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15-06-2016 | Bankstrategie | Interview | Article

"Compliance-Maßstäbe müssen eingehalten werden"

Author: Bianca Baulig

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Interviewee:
Daniela Eschenlohr

ist seit 2007 als Rechtsanwältin zugelassen und seit 2008 bei der Sozietät GSK Stockmann + Kollegen in München tätig, seit 2014 als Local Partner. 

Fintechs sind in der Regel nicht reguliert, auch wenn sie im Finanzdienstleistungsbereich tätig sind. Was Kreditinstitute bei einer Kooperation beachten müssen, erläutert Daniela Eschenlohr im Interview.

Springer Professional: Gegen den Online-Kreditvermittler Lending Club wird wegen zweifelhafter Geschäftspraktiken ermittelt. Das hat den Markt verunsichert. Was sollte die Finanzbranche für ihren Umgang mit den Start-ups daraus lernen?

Daniela Eschenlohr: Bevor eine Kooperation mit oder eine Beteiligung an einem Fintech eingegangen wird, sollte eine Bank eine sorgfältige Due Diligence durchführen. Neben der grundsätzlichen Frage der Attraktivität der Geschäftsidee und den technisch-organisatorischen Prozessen sollten dabei vor allem auch die saubere Dokumentation der Geschäftstätigkeit sowie Vorhandensein und Ausprägung interner Kontroll- und Risikomanagement-Prozesse angesehen werden.

Ist Lending Club ein schwarzes Schaf oder ist mit weiteren Schlagzeilen dieser Art zu rechnen?

Schwarze Schafe sind nie auszuschließen. Man darf andererseits aber auch keine Pauschalurteile fällen. Dazu ist die Fintech-Branche zu inhomogen. Sicherlich sind bestimmte Geschäftsmodelle grundsätzlich anfälliger für Betrugsrisiken und Interessenskonflikte, insbesondere im Falle – weitest gehender – Anonymität der Kundenbeziehungen sowie dann, wenn bei dem betreffenden Geschäftsmodell mehrere Beteiligte ohne transparente, klar definierte Funktionen und Verantwortlichkeiten interagieren.

Fintechs unterliegen in der Regel nicht der Aufsicht durch die Regulierungsbehörden. Was bedeutet das für die Kooperation von Banken mit den Start-ups?

Häufig bieten Fintechs ihre selbstentwickelten Produkte zunächst ohne regulatorische Erlaubnisse und Vorgaben an und wachsen erst durch Weiterentwicklungen des Angebots und/oder Erschließung größerer Markanteile in den regulierten Bereich hinein. Sobald jedoch im Rahmen der Kooperation die Bank als Anbieter und Vertragspartner der Kunden die Verantwortung für das Produkt übernimmt, müssen deren Compliance-Maßstäbe eingehalten werden. Dies gilt unabhängig davon, ob das Fintech gegebenenfalls schon in nennenswertem Umfang ein eigenes Vertriebsnetz sowie einen eigenen Kundenstamm aufgebaut hat. Hier trennt sich bei den Geschäftsmodellen der Fintechs oft die Spreu vom Weizen, da die Beachtung regulatorischer Anforderungen gegebenenfalls zu Vertriebshemmnissen, zum Beispiel aufgrund geldwäscherechtlicher Identifizierungspflichten, führen kann. Langfristige Erfolgschancen können einem neuen, innovativen Produkt deshalb nur dann attestiert werden, wenn das Geschäftsmodell des Fintechs nicht darauf angewiesen ist, unreguliert zu bleiben. Denn das schließt fast immer weiteres Wachstum sowie eine Weiterentwicklung des Produktangebots aus.

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Welche Funktionen darf ein Fintech bei einer Kooperation mit einem Geldhaus überhaupt übernehmen?

Abhängig vom Geschäftsmodell ist es auch bei regulierten Produkten und Leistungen sehr wohl möglich, das Fintech weiterhin intensiv einzubinden, etwa im Rahmen der Kundenansprache und Kundenbetreuung sowie der Abwicklung der technisch-operativen Prozesse einschließlich der Nutzung der IT des Fintechs, insbesondere im Rahmen von Auslagerungsvereinbarungen.

Was müssen Banken konkret in der Praxis beachten, wenn sie ein gemeinsames Projekt mit einem Fintech eingehen? Gibt es eine Art Fahrplan?

Zu den Punkten, die in Kooperationsprojekten immer zu einem möglichst frühen Zeitraum abgeklärt werden sollten, gehören

  • die Frage, ob bestehende Vertragsbeziehungen zu Kunden und/oder dritten Kooperationspartnern auf die Bank migriert werden müssen und ob in diesem Zusammenhang aufgrund geldwäscherechtlicher Anforderungen eine Identifikation bestehender Vertragspartner erforderlich wird,
  • wie die Verantwortlichkeiten künftig zwischen Fintech und Bank aufgeteilt werden sollen, insbesondere welche Leistungen das Fintech übernehmen soll und wie diese in das interne Kontrollsystem beziehungsweise Risikomanagement sowie das Auslagerungs-Controlling der Bank einbezogen werden,
  • die Frage der Interaktion zwischen den IT-Systemen des Fintechs und der Bank sowie nicht zuletzt
  • steuerliche Aspekte. Hier spielt häufig eine Rolle, dass Leistungen der Bank umsatzsteuerbefreit erbracht werden können, während vom Fintech auf Basis von Auslagerungsvereinbarungen an die Bank erbrachte Leistungen der Umsatzsteuerpflicht unterliegen können. Gerade soweit eine steuerlich optimierte Gestaltung angestrebt wird, die gegebenenfalls auch eine Einholung verbindlicher Auskünfte bei den Steuerbehörden erforderlich macht, sollte dies rechtzeitig bei der Zeitplanung für das Projekt berücksichtigt werden. 
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