Die zunehmende Verbreitung der Blockchain-Technologie im Finanzwesen macht eine Modernisierung des Wertpapier- und Aufsichtsrechts nötig. Um für digitale Assets zügig einen gesetzlichen Rahmen in Europa zu schaffen, müssen die Branche und Regulierer Hand in Hand arbeiten.
"Lange haben Finanzinstitute auf der ganzen Welt das Thema Kryptowährungen sehr vorsichtig oder sogar skeptisch betrachtet, doch mittlerweile investieren einige Institute selbst gezielt in diese Vermögenswerte. Auch die Nachfrage der Verbraucher nach Kryptowährungen ist angestiegen. Manche Länder wie El Salvador akzeptieren sie mittlerweile sogar als gesetzliches Zahlungsmittel", schreibt Hagen Pollmüller im Bankmagazin-Beitrag "Digitale Assets strenger kontrollieren" (Ausgabe 9 | 2022).
Angesichts dieser Trends und Veränderungen spielten digitale Assets eine immer größere Rolle im globalen Finanzökosystem. "Doch wie so oft bei neuen Entwicklungen hinken die Regulatoren auch in diesem Bereich hinterher und können nicht mit dem Innovationstempo Schritt halten", so der Autor, der als Cyber-Sicherheitsexperte für den DACH-Raum bei One Span, einem US-Anbieter in diesem Bereich, tätig ist. Doch das ändere sich gerade: "Regulierungsbehörden weltweit haben die Dringlichkeit erkannt, kriminelle Transaktionen mit Kryptowährungen zu verhindern und Anleger zu schützen sowie ihre jeweiligen Länder als verlässliche Hubs für digitale Assets zu etablieren."
Verschiedene Gesetzgebungsvorhaben am Start
Im Zusammenhang mit der Blockchain-Strategie der Bundesregierung und dem Digital Finance Package der EU-Kommission gibt derzeit zwei zentrale Gesetzgebungsvorhaben. Das sind laut Bundesverband Alternative Investment (BAI) der gemeinsame Entwurf von Bundesfinanz- und Bundesjustizministerium zur Einführung von elektronischen Wertpapieren und sowie von der EU-Kommission vorgelegte Entwurf einer Verordnung zur Regulierung von Kryptomärkten (Markets in Crypto Assets, MiCA).
Am 4. Juni 2021 ist das Gesetz zur Einführung von elektronischen Wertpapieren in Kraft getreten. Mit diesem Gesetz wurde durch Änderung des Kapitalanlagegesetzbuchs auch die Möglichkeit geschaffen, elektronische Anteilscheine an Investmentvermögen in der Rechtsform des Sondervermögens zu begeben, die in ein zentrales Register eingetragen werden. "Zur weiteren Förderung des Fondsstandortes Deutschland soll den Anbietern von Investmentfonds die Möglichkeit eröffnet werden, auch Kryptofondsanteile zu begeben", heißt es im akutellen Gesetzesentwurf der beiden Bundesministerien.
Effiziente Regulierung schafft Vertrauen
Von MiCA verspechen sich Experten große Vorteile für Europa:
Effiziente Regulierung schafft Vertrauen und ist ein wichtiger Schritt nach vorn, sobald es um die Akzeptanz und Verbreitung von Kryptowerten und -services geht. MiCA erleichtert die technologieneutrale Emission und den Handel von Kryptowerten, erweitert Finanzierungsquellen für Unternehmen auf Basis von Kryptowährungen und tokenisierter Vermögenswerte, wirkt Betrugsrisiken und illegalen Praktiken auf Kryptomärkten entgegen und macht den Weg frei für innovative Geschäftsideen", sagt zum Beispiel Sebastian Warnke von der Börse Stuttgart Digital Exchange in einem aktuellen Interview mit Springer Professional.
Laut einer Studie von One Span zufolge befürworten sechs von zehn befragten Führungskräften in Kreditinstituten weltweit die Initiativen der Regulierer, die einen Rechtsrahmen für Kryptowerte schaffen, da sie dadurch den Markt attraktiver machen. Der rasante Anstieg digitaler Vermögenswerte führe dazu, dass sich auch traditionelle Geldhäuser und andere Finanzdienstleister ihren Anteil an diesem Markt sichern wollen, schreibt Pollmüller. "Das versuchen sie, indem sie Produkte an die Börse bringen, deren Erträge an Kryptowährungen gekoppelt sind."
Komplexer Rechtsrahmen zu erwarten
Den Regulierungsbehörden sei daher die Dringlichkeit bewusst, einen fairen und dauerhaften Rechtsrahmen für digitale Vermögenswerte zu gestalten:
"Für das laufende und die kommenden Jahre ist zu erwarten, dass die Regulierung komplexer und strenger wird. Um sicherzustellen, dass dies auch tatsächlich zu Stabilität auf dem Kryptomarkt führt, Investoren schützt und Innovationen ermöglicht, sollten die Hauptakteure der Branche mit den Regulierungsbehörden zusammenarbeiten, anstatt sich einer externen Aufsicht zu widersetzen."