenvorgänge in der Beratung. In vielen Kreditinstituten wird beispielsweise die Eingangspost aufgrund aufgrund alter Legacy-System-Schnittstellen manuell durchgeführt. Denn die Anbindung der Software wäre teurer als ein Mitarbeiter, heißt es im Bankmagazin-Beitrag. Dies lässt sich durch Robotik lösen. So rechnet Neuberg vor, dass sich beispielsweise das volumenabhängige Sparpotenzial durch Software-Roboter etwa bei Adressänderungen auf bis zu 80 Prozent der Kosten beläuft, die bei einer manuellen Bearbeitung entstehen. Eine durch Roboter gestützte Software-Erkennung macht aus seiner Sicht ab einem E-Mail-Eingang von 500 Mails pro Tag Sinn. Die Springer-Autoren Christopher Schmitz, Jan-Erik Behrens und Francesco Pisani betonen im Kapitel "Die Finanzdienstleistungsbranche nach der digitalen Transformation", des Buchs "Innovationen und Innovationsmanagement in der Finanzbranche", dass durchgängig digitalisierten Prozessen im Zusammenhang mit dem dem digitalen Wandel in der Finanzbranche eine besondere Bedeutung zukommt. Denn sie könnten zu signifikanten Prozesseffizienzen führen. Das macht sich vor allem im Kundenkontakt bemerkbar: "Die Veränderungen am Front-End, die mit der Verbesserung der User Experience einhergehen, führen dabei zu einem besonders intensiven Wettbewerb an der Kundenschnittstelle", bemerken sie.
KI spart Banken Zeit
Weltweit ist der Finanzsektor mit einer Steigerung der IT-Budgets um mehr als fünf Prozent unter den führenden Branchen, wenn es um die Integration von KI in Lösungen für das Customer Relationship Management (CRM) geht. Das zeigen Ergebnisse einer Studie von IDC Technologies. Demnach werden solche Anwendungen bis zum Jahr 2021 weltweit für 1,1 Billionen US-Dollar Umsatzwachstum sorgen. Und im Jahr 2018 werden bereits mehr als 40 Prozent aller Unternehmen KI-Lösungen nutzen, schreibt Kühner.
Vorteile liegen jedoch nicht nur in der Automatisierung durch KI-Lösungen, sondern vor allem auch im Zeitfaktor. So beschäftigen sich beispielsweise die Kreditgenossenschaften mit KI. Die Fiducia & GAD IT entwickelt etwa verschiedene Chatbot-Typen, die unterschiedliche Bedürfnisse und Vorgänge abdecken. Ihr Chatbot "Sarabi" ermöglicht Bankkunden, im Rahmen eines Kundendialogsystems per Text- oder Spracheingabe zu kommunizieren. Sarabi übernimmt dabei nicht nur klassische Banking-Aufgaben wie Überweisungen, sondern über den Chatbot können auch andere Szenarien ausgeführt werden: Bestellungen können angestoßen und online bezahlt werden. Der Chatbot "Customer Advisor" bei Fiducia & GAD IT basiert ebenfalls auf KI-Technologie und kann für Kundenanfragen eingesetzt werden. Haben Bankmitarbeiter Anliegen zu einer Lösung des IT-Dienstleisters, wenden sie sich damit zunächst an den selbstlernenden Customer Advisor. Der Chatbot kann entweder die jeweilige Frage direkt beantworten, weil die Antwort in der Vergangenheit gelernt wurde, oder die Software klassifiziert die Anfrage und leitet sie direkt an einen menschlichen Ansprechpartner weiter. Kundenanfragen können so wesentlich schneller beantwortet werden.
Wirksamer Hebel für die Betrugsprävention
Betrugsprävention und IT-Sicherheit sind darüber hinaus weitere Anwendungsbereiche für intelligente Technologien. Die Danske Bank nutzt etwa die Watson-Plattform von IBM, um Fremdsysteme schneller in ihre eigenen integrieren zu können. Der Zeitfaktor bedeutet hier für das Institut, dass es neue Angebote schneller bereitstellen und dabei gewährleisten kann, dass es keine Störungen in den Banking-Applikationen gibt.
Kompakt: Künstliche Intelligenz |
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Quelle: In Anlehnung aus: "Revolution im Hintergrund", Bankmagazin-Ausgabe 11|2017, Seite 33. |
Schließlich kann KI auch im Kreditgeschäft nützlich sein und Geschäft bringen, etwa im Scoring. Wo herkömmliche Informationen zur Darlehensvergabe fehlen, unterstützt KI dabei, die Kreditwürdigkeit zu prüfen. Finanzinstitute in Schwellenländern greifen für ihre Bonitätsprüfungen bereits auf die Technologie zurück, indem sie auf neue Datenquellen aus der Handynutzung oder auf Informationen aus Social-Media-Profilen zurückgreifen.
Die Beispiele zeigen, dass sich intelligente IT für viele Anwendungsfälle bei Standard-Prozessen nutzen lässt, beispielsweise im Vertragsmanagement von Banken, aber eben auch für zukunftsweisende Beratungs- und Serviceprozesse.
Die komplette Titelgeschichte lesen Sie in der Bankmagazin, Ausgabe 11 | 2017.