Für ein Drittel aller Firmenkunden ist die Bank der ideale Beratungspartner, wenn es um die Digitalisierung geht, zeigt eine aktuelle Umfrage der Star Finanz, IT-Spezialist aus der Sparkassengruppe. Was das für die Institute bedeutet, erläutert Geschäftsführer Christian Kastner im Interview.
Springer Professional: Im Hinblick auf die Finanzierung entsprechender Projekte ist das Ergebnis Ihrer Studie nachvollziehbar. Mit welchen Anliegen im Zusammenhang mit der digitalen Transformation kommen die Kunden noch zu den Geldhäusern? Haben Sie vielleicht ein praktisches Beispiel?
Christian Kastner: Die Anliegen der Kunden sind sehr unterschiedlich. Einen vollumfassenden Überblick haben wir allerdings nicht. Wir beobachten jedoch, dass beispielsweise der digitale Dokumentenaustausch sowohl die Finanzinstitute als auch ihre Firmenkunden in der Praxis noch vor Herausforderungen stellt.
Was heißt das genau?
Die Kunden wünschen sich, dass sie ihre Daten den Banken und Sparkassen digital zur Verfügung stellen können, dazu gehören zum Beispiel die betriebswirtschaftlichen Auswertungen oder andere steuer- und umsatzrelevante Dokumente. Durch die digitale Bereitstellung dieser Unterlagen können etwa Kreditprozesse beschleunigt werden. Zudem steigt die Convenience für die Kunden, die die digitale Kommunikation und den Dokumentenaustausch aus anderen Bereichen längst gewohnt sind. Dieselbe Erwartung haben sie auch bei der Kommunikation sowie Prozessabwicklung mit ihrem Finanzinstitut. Entsprechend sehen wir hier Optimierungspotenzial. Die digitale Kommunikation ist ein Hauptanliegen der Unternehmen, bei dem die Finanzinstitute wiederum große Mehrwerte für die Kunden schaffen können.
Also haben sich die Anforderungen der Firmenkunden an die Finanzinstitute in den letzten Jahren verändert. Gilt das für alle Unternehmen?
Egal ob Kleinstbetrieb oder großer Konzern, die Digitalisierung hat tiefgreifende Auswirkungen auf die Geschäftsmodelle der Unternehmen in Deutschland. Diese müssen Investitionen in neue Software oder sonstige digitale Infrastruktur tätigen, um den sich wandelnden Anforderungen an ihr Geschäft auch in Zukunft gerecht zu werden. Entsprechend groß ist der Druck auf Unternehmensseite. Daher wächst die Bedeutung für Finanzinstitute, den Betrieben als Digitalisierungspartner zur Seite zu stehen.
Welche Strategien haben die Institute ihrer Gruppe im Hinblick auf diese Veränderungen entwickelt?
Einige Sparkassen reagieren darauf, indem sie für ihre Firmenkunden zum Beispiel Digitalisierungs-Checks in die Beratung einbauen. Finanzinstitut und Unternehmen können so gemeinsam eruieren, wie gut die Kunden für die digitale Transformation aufgestellt sind und wo für sie neue Bedarfe entstehen können. Voraussetzung ist, dass die Institute Markt und Branche der Unternehmen sehr gut kennen. Sie müssen im Detail verstehen, wie die Digitalisierung das Geschäft ihrer Kunden verändert.
Wie erklären Sie sich, dass in diesem Zusammenhang Fintechs und andere Wettbewerber keine größere Rolle als Digitalisierungspartner spielen?
Grundsätzlich gilt: Der Mittelstand ist sehr sicherheitsorientiert. Die Unternehmen arbeiten am liebsten mit etablierten Partnern zusammen, die sie seit vielen Jahren kennen. Gleichzeitig muss man hier aber auch unterscheiden. Für Start-ups und jüngere Unternehmen geht es erst einmal darum, eine Unternehmensinfrastruktur, bestehend unter anderem aus Software-Anwendungen, Buchhaltung und anderen Dienstleistungen, aufzubauen. Sie sind oft offener für neue digitale Angebote. Unternehmen wiederum, die schon länger bestehen, verfügen im Gegensatz dazu über langjährig etablierte Prozesse. Diese Betriebe fragen sich ganz genau, ob sie neue Fintech-Lösungen in ihre Prozessinfrastruktur integrieren möchten.
Dennoch gibt es gerade im B2B-Markt eine Vielzahl von Fintech-Lösungen. Wie sehen diese aus?
Oft werden diese von etablierten Anbietern aufgebaut. Nehmen wir Datev oder Haufe, etablierte Anbieter, die, wie wir als Star Finanz, digitale Lösungen für Finanz- und Buchhaltungsprozesse entwickeln. Diese Dienstleister werden jedoch nicht als klassische Fintechs wahrgenommen. Sie entwickeln aber eine Vielzahl von digitalen Finanzanwendungen und viele Betriebe orientieren sich dann eher an deren Dienstleistungen, weil sie die Anbieter schon seit vielen Jahren kennen und mit ihnen zusammengearbeitet haben. Junge Fintech-Start-ups haben es eher schwer, Wahrnehmung bei Betrieben aufzubauen.
Bei der Implementierung digitaler Tools verfolgen Unternehmen bestimmte Ziele. Laut Ihrer Studie sehen mehr als 80 Prozent der befragten Unternehmen in der Digitalisierung auch eine Chance. Welche Aspekte stehen dabei aus Ihrer Sicht besonders weit oben in der Strategie?
Wir leben im digitalen Zeitalter: Für Dienstleister jeglicher Branchen gehört es schon seit Jahren zu ihren Aufgaben, digitale Services für ihre Kunden zu entwickeln und erfolgreich am Markt zu positionieren – und das oft sehr erfolgreich. Auf der anderen Seite lenkt die Digitalisierung den Blick der Unternehmen auch nach innen. Die technologische Evolution sowie der Druck, die Effizienz im Unternehmen zu steigern, zwingen die Dienstleistungsunternehmen dazu, sich laufend mit neuen Maßnahmen zur Optimierung ihrer internen Prozesse zu beschäftigen. Gerade in der Unternehmensorganisation bietet die Digitalisierung den Unternehmen vielfältige Chancen: Das beginnt bei der Automatisierung von kaufmännischen Prozessen und endet bei der zentralen Frage, wie Unternehmen die Arbeitskraft ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im digitalen Zeitalter möglichst effizient und zielgerichtet einsetzen können. Digitalisierung bedeutet in diesem Kontext nichts anderes als die Automatisierung von einfachen Prozessen, um Mitarbeiter in höherwertige Aufgaben zu überführen.
In der Krise haben viele Manager notgedrungen den digitalen Grundstein schneller gelegt als eigentlich geplant. Und die Institute in Deutschland haben sich dabei als guter Partner angeboten. Wie nutzen die Banken ihr aktuelles Standing bei den Unternehmen für die Kundenbindung?
Für die Banken und Sparkassen ist es vor dem Hintergrund der Kundenbindung zunehmend wichtig, sich bei der Entwicklung des eigenen Angebotes nicht allein auf die Kernbankleistungen zu verlassen. Stattdessen gilt es – gemeinsam mit den Firmenkunden – ein Verständnis für die konkreten, täglichen und wesentlichen Herausforderungen der Kunden zu entwickeln. Nur so können Finanzinstitute Lösungen anbieten, die den Firmenkunden das Leben leichter machen. Services, Lösungen oder Software-Komponenten sollten daher auf jeden Fall nah am Kunden und idealerweise auch mit dem Kunden entwickelt werden.
Was bedeutet diese Entwicklung langfristig?
Finanzdienstleister sind dabei, neue Plattformen zu etablieren, an die sie Mehrwertservices und Angebote anbinden können. So entstehen Kommunikationsplattformen mit einem vielfältigen Angebot und Netzwerk, die weit über klassische Banking- und Near-Banking-Services hinaus und auch in den Bereich Beyond Banking gehen. Idealerweise können die Finanzinstitute ihre Kunden durch dieses Plattformangebot noch enger an das eigene Ökosystem binden. Die Kunden orientieren sich am Angebot der Banken und Sparkassen und haben keinen Anlass, zur Konkurrenz zu wechseln.