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Published in: Berliner Journal für Soziologie 2/2016

Open Access 18-10-2016 | Positionen

Besser als der Euro? Das Europäische Währungssystem, 1979–1998

Authors: Martin Höpner, Alexander Spielau

Published in: Berliner Journal für Soziologie | Issue 2/2016

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Zusammenfassung

Als Alternative zum Euro wird mitunter der Übergang in ein diskretionäres Wechselkursregime diskutiert, das seinen Teilnehmern politisch verhandelte Auf- und Abwertungen ermöglichen würde. Über die Wünschbarkeit und die Wirkungsweisen solcher Auf- und Abwertungen finden sich in der Debatte unterschiedliche Annahmen. Der Beitrag unternimmt daher einen Rückblick auf das Europäische Währungssystem (EWS), das von 1979 bis 1998 Bestand hatte und in dem 62 Wechselkursanpassungen zu 17 unterschiedlichen Zeitpunkten stattfanden. Die Anpassungen halfen bei der Entspannung der transnationalen makroökonomischen Ungleichgewichte. Ein erhebliches Manko des EWS war aber die politische Energie, die in regelmäßigen Abständen in die Neuaushandlung der Wechselkurse und damit in die „Pflege“ des diskretionären Wechselkursregimes investiert werden musste. Mit diesem Problem sähe sich auch ein etwaig aus dem Euro hervorgehendes EWS II konfrontiert.
Notes
Bei diesem Text handelt es sich um eine stark gekürzte, zugespitzte und aktualisierte Fassung eines Papiers, das zuerst als MPIfG Discussion Paper erschien (Höpner und Spielau 2015).

1 Einleitung

Der Euro befindet sich in einem schwierigen Fahrwasser. Seit der unwiderruflichen Fixierung der Wechselkurse der den Euro konstituierenden Währungen im Jahr 1999 haben sich erhebliche reale Über- und Unterbewertungen kumuliert, die eigentlich nominale Ab- und Aufwertungen nahelegen würden. Folgt man Hans-Werner Sinn (2015, S. 161), dann weisen Griechenland, Portugal und Spanien Abwertungsbedarfe von 25–35 % relativ zum Rest der Eurozone auf, Frankreich einen Abwertungsbedarf von 15–25 % und Deutschland zusätzlich einen Aufwertungsbedarf von 15–25 %. Aber die Option nominaler Ab- und Aufwertungen steht den Mitgliedern der Eurozone nicht mehr zur Verfügung.
Die Entzerrung der realen Wechselkurse müsste also ohne nominale Anpassungen erfolgen. Auf dem Papier erscheint die Lösung offensichtlich: Die Länder des ehemaligen DM-Blocks und insbesondere Deutschland müssten über einen längeren Zeitraum gezielt inflationieren und die südlichen Mitglieder der Eurozone weiter deflationieren, bis sich die entstandenen Wechselkursverzerrungen wieder aufgelöst haben, und anschließend müsste eine strikte transnationale Lohnkoordination dafür sorgen, dass sich die realen effektiven Wechselkurse nicht erneut verzerren. In der Praxis stehen die Chancen für diese Lösung aber nicht gut. Mehr Deflationierung im Süden würde eine gezielte Verlängerung der Anpassungsrezessionen mit unverantwortlichen sozialen Folgen bedeuten, während Inflationierung im Norden die Bereitschaft zu einer Lohnpolitik zur gezielten Reduktion der preislichen Wettbewerbsfähigkeit der dortigen Exportsektoren voraussetzen würde. Beides erscheint schwer oder gar nicht durchsetzbar, und auch der im Anschluss notwendigen transnationalen Lohnkoordination scheinen angesichts der Heterogenität der Lohnfindungsmodi im Euroraum die institutionellen Voraussetzungen zu fehlen (Höpner und Lutter 2016).
Angesichts dieser Schwierigkeit, die innereuropäischen makroökonomischen Ungleichgewichte unter Beibehaltung des Euros aufzulösen, haben einige Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Debatte den Übergang in ein flexibleres Wechselkurssystem vorgeschlagen. Autoren wie Heiner Flassbeck und Costas Lapavitsas (2015, Kap. IX), Andreas Nölke (2015), Fritz W. Scharpf (2014) und Wolfgang Streeck (2013, S. 225 ff.) präferieren eine in geteilter Verantwortung organisierte Verkleinerung der Eurozone. Der Austritt würde den betreffenden Ländern zunächst die nominale Abwertung ihrer neuen Währungen gegenüber dem Euro ermöglichen. Anschließend könnte der aus dem Europäischen Währungssystem stammende und im Rahmen der Beitrittsprozeduren zum Euro noch existierende „Wechselkursmechanismus II“ wiederbelebt werden, um die neuen Währungen durch Interventionen der Notenbanken innerhalb vereinbarter Bandbreiten untereinander und gegenüber dem Euro zu halten.1 Mittel- bis langfristig würde ein solches Regime gleichwohl die Möglichkeit politisch verhandelter Wechselkursanpassungen offenhalten, wenn divergente innereuropäische Entwicklungen der Preisniveaus dies notwendig erscheinen lassen. Um die widersprüchlich erscheinende Bezeichnung „festes, aber flexibles“ Regime zu vermeiden, sprechen wir in diesem Papier von einem diskretionären Wechselkursregime.
Andere Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Debatte bestreiten nachdrücklich, dass eine Verkleinerung der Eurozone und die sich dadurch eröffnende Möglichkeit der nominalen Abwertung real überbewerteter Währungen oder ein gänzlicher Übergang in ein diskretionäres Wechselkursregime Nutzen stiften könnten. So befürchtet Elmar Altvater (2013, S. 38), der mit steigenden Importpreisen einhergehende Kostendruck werde die Investitionshemmnisse in abwertenden Ländern eher vergrößern als verkleinern. Gelänge es südeuropäischen Unternehmen hingegen, den Kostendruck über erhöhte Preise an die Verbraucher weiterzugeben, werde mit der Abwertung lediglich ein neuer Inflationsschub bewirkt. Schon während des EWS seien Abwertungen von Ländern mit überbewerteter Währung „mit größtem Misserfolg probiert“ worden, doch „hat dies lediglich deren Inflation angeheizt, die Realwirtschaft profitierte davon nicht“ (Schulmeister 2013, S. 108; siehe auch Hickel 2013, S. 37). Zudem seien im Fall der Ermöglichung von Abwertungen destruktive Abwertungswettläufe zu erwarten (Schulmeister 2013, S. 108; Vobruba 2013).
Zu dieser Debatte möchte der vorliegende Aufsatz beitragen, indem wir an die historische Erfahrung mit dem diskretionären Wechselkursregime erinnern, an dem einige der heutigen Euroländer vor Gründung der Eurozone teilnahmen. Gemeint ist das 1979 gegründete Europäische Währungssystem (EWS). Die Erfahrungen mit diesem Regime werden wir nachfolgend Revue passieren lassen und die Befunde im Licht der durch die Euro-Krise bewirkten Reformdebatte interpretieren. Hierbei gehen wir über eine rein wirtschaftliche Betrachtung hinaus und interessieren uns neben der ökonomischen Funktionalität des Arrangements für die politischen Kosten seiner Aufrechterhaltung. In welchem Maß gelang das Ziel einer Stabilisierung der nominalen Wechselkurse? Wie oft musste die Möglichkeit der Neudefinition der Paritäten in Anspruch genommen werden? Kam es zu Abwertungswettläufen? Gibt es Anzeichen dafür, dass die Auf- und Abwertungen ökonomisch erfolgreich waren? Wie viel politische Energie musste in die „Pflege“ des diskretionären Regimes investiert werden? Und warum eigentlich gaben die damaligen EWS-Teilnehmer das unter dem Strich, wie wir zeigen werden, nicht schlecht funktionierende System zugunsten einer gemeinsamen Währung auf?
Um uns diesen Fragen zu nähern, fassen wir zunächst die Regimemerkmale des EWS zusammen (Abschn. 2), um uns anschließend den politökonomischen Abläufen im EWS entlang unterschiedlicher Phasen zuzuwenden (Abschn. 3). Im anschließenden Abschn. 4 unterziehen wir die im EWS stattgefundenen 62 Auf- und Abwertungsereignisse einer eingehenden Beobachtung. Der die empirischen Betrachtungen abschließende Abschn. 5 wendet sich den politischen Konflikten zu, die mit den Auf- und Abwertungsentscheidungen einhergingen, und greift zu diesem Zweck ein typisches Aufwertungs- und ein typisches Abwertungsland aus der Gruppe der EWS-Teilnehmer heraus: Deutschland und Frankreich. Der Schlussabschnitt führt die Ergebnisse der empirischen Abschnitte zusammen und interpretiert sie im Licht der Debatte um die Zukunft des Euros.

2 Die Strukturelemente des Europäischen Währungssystems

Bevor wir uns der Operationsweise des Europäischen Währungssystems zuwenden, seien seine Strukturmerkmale in Erinnerung gerufen (vgl. ausführlich Bernholz 1998; Collignon 1994; Wagener und Eger 2014, S. 361 ff.). Das EWS war ein diskretionäres Wechselkursregime, das einerseits quasi-automatische Interventionspflichten zur Minimierung von Wechselkursschwankungen vorsah, andererseits aber auch – das ist der diskretionäre Bestandteil – politisch ausgehandelte Neufestsetzungen der Paritäten erlaubte. Das EWS hatte vom 1. März 1979 bis zur unwiderruflichen Fixierung der Wechselkurse der am Euro teilnehmenden Länder zum Jahreswechsel 1998/1999 Bestand, wobei ein zentrales Element des EWS – der Wechselkursmechanismus – bis heute als Teilschritt des Beitrittsprozesses zum Euro weiterbesteht. An diesem „Wechselkursmechanismus II“ gegenüber dem Euro nimmt derzeit allerdings nur Dänemark teil.2
Mit dem EWS wurde eine gemeinsame Rechnungseinheit geschaffen, die European Currency Unit (ECU). Der ECU war ein multilateraler Währungskorb, in den die mitgliedstaatlichen Landeswährungen mit unterschiedlich gewichteten Anteilen eingebracht wurden. Dadurch war es zu jedem Zeitpunkt möglich, den ECU in jeder Landeswährung darzustellen. Diese Rechnungseinheit diente als nominaler Anker des gemeinsamen Währungsregimes, im Unterschied zum Bretton-Woods-System, in dem die wichtigste teilnehmende Währung – der an einen festen Goldpreis gebundene US-Dollar – den formellen (und faktischen) Anker bildete.
Das entscheidende Element des EWS war der Wechselkursmechanismus (Exchange Rate Mechanism, ERM). Der Kern des ERM bestand in der Fixierung nationaler Wechselkurse zu ihrer ECU-Parität mit einer Abweichungsmöglichkeit von ±2,25 %. Die zulässigen Schwankungsbreiten von ±2,25 % galten allerdings nicht einheitlich für alle beteiligten Währungen: Für die italienische Lira3 (und später für den portugiesischen Escudo, die spanische Peseta und das britische Pfund Sterling) galten erweiterte Bandbreiten von ±6 %. Zudem wurden die zulässigen Bandbreiten für alle teilnehmenden Währungen im August 1993 auf ±15 % erweitert (siehe die Einzelheiten in Abschn. 3).
Den beteiligten Zentralbanken standen zwei Instrumente zur Verfügung, um den Kurs der eigenen Währung innerhalb der Grenzen der vereinbarten Schwankungsbreiten zu halten. Zum einen löste das Erreichen der oberen oder unteren Abweichungsgrenzen (Interventionspunkte) „obligatorische Interventionen“ am Devisenmarkt zugunsten ihrer eigenen und anderer teilnehmender Währungen aus. Zum anderen wurden von den betroffenen Mitgliedstaaten und Notenbanken bereits bei Erreichen von 75 % der möglichen Abweichungsspannen zur ECU-Parität Gegenmaßnahmen in Form von „intra-marginalen Interventionen“ erwartet.
Interventionen wurden symmetrisch von den Zentralbanken durchgeführt, deren Wechselkursverhältnisse von den Abweichungen betroffen waren.4 Die Notenbanken der Länder, deren Währungen die unteren Interventionspunkte erreichten, mussten eigene Währung durch den Verkauf fremder Devisen erwerben, während die Notenbanken der Länder, deren Währungen die oberen Interventionspunkte erreichten, Fremdwährungen aufkaufen mussten. Um die Umsetzungskapazitäten der nationalen Zentralbanken abzusichern, wurden Erweiterungen der europäischen Kreditfaszilitäten durch den Europäischen Fonds für Währungspolitische Zusammenarbeit (EFWZ) implementiert, deren technische Einzelheiten wir an dieser Stelle nicht vertiefen (vgl. stattdessen Bernholz 1998, S. 797 ff.).
Das eigentliche diskretionäre Moment des EWS war die Anpassungsfähigkeit der Paritäten zwischen den beteiligten Währungen sowie zwischen ihnen und dem ECU. Während die oben beschriebenen Interventionsverpflichtungen der Notenbanken durch „objektive“, sich am Devisenmarkt ergebende Signale ausgelöst wurden,5 bestand für die Anpassung der Währungsparitäten kein vergleichbarer Quasi-Automatismus. Veränderungen der Paritäten – also über die Bandbreiten hinausgehende Auf- und Abwertungen der am EWS beteiligten Währungen – mussten im Rat für Wirtschaft und Finanzen (ECOFIN-Rat) beantragt und dort einvernehmlich beschlossen werden. Das EWS vereinigte also Elemente fester und flexibel-verwalteter Wechselkurse: Kurzfristige Währungsschwankungen wurden durch Interventionen minimiert; erwiesen sich die Bandbreiten aber über Kurzfristschwankungen hinaus als unglaubwürdig, konnten sie durch diskretionäre politische Interventionen korrigiert werden. Wie wir nachfolgend sehen werden, musste diese Möglichkeit oft genutzt werden.

3 Die Phasen des EWS

Wie wir im vorigen Abschnitt gesehen haben, hatten die Architekten des EWS ein Währungsregime geschaffen, das auf wechselseitigen Interventions- und Beistandsverpflichtungen der teilnehmenden Länder beruhte. Wenn die Wechselkurse die äußeren Punkte der definierten Bandbreiten erreichten, reagierten die Zentralbanken mit Interventionen an den Währungsmärkten, und die beteiligten Länder erhielten die Gelegenheit, die Ursachen der unerwünschten Wertverluste und -gewinne ihrer Währungen zu beseitigen, etwa durch Maßnahmen der internen Deflationierung. Waren diese Maßnahmen aber nicht erfolgreich oder blieben sie gänzlich aus – weil sie nicht wünschenswert oder politisch-institutionell nicht machbar erschienen –, blieben einvernehmlich zu beschließende Wechselkursanpassungen möglich. Insgesamt also reflektieren die Häufigkeit und der Umfang der Wechselkursanpassungen den Willen und die Fähigkeit zur politökonomischen Konvergenz.
Tab. 1
Realignment-Runden im EWS, 1979–1998 (Quelle: European Commission 2005)
Runde
Datum
BEL
DNK
FRA
GER
IRL
ITA
LUX
NED
ESP
UK
POR
AUT
FIN
GRE
1
24.09.1979
0
−3,00
0
2,00
0
0
0
0
a
a
a
a
a
a
2
30.11.1979
0
−5,00
0
0
0
0
0
0
a
a
a
a
a
a
3
23.03.1981
0
0
0
0
0
−6,00
0
0
a
a
a
a
a
a
4
05.10.1981
0
0
−3,00
5,50
0
−3,00
0
5,50
a
a
a
a
a
a
5
22.02.1982
−8,50
−3,00
0
0
0
0
−8,50
0
a
a
a
a
a
a
6
14.06.1982
0
0
−5,75
4,25
0
−2,75
0
4,25
a
a
a
a
a
a
7
21.03.1983
1,50
2,50
−2,50
5,50
−3,50
−2,50
1,50
3,50
a
a
a
a
a
a
8
22.07.1985
2,00
2,00
2,00
2,00
2,00
−6,00
2,00
2,00
a
a
a
a
a
a
9
07.04.1986
1,00
1,00
−3,00
3,00
0
0
1,00
3,00
a
a
a
a
a
a
10
04.08.1986
0
0
0
0
−8,00
0
0
0
a
a
a
a
a
a
11
12.01.1987
2,00
0
0
3,00
0
0
2,00
3,00
a
a
a
a
a
a
12
08.01.1990
0
0
0
0
0
−3,70
0
0
0
a
a
a
a
a
13
14.09.1992
3,50
3,50
3,50
3,50
3,50
−3,50
3,50
3,50
3,50
3,50
3,50
a
a
a
14
17.09.1992
0
0
0
0
0
a
0
0
−5,00
a
0
a
a
a
15
23.11.1992
0
0
0
0
0
a
0
0
−6,00
a
−6,00
a
a
a
16
01.02.1993
0
0
0
0
−10,00
a
0
0
0
a
0
a
a
a
17
14.05.1993
0
0
0
0
0
a
0
0
−8,00
a
−6,50
a
a
a
18
07.03.1995
0
0
0
0
0
a
0
0
−7,00
a
−3,60
0
a
a
Die Werte sind prozentuale Veränderungen der Landeswährungen zum ECU-Kurs
aBedeutet, dass das jeweilige Land zum Zeitpunkt des Realignments kein EWS-Mitglied war
BEL Belgien, DNK Dänemark, FRA Frankreich, GER Deutschland, IRL Irland, ITA Italien, LUX Luxemburg, NED Niederlande, ESP Spanien, UK Großbritannien, POR Portugal, AUT Österreich, FIN Finnland, GRE Griechenland
Tab. 1 verdeutlicht, dass das diskretionäre Moment des EWS – die Möglichkeit der ausgehandelten Wechselkursanpassung – häufig in Anspruch genommen werden musste. Insgesamt erfolgten im EWS zu 17 unterschiedlichen Zeitpunkten6 62 vereinbarte Anpassungen der Bandbreiten und zudem zeitweilige Ein- und Austritte (European Commission 2005). Auch zeigt sich auf den ersten Blick, dass die Anpassungen nicht zufällig über die abgedeckten Jahre und die beteiligten Länder verteilt sind. Es lassen sich sowohl turbulente Zeiten von (relativen) Ruhephasen unterscheiden als auch typische Auf- und Abwertungsländer identifizieren. Dabei zeigt sich ein aus den heutigen Ungleichgewichten der Eurozone bekanntes Muster. Deutschland und die Niederlande haben ausschließlich aufgewertet, weitere Länder – Belgien, Dänemark, Luxemburg – haben deutlich häufiger auf- als abgewertet. Wann immer hingegen Italien an einer Wechselkursanpassung beteiligt war, wertete es ab, ebenso wie die erst spät beigetretenen Länder Portugal und Spanien. Auch Frankreich erweist sich im Saldo als Abwertungsland, allerdings fanden alle Abwertungen des Franc während der ersten Hälfte des EWS-Bestands statt.7
Die ersten vier Jahre des EWS waren von erheblichen Instabilitäten geprägt und ließen Zweifel aufkommen, ob mehr Wechselkursstabilität zwischen den Teilnehmerstaaten überhaupt erreichbar war. Die Inflationswerte waren derart heterogen, dass die Beibehaltung der definierten Bandbreiten weder machbar noch auch nur wünschenswert erscheinen konnte. Im Jahr nach dem zweiten Ölpreisschock, 1980, fanden sich unter den EWS-Teilnehmern Inflationsraten zwischen 5,4 % (Deutschland) und 21,1 % (Italien). Auch Frankreich wies bis einschließlich 1982 zweistellige Inflationsraten auf. Hinter diesen Inflationsdivergenzen verbirgt sich zweierlei: zum einen die sehr unterschiedliche Fähigkeit der EWS-Teilnehmer, Zweitrundeneffekte nach Preisschocks zu vermeiden (grundlegend am Beispiel des ersten Ölpreisschocks: Scharpf 1987), zum anderen die Verschiedenheit der wirtschaftspolitischen Strategien jener Zeit, die besonders in dem – 1983 abgebrochenen – keynesianischen Experiment der französischen Regierung Mitterand/Mauroy zum Ausdruck kam (siehe die Einzelheiten in Hall 1986, Kap. 8, und in Stützle 2013, Abschn. 3.3.2).8 Ganze 23 der aufgeführten 62 Wechselkursanpassungen entfallen auf diese Frühphase des EWS. Auffällig sind zudem die erheblichen Umfänge der ausgehandelten Wechselkursanpassungen, die sich in mehreren Fällen oberhalb von 5 % bewegten.
Das Ende der expansiven Politik Frankreichs und die nachfolgende, an der deutschen Preisstabilitätspolitik orientierte Politik der „désinflation competitive“ (während des „tournant de la rigueur“) bedeuteten für das EWS ein Mehr an Inflationskonvergenz. Auch im preisinstabilsten Teilnehmerland – Italien – wurden anti-inflationäre Programme umgesetzt. Die italienische Inflationsrate ging von noch 18,0 % im Jahr 1981 auf 10,8 % im Jahr 1984 zurück. In den Jahren 1985 und 1986 wiesen alle EWS-Teilnehmer nur noch einstellige Inflationsraten auf, gleichwohl verbargen sich hinter dieser relativen Konvergenz immer noch deutliche und mit dem Ziel möglichst stabiler nominaler Wechselkurse unvereinbare Unterschiede. So stand etwa im Jahr 1985 der deutschen Inflationsrate von 2,1 % eine italienische Preissteigerung von 9,2 % gegenüber und eine französische Inflationsrate von immerhin noch 5,8 %. Aber angesichts der im Phasenvergleich relativen Konvergenz wurden die Wechselkursanpassungen bis einschließlich 1987 seltener und ihre Umfänge geringer, abgesehen von den umfangreicheren italienischen und irischen Abwertungen im Juli 1985 und im August 1986.
Da unser Erkenntnisinteresse auf die Implikationen der EWS-Erfahrungen für den Euro gerichtet ist, erscheint die darauf folgende, sich von Mitte Januar 1987 bis Anfang September 1992 erstreckende Ruhephase im EWS besonders bemerkenswert. In diesen fünfeinhalb Jahren verzichteten die EWS-Teilnehmer praktisch völlig auf Wechselkursanpassungen, lediglich eine moderate Abwertung der Lira im Januar 1990 ist hiervon ausgenommen. Das vermeintliche Ende der Spannungen im EWS begünstigte die kurzfristige räumliche Ausdehnung des Regimes ebenso wie den mittelfristigen Plan zur Schaffung des Euros. Im Juni 1989 trat Spanien dem EWS bei, im Oktober 1990 Großbritannien und im April 1992 Portugal. Zudem entschieden sich in den Jahren 1990 und 1991 Norwegen, Schweden und Finnland, ihre Währungen unilateral an den ECU zu binden (im Jahr 1996 trat Finnland dem EWS dann auch formell bei). Österreich behielt die seit 1976 bestehende Bindung des Schilling an die DM bei. Insgesamt schien die Entwicklung darauf hinzudeuten, dass das diskretionäre Moment des EWS nicht mehr gebraucht werden würde und sich die EWS-Teilnehmer in die Lage versetzt hatten, ihre nominalen Wechselkurse unwiderruflich zu fixieren.
Was aber passierte unterhalb der Oberfläche der nominalen Wechselkursstabilität? Zwar setzte sich der Trend rückläufiger Inflationsunterschiede zwischen den EWS-Teilnehmern fort. Da nominale Wechselkursanpassungen aber unterblieben, kumulierten sich die (insgesamt geringer werdenden) Unterschiede in den Preisentwicklungen über einen längeren Zeitraum als in den Vorperioden und machten die Effekte der relativen Inflationskonvergenz daher wieder wett. Betrachtet man die realen effektiven Wechselkurse und setzt das Jahr 1987 auf 100, dann zeigt sich für Deutschland bis 1989 eine Verbesserung der preislichen Wettbewerbskraft um fünf Prozentpunkte. Die deutschen Leistungsbilanzüberschüsse stiegen bis 1989 auf das damals als dramatisch geltende Ausmaß von 4,1 % des BIP an.9 Ganz ähnlich entwickelten sich in diesem Zeitraum die Niederlande (sinkende reale effektive Wechselkurse um die fünf Prozentpunkte und ein Leistungsbilanzüberschuss von 4,0 % im Jahr 1989).
Spiegelbildlich dazu büßten Italien (Anstieg des realen effektiven Wechselkurses um 6,1 % in den Jahren 1987–1991) und das 1989 dem EWS beigetretene Spanien (+7,9 % in den Jahren 1989–1992) an preislicher Wettbewerbskraft ein und erwirtschafteten aus heutiger Sicht moderate, für damalige Verhältnisse aber gleichwohl beunruhigende Leistungsbilanzdefizite (im Jahr 1992: Italien −2,2 %, Spanien −3,4 %). Kurz, im Jahr 1992, dem letzten Jahr der nominalen Ruhephase, stellten sich die preislichen Wettbewerbsverzerrungen und die realwirtschaftlichen Ungleichgewichte im EWS-Raum nicht grundlegend anders dar als in jedem anderen Jahr der Vorperioden, in dem Wechselkursanpassungen stattfanden. In einer Hinsicht sind hiervon aber Abstriche zu machen: Während Frankreich in den turbulenten Frühphasen des EWS klar zum Lager der Weichwährungsländer gehörte (vgl. hierzu Abschn. 5.2), gelang es Frankreich fortan (bis zum Übergang in den Euro), Anstiege des realen effektiven Wechselkurses zu vermeiden. Zudem war 1991 das letzte Jahr, in dem Frankreich ein (moderates) Leistungsbilanzdefizit hinnehmen musste.
Zwei weitere Ereignisse sorgten unterhalb der – wenn man ausschließlich die nominalen Wechselkurse betrachtet – ruhigen Oberfläche des EWS für Spannungen. Deutschland erreichte im Jahr des Wiedervereinigungsbooms 1991 entgegen dem internationalen Trend eine Wachstumsrate von 5,2 % und eine Inflationsrate von 4,0 %, 1992 eine Wachstumsrate von nur noch 1,5 %, aber eine Inflationsrate von 5,1 %. Für deutsche Verhältnisse waren das exzeptionelle Preisauftriebe, die aber immer noch geringer waren als jene Spaniens, Portugals und Italiens (und erst Recht Griechenlands, das dem EWS aber erst zum Ende des Jahrzehnts beitreten sollte). Auf den ersten Blick nahm der Wiedervereinigungsboom Spannung aus dem System, weil er die Inflationsspannweiten der EWS-Teilnehmer verringerte – mit dem angesichts der damaligen Erfahrungen geradezu paradox wirkenden Ergebnis, dass sich Frankreich als stabilitätsorientierter als Deutschland erwies und in einer leichten effektiven Unterbewertungskonstellation verharrte, während sich die preisliche Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands sprunghaft verschlechterte.
Als Problem erwiesen sich aber die EWS-weiten Auswirkungen der Geldpolitik der Bundesbank, die den Diskontsatz als Antwort auf den Inflationsschub im Juli 1992 auf den (namentlich heute) unvorstellbaren Wert von 8,75 % anhob.10 Um Kapitalabflüsse in Grenzen zu halten, blieb den Zentralbanken der anderen EWS-Länder keine andere Wahl, als die rigide Geldpolitik des faktischen EWS-Ankers Deutschland zu kopieren. Im Ergebnis führte die Bundesbank die Nachbarn Deutschlands in eine Rezession, die 1993 ihren Höhepunkt erreichte. Ganze sechs der damaligen neun EWS-Mitglieder – und zudem auch das 1992 aus dem EWS ausgeschiedene Italien (Einzelheiten unten) – erlitten im Jahr 1993 reale Schrumpfungen ihrer Volkswirtschaften.
Diese Spannungen kulminierten ab Mitte 1992 in der Notwendigkeit erheblicher Devisenmarktinterventionen der Notenbanken und dem Rückgriff auf das mehrere Jahre ungenutzte Instrument der Wechselkursanpassung. Zwischen Juli und September 1992 nahmen die Bundesbank-Interventionen zugunsten anderer EWS-Währungen den Rekordwert von 87,2 Mrd. DM an. Zwar konnte die Bundesbank im Prinzip grenzenlos intervenieren, da sie hierfür keine Fremdwährungsbestände benötigte. Die damit einhergehende Geldschöpfung konterkarierte aber die gesetzten Geldmengenziele, weswegen sie ihre stabilitätsorientierte Geldpolitik als grundlegend gefährdet ansah. Sie drängte daher die Regierung, gegenüber den Finanzministern der anderen EWS-Teilnehmer auf eine umfassende Wechselkursanpassung hinzuwirken.11 Diese schien auch deshalb geboten, weil die trotz der Diskrepanz der realen effektiven Wechselkurse seit 1987 fast unverändert gebliebenen Wechselkurse auf den Finanzmärkten für zunehmend unglaubwürdig gehalten wurden und Spekulationen auf die Abwertung mehrerer Währungen einsetzten.
Die Einträge in Tab. 1 vermitteln lediglich einen Teileindruck von den Ereignissen im September 1992. Zunächst werteten alle Teilnehmer außer Italien um 3,5 % auf, Italien zudem um zusätzliche 3,5 % ab. Der 16. September 1992 sollte als „schwarzer Mittwoch“ in die europäische Wirtschaftsgeschichte eingehen. Nach umfangreichen Devisenverlusten ihrer Notenbanken erklärten Großbritannien und Italien ihre Austritte aus dem EWS. Tags darauf wertete Spanien um 5 % ab, nur zwei Monate später folgten weitere Abwertungen Spaniens und Portugals um jeweils 6 % und bis Mitte Mai 1993 weitere erhebliche Abwertungen Irlands, Spaniens und Portugals. Im Zuge dieser Instabilitäten und weiterer erheblicher Interventionen der Notenbanken beschlossen die Regierungen und Notenbankpräsidenten Ende Juli 1993 die Erweiterung der EWS-Bandbreiten von ±2,25 % auf ±15 %. Einige Beobachter sahen das EWS damit als „faktisch suspendiert“ an (so Busch 1993, S. 532).
An den Plänen zur Vollendung der EWU hielten die Regierungen gleichwohl fest (vgl. hierzu Abschn. 6), und tatsächlich stabilisierte sich das EWS innerhalb der erweiterten Bandbreiten. Zwischen 1996 und 1998 traten Österreich, Finnland und Griechenland dem EWS bei, Italien kehrte Ende 1996 in den ERM zurück. Bis Ende 1998 kam es lediglich, und zwar im März 1995, zu zwei weiteren verhandelten Abwertungen Spaniens und Portugals. Eines der Konvergenzkriterien des Maastrichter Vertrags verlangte von Ländern, die ab 1999 am Start des Euro teilhaben wollten, eine mindestens zweijährige spannungsfreie Teilnahme am bestehenden Wechselkursmechanismus (innerhalb der erweiterten Bandbreiten). Der Wille zum Verbleib in diesen weiten Bandbreiten wurde von den Finanzmarktteilnehmern als glaubwürdig, zumindest jedoch als verteidigbar empfunden, so dass es zu keinen weiteren spekulativen Attacken wie noch zu Beginn der neunziger Jahre kam.

4 Das ökonomische Umfeld der Wechselkursanpassungen

In diesem Abschnitt werden wir die ausgehandelten Wechselkursanpassungen eingehender untersuchen, indem wir sie aus ihren konkreten historischen Kontexten lösen und anhand ausgewählter Kennziffern miteinander vergleichen.12 Unser Interesse gilt dabei dem ökonomischen Umfeld der Abwertungen und Aufwertungen. Tab. 2 stellt durchschnittliche Kennziffern des „magischen Vierecks“ – Inflation, Wachstum, Beschäftigungsquote und Leistungsbilanz – jeweils zum Zeitpunkt der Wechselkursanpassungen sowie in den 5 Jahren vor und nach ihnen dar. Die Einträge in der Tab. 2 sind wie folgt zu lesen: Länder, für die eine Abwertung beschlossen wurde, wiesen im Jahr des Realignments im Durchschnitt ein Wirtschaftswachstum von nur 1,45 % auf, Aufwertungsländer in den Aufwertungsjahren hingegen ein durchschnittliches Wachstum von 2,17 %. Zwei Jahre vor der Wechselkursanpassung betrug das Wirtschaftswachstum der abwertenden Länder 2,48 %, das der aufwertenden Länder 2,50 %. Die Interpretation dieser Werte wird allerdings dadurch erschwert, dass die ausgewählten Kennziffern während des Bestands des EWS von Zeittrends erfasst wurden, wie wir in Abschn. 3 gesehen haben: Die Jahre 1979–1998 waren eine Zeit übergreifender Disinflationierung. Um diesen Trend erfassbar und die dargestellten Durchschnittswerte interpretierbar zu machen, stellen wir zusätzlich dar, wie sich die jeweilige Kennziffer im zeitlichen Umfeld jedes beliebigen Jahres und jedes beliebigen Landes entwickelte, in dem die betreffenden Länder (zum Zeitpunkt t) am Wechselkursmechanismus des EWS teilnahmen (an jedem Zeitpunkt also, in dem die berücksichtigten Länder theoretisch hätten ab- oder aufwerten können). Alle dargestellten Werte sind ausschließlich im Sinne der deskriptiven Statistik zu interpretieren: Sie lassen auffällige Entwicklungen der Auf- und Abwertungsländer erkennen, geben aber keinerlei Aufschluss darüber, ob die entsprechenden Entwicklungen kausal auf die Auf- und Abwertungsereignisse zurückzuführen sind.
Tab. 2
Inflation, Leistungsbilanzsaldo, Wachstum und Beschäftigungsquoten der Abwertungsländer und der Aufwertungsländer: Durchschnittswerte für die Jahre der Wechselkursanpassung sowie der jeweils fünf Jahre davor und danach
 
t − 5 Jahre
t − 4 Jahre
t − 3 Jahre
t − 2 Jahre
t − 1 Jahr
t
t + 1 Jahr
t + 2 Jahre
t + 3 Jahre
t + 4 Jahre
t + 5 Jahre
Inflation
Abwertungsfälle
10,77
(7,52)
10,00
(7,07)
10,05
(6,87)
10,59
(6,76)
10,29
(6,50)
8,85
(5,73)
7,78
(5,12)
6,53
(4,44)
5,35
(3,80)
4,01
(3,14)
3,45
(2,83)
Aufwertungsfälle
6,22
(9,26)
6,07
(8,53)
6,11
(8,19)
5,56
(7,94)
4,87
(7,20)
3,73
(6,35)
2,80
(5,67)
2,65
(5,12)
2,40
(4,45)
2,36
(3,68)
2,22
(3,09)
Leistungsbilanz
Abwertungsfälle
−1,39
(−0,66)
−1,45
(−0,63)
−1,53
(−0,68)
−1,77
(−0,65)
−2,13
(−0,68)
−1,51
(−0,36)
−1,03
(−0,07)
−0,83
(0,18)
−0,81
(0,42)
−1,01
(0,51)
−1,11
(0,43)
Aufwertungsfälle
−0,50
(−1,20)
−0,70
(−1,02)
−0,48
(−1,05)
−0,15
(−1,12)
0,15
(−1,04)
0,53
(−0,76)
1,12
(−0,22)
1,32
(0,01)
1,61
(0,29)
1,41
(0,38)
1,43
(0,54)
Reales BIP-Wachstum
Abwertungsfälle
3,74
(3,24)
3,43
(2,81)
3,51
(3,01)
2,48
(2,60)
1,90
(2,58)
1,45
(2,16)
1,60
(2,26)
2,84
(2,78)
3,27
(3,04)
3,82
(3,44)
3,53
(3,79)
Aufwertungsfälle
2,11
(2,71)
2,38
(2,21)
2,85
(3,08)
2,50
(2,59)
2,60
(2,44)
2,17
(2,02)
2,24
(2,23)
3,22
(2,84)
3,80
(3,35)
3,40
(3,03)
3,69
(3,37)
Beschäftigungsquote
Abwertungsfälle
65,42
(65,55)
65,61
(66,46)
65,76
(66,75)
66,00
(67,05)
65,80
(67,16)
65,68
(67,35)
65,58
(67,47)
65,53
(67,68)
65,67
(67,94)
66,03
(68,37)
66,68
(69,02)
Aufwertungsfälle
66,09
(64,88)
66,28
(65,87)
66,31
(65,87)
66,64
(66,14)
66,82
(66,23)
67,09
(66,37)
67,35
(66,47)
67,69
(66,62)
68,14
(66,93)
68,84
(67,37)
69,74
(67,90)
Angegeben werden die durchschnittlichen Inflationsraten, Leistungsbilanzsalden, realen Wachstumsraten und Beschäftigungsquoten der Abwertungsländer in den Jahren der verhandelten Abwertungsereignisse, der Aufwertungsländer in den Jahren der verhandelten Aufwertungsereignisse sowie die entsprechenden Durchschnittswerte für jeweils fünf Jahre vor und nach den Wechselkursanpassungen
Angaben in Klammern: Durchschnittswerte für alle Länder, die zum Zeitpunkt t Mitglieder des EWS-Wechselkursmechanismus waren
Zu den Definitionen und Quellen der Variablen siehe Tab. 3 im Anhang
Ebenso wie in Abschn. 3 wird unsere Aufmerksamkeit insbesondere der Inflation gelten, weil persistente Inflationsunterschiede unweigerlich Anpassungsdruck bei den Wechselkursen erzeugen. Wie sich zeigt, wiesen die Abwertungsländer nicht nur im Jahr der eigentlichen Wechselkursanpassung, sondern bereits in den Jahren zuvor eine erwartungsgemäß überdurchschnittliche Inflationsrate auf. Anders als bei den Aufwertungsländern ist bei den Abwertungsländern in den Jahren vor der Wechselkursanpassung zudem kein relativer Disinflationierungstrend erkennbar. Was geschah in den Folgejahren? Nominale Abwertungen lassen sich als Folgen überdurchschnittlicher Preissteigerungsraten darstellen, gleichzeitig sind sie aber – wenn steigende Importpreise Lohn-Preis-Spiralen auslösen – eine potenzielle Quelle neuer Inflationsschübe. Tatsächlich aber setzten nach verhandelten Abwertungen im EWS im Durchschnitt nicht Reflationierungen, sondern Disinflationierungen ein, die sogar deutlicher ausfielen als die Disinflationierungen der Aufwertungsländer und ebenfalls deutlicher als der übergreifende Zeittrend. Die Abwertungsländer bemühten sich offenbar mit zumindest relativem Erfolg, zukünftigen Abwertungsdruck zu minimieren (vgl. hierzu auch Abschn. 6). Die Werte in Tab. 2 verdeutlichen allerdings auch, dass bei den Abwertungsländern trotz erfolgreicher relativer Disinflationierung stets ein positives Inflationsdifferenzial sowohl gegenüber den Aufwertungsländern als auch gegenüber dem EWS-Durchschnitt verblieb. Es gelang den Abwertungsländern im EWS also, künftigen Abwertungsdruck abzuschwächen, nicht aber, ihn gänzlich zu beseitigen.
Die in Tab. 2 dargestellten Daten zur Leistungsbilanz lassen sich parallel zu den Inflationsdaten interpretieren. Wie nicht anders zu erwarten, wiesen die Abwertungsländer in den Jahren der Wechselkursanpassungen im Durchschnitt eine defizitäre Leistungsbilanz auf, während die Aufwertungsländer Leistungsbilanzüberschüsse generierten. Während die Leistungsbilanz der Abwertungsländer im Durchschnitt bereits in den Jahren vor der Wechselkursanpassung einen negativen Saldo auswies, ist bei den Aufwertungsländern kein eindeutiger Trend erkennbar. Auf die Wechselkursanpassungen folgte bei den Abwertungsländern im Schnitt eine Verkleinerung des Leistungsbilanzsaldos, also ein relativer Erfolg. Gleichwohl verbleibt die Leistungsbilanz der Abwertungsländer stets im Negativen. Bemerkenswert ist die entsprechende Entwicklung bei den Aufwertungsländern: diese konnten die relative Verteuerung ihrer handelbaren Güter gegenüber den anderen EWS-Teilnehmern offenbar gut verkraften. Sie konnten ihre Leistungsbilanzüberschüsse im Zeitverlauf sogar weiter vergrößern, was wiederum nahelegt, dass auf Aufwertungen im EWS im Trend die Entstehung neuen Aufwertungsdrucks folgte. Während die Wechselkursanpassungen den Abwertungsländern im Trend, aber nicht durchgreifend halfen, ausgeglichenen Leistungsbilanzen näherzukommen, haben die Anpassungen den Aufwertungsländern im Hinblick auf ihre Leistungsbilanzsalden im Schnitt zumindest nicht geschadet.
Die in Tab. 2 dargestellten Angaben zum realen Wirtschaftswachstum verdeutlichen, dass die Abwertungsländer vor den Wechselkursanpassungen im Trend Einbrüche ihres ursprünglich überdurchschnittlichen (aufholenden) Wachstums zu verzeichnen hatten. Auf die Wechselkursanpassungen folgten im Schnitt dann wieder Anstiege des Wirtschaftswachstums. Während dies im Einklang mit den Erwartungen über volkswirtschaftliche Zusammenhänge steht, ist bemerkenswert, dass auf die Aufwertungen im Schnitt keine spiegelbildlichen Wachstumseinbrüche folgten. Es ist nicht erkennbar, dass die internationale bzw. innereuropäische Verteuerung ihrer Produkte den Aufwertungsländern geschadet hätte. Zu bedenken ist hier freilich, dass sich bei den Aufwertungsländern – wie wir anhand der Daten zu den Preissteigerungsraten sahen – schon bald nach den Aufwertungen im Schnitt neuer Aufwertungsdruck, also trendmäßig neue reale Unterbewertungen kumulierten.
Die Angaben zu den Beschäftigungsquoten vermitteln ein ähnliches Bild wie die zum realen Wachstum. Ähnlich wie die Inflationsdaten lassen sich auch diese Angaben allerdings nur sinnvoll interpretieren, wenn man zunächst den übergreifenden Zeittrend erfasst: Die Bestandzeit des EWS war eine Zeit zunehmender Inklusion von Frauen in den Arbeitsmarkt und daher steigender Beschäftigungsquoten. Entgegen dem Zeittrend stagnierten die durchschnittlichen Beschäftigungsquoten der Abwertungsländer in den Jahren vor der Wechselkursanpassung, um im Anschluss geringfügig zu steigen. Den Aufwertungsländern scheinen die Aufwertungen auch im Hinblick auf den Beschäftigungsaufbau nicht geschadet zu haben. Im Umfeld der Wechselkursanpassungen entwickelten sich ihre Beschäftigungsquoten ungefähr im Zeittrend und nach den Anpassungen entgegen der Erwartung sogar etwas günstiger als davor.

5 Die Konfliktintensität des EWS

In den vorigen Abschnitten haben wir uns auf die ökonomische Logik des EWS konzentriert und die politischen Spannungen, die mit den in ihm notwendigen Entscheidungen einhergingen, ignoriert. Diese werden wir nachfolgend betrachten, indem wir uns zunächst der innenpolitischen Dimension am Beispiel der Konflikte zwischen der deutschen Regierung und der Bundesbank zuwenden. Im Anschluss zeigen wir die transnationale Dimension der Spannungen am Beispiel des französisch-deutschen Konflikts um das Realignment im März 1983 auf.

5.1 Der Konflikt zwischen der Bundesregierung und der Deutschen Bundesbank

Das EWS war auf Initiative der Regierungschefs Deutschlands und Frankreichs, Helmut Schmidt und Giscard D’Estaing, entstanden.13 Bemerkenswert ist an der Vorgeschichte des EWS die Nichtbeteiligung der Notenbanken und insbesondere der Deutschen Bundesbank, so etwa im Umfeld des Bremer Ratstreffens vom Juli 1978, auf dem die initialen Planungen erfolgten. Helmut Schmidt und Finanzminister Hans Matthöfer befürchteten, die deutsche Notenbank werde im Falle einer frühzeitigen Einbeziehung destruktiv auf die Pläne einwirken. Erst nachdem die entscheidenden Eckpunkte politisch verhandelt waren, unterrichtete die Bundesregierung die Bundesbank (Abelshauser 2009, S. 389; Bernholz 1998, S. 778 f. und S. 797 ff.; Emminger 1986, S. 357; Marsh 1992, S. 194 f.; McNamara und Jones 1996, S. 9 f.; Soell 2008, S. 699).
Warum antizipierten die Architekten des EWS Widerstände aufseiten der deutschen Notenbank? Seit 1974 hatte die Bundesbank Geldmengenziele vorgegeben. Die Erreichung von Geldmengenzielen und die angedachten Mechanismen der Wechselkursstabilisierung ließen sich aber nicht harmonisch vereinbaren. Müssen die Notenbanken schwacher Währungen intervenieren, weil sich der eigene Wechselkurs dem unteren Interventionspunkt nähert, laufen sie Gefahr, ihre Währungsreserven zu verlieren und Kreditfaszilitäten in Anspruch nehmen zu müssen. Für die Notenbanken starker Währungen besteht dieses Problem nicht, weil sie in eigener Währung intervenieren. Das in den Markt gepumpte neue Geld konterkariert aber die gesetzten Geldmengenziele. Allgemein stand Helmut Schmidt bei der Deutschen Bundesbank in Verdacht, Stabilitätsziele zugunsten konjunkturpolitischer Erwägungen sowie allgemeiner Ziele der europäischen Integration hintanzustellen (Emminger 1986, S. 364). Es lag also nahe, dass der deutsche Zentralbankrat die EWS-Pläne als Angriffe auf die Notenbankautonomie und den Primat der Stabilitätspolitik werten würde.
Peter Bernholz (1998, S. 800) zufolge versuchte die Bundesbank in der Frühphase der EWS-Vorbereitungen, Verbündete unter deutschen Interessengruppen einschließlich der Gewerkschaften zu finden. Ihr Ziel war, das diskretionäre Moment des EWS – die Möglichkeit der Wechselkursanpassungen – zu maximieren, die Interventionspflichten hingegen zu minimieren. Je näher sie diesem Ziel gekommen wäre, umso mehr hätte sie das EWS faktisch einem flexiblen Wechselkursregime angenähert. Im Juni 1978 richtete die Bundesbank einen Brief an den Bundeskanzler, in dem sie auf die Grenzen der Interventionspflichten hinwies: Verpflichtungen, die geeignet seien, das Stabilitätsziel der Bundesbank zu unterminieren, seien mit dem Mandat der Bundesbank unvereinbar. Tatsächlich setzte die Bundesbank die Zusage des Kanzlers durch, sie bei drohender Verletzung des Stabilitätsziels von der Verpflichtung zur Intervention zugunsten schwacher Währungen zu entbinden (ebd., S. 801 f.; Stoltenberg 1997, S. 236). Erst nach dieser Zusicherung fand sich im Zentralbankrat eine Mehrheit für die Ziele der Regierung.
Nun deuten die Spannungen im Zuge der Aushandlung der Struktur des EWS noch nicht notwendigerweise darauf hin, dass auch seine Operationsweise von innenpolitischen Konflikten der beschriebenen Art begleitet war. Tatsächlich aber ziehen sich derartige Konflikte wie ein roter Faden durch die Geschichte des EWS. Ein diskretionäres Wechselkursregime lässt sich als institutionelles Arrangement verstehen, dessen Stellung zwischen den Polen „fest“ und „anpassungsfähig“ in jedem Einzelfall zum Gegenstand von Aushandlungen wird. So drängte die Bundesbank die Bundesregierung mehrfach, in internationale Verhandlungen einzutreten, um Interventionsverpflichtungen und damit einhergehende Expansionen der deutschen Geldmenge durch Wechselkursanpassungen zu beenden. Die Bundesbank sah sich ihrerseits regelmäßig innenpolitischer und internationaler Kritik ausgesetzt, wenn sie harte Zinsentscheidungen mit Blick auf die innere Preisstabilität traf und die Nachbarn damit vor die Wahl stellte, ihre geldpolitischen Entscheidungen entweder nachzuvollziehen oder abzuwerten (oder beides gleichzeitig; siehe die zahlreichen Nachweise in Baltensberger (1998), der die Phasen besonders heftiger Kritik an der Bundesbank auf die Jahre 1980–1981, 1986–1988 und 1991–1993 datiert).
Die Spannungen zwischen Regierung und Bundesbank sind lediglich ein Beispiel für die innenpolitische Konfliktanfälligkeit diskretionär anpassungsfähiger Wechselkursregime. Denn allgemein muss die Nutzung des diskretionären Handlungsspielraums vor Interessengruppen und Wählern verantwortet werden (Schmidt 1990, S. 233). Aus Sicht der Politiker, die dabei in das Schussfeld widerstreitender Interessen geraten, ist das ein Nachteil sowohl gegenüber gänzlich flexiblen Wechselkursregimen (in denen der nominale Wechselkurs ein Marktergebnis ist) als auch gegenüber Währungsunionen (in denen es keine veränderbaren nominalen Wechselkurse mehr gibt). Jede Intervention am Devisenmarkt und jede Wechselkursanpassung – und ebenso: deren Ausbleiben – bringt Gewinner und Verlierer hervor, etwa Konsumenten und importstarke Sektoren als Nutznießer von Überbewertungskonstellationen einerseits und die Exportwirtschaft, deren Beschäftigte und ggf. mit der Exportwirtschaft verflochtene Banken als Nutznießer von Unterbewertungskonstellationen andererseits (Henning 1994; Frieden 1991, 1997, 2015; Walsh 2000). Mehr als andere Währungsordnungen sehen sich diskretionäre Wechselkursregime im „Normalbetrieb“ (in Abgrenzung von Krisensituationen) also dem Spannungsfeld eines widerstreitenden Lobbyings und der Notwendigkeit rechtfertigungsbedürftiger, unpopulärer Entscheidungen ausgesetzt.

5.2 Die Aushandlung der Realignments vom März 1983

Wenden wir uns nunmehr der transnationalen Dimension der Konflikte um verhandelte Wechselkursanpassungen zu. Um das Ausmaß an politischer Energie zu illustrieren, das die beteiligten Regierungen in die entsprechende Konfliktbearbeitung investieren mussten, greifen wir ein Beispiel heraus, und zwar die Auseinandersetzung um die Wechselkursanpassungen im März 1983, die in Tab. 1 durch die Einträge zu „Runde 7“ repräsentiert wird und die sich vor allem – aber nicht nur – als Konflikt zwischen Deutschland und Frankreich manifestierte. Die Spannungen zwischen Deutschland und Frankreich sind in unserem Zusammenhang von besonderem Interesse, weil der Integrationswille dieser Länder seit den Römischen Verträgen als Motor der europäischen Integration wirkte. Gleichzeitig stehen beide Länder stellvertretend für zwei unterschiedliche Sichtweisen auf das wünschenswerte Zusammenwirken von Staat und Wirtschaft, die das EWS überdauerten und auch heute noch im Euro fortbestehen (Kauffmann und Uterwedde 2010, S. 13 f.): die dominierende französische Sichtweise auf dem Primat der Politik über die Wirtschaft beharrend, interventionistisch und eher binnenorientiert, die deutsche Sichtweise hingegen stabilitätsorientiert, regelbasiert, auf autonome Instanzen setzend und eher exportorientiert.14
Vor dem Hintergrund des zweiten Ölpreisschocks und des Versuchs der Regierung Mitterand/Mauroy, den Schwierigkeiten der französischen Ökonomie mit einer keynesianisch-expansiven Wirtschaftspolitik zu begegnen, hatte Frankreich in allen Jahren zwischen 1979 und 1982 mit zweistelligen Inflationsraten und zudem einem persistent über sechs Prozentpunkten liegenden Inflationsdifferenzial gegenüber dem deutschen Nachbarn zu kämpfen (vgl. Abschn. 3). Daher war der Franc immer wieder unter Abwertungsdruck geraten, bereits zweimal – im Oktober 1981 und im Juni 1982 – wurde die Parität des Franc nach unten korrigiert. In einer solchen Situation befand sich Frankreich auch in den ersten Wochen des Jahres 1983. Im Prinzip hatte sich die Sicht bereits durchgesetzt, dass eine erneute Wechselkursanpassung unumgänglich und bereits zu lange hinausgezögert worden war. Eine ungeklärte Frage blieb aber die Aufteilung der Anpassungslast zwischen den EWS-Teilnehmern (Hoffmeyer 2000, S. 58). Innenpolitisch wurde die französische Regierung gedrängt, auf eine Aufwertung der Währungen des DM-Blocks hinzuwirken und eher ein Verlassen des EWS anzudenken, als die eigene Wirtschaftspolitik konterkariert zu sehen oder erneut selbst abwerten zu müssen.
Wie hat man sich die Verhandlungen über die Aufteilung der Anpassungslast nun vorzustellen? Darstellungen dieser Vorgänge finden sich sowohl in den Erinnerungen des damaligen deutschen Finanzministers Gerhard Stoltenberg (Amtszeit 1982–1989; Stoltenberg 1997, Kap. 13) als auch in den Erinnerungen des damaligen französischen Finanz- und Wirtschaftsministers Jacques Delors (Amtszeit 1981–1984; Delors 2004, Kap. 5). In der ersten Märzhälfte wollte François Mitterand eine rasche DM-Aufwertung erreichen, wobei ihm eine Größenordnung von 8–9 % vorschwebte. Stoltenberg reiste am 17. März nach Frankreich, um dem französischen Staatspräsidenten den verhaltenen deutschen Standpunkt darzustellen. Um den Finanzmärkten keine Signale auf ein bevorstehendes Realignment zu geben, fand bereits dieser Besuch unter größter Geheimhaltung statt. Stoltenberg landete auf einem Militärflugplatz und wurde über einen normalerweise nicht benutzten Seiteneingang ins Elysée geleitet. Weil – auch dies aus Gründen der Geheimhaltung – auf einen Dolmetscher verzichtet werden sollte, übersetzte ein persönlicher Vertrauter Mitterands diesem die Ausführungen des Gastes, wie sich Stoltenberg erinnert, mit großer Mühe. Während Deutschland zu einer Aufwertung seinerseits bereit war, verlangte es ein Entgegenkommen Frankreichs in Form eines eigenen Abwertungsschritts, den Mitterand vermeiden wollte.
Noch in derselben Woche trafen sich die beteiligten Finanzminister und Notenbankpräsidenten in Brüssel, um die Modalitäten der Wechselkursanpassung zu verhandeln. Die Vertreter dreier von Stoltenberg nicht näher benannter Länder wandten sich gegen eigene Wechselkursanpassungen gegenüber der DM; Frankreich solle seinerseits abwerten und anschließend eine strikte Stabilitätspolitik verfolgen.15 Hingegen lag die Hauptschuld für die Unruhen im EWS nach französischer Lesart auf deutscher Seite. Bewege sich die deutsche Seite nicht, werde Frankreich aus dem EWS austreten (Delors 2004, S. 180 ff.).16 Nach Delors’ Darstellung erhielt Frankreich Unterstützung von den Vertretern Belgiens und Großbritanniens. Die 48-stündigen Verhandlungen wurden immer wieder durch bilaterale Einzelgespräche und Rücksprachen der Verhandlungspartner mit ihren Regierungen unterbrochen. Allein zweimal musste Delors die Verhandlungen unterbrechen, um zu Konsultationen nach Paris zu reisen. Am Ende dieser Verhandlungen stand der in Tab. 1 einsehbare Kompromiss: Eine Aufwertung der DM um 5,5 %, geringfügigere Aufwertungen der niederländischen, dänischen, luxemburgischen und belgischen Währungen, Abwertungen des Franc und der Lira um 2,5 % und des irischen Pfunds um 3,5 %.
Dieser kurze Einblick in die politischen Hintergründe einer Anpassungsrunde illustriert die politische Energie, die in die „Pflege“ eines diskretionären Wechselkursregimes investiert werden muss – und verdeutlicht, warum es für die beteiligten Politiker in den neunziger Jahren eine attraktive Option war, das EWS trotz fragwürdiger Konvergenzerfolge durch eine einheitliche Währung mit multilateraler Notenbank zu ersetzen. Die Verschränkung von innen- und außenpolitischen Konfliktlinien, die durch politisch ausgehandelte Wechselkursanpassungen tangiert werden, lassen das diskretionäre Moment des EWS nicht nur als nützlichen ökonomischen Puffer, sondern gleichzeitig auch als politische Bürde erscheinen, deren zeitweise Beherrschung nur unter Aufwendung zermürbender politischer Anstrengungen möglich erscheint.17

6 Interpretation

In diesem Beitrag haben wir die durch die Eurokrise angestoßene Debatte über die Funktionsweise diskretionärer Wechselkursregime zum Ausgangspunkt für einen Rückblick auf das Europäische Währungssystem genommen, das von 1979 bis zur unwiderruflichen Fixierung der nominalen Wechselkurse zum Jahreswechsel 1998/1999 Bestand hatte. Gegenüber seinem Vorgänger, der europäischen Währungsschlange, zielte das EWS auf verstärkte Interventionen zur Stabilisierung der nominalen Wechselkurse der teilnehmenden Länder. Gleichwohl blieb die Möglichkeit politisch verhandelter Anpassungen der Wechselkurse erhalten. Aufgrund der Schwierigkeit, die seit 1999 entstandenen realen Wechselkursverzerrungen allein durch interne Anpassungsmaßnahmen (De- und Reflationierungen) aufzulösen, haben einige Teilnehmer der Debatte den Übergang zu einem neuen diskretionären Währungsregime vorgeschlagen, dessen Kern der formal noch bestehende, aus dem EWS stammende Wechselkursmechanismus II sein könnte. Unser Rückblick erlaubt die Formulierung einiger vorsichtiger Einschätzungen zu der Frage, wie ein solches Regime in der Euro-Ära funktioniert hätte bzw. wie es in Zukunft funktionieren könnte.
Zunächst fällt auf, dass das diskretionäre Moment des EWS, die Möglichkeit der Wechselkursanpassung, häufig genutzt werden musste (Abschn. 2). Da die Herstellung einer für ein festes Wechselkursregime hinreichenden Inflationskonvergenz im EWS so wenig gelang wie im Euro, spricht alles dafür, dass auch in ein EWS II, würde es heute errichtet, keine Ruhe einkehren würde. Mutmaßlich wären in regelmäßigen Abständen Notenbankinterventionen an den Devisenmärkten notwendig, um die teilnehmenden Währungen kurzfristig in den gewünschten Bandbreiten zu halten, und mutmaßlich müssten diese Bandbreiten mittelfristig immer wieder angepasst werden, um divergenten Preisauftrieben und daher mittelbar verzerrten realen effektiven Wechselkursen Rechnung zu tragen und so den Teilnehmerländern zu einem währungsseitig möglichst unverzerrten Handel und Zahlungsverkehr zu verhelfen. Dieses Szenario lässt sich im Prinzip sowohl als Schwäche als auch als Stärke verstehen: als Schwäche, weil vom Ziel der Stabilisierung der nominalen Wechselkurse immer wieder Abstand genommen werden müsste, und als Stärke, weil sich kumulierende reale Über- und Unterbewertungen der teilnehmenden Währungen anders als in den Jahren seit 1999 zumindest kurzfristig durch nominale Anpassungen korrigieren lassen würden.
Die Warnungen vor mit diskretionären Wechselkursregimen einhergehenden Abwertungswettläufen (etwa Schulmeister 2013, S. 108; Vobruba 2013) können sich allerdings nicht auf die Erfahrungen mit dem EWS berufen. Weder in ihm noch unter dem Regime der Währungsschlange noch unter dem Regime von Bretton Woods waren Abwertungswettläufe zu beobachten,18 und es ist unklar, warum solche in einem etwaigen EWS II ausbrechen sollten. Im EWS waren es bestimmte Länder – insbesondere die südeuropäischen Teilnehmer, Irland und während der ersten Hälfte des EWS-Bestands zudem Frankreich –, die immer wieder dem Abwertungsdruck nachgeben mussten, und andere Länder – die des so genannten DM-Blocks –, bei denen sich immer wieder der Aufwertungsdruck aufstaute (Abschn. 3).
Ebenso wie im EWS würden Auf- und Abwertungen Ungleichgewichte in einem neuen diskretionären Wechselkursregime stets nur zeitweise eindämmen, ohne ihre mittelfristige Neuentstehung verhindern zu können. Wenn gegen diskretionäre Währungsregime aber eingewandt wird, dass nominale Abwertungen sinnlos, ja kontraproduktiv seien, weil sie die Inflation anheizen (Hickel 2013, S. 37; Schulmeister 2013, S. 108), dann kann sich auch diese Sichtweise nicht auf die Erfahrungen aus den Jahren 1979–1998 berufen. Ganz im Gegenteil hinderten die Wechselkursanpassungen die Abwertungsländer nicht daran, am inner- und außerhalb des EWS stattfindenden Disinflationierungstrend teilzunehmen und innerhalb des EWS als entscheidende Treiber dieses Trends zu fungieren. Namentlich ließen sich in den unmittelbar auf die Abwertungen folgenden Jahren keine Inflationsschübe beobachten. Das Problem war im EWS vielmehr, dass auch der übergreifende Disinflationierungstrend keine Inflationskonvergenz herstellte, der den zukünftigen Verzicht auf nominale Wechselkursanpassungen ökonomisch hätte rechtfertigen können.
Gleichwohl waren die nominalen Wechselkursanpassungen nicht nutzlos. Wenn Anke Hassel (2014, S. 9) vermutet, dass sich die im Euro zu beobachtenden Leistungsbilanzungleichgewichte auch unter den Bedingungen des EWS aufgebaut hätten, stimmt das nur bedingt. Korrekt ist, dass auch im EWS Länder über längere Zeiträume in Defizitpositionen verharrten, so Frankreich in den Jahren 1980 bis 1991 und Italien von 1980 bis 1992 (einzelne Jahre ausgenommen), während Deutschland von 1982 bis zum Wiedervereinigungsboom (bis einschließlich 1990) Leistungsbilanzüberschüsse generierte. Aber es gelang, diese Defizite und Überschüsse in vergleichsweise engen Grenzen zu halten. Im Vergleich zu den Leistungsbilanzungleichgewichten in der Eurozone erscheinen die Zustände im EWS vorbildlich. Namentlich hat es eine Konstellation, in der ein einzelnes Land – Deutschland – zwölf Jahre in Folge (2004 bis 2015) einen Leistungsbilanzüberschuss von über 4 % erzielt hätte (in neun dieser Jahre sogar über 6 % und im letzten beobachteten Jahr, 2015, 8,3 %), im EWS nicht gegeben. Auch zweistellige Leistungsbilanzdefizite (fünf Eurojahre in Griechenland und sieben in Portugal) kamen im EWS niemals vor. Hinsichtlich der Fähigkeit, solche Ungleichgewichte in Grenzen zu halten, sprechen die verfügbaren Daten klar dafür, dass das diskretionäre Regime des EWS der Währungsunion überlegen war. In ökonomischer Hinsicht spricht folglich einiges dafür, die Option eines neuen EWS II nicht vorschnell als abwegig abzutun.
Allerdings ist die rein ökonomische Bilanz des EWS lediglich ein Teil der Gesamtbilanz. Sie bedarf einer Ergänzung um eine sozialwissenschaftliche Betrachtungsweise, die die Implikationen für die handelnden Finanzpolitiker, Regierungs- und Notenbankchefs ernst nimmt. Von dieser Seite betrachtet, erscheint das EWS vor allem als Quelle politischer Unzufriedenheit. Diese Unzufriedenheit war vor allem ein Unbehagen an der stetigen politischen Konfliktaufladung, die mit der „Pflege“ des diskretionären Regimes unweigerlich einhergehen musste – und die mutmaßlich auch mit der Errichtung eines etwaigen EWS II einhergehen würde. Diese Konfliktintensität haben wir in Abschn. 5 anhand eines empirischen Beispiels illustriert. Die beteiligten Regierungschefs, Finanzminister und Notenbankpräsidenten hatten allen Grund, die Aussicht auf eine niemals endende Serie an politisch verhandelten Wechselkursanpassungen als Albtraum zu empfinden, und hatten deshalb einen guten Punkt, als sie entschieden, sich dieser Aussicht durch die unwiderrufliche Fixierung der Wechselkurse und den Übergang in eine gemeinsame Währung zu entledigen.
Die Option eines EWS II erscheint also, selbst wenn man sich die kaum prognostizierbaren Umstellungskosten von einem Regime in das andere im Gedankenexperiment wegdenkt, als zweischneidiges Schwert. Ja, angesichts der damals wie heute nicht erreichten Inflationskonvergenz war die in das EWS eingebaute Möglichkeit der Wechselkurskorrektur der heterogenen polit-ökonomischen Basis Europas der Jahre 1979–1998 angemessener als feste Wechselkurse, und viel spricht dafür, dass dies auch heute noch so ist. Die politisch zermürbende Prozedur, die notwendig war, um Anpassungen zu erreichen, konnte und kann jedoch damals wie heute kaum attraktiv erscheinen. Auch in einem neuen EWS würden Wechselkurskorrekturen mutmaßlich lange hinausgezögert, etwa wenn, was fast immer der Fall ist, Wahlen in einem politisch gewichtigen Teilnehmerland bevorstehen. Das impliziert, dass kurz- bis mittelfristige reale Unter- und Überbewertungen auch den Teilnehmern eines neuen EWS nicht erspart bleiben würden und dass den beteiligten Ländern in solchen Zeiträumen kaum etwas anderes übrig bleiben würde, als ihre makroökonomische Politik am preisstabilsten Teilnehmer – damals wie heute: Deutschland – zu orientieren. In mancherlei Hinsicht wäre daher auch ein neues EWS lediglich – aber immerhin! – ein „Euro light“. Ob solch ein „Euro light“ dem Euro tatsächlich vorzuziehen wäre, sollte angesichts der Schwere der Eurokrise ohne Tabus und unter Rückgriff auf den verfügbaren historischen Erfahrungsschatz geprüft werden.
Open access funding provided by Max Planck Institute for the Study of Societies.
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Das Berliner Journal für Soziologie veröffentlicht Beiträge zu allgemeinen Themen und Forschungsbereichen der Soziologie sowie Schwerpunkthefte zu Klassikern der Soziologie und zu aktuellen Problemfeldern des soziologischen Diskurses.

Appendix

Anhang

Tab. 3
Variablen: Definitionen und Quellen
Variable
Definition
Quellen
Beschäftigungsquoten
Prozentualer Anteil der Erwerbstätigen an der gesamten erwerbsfähigen Bevölkerung (i.S. der Nettoerwerbstätigenquote)
Comparative Political Data Set I (Armingeon et al. 2013); auf Basis von OECD-Datensätzen
Inflationsraten
Nominale Inflationsrate, gemessen als prozentuale Veränderung zum Vorjahr
Comparative Political Data Set I (Armingeon et al. 2013); auf Basis von OECD-Datensätzen
Leistungsbilanzsalden
Jährliche nationale Leistungsbilanzsalden in Prozent des BIP. Die Werte für Belgien und Luxemburg liegen nur als aggregierte, gemeinsame Werte vor
IMF (2015) Statistik, Balance of Payments dataset; World Bank (2015) Statistik (Datencode: BN.CAB.XOKA.CD)
Reale effektive Wechselkurse
Der Index (Referenzjahr = 100) misst die internationale Wettbewerbsfähigkeit einer Ökonomie gegenüber dessen Handelspartnern auf Basis der Entwicklung von Konsumentenpreisindexes (CPI)
World Bank (2015) Statistik (Datencode: PX.REX.REER)
Realignment
Diskretionäre Veränderung der nationalen Paritäten zum ECU von im Wechselkursmechanismus teilnehmender Staaten im Europäischen Währungssystem, 1979–1998
European Commission (2005)
Wachstumsraten
Wachstum des realen BIP, gemessen als prozentuale Veränderung zum Vorjahr
Comparative Political Data Set I (Armingeon et al. 2013); auf Basis von OECD-Datensätzen
Footnotes
1
Der Wechselkursmechanismus II sieht derzeit Bandbreiten von ±15 % vor. Jedoch können Mitgliedsländer schmalere Bandbreiten individuell aushandeln.
 
2
Zwar ist der Wechselkursmechanismus II als Teilschritt zum Euro-Beitritt konzipiert. Wie das Beispiel Dänemark aber zeigt, ist der Beitritt zum Euro keine zwingende Folge der Mitwirkung am Wechselkursmechanismus II.
 
3
Die Schwankungsbreiten für die italienische Lira wurden am 08.01.1990 auf Wunsch Italiens auf ±2,25 % reduziert und verblieben bis zum Ausscheiden aus dem EWS am 16./17.09.1992 auf diesem Niveau (European Commission 1990, S. 10 f.).
 
4
Die Symmetrie der Interventionsverpflichtung war jedoch erst ein Ergebnis langjähriger, konfliktträchtiger Verhandlungen zwischen den EWS-Mitgliedsländern. In diesem Rahmen wehrte sich insbesondere die Deutsche Bundesbank gegen die Aufnahme von intramarginalen Interventionen in die kurzfristigen Kreditfaszilitäten des EFWZ im Basel-Nyberg-Abkommen von 1987 (siehe hierzu Collignon 1994 und Hoffmeyer 2000).
 
5
Wir vernachlässigen an dieser Stelle, dass sich die Deutsche Bundesbank die Möglichkeit vorbehielt, Interventionen auszusetzen, wenn dies zur Erreichung der Stabilitätsziele notwendig erschien (siehe Abschn. 5).
 
6
Die Ereignisse in der Mitte des September 1992 (siehe Runde 13 und 14 in Tab. 1) werden hier als ein Zeitpunkt gezählt.
 
7
Zu den Phasen des EWS vergleiche Bernholz 1998; Baltensperger 1998; Wagener und Eger 2014, S. 365 ff.
 
8
Nach dem Wahlsieg im Mai 1981 leitete die französische Linksregierung umfangreiche Verstaatlichungen, Arbeitszeitverkürzungen und kreditfinanzierte öffentliche Investitionen ein.
 
9
Für damalige Verhältnisse waren das, wie Baltensperger (1998, S. 502) schreibt, „ungeahnte Höhen“ (vgl. Abschnitt 6).
 
10
Damit beendete die Bundesbank auch die für Deutschland ungewöhnliche Serie an Jahren mit (geringfügigen) Leistungsbilanzdefiziten; bis zum Übergang in den Euro wies die deutsche Leistungsbilanz kein Defizit mehr aus.
 
11
Schon einmal hatte die Bundesbank die Bundesregierung im Jahr 1987 um die Beantragung einer Paritätsänderung gebeten, um die Expansion des durch die Interventionsverpflichtungen geschaffenen Zentralbankgelds zu begrenzen; im Dezember 1986 und im Januar 1987 musste die Bundesbank mit 36,1 Mrd. DM zugunsten anderer EWS-Währungen intervenieren (Bernholz 1998, S. 806).
 
12
In der Langfassung dieses Papiers zeigen wir außerdem, dass sich die typischen Auf- und Abwertungsländer im EWS entlang ihrer politisch-institutionellen Konfigurationen unterschieden (Höpner und Spielau 2015). Typische Aufwertungsländer verfügten über eine korporatistische Lohnaushandlung, eine föderalistische Struktur und unabhängige Zentralbanken, typische Abwertungsländer hingegen über eine unkoordinierte Lohnaushandlung, einen starken Zentralstaat und abhängige Zentralbanken. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang, dass zwar die Varianz hinsichtlich der Notenbankunabhängigkeit mit dem Übergang in den Euro eingeebnet wurde (entscheidend für die Ausrichtung der Geldpolitik), die Unterschiedlichkeiten hinsichtlich der Lohnaushandlung (entscheidend für die Lohnpolitik) und hinsichtlich des Föderalismus (entscheidend für die Fiskalpolitik) aber fortbestehen. Allgemein besteht die Eurozone bis heute aus höchst unterschiedlichen „Spielarten des Kapitalismus“ (Hall und Gingerich 2004; Höpner und Lutter 2016).
 
13
Hoffmeyer (2000, S. 49 f.) sieht den entscheidenden Impuls bei Giscard D’Estaing angesiedelt, der einen zögernden Helmut Schmidt davon überzeugte, auf mehr Wechselkursstabilität hinzuwirken.
 
14
Die Unterscheidung von „government“ und „governance“ bringt diese Traditionen und Sichtweisen gut auf den Punkt.
 
15
Das Verhandlungsergebnis und die Darstellungen legen nahe, dass unter diesen drei Ländern Dänemark und die Niederlande waren.
 
16
Eine Bemerkung Delors’ (2004, S. 281) legt nahe, dass die deutsche Seite diese französische Drohung ihrerseits mit der Drohung beantwortete, die Notenbankinterventionen zugunsten des Franc einzustellen. Ein etwaiges Ausscheiden aus dem EWS wurde in der Regierung Mitterrand bei allen drei Abwertungen der Jahre 1981 bis 1983 als mögliche politische Lösung diskutiert. Auch Deutschland nutzte wiederholt die Drohung eines eigenen Ausscheidens aus dem EWS, um sich Verhandlungsvorteile zu verschaffen.
 
17
Die Möglichkeit von Paketlösungen – also die Vermengung mit sachfremden Verhandlungen – steigert diese Komplexität noch zusätzlich. Als weitere Komplexitätssteigerung tritt das variable „timing“ von Wechselkursanpassungen hinzu, die häufig bis nach Wahlterminen hinausgezögert werden (siehe hierzu die bei Broz und Frieden 2006, S. 595, zitierte Literatur).
 
18
Die letzten Abwertungswettläufe (definiert als Serie wechselseitiger nominaler Abwertungen) unter Beteiligung der späteren EWS-Länder fanden in den frühen 1930er-Jahren statt. Die nachfolgenden Regime wurden gerade im Lichte dieser negativen Erfahrungen geschaffen.
 
Literature
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Metadata
Title
Besser als der Euro? Das Europäische Währungssystem, 1979–1998
Authors
Martin Höpner
Alexander Spielau
Publication date
18-10-2016
Publisher
Springer Fachmedien Wiesbaden
Published in
Berliner Journal für Soziologie / Issue 2/2016
Print ISSN: 0863-1808
Electronic ISSN: 1862-2593
DOI
https://doi.org/10.1007/s11609-016-0314-2

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