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26-06-2012 | Bankenaufsicht | Schwerpunkt | Article

Nachhaltigkeit bedeutet auch Verzicht

Author: Stefanie Kraus

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Die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) will in ihren beiden Fonds "LBBW Rohstoffe 1" und "LBBW Rohstoffe 2 LS" künftig komplett auf Agrarrohstoffinvestments verzichten. Das Institut hofft, Ende 2012 bereits ohne diese Produktbestandteile auszukommen. Die rechtlichen Voraussetzungen für die Umstellung der Fonds würden derzeit geschaffen und müssen dann noch aufsichtsrechtlich umgesetzt werden, heißt es vonseiten der Bank.

Nach eigenen Angaben legt die LBBW seit Ende vergangenen Jahres auch keine Zertifikate mehr auf, denen Nahrungsmittel als Basiswert zugrunde liegen. Und im April 2012 wurde von der LBBW Asset Management Investmentgesellschaft der Fonds "LBBW-Rohstoffe 3 - Ex Food" aufgelegt, der wie der Name sagt, in seinem Anlagehorizont keine Nahrungsmittel enthält. Das Produkt richtet sich an Kunden, die in Rohstoffe, aber nicht in Nahrungsmittel investieren wollen.

Lob heimst die Landesbank im Ländle von der Organisation foodwatch ein, die Banken im Oktober 2011 dazu aufgefordert hatte, die Spekulation mit Agrarrohstoffen zu beenden. foodwatch kam in dem Report "Die Hungermacher" zum Schluss, dass diese Investitionen zu einem Anstieg der Lebensmittelpreise führen und in armen Teilen der Erde Hunger verursachen. Zur Entscheidung der LBBW erklärt foodwatch-Geschäftsführer Thilo Bode: "Mit der Landesbank Baden-Württemberg zieht nach der DekaBank der Sparkassen nun schon die zweite Bank die einzig richtige Konsequenz und steigt aus dem unverantwortlichen Geschäft mit dem Hunger aus. Nun müssen endlich auch die genossenschaftlich organisierten Volks- und Raiffeisenbanken sowie die Deutsche Bank diesem Beispiel folgen." Solange nicht zweifelsfrei bewiesen werden könne, dass die Nahrungsmittel-Spekulation die Preise nicht in die Höhe treibt, müssten Banken aus dem Geschäft aussteigen, so Bode.

Kritik an Ölpreis-Spekulationen

Kritik übt foodwatch allerdings daran, dass sowohl LBBW als auch DekaBank die Nahrungsmittel-Spekulation nur bei eigenen Fondsprodukten beenden: Rohstoff-Fonds anderer Banken sollen weiter verkauft werden. Ein LBBW-Sprecher erklärt dazu auf Anfrage: "Ein aktiver Vertrieb von Finanzprodukten Dritter, die in Agrarrohstoffe investieren, findet nicht statt. Als Geschäftsbank können unsere Kunden bei uns alle frei am Markt erhältlichen Investmentprodukte erwerben." Auch auf die Entwicklung des Ölpreises wollen beide Finanzdienstleister nach foodwatch-Informationen weiter wetten - über die Kosten für Agrardiesel und Mineraldünger habe der Ölpreis aber direkten Einfluss auf die Nahrungsmittelpreise.

Nachhaltigkeit ist in Deutschland kein Orchideen-Thema mehr

Das ökologische Gewissen bzw. der Trend zur Nachhaltigkeit sei mittlerweile von seiner Randposition stärker in die Mitte der Gesellschaft gerückt, erklärte Christoph Lützel, Sprecher der GLS Bank, bereits Anfang 2011 gegenüber Bankmagazin. Auch Christoph Harrach, Trendforscher und Betreiber des Blogs "karmakonsum.de", glaubt, dass sich der Nachhaltigkeitsmarkt noch weiter entwickeln wird, beschleunigt von der Finanzkrise. Die Haltung gegenüber Finanzprodukten werde kritischer: "Es besteht jetzt eine höhere Anforderung an Transparenz. Meinungsführer und Institutionen stellen die Rolle der Banken zunehmend infrage, und Menschen diskutieren verstärkt Direktinvestitionen wie Bürgersolaranlagen."

Doch nicht nur Institutionen wie foodwatch oder Finanzdienstleister wie die GLS Bank beschäftigen sich mit der Frage der Nachhaltigkeit. So bescheinigte im Januar 2010 die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PriceswaterhouseCoopers (PwC) in ihrem Climate Principles Progress Report, dass die meisten der untersuchten Banken ihre Programme zur Reduktion eigener CO2-Emissionen fast vollständig umgesetzt haben. Anders sieht es bei der Kreditvergabe nach ökologischen und sozialen Belangen aus: Zwar hätten viele Finanzdienstleister sehr wohl einen Management-Ansatz, scheuten sich aber gerade im Hinblick auf die den Klienten zugesicherte Verschwiegenheit davor, die Prinzipien der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. PwC und oekom research merken an, dass Banken derzeit in ihrem Bemühen, Nachhaltigkeit konsequent und transparent zu kommunizieren, oft noch deutlich hinter ihren Möglichkeiten zurückbleiben.

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