Eine neue Roadmap des Fraunhofer ISI befasst sich mit Alternativen zur Lithium-Ionen-Batterie für den Zeitraum bis 2045. Das sind die wichtigsten Ergebnisse der Studie im Überblick.
Lithium-Ionen-Batterien (kurz LIBs) stellen aufgrund ihres breiten Einsatzspektrums, etwa in Elektro-Pkw oder -Lkw sowie in stationären und mobilen Endgeräten, aktuell die auf dem Markt dominierende Batterietechnologie dar. Im Jahr 2023 soll die globale Marktnachfrage voraussichtlich eine Kapazität von fast einer TWh erreicht haben, wie das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) prognostiziert. Aufgrund der zunehmenden Marktdurchdringung von Elektrofahrzeugen werde die Batterienachfrage weiterhin deutlich steigen und sich vervielfachen, so das Institut.
Bei dieser enormen Nachfrage auf der einen Seite und nur einer in großem Umfang verfügbaren Batterietechnologie auf der anderen Seite stellt sich die Frage nach alternativen Batterietechnologien, die zugleich ökonomische, ökologische oder technologische Vorteile gegenüber den dominierenden LIBs erzielen sollten. Um herauszufinden, welche alternative Batterietechnologien verfügbar und geeignet sind, hat das Fraunhofer ISI die "Alternative Battery Technologies Roadmap 2030+" erstellt. Darin werden insbesondere Metall-Ionen-, Metall-Schwefel-, Metall-Luft- und Redox-Flow-Batterien für den Zeitraum bis 2045 betrachtet. Das sind die wichtigsten Ergebnisse im Überblick.
Welche technologischen Vorteile haben alternative Batterietechnologien?
Viele alternative Batterietypen wie Metall-Ionen- (z.B. Natrium-Ionen- oder Zink-Ionen-Batterien) oder Metall-Luft-Batterien (z.B. Zink-Luft-Batterien) sollen hohes Potenzial für mehr Nachhaltigkeit, geringere Kosten oder weniger Ressourcenverbrauch bieten, würden aber teilweise auch Nachteile wie eine geringere Energiedichte oder eine geringe Technologiereife aufweisen, so das Fraunhofer ISI. Metall-Schwefel-Batterien könnten etwa eine höhere Energiedichte besitzen und ihre Kosten dürften aufgrund der niedrigen Schwefel-Kosten pro kWh voraussichtlich deutlich geringer als die der LIBs ausfallen. Redox-Flow-Batterien seien bereits auf dem Markt verfügbar, müssten sich aber in puncto Kosten und CO2-Fußabdruck noch verbessern, so die Forscher.
Welche Anwendungen kommen für alternative Batterietechnologien in Frage?
Für mobile Anwendungen stehen laut den Fraunhofer-Forschern Natrium-Ionen-Batterien kurz vor der weitreichenden Kommerzialisierung, erste Natrium-Ionen-Batterien werden bereits bei elektrischen Zweirädern und Kleinwagen eingesetzt. Lithium-Schwefel-Batterien könnten ab 2035 in größeren Drohnen und ab 2040 in weiteren elektrischen Fluggeräten zum Einsatz kommen, prognostiziert die Studie. Bei stationären Anwendungen seien die Anforderungen zum Beispiel an die Energiedichte geringer, hier könnten teilweise schon auf dem Markt verfügbare Speichersysteme wie Redox-Flow-Batterien, Salzwasser- oder Natrium-Schwefel-Hochtemperatur-Batterien in naher Zukunft relevanter werden – genau wie Natrium-Ionen-Batterien, die sich durch eine gute Ressourcenverfügbarkeit, Sicherheit und Tiefentladefähigkeit auszeichneten oder auch Zink- oder Aluminium-Ionen-Batterien.
Gibt es alternative Batterietechnologien, die die Abhängigkeit von Rohstoffen deutlich verringern?
Wie die Fraunhofer-Forscher erklären, benötigten einige vielversprechende, alternative Batterietechnologien zwar größere Mengen an Rohstoffen, um aufgrund ihrer geringeren Energiedichte gegenüber LIBs die gleiche Speicherkapazität zu erzielen. Doch viele der nicht auf Lithium basierenden Technologien erforderten dafür weniger kritische Rohstoffe als LIBs. Mangels großer Anwendungsgebiete und Märkte bleibe die Produktion und Versorgung mit Lithium, Nickel und Kobalt dennoch vorerst kritisch – insbesondere in den nächsten 5 bis 10 Jahren.
Sind alternative Batterietechnologien absehbar, die ähnlich wie LIBs produzier- und skalierbar sind?
Metall-Ionen-Batterien, die nicht zu den LIBs zählen, seien hier im kommenden Jahrzehnt vielversprechend, weil ihre Produktionsschritte denen von LIB sehr ähnlich seien, so das Fraunhofer ISI. Bestehende Produktionstechnologien und -umgebungen könnten direkt genutzt (Drop-in-Technologien) oder müssten nur begrenzt angepasst werden.
Können alternative Batterietechnologien günstiger als LIBs werden?
Obwohl alternative Batterietechnologien potenziell niedrigere Materialkosten als LIBs aufwiesen, so die Studie, dürften ihre Zellkosten aufgrund des geringen Produktionsumfangs anfangs höher liegen. Eine Skalierung der Produktion bringe erhebliche Kostenvorteile mit sich, wofür aber ausreichend große Märkte und Anwendungen im GWh-Maßstab notwendig seien, so die Wissenschaftler.
Wie ist Europa bei alternativen Batterietechnologien aufgestellt?
Patent- und Publikationsanalysen zeigen der Studie zufolge, dass die EU-Länder zum Beispiel bei Redox-Flow-Batterien, Lithium-Luft- oder Aluminium-Ionen-Batterien besser aufgestellt seien als derzeit bei LIBs. Japan und China blieben hier aber führend. Bei einigen alternativen Batterietechnologien würden die EU-Länder eine hohe Dynamik mit jährlichen Wachstumsraten zwischen 10 und 50 % aufweisen, bei LIB betrage das Wachstum etwa 10 %. Dr. Annegret Stephan, wissenschaftliche Koordinatorin der Roadmap am Fraunhofer ISI, weist zudem auf den Unterstützungsbedarf seitens der Politik hin, um das Potenzial alternativer Batterietechnologien zu erschließen.
Fazit
Das Fraunhofer ISI kommt zu dem Schluss, dass LIBs auch weiterhin den Markt dominieren werden, ausgewählte alternative Batterietechnologien könnten aber in bestimmten Märkten und Anwendungen eine Entlastung von Rohstoff-, Produktions- und Lieferabhängigkeiten schaffen und damit zur Technologiesouveränität beitragen. Dafür seien aber weitere Anstrengungen im Bereich Forschung und Entwicklung in Deutschland sowie der EU notwendig und lohnenswert.