Sie sind mittlerweile Teil jeder Bankstrategie: Automatisierte Prozesse, die Abläufe innerhalb der Organisation beschleunigen und Mitarbeiter in vielen Bereichen unterstützen. Und laut des "Branchenkompass Banking 2021" sehen viele Institute weiteres Potenzial in RPA und Robos.
"Die Digitalisierung verstehen die Institute ganz klar als Treiber zukünftigen Wachstums, weshalb sie nach wie vor ganz oben auf ihrer strategischen Agenda steht", heißt es in der Einführung des "Branchenkompass Banking 2021". Für die Analyse hat Moweb Research im Auftrag des Beratungshauses Sopra Steria und des FAZ-Instituts 100 Fach- und Führungskräfte von Banken mit Bilanzsummen von mehr als 500 Millionen Euro im Sommer 2021 online befragt. Der Erhebung zufolge investiert jede zweite Bank in Deutschland massiv in automatisierte Geschäftsprozesse. Diese Strategie sei mittlerweile so wichtig wie die Neukundenakquise und werde in den Chefetagen nicht mehr nur als Mittel zum Kostensparen betrachtet.
"Die Dynamik der Digitalisierung im Bankensektor zieht an. Bereits vorhandene Trends der Finanzwirtschaft, wie das bargeldlose und kontaktlose Bezahlen, die Nutzung von Apps sowie die Verbreitung von Finanzportalen und den dort angebotenen Services, haben durch die Corona-Krise weiter an Fahrt aufgenommen", schreibt hierzu auch Jochen Möller im Bankmagazin-Beitrag "Brücken bauen für die digitale Transformation" (Ausgabe 1 | 2022). Der Vorsitzende der FI-TS, größter IT-Dienstleister der Landesbanken, erklärt:
Infolge der Pandemie verändert sich das Kundenverhalten unmittelbar. Bislang vorhandene Hemmschwellen bei der Nutzung digitaler Anwendungen und Services werden abgebaut oder zumindest reduziert. In den Geldhäusern hierzulande treiben überdies neue Arbeitsformen und insbesondere das Remote Working die Digitalisierung von Prozessen massiv voran."
Banken wollen weiter in RPA und Robos investieren
Laut des Branchenkompass nutzt jedes fünfte Institut robotergesteuerte Prozessautomatisierung (RPA), jedes dritte plant Investitionen bis 2023. Softwareroboter unterstützen heute unter anderem im IT-Helpdesk beim Zurücksetzen und Erneuern des vergessenen Computerpassworts sowie beim Abgleich von Listen. Dabei hält die Mehrheit der deutschen Banken das Effizienzpotenzial aber längst nicht für ausgeschöpft. 70 Prozent der befragten Entscheider sehen in der Automatisierung den größten Stellhebel, um Prozesskosten einzusparen.
Zugleich bezeichnet Karsten Traum, Bereichsleiter Unternehmensentwicklung und Customer Solutions bei der Deutschen Kreditbank (DKB), im Bankmagazin-Interview die Digitalisierung von Kunden- und Bankprozessen als "großen Kostenblock" (Ausgabe 1 | 2022):
Wir kennen mittlerweile die Stellen in unserem Haus, an denen wir durch die Automatisierung und die stärkere Skalierbarkeit von Services viel einsparen können. Aber auch unsere personellen Kapazitäten sind endlich, daher müssen wir zunächst Arbeit und entsprechend auch Geld in diese Bereiche investieren, um später Einsparungen heben zu können", führt er aus.
Automatisierte Prozesse für positive Kundenerlebnisse
Neben der Kostensenkung spielen laut Studie auch positive Erfahrungen bei den Kunden für die Banken eine große Rolle. Sie wollen schneller sein als andere Anbieter, Kunden ein besseres Erlebnis bieten und damit schließlich mehr Erträge erzielen. Sofortkredite und digitale Kontoeröffnungen sind laut Befragung zwar verbreitet, die Automatisierung endet allerdings häufig nach dem Antrag oder einer Vorabzusage. Das soll sich künftig ändern. "In den kommenden zwei Jahren werden Banken im Vorteil sein, die ihre IT-Systeme mithilfe von RPA, antrainierten Regeln und einer Datenstrategie mit einer gewissen Entscheidungskompetenz ausstatten - kontrolliert vom Menschen", erläutert Tobias Keser, stellvertretender Leiter des Geschäftsbereichs Banking bei Sopra Steria.
Das bestätigt auch Fabian Grande, Group Product Manager Engage beim Schweizer Anbieter Avaloq, im Gespräch mit dem Bankmagazin (Ausgabe 1 | 2022). "Klienten erwarten heute von ihren Beratern, dass sie wirklich auf ihre Bedürfnisse eingehen, von den Anlageempfehlungen bis zu den Kommunikationswegen." Konsumenten seien bereits sehr gut darin, für sie irrelevante Informationen auszublenden. Die Hyperpersonalisierung der Beratung sei hierbei ein zentraler Schlüsselbegriff. "Aus Kundensicht ist es völlig legitim, sich gut betreut fühlen zu wollen. Nur braucht ein Finanzinstitut für diese Hyperpersonalisierung natürlich die Komponenten Künstliche Intelligenz, kurz KI, und Automatisierung", betont Grande.
Prozesse mit Geschäftskunden verbessern
Laut Branchenkompass haben einige Banken diese komplexe Aufgabe bereits auf ihrer Agenda. So ist die Münchener Hyp Pilotbank bei der Kreditplattform Interhyp, einer Tochter der ING Bank. Die Sparda-Bank Baden-Württemberg kooperiert mit Hypoport. "Beide Plattformen arbeiten an einem digitalisierten und automatisierten Prozess für Immobilienkredite, der nicht nur den Antrag, sondern auch die Kreditentscheidung einschließt", erklären die Studienautoren.
Die Münchener Hyp bietet ihren Baufinanzierungskunden zudem digitale Selfservices über das Portal meindarlehen.de an. Kunden können dort Adressen im Alleingang ändern, Tilgungssätze anpassen und einen Schuldnerwechsel auslösen. Das Institut hat dem Report zufolge insgesamt 13 Prozesse definiert, an deren Automatisierung die Bank arbeitet. Andere Banken wie die Neobank Penta bieten Geschäftskunden zudem automatisierte Buchhaltungsprozesse und eine Anbindung an externe Plattformen wie Datev und Lexoffice.
Industrialisierte Geschäftsprozesse voranzutreiben und ihre Expertise in den Ökosystemen der Kunden zu integrieren, sei vor allem im Firmenkundengeschäft der Banken wichtig. So geben 45 Prozent der befragten Institute an, eigene Abläufe und Produkte an die Prozesse von Firmenkunden angebunden zu haben. 74 Prozent dieser Geldhäuser verfolgen das Ziel Kreditautomatisierung. Das Szenario der vollautomatisierten Bank in der Beratung sieht die Mehrheit der befragten Entscheider allerdings nicht. Nur 38 Prozent glauben, dass künftig immer mehr Kunden komplett automatisierte digitale Beratungsangebote nachfragen.