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27-09-2022 | Bankstrategie | Schwerpunkt | Article

Der Transformationsdruck im Bankenmarkt bleibt hoch

Author: Angelika Breinich-Schilly

5:30 min reading time

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Die Transformation im Finanzsektor trägt einer aktuellen Studie zufolge Früchte: Die Eigenkapitalrentabilität lag Ende 2021 über Vor-Corona-Niveau und die Cost-Income-Ratio hat den niedrigsten Stand seit 2013. Doch eine konsequenten Digitalisierung alleine reicht für künftigen Erfolg nicht aus.

Eine durchschnittliche Eigenkapitalrentabilität (Return on Equity, kurz RoE) von 8,1 Prozent erreichten die 122 vom Beratungshaus Bearing Point untersuchten europäischen Banken im Geschäftsjahr 2021. Diese liegt damit deutlich über den 6,1 Prozent aus dem Jahr 2019. Spitzenreiter unter allen Instituten sind die nordeuropäischen Häuser mit einer RoE von 10,7 Prozent. Zudem weise die Cost-Income-Ratio (CIR) ihren niedrigsten Stand seit 2013 auf, heißt es in der Analyse, für die neben den Jahresabschlüssen der Institute seit 2013 auch Segmentsberichte von 64 Geldhäusern jährlich ausgewertet werden. 

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Der deutsche Bankenmarkt

Deutschland ist "Overbanked"! So oder so ähnlich lautet das Urteil vieler, die
sich als Kenner der deutschen Bankbranche zu erkennen geben. Die Vielzahl
dieser Aussagen zielen dabei zum einem auf die große Anzahl an Bankinstituten und deren Zweigstellen ab, zum anderen jedoch auch auf den scheinbaren Renditemangel deutsche Kreditinstitute, insbesondere im Vergleich zu den angelsächsischen Wettbewerbern.

Die untersuchten Banken, die unter der Aufsicht der Europäischen Zentralbank oder nationalen Aufsichtsbehörden stehen, haben im Hinblick auf ihre Kosteneffizienz kräftig aufgeholt. Dass die umfangreichen Transformationsprojekte Wirkung zeigen, macht der deutlich gestiegene Anteil sogenannter Performer mit einem CIR von unter 55 Prozent deutlich. Während 2020 nur ein Viertel der Banken zu dieser Gruppe gehörte, waren es im vergangenen Jahr bereits ein Drittel. 

Konzentration auf das Provisionsgeschäft

Gemessen am Anteil des Gesamtertrags stellt die Studie insgesamt eine hohe Abhängigkeit des Geschäftsmodells der Banken vom Zinsgeschäft fest. "Im Zeitraum von 2013 bis 2021 ist jährlich etwas mehr als die Hälfte des Ertrags auf das Zinsgeschäft zurückzuführen und rund ein Drittel werden von Provisionen beigesteuert", so die Studienautoren. Auch wenn mit der Entscheidung der EZB, die Phase des Niedrigzinsumfelds zu beenden, wieder positive Margen- und
Ertragschancen für das Zinsgeschäft zu erwarten sind, versuchten die Institute ihre Abhängigkeit vom Zinsgeschäft beständig zu reduzieren. 

Wie erfolgreich Banken dabei vorgehen, habe sich im Jahr 2021 gezeigt. "Das Provisionsgeschäft gewann insbesondere bei den Performern zunehmend an Bedeutung." Im europaweiten Durchschnitt sei dies positiv zu bewerten, da im Hinblick auf die aktuellen wirtschaftlichen Probleme die Entwicklung der Provisionsmargen für alle Regionen und Größenklassen ein vornehmlich positives Bild skizziere. Die durchschnittlichen Provisionsmargen 2021 seien im Vergleich zum Vorjahr europaweit deutlich gesteigert worden und konnten dabei fast den Ertragseinbruch aus den Vorjahren kompensieren. 

Die positive Ergebnisentwicklung des europäischen Bankenmarktes sei unter anderem auf die Abkehr von konstenlosen Produkten und Services sowie einer Durchsetzung höherer Gebühren zurückzuführen - etwa beim Zahlungsverkehr, der Kontoführung sowie im Wertpapierhandel. Zudem sei das Privatkundengeschäft gewachsen, wozu die hohe Nachfrage nach Baukrediten in der Niedrigzinsphase, ein gestiegenes Interesse der Verbraucher an Aktienanlagen sowie der Trend hin zur Kartenzahlung beigetragen habe. Aber auch institutionelle Investoren schichteten in hochvolatilen Zeiten ihr Portfolio häufiger um als gewöhnlich, was mit hohen Transaktionseinnahmen einhergehe. 

Banken brauchen klare Fokussierung

Ob ein Geldhaus sich bei den Performern oder Nachzüglern, den sogenannten Laggards, einordnet, hängt allerdings nicht unbedingt mit den Geschäftsfeldern zusammen, sondern sei in "einer effizienten Wertschöpfungskette bei klarer Fokussierung" begründet, erläutern die Studienautoren. Hierbei spiele auch die zügige Digitalisierung während der Pandemie eine wichtige Rolle.

Besonders erfolgreiche Banken haben vor allem in eine kontinuierliche Modernisierung von Digitalisierungsprozessen und der damit verbundenen Systeme investiert. "Während Performer, besonders in den Nordics, ihre Investitionen bereits seit Jahren gezielt in Informationstechnologie und automatisierte Prozesse lenken und ihre IT-Kosten seit 2016 um über 50 Prozent erhöht haben, zeigen sich andere Märkte, darunter auch Deutschland, noch immer zögerlich", erläutert Thomas Steiner, globaler Leiter Banking & Capital Markets bei Bearing Point. 

Digitalisierung ist wichtiger Hygienefaktor

"Die Digitalisierung kostet viel Geld, bietet den Unternehmen aber auch viele Vorteile, sowohl im Back Office als auch im Front Office", schreibt Christian Glaser im Buch "Digitale Transformation im Bankenumfeld" (Seite 39). Sie bringe Kostensenkungen auf der einen und die Chance auf neue sowie den Erhalt alter Erträge. 

In der Praxis zeigt sich häufig noch immer, dass die Digitalisierung fälschlicherweise vorrangig nur mit der Verbesserung interner Backoffice-Prozesse gleichgesetzt wird. Diese Auffassung ist jedoch nicht ausreichend. Neben der Optimierung der Wertschöpfungsprozesse gilt es außerdem, Produktentwicklungen und -innovationen zu betreiben sowie die Beziehung zu den Kunden zu verbessern", betont der Springer-Autor. 

Dabei stelle die digitale Transformation an der Schnittstelle zum Kunden für die meisten Institute, speziell auch aufgrund der neuen, digitalen Wettbewerber, einen Hygienefaktor dar. "Anders formuliert: Die Digitalisierung ist eine notwendige, jedoch keineswegs eine hinreichende Bedingung für einen nachhaltigen Erfolg im Bankenumfeld."

Innovationen an Kundenbedürfnissen ausrichten

Die Ansprüche der Kunden und damit auch die Anforderungen an die Banken haben sich nachhaltig verändert, heißt es im Report. Damit steige die Akzeptanz digitaler Produkte und der Bedarf an neuen Technologien im Digital Banking wachse. Um die Effizienz zu steigern, empfehlen die Studienautoren das Datenmanagement zu professionalisieren, Prozesse zu digitalisieren, Organisationsstrukturen zu verschlanken und die IT-Architektur zu modernisieren.

"Der europäische Bankensektor konnte in den vergangenen Krisen seine Widerstandsfähigkeit unter Beweis stellen. Die strengen regulatorischen Vorschriften haben hier sicher ihren Beitrag geleistet", resümiert Sabine Abfalter, Chief Financial Officer der Raiffeisen Bank International (RBI), in der Studie. "Daneben gibt es einige Dinge, an denen mit Hochdruck gearbeitet wird: Produkt- und Service-Innovation, um auf geänderte Bedürfnisse der Kunden und ein geändertes Marktumfeld zu reagieren und nachhaltiges, profitables Wachstum zu ermöglichen." 

Stellschrauben in vier zentralen Bankbereichen

Mit den Erfahrungen aus der Corona-Pandemie im Rücken und im Hinblick auf die aktuellen wirtschaftlichen Entwicklungen stehen Banken vor epochalen Herausforderungen, meint Clemens Renker. Der Professor, der marktorientierte Unternehmensführung, die Gestaltung von Geschäftsmodellen sowie Finanz- und Bankwirtschaft an verschiedenen Universitäten, der Bank- und der Sparkassenakademie lehrt, sieht einen möglichen Handlungsbedarf in vier zentralen Bereichen (Seite 197): 

  1. Auf der Ebene der zu erbringenden Bank-Marktleistungen muss eine Bank individuell die Fragen beantworten: Welche Bankdienstleistungen mit Netto-Nutzen-Differenzierung tragen bei welchen Zielgruppen zukünftig dazu bei, hinreichende Geschäftsvolumina zu generieren? 
  2. Auf der Ebene der Generierung von nachhaltigen Erlösen geht es darum, neue Preissysteme zu entwickeln, die mehr als nur die Betriebskosten und Risikokosten decken, sondern mit einem durchschlagenden und nachhaltigen Pricing ausreichende Gewinnbeiträge erwirtschaften. 
  3. Auf der Wertschöpfungsebene geht es darum so effzient und gleichzeitig wertvoll zu arbeiten, dass die Kosten für die Mitarbeiter und physischen Ausstattungen so niedrig sind, dass die Bank wettbewerbsfähig und damit überlebensfähig bleibt. 
  4. Das tragende Fundament der bisher genannten drei Ebenen eines erneuerten Geschäftsmodelles in einer Bank sind die Handlungskompetenzen von Führung und die Mitarbeiter. Die Effektivität und Effizienz der Zusammenarbeit begründen Wachstum, Ertrag und Konkurrenzvorteile. Es bedarf häufg einer neuen Unternehmenskultur in Banken, die als die strategische Stoßkraft die obigen Ebenen am Markt sichtbar vorteilhaft entfaltet.

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