Deutlich schlanker und fokussierter, ohne lange Strategiediskussion: Viele Unternehmen müssen in Krisenzeiten einen Gang zulegen - auch die der Finanzindustrie. Ein Beispiel hier für ist die Commerzbank. Ein Gastbeitrag.
Mitten im Umbruch der gesamten globalen Wirtschaft führt Corona zu einer Vielzahl von Insolvenzen und noch mehr Restrukturierungen. Doch das ist erst der Anfang der ökonomischen Welle. Aber auch Unternehmen, die vorher schon in einer angespannten Situation waren, sehen sich mit massiven zusätzlichen oder verstärkten Herausforderungen konfrontiert. Wie etwa die Commerzbank, deren Strategiekonzept "Turnaround" einen hohen Stellenabbau sowie zahlreiche Filialschließungen ins Visier nimmt.
Aber nicht nur die zweitgrößte Bank Deutschlands ist damit nun auch offiziell zum Restrukturierungsfall geworden. Viele andere Unternehmen der Branche kämpfen mit ähnlichen Herausforderungen. Doch welche Register kann ein Unternehmen ziehen, dessen Branche im strukturellen Umbruch steckt und von Corona noch zusätzlich belastet wird?
Die Hebel in der Krise
Grundsätzlich gibt es in jedem Unternehmen Kosten- und Umsatztreiber, die zu Ergebnis führen sollen. Maßnahmen zum Überleben eines Unternehmens sind aber sehr viel mehr als nur das. Insofern haben wir die kurzfristige, operative Handhabe von Kosten und Umsatz und allen Hilfsfunktionen wie etwa Marketing und IT sowie die langfristige, strategische Handhabe mit Marktauftritt, Produkten, Preisen und Vertriebswegen.
Dazu kommt noch, und das wird oft vernachlässigt, dass Finanzdienstleister natürlich auch über die Menschen, das größtes Kapital, Fahrt aufnehmen oder auch weitere Produktivitätsverluste abfedern können. Durch motivierte und mitdenkende Mitarbeiter, zielorientierte Führungskräfte, inspirierende Top-Manager und eine Organisation, die geeint in die gleiche Richtung kämpft. Denn am Ende muss eine saubere Restrukturierung in eine zukunftsgerichtete Neuausrichtung münden.
Die großen Herausforderungen
Restrukturierungen erfordern eine umfassende Vorbereitung und schnelle Ausarbeitung eines erfolgsversprechenden Konzepts, ein sensibles Vorgehen des Managements, Governance, einen flexiblen Umsetzungsplan sowie eine transparente, vertrauensfördernde Kommunikation. Es bedarf der verständlichen Darstellung des Zielzustandes, und zwar nicht nur anhand der angestrebten Finanzkennzahlen. Denn die Maßnahmen führen sicher zu Verunsicherungen und Zukunftsängsten innerhalb der Belegschaft, wie auch bei Kunden und Geschäftspartnern. Das Management steht somit unter enormem Handlungsdruck.
Sinkende Leistungsbereitschaft und Identifikationsverlust bei Führungskräften und Mitarbeitern sind zusätzliche Risiken, die zu einem rapiden Produktivitätsverlust und Leistungsabfall der gesamten Organisation führen. Um die Ausgangssituation nicht noch zu verschlimmern, gilt es, den Umsatz und die Umsetzungsgeschwindigkeit zu stabilisieren und die Handlungsfähigkeit des Unternehmens zu sichern. Eine Restrukturierung mit Stellenabbau und Kosteneinsparungen wie wir sie bei der Commerzbank erleben, muss als nur der erste Teil der Miete verstanden werden. Als zweiten Teil muss das Unternehmen die Weichen für eine langfristig erfolgreiche Zukunft stellen.
Leistungsträger in die Restrukturierung aktiv einbinden
Wichtig ist es, kein längeres Führungsvakuum entstehen zu lassen. Positionen müssen besetzt sein, eine klare Rollenverteilung und eine starke, stringente Führung sind gefragt. Die harten Restrukturierungselemente müssen mit konstruktiven, nach vorne gerichteten Elementen der Neuausrichtung gekoppelt werden – bei schneller und klarer Umsetzung der Restrukturierung.
Gleichzeitig müssen in den Prozess der Neuausrichtung möglichst viele wichtige Leistungsträger des Unternehmens aktiv eingebunden und die emotionale Bindung der Mitarbeiter an das Unternehmen gestärkt werden. Sie müssen quasi zu Botschaftern der Neuausrichtung heranwachsen. Hilfreich können Erklärungs- und Interpretationshilfen sein, die die Motivation und das Engagement der Führungskräfte und Mitarbeiter von Beginn an sichern.
Konseuquente Neuausrichtung
Sind diese Schritte erfolgt, gilt es das Unternehmen konsequent auf den neuen Weg auszurichten und den Programmerfolg auch entsprechend durch eine Anpassung der Kultur zu verankern. Das Leitbild muss entsprechend angepasst und überarbeitet sowie nach innen und außen kommuniziert werden.
Analog dazu müssen intern die Bedeutung und Ziele der Einzelmaßnahmen vermittelt, über Änderungen informiert und Führungskräfte sowie Mitarbeiter für den Transformationsprozess so motiviert werden, dass der Organisation auf dem langen Weg der Veränderung nicht der Atem für die konsequente Umsetzung ausgeht. Dabei sollte nach außen hin die Sinnhaftigkeit und der Vorteil der Neuausrichtung für Kunden, Geschäftspartner, Öffentlichkeit und Investoren vermittelt werden.