Dank der Zinswende haben deutsche Banken und Sparkassen ihre Erträge deutlich gesteigert, zeigen aktuelle Zahlen. Doch die Kosten sind vielerorts noch zu hoch. Automatisierung und KI sollen die Kostenstrukturen verbessern.
Von der Automatisierung und insbesondere Künstlicher Intelligenz (KI) erhoffen sich Finanzdienstleister positive Effekte für ihre interne Administration und die Beratung.
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Die Zinswende hat der deutschen Finanzbranche ein deutliches Ertragsplus in die Kassen gespült, zeigen die von der Europäischen Zentralbank veröffentlichten Bankgewinne für das erste Quartal des laufenden Jahres. "Entgegen der landläufigen Meinung, dass deutsche Banken für ihre niedrigen Gewinne berüchtigt sind, überraschen die Zahlen, da sie mit 12,5 Milliarden Euro die höchsten Nettogewinne aller europäischen Länder aufweisen. Im ersten Quartal haben deutsche Banken damit bereits fast die Hälfte des Ertrages aus dem Vorjahr eingefahren", bringt es Barkow Consulting Anfang August auf den Punkt.
Bankmanager erwarten weiteres Wachstum
Für das Gesamtjahr 2023 rechnen die Kreditinstitute der Studie "Banken und Finanzdienstleister 2023" zufolge mit einem Plus von durchschnittlich 8,3 Prozent. Für die aktuelle Umfrage der Unternehmensberatung Horváth beantworteten mehr als 80 Vorstandsmitglieder von Kreditinstituten und anderen Finanzdienstleistern Fragen in persönlichen Telefoninterviews. Die Erhebung ist Teil einer internationalen Studie mit mehr als 430 Top-Managern aus 19 Ländern und 13 Branchen.
Bei den Provisionen- und Gebühreneinnahmen gehen die Bankentscheider von einem Wachstum in Höhe von 4,1 Prozent aus. Auch die Risikovorsorge kalkulieren die Bankvorstände unverändert mit 1,2 Prozent. Bereits in der Vergangenheit sei ein Puffer für mehr Flexibilität angelegt worden, heißt es zur Begründung. Selbst im Real-Estate-Geschäft erwarten die Manager keine relevanten Ausfälle und gehen daher grundsätzlich von einem Gewinnanstieg aus.
Das prognostizierte Umsatzplus geben die Unternehmen für 2023 mit durchschnittlich 7,1 Prozent an. 2024 rechnen die Top-Manager allerdings mit einem schwächeren Wachstum von nur 5,3 Prozent. Steigende Personal- und Verwaltungskosten schmälerten die Gewinne, heißt es zur Begründung. "Für das laufende Jahr wird zwar nur ein 4,5-prozentiger Anstieg der Personalkosten angenommen. Mittelfristig werden Fachkräftemangel und Zinssteigerungen aber zu Lohnerhöhungen führen", sagt Horváth-Partner Frank Schindera.
Kosten bleiben insgesamt zu hoch
Insgesamt ist es laut aktuellem Bankencheck des Beratungshauses Cofinpro vielen Privat- und Geschäftsbankenden trotz guter Rahmenbedingungen in den vergangenen Jahren nicht gelungen, ihre Kosten in den Griff zu bekommen. Zwar sind die Erträge pro Mitarbeiter über alle Institutsgruppen hinweg deutlich gestiegen. Doch insbesondere bei großen Häusern habe sich dies nicht in einer Verbesserung des operativen Ergebnisses niedergeschlagen.
Dem Report liegen 9.000 Geschäftsberichte von 2016 bis 2021 zugrunde. Die Analyse untersucht mehr als 1.350 Finanzinstitute mit derzeit 820.000 Datenpunkten und über 100.000 Auswertungen in aggregierten Kennzahlen. Berücksichtigt wurden alle deutschen Institute mit Banklizenz per Ende Dezember 2021 inklusive Fusionshistorie.
Pandemie beeinflusst Ertrag und Kosten
In den jüngst aktualisierten Zahlen der Analyse spiegeln sich dem Bericht zufolge auch die Auswirkungen der Corona-Krise wider:
2021 war ein untypisches Jahr, viele Banken mussten sich vertrieblich und prozessual neu aufstellen, was sich auch auf der Ertrags- und Kostenseite bemerkbar machte. Während sich die Eigenkapitalquote und Bilanzsummenrentabilität relativ konstant entwickelten, stieg der Ertrag pro Mitarbeiter zum Teil deutlich. Leider zeigt sich diese Entwicklung nicht im operativen Ergebnis. Dies lässt auf zu hohe Kosten in den Instituten schließen", so Cofinpro-Vorstand Gerald Prior.
Über alle Institutsgruppen hinweg ist der Ertrag pro Mitarbeiter zwischen 2020 und 2021 von 253.000 Euro auf 282.000 Euro gestiegen. Das operative Ergebnis pro Mitarbeiter verbesserte sich im gleichen Zeitraum unter Berücksichtigung der Kosten nur leicht von durchschnittlich 64.000 Euro auf 67.000 Euro. "Die Kennzahl spiegelt also den im Kerngeschäft erzielten Gewinn wider", so Prior.
Cost-Income-Ratio kaum verändert
Auffällig sei der Rückgang des operativen Ergebnis je Mitarbeiter bei den Privat- und Geschäftsbanken von 85.000 Euro auf 81.000 Euro. Diesen haben die Genossenschaftsbanken im gleichen Zeitraum von 56.000 Euro auf 65.000 Euro verbessert. Dabei habe sich die Cost-Income-Ratio in den letzten Jahren kaum verändert. Die Institute verbesserten von 2020 auf 2021 laut Analyse ihre Eigenkapitalausstattung um durchschnittlich 2,2 Prozent.
Auch hier sind die Genossenschaftsbanken mit einem Plus von 4,7 Prozent die größten Profiteure. Die Sparkassen folgen mit einem Anstieg von 2,4 Prozent. Mit einer Steigerung von fünf Prozent stechen vor allem kleinere Häuser besonders positiv hervor. "Die systemrelevanten Großbanken haben ebenso wie die Privat- und Geschäftsbanken mit einem Plus zwischen 0 und 0,6 Prozent zumindest den negativen Bereich verlassen", heißt es in der Studie weiter.
Automation hat Top-Priorität
Um den Druck in der internen Organisation zu reduzieren, setzen laut Horváth-Analyse etliche Institute auf die digitale Transformation "inklusive der Automation". Sie steht daher im Ranking der Managementprioritäten für das laufende Jahr an der Spitze. Den größten Effekt sehen die befragten Topführungskräfte in der Beratung. Acht von zehn Befragten glauben zudem an enorme Effizienzvorteile für den Bereich Controlling und Finance.
Dabei gehen 70 Prozent Bankentscheider davon aus, dass Künstliche Intelligenz (KI) die interne Administration positiv verändern wird. 60 Prozent erwarten dies beim Kundenservice. "Eine Optimierung von Kostenstrukturen sowie Preis- und Erlösmodellen schafft im Idealfall finanziellen Freiraum für die anstehenden Automatisierungsprojekte", so Horváth-Experte Schindera.
Cyber Security, Personal und Nachhaltigkeit nachrangig
Auf Platz zwei der Agenda folgt die Cyber Security. 29 Prozent der Institute geben an, in den vergangenen zwölf Monaten Opfer von mindestens einer Cyber-Attacke gewesen zu sein, die wesentlichen Schaden nach sich gezogen hat. Sowohl Prävention als auch Cyber Resilience bleiben damit Chefsache. Spezielle Personalthemen rangieren im Top-Management an dritter Stelle. Und auf Rang vier der Prioritätenliste landet die Nachhaltigkeit.