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14-02-2018 | Batterie | Schwerpunkt | Article

Brennstoffzelle oder rein batteriebetriebenes Fahrzeug?

Author: Christiane Köllner

4:30 min reading time

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Forscher haben die Kosten für den Infrastruktur-Aufbau mit Batterie oder Brennstoffzelle verglichen. Das Ergebnis: Langfristig ist eine Wasserstoff-Infrastruktur günstiger. Doch kann sich der Brennstoffzellenantrieb überhaupt durchsetzen?

Wer macht das Rennen? Batterieelektrische Fahrzeuge, die regelmäßig an eine Ladesäule gehängt werden müssen, oder Brennstoffzellen-Autos, die Wasserstoff von der Tankstelle benötigen. Die Kosten für die jeweilige Infrastruktur hängen stark davon ab, wie viele Fahrzeuge versorgt werden müssen. Ein Vergleich, den Experten vom Forschungszentrum Jülich angestellt haben, zeigt: Ab mehreren Millionen Fahrzeugen ist der Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur günstiger. Allerdings: Beide Technologien seien laut der Forscher notwendig, um die Verkehrswende erfolgreich zu meistern. 

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01-10-2017 | Titelthema

Debatte und Aufruf Rolle von Wasserstoff- und batterieelektrischer Mobilität

Das Reiner Lemoine Institut (RLI) erforscht seit mehr als sieben Jahren die Möglichkeiten einer integrierten Energiewende im Strom- und Verkehrsbereich. In der Wissenschaft, aber vor allem auch in Politik und Wirtschaft werden die …

Rentabilität hängt vom Fahrzeugbestand ab 

Viele Experten favorisieren zurzeit die Batterie, denn das elektrische Netz existiert bereits. Es müsste bloß eine gewisse Menge an weiteren Ladesäulen aufgestellt werden. Außerdem überzeugt ein vollkommen elektrischer Prozess durch einen hohen Wirkungsgrad. Das sieht beim Wasserstoff anders aus: Zunächst muss Wärmeenergie in mechanische Energie und anschließend in elektrische Energie umgewandelt werden. "Dieser Umweg über verschiedene Energiearten ist komplex", wie es die Springer-Autoren Gerhard Reich und Marcus Reppich im Kapitel Brennstoffzellen aus dem Buch Regenerative Energietechnik ausdrücken. Dazu kommt: Ein Großteil der Infrastruktur muss noch aufgebaut werden: Das seien zum einen Elektrolyseure, die den Strom aus Rekordzeiten der Windenergie nutzen, um Wasser zu spalten, wie die Jülicher Forscher erklären. Der Wasserstoff, der dabei entstehe, ließe sich zunächst in unterirdischen Salzkavernen lagern, um dann beispielsweise über ein Pipelinesystem an die Tankstellen verteilt zu werden.

Die Experten aus Jülich haben beide Szenarien analysiert und kommen zu dem Ergebnis: Die Rentabilität hänge davon ab, wie viele Fahrzeuge mit Batterie- oder Brennstoffzellenantrieb auf den Straßen unterwegs sind. Die Investitionen in den Infrastrukturausbau seien für beide Technologien bei geringen Fahrzeugbeständen bis zu einigen Hunderttausend nahezu gleich. Der Wasserstoff würde in diesem Zeitraum noch von der Industrie aus konventionellen Quellen bereitgestellt werden.

Elektroautos mit Batterie langfristig nicht optimal 

Es dürfte dann eine Übergangsphase folgen, während der die Erzeugung und Speicherung von grünem Wasserstoff mithilfe von Überschussstrom ausgebaut wird. "Die Kosten für die dafür notwendigen Elektrolyseure treiben den Preis für den Wasserstoff in die Höhe", so die Wissenschaftler. Gleichzeitig ermöglichen diese es, saisonale Überschüsse der erneuerbaren Energien in Form von Wasserstoff über längere Zeiten zu speichern, was mit der Batterietechnik alleine so nicht möglich sei.

Elektroautos mit Batterie stellen in dieser Phase den kostenoptimalen Pfad dar, langfristig sind sie aber nicht optimal", erklärt Martin Robinius, Autor der Studie. "Ab mehreren Millionen Fahrzeugen beginnt sich das Verhältnis umzukehren." 

Die Studie aus Jülich betrachtet eine Marktdurchdringung von bis zu 20 Millionen Fahrzeugen, was knapp der Hälfte des heutigen Bestands entspricht. Dann seien die Investitionen in eine Ladesäulen-Infrastruktur mit rund 51 Milliarden Euro höher im Vergleich zur Wasserstoff-Infrastruktur (40 Milliarden Euro). Die Mobilitätskosten hingegen unterscheide sich in diesem Stadium kaum. Sie sollen in beiden Fällen zwischen 4,5 und 4,6 Eurocent pro Kilometer liegen.

Beide Infrastrukturen notwendig 

Die Gesamtkosten seien in beiden Fällen deutlich geringer als Investitionen in anderen Infrastruktur-Bereichen. Die Studienautoren empfehlen daher, beide Pfade auszubauen. "Wir brauchen beide Infrastrukturen, und wir können sie uns auch leisten: Batterien und Wasserstoff schließen sich nicht gegenseitig aus. Und wir müssen so schnell wie möglich damit beginnen, sie beide aufzubauen", erklärt Professor Detlef Stolten, der das Institut für Elektrochemische Verfahrenstechnik im Forschungszentrum Jülich leitet.

Ähnlich sieht es das Reiner Lemoine Institut (RLI) aus Berlin, das seit mehr als sieben Jahren die Möglichkeiten einer integrierten Energiewende im Strom- und Verkehrsbereich erforscht. Die Berliner Wissenschaftler geben im Artikel Debatte und Aufruf – Rolle von Wasserstoff- und batterieelektrischer Mobilität aus der ATZelektronik 5/2017 einen Überblick über die häufigsten Argumentationsstränge in der Debatte um alternative Antriebe. Sie zeigen, wie sich das komplexe Für und Wider von Brennstoffzellenfahrzeugen im Vergleich zu batterieelektrischen Autos darstellt. Ihr Fazit: "In der Verkehrswende müssen vielfältige Aspekte und Wechselwirkungen berücksichtigt werden", so die Forscher. 

Unterm Strich sieht es für die Brennstoffzelle eher schlecht aus

Andreas Burkert äußert sich in seinem Report Kommt der Brennstoffzellenantrieb zu spät? aus der MTZ 3-2018 eindeutiger und auch pessimistischer, was den Brennstoffzellenantrieb angeht. Nicht nur das Fehlen einer Infrastruktur, auch die Fortschritte bei Lithium-Ionen-Akkumulatoren und die Konzentration der Forschung und Entwicklung auf rein batterieelektrische Antriebe verzögerten den flächendeckenden Einsatz. Da die Automobilbranche ihre Forschungsaktivitäten bei der Brennstoffzelle nur zurückhaltend forciere, schwinde der Reichweitenvorteil und die Kosten blieben hoch. Darüber hinaus erschwerten die Integration des Wasserstofftanks sowie die anderen Systemkomponenten ein fortschrittliches Automobildesign. Burkerts Fazit: "Der Wasserstoffantrieb kommt zu spät".

Ist das Rennen der beiden Konkurrenten Brennstoffzelle und batterieelektrisches Fahrzeug um den bestmöglichen Antrieb der Zukunft dann bereits entschieden? Diese Frage war auch Thema eines VDI-Vortragsabends zu emissionsfreien Antriebstechnologien vergangene Woche in München. Professor Dr. Leopold Mikulic, Associate Partner bei ID-Consult und ehemals Chef der Antriebsentwicklung bei Mercedes-Benz und Andreas Wittmann, Managing Director der Linde-Tochter BeeZero Carsharing, versuchten sich an einer Einordnung der Antriebskonzepte. Ihr Fazit: Batterieelektrische Fahrzeuge hätten heute einen klaren Vorsprung bei der Marktdurchdringung. Dennoch sei die Brennstoffzelle eine zunehmend attraktive emissionsfreie Antriebsart, weil Energiebezug, Energiespeicherung und die Energieumwandlung von Wasserstoff in elektrische Energie technologisch mittlerweile gut beherrschbar seien. Allerdings gibt Mikulic zu bedenken: Überwinde man die noch bestehenden technologischen Hürden batteriebetriebener Fahrzeuge, so sähe es für die Brennstoffzelle unterm Strich eher schlecht aus.

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