Europas Banken erzielten im ersten Halbjahr 2024 solide Ergebnisse: Trotz Herausforderungen wie steigendem Kostendruck und sinkenden Zinsmargen bleiben die Eigenkapitalpuffer robust - auch dank des starken Provisionsgeschäfts. Aktionären bringt diese Entwicklung höhere Dividenden.
Der europäische Bankensektor zeigt sich trotz herausfordernder wirtschaftlicher Bedingungen im ersten Halbjahr 2024 in einer überraschend soliden Verfassung. Wie die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) in ihrem "Blickpunkt" von Mitte September berichtet, haben die meisten Institute von Januar bis Juni positive Ergebnisse vorgelegt. Das führen die Volkswirte vor allem auf robuste Eigenkapitalpuffer und eine solide Liquidität zurück. Die Risikokosten seien im Vergleich zum Vorjahr sogar leicht gesunken. Das unterstreiche die Widerstandsfähigkeit der Unternehmen in schwierigen Zeiten.
Und das gilt nicht nur für die großen Geldhäuser der EU, sondern auch für die sogenannten Less Significant Institutions (LSI), wie der sechste LSI-Stresstest belegt, den die Finanzaufsicht Bafin und die Deutsche Bundesbank unter rund 1.200 kleinen und mittelgroßen Banken in Deutschland durchgeführt haben. Die Anfang Oktober vorgelegte Analyse zeigt, dass sich die Rentabilität gegenüber der Vorgängeruntersuchung aus dem Jahr 2022 deutlich verbessert hat. Dabei war das der zugrunde liegende Krisenszenario der aktuellen Ausgabe deutlich anspruchsvoller als in der vorangegangenen Prüfung, so die Bafin mit.
Provisionsgeschäft treibt Erträge im Bankensektor
Ein entscheidender Faktor für das positive Ergebnis vieler Banken war laut LBBW das Provisionsgeschäft, das als wesentlicher Ertragstreiber hervorstach. Davon profitierten vor allem Investmentbanken und Vermögensverwaltungen. Auch im Versicherungs- und Asset-Management-Segment zeige sich eine positive Entwicklung. "Insofern passt der im August von BNP Paribas angekündigte milliardenschwere Kauf von Axa Investment Managers ins Bild", so die Experten. Mögliche weitere Zinsschritte können zudem die Dividendenzahlungen steigen lassen, da viele Banken ihre aktionärsfreundlichen Ausschüttungspolitiken fortsetzen.
Doch dürfen die Institute die Kostenlasten nicht unterschätzen, warnt die LBBW. Die betrieblichen Aufwendungen seien zuletzt stärker gestiegen als die Einnahmen. Das werde angesichts steigender Lohnforderungen und notwendiger Investitionen in Digitalisierung, insbesondere in Künstliche Intelligenz (KI), zu einer wachsenden Herausforderung. Um dennoch ihre Gewinne zu steigern, könnte es zu einer Umschichtung in riskantere, aber profitablere Vermögenswerte kommen. "Dies sollte dann von den Rating-Agenturen tendenziell kritisch beäugt werden. Allerdings gehen wir auch, zumindest in der Breite betrachtet, von stabilen Ratings im Jahr 2025 aus."
Kreditgeschäft unter Druck
Trotz der heterogenen Bankenlandschaft innerhalb Europas zeigen sich gemeinsame Trends: Der Wettbewerb um Kundeneinlagen sei weiterhin stark ausgeprägt. Die Volkswirte erwarten aber, dass die Banken bei der Kapitalmarktrefinanzierung in Zukunft durch niedrigere Kupons entlastet werden. Dennoch lassen sie die Frage offen, ob eine wachsende Zahl neuer Darlehen die negative Preisentwicklung infolge sinkender Zinsen kompensieren kann. Da viele Banken bereits mehr als die Hälfte ihrer Primärmarktplatzierungen erfolgreich abgeschlossen haben, bleibe die Kapitalausstattung europäischer Häuser aber im Hinblick auf die Umsetzung der strengeren Basel-IV-Regeln und wachsender Risikokosten insgesamt stabil.
"Das erwartete Ausfall- und Bonitätsverschlechterungspotenzial im Kundengeschäft wird letztlich durch den erwarteten Verlust (Expected Loss, kurz EL) abgebildet. Über alle Kunden eines Kreditinstituts hinweg aggregiert, wird in Form von Standard-Risikoprämien in die Kundenkondition eingepreist", beschreibt Markus Knüfermann das Management von Bankenmarktfinanzierungen.
Ein Kreditinstitut mit durchschnittlich bonitätsarmen Kunden und entsprechend hohen Risikokosten wird im Wettbewerbsvergleich höhere Kreditzinssätze kalkulieren. Vereinfacht ausgedrückt, wird dazu der durchschnittliche Kapitalausfall zuzüglich des entgangenen Zinsertrags für eine risikoarme Anlage in zum Beispiel Anleihen der Bundesrepublik Deutschland auf die übrigen Bestandskunden umgelegt."