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06-07-2016 | Betriebsstoffe | Schwerpunkt | Article

R744-Entwicklung für Klimaanlagen als Auf und Ab

Author: Michael Reichenbach

5:30 min reading time

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CO2 für Klimaanlagen wurde bereits 1988 in Norwegen "entdeckt". Die Geschichte dieses natürlichen Kältemittels ist voller Höhen und Tiefen. R744 wartet auf den Durchbruch.

Erste wichtige Forschungen zu CO2 als Kältemittel in Personenwagen wurden von Professor Gustav Lorenz an der Universität Trondheim in Norwegen in den Jahren 1988 bis 1991 durchgeführt, sein transkritischer Kreislauf war der Durchbruch. Der Zulieferer Behr ließ dann 1998 erste Versuchsfahrzeuge durch das kalifornische Death Valley fahren, um die Tauglichkeit zu testen. Die Serienumsetzung geht bis ins Jahr 2001 zurück, das CO2 oder R744 ist also heute seit genau 15 Jahren ein Thema. Schon damals hieß es von OEM-Entwicklungsleitern, diese Technik wird kommen, sie ist eigentlich so gut wie fertig, und alle wesentlichen Probleme seien überwunden. Anschließend verschwand das Thema wieder, die Europäer wollten noch die US-Amerikaner überzeugen. Technisch schien alles bei Dichtungen, Kompressoren und Ventilen machbar, die Pläne lagen in der Schublade. Es kamen nun erste Zweifel auf, denn die Einführung in Werkstatt und Service hätte noch einmal so viel gekostet wie die Entwicklungsarbeiten selbst. Doch die deutschen OEMs und ihre Zulieferer wagten den schweren Schritt, erklärten sich auf der IAA 2007 zusammen mit dem VDA dazu bereiterklärt, CO2 in Serie in ihre Fahrzeuge einzuführen. In 2008 wurde der Hype um R744 so groß, sodass das erste TWK-Klimasymposium zu diesem natürlichen Kältemittel für Personenwagen in Karlsruhe stattfinden konnte.

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In drei Kapiteln wird über die Historie, weltweite Klimate und Regelwerke (Vorschriften, Normen und Richtlinien) berichtet. Die geschichtliche Entwicklung wird skizziert und auf wesentliche Meilensteine eingegangen. Normen, Richtlinien und Literaturs


Bereits 2008 hundert R744-Pkw erfolgreich im Test

Schon im Artikel R744-Klimasysteme aus der ATZ 7-8-2008 stattete ein Entwicklerteam rund um Peter Kroner von Behr (heute Mahle Behr) für die interne Erprobung und für die Erprobung bei Automobilherstellern 20 Fahrzeuge mit R744-Kreisläufen aus. Für die Dauerlauferprobung seien auch einige Fahrzeuge aus dem Fuhrpark umgebaut und getestet worden. Damals waren insgesamt Komponenten für 100 Fahrzeuge und Fahrzeugaufbauten geliefert worden.

Nach intensiven Prüfungen aller Kältemittel-Alternativen hatte sich die deutsche Automobilindustrie als weltweit erste entschieden, in den Klimaanlagen der Zukunft das besonders umweltfreundliche R744 als Kältemittel einzusetzen, stellt Kroner in seinem Fachartikel fest. Um dieses Ziel zu erreichen, stünde der Industrie mit dem Stuttgarter Zulieferer Behr ein Entwicklungspartner zur Seite, der "über lange Erfahrung mit R744 als Kältemittel verfügt" und Serienprojekte bis zur konstruktiven Validierung samt Flottenversuch durchgeführt hätte. Auch Themen wie Fertigung, Großserientauglichkeit und Service wurden von Behr-Mann Kroner untersucht und positiv entschieden. Fazit der Untersuchungen: "Der hier von Behr beschriebene erfolgreiche Flottentest sowie die bisher gesammelten Produktions-Erfahrungen lassen einen reibungslosen Übergang vom Kältemittel R134a auf R744 erwarten".

Doch mit der Autokrise 2008/2009 landeten die Pläne, Prototypenfahrzeuge, Werkzeuge und Ambitionen ein zweites Mal in der Schublade. Die IAA-Erklärung wurde zurückgezogen. Auch das Know-how ging in manchen Firmen verloren, Abteilungen wurden aufgelöst, Ingenieure suchten sich andere Tätigkeitsgebiete als das Thermomanagement. "Seitdem sind acht Jahre unnütz vergangen, das ist ein Jammer, vertane Zeit", konstatierte Symposiumsleiter Johannes Reichelt im Rückblick auf dem zweiten TWK-Klimasymposium zu diesem Kältemittel jetzt aktuell im Juni 2016.

Erste CO2-Modelle in 2016 auf dem Markt

Aktuell kommt wegen der Brand- und Flusssäuregefährlichkeit des R134a-Ersatzstoffs R1234yf wieder Fahrt in Richtung R744 auf. So möchte Daimler, in 2015 angekündigt, seine ersten Modelle mit CO2-Klimaanlagen ab Ende 2016 ausrüsten: erst die S-Klasse und dann den E-Klasse-Kombi. Es hieß auf dem 2. Klimasymposium, dass Audi mit dem A8 folge. Grund für Daimler und die anderen Automobilhersteller ist, dass eine Übergangsfrist mit R134a abläuft und in der EU ab dem 1. Januar 2017 Kältemittel mit einem Treibhauspotenzial von GWP über 150 in Neufahrzeugen verboten werden. Heute werden Mehrkosten von 500 Euro, von manchen auch 700 bis 800 Euro für den Endkunden kolportiert. Bleibt zu hoffen, dass es nun wirklich weiter geht mit diesem natürlichen Kältemittel.

Doch warum überhaupt CO2?

Grund für den gewünschten Wechsel vom Kältemittel R134a auf das klimafreundliche R744 ist der Treibhauseffekt, der durch Fluorkohlenwasserstoffe, aus denen Kältemittel oft bestehen, beschleunigt wird. Gemessen wird der Effekt als Global Warming Potential, kurz GWP. Als Bezugsgröße wurde Kohlendioxid (CO2) gewählt, das natürlich in der Atmosphäre vorkommt und einen GWP-Wert von 1 bekam. Mittlerweile ist um die "korrekte" Angabe des GWP eine kleine Debatte entbrannt, denn es kursieren für das neue R1234yf verschiedene Zahlen: 4 und kleiner 1. Das liegt an unterschiedlich alten Reports des Weltklimarats IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change): Es gibt den vierten Bericht (AR4) von 2007 und mittlerweile den fünften Bericht (AR5) von 2013/2014, der die Kleiner-Eins-Zahl ausweist. Meist werden GWP-Werte derzeit konsistent mit der aktuellen EU-Verordnung über fluorierte Treibhausgase 517/2014/EU (F-Gas-V) angegeben. Dabei wird mit den GWPs gearbeitet, die für die Berichterstattung an den Weltklimarat vorgeschrieben sind. Diese Vorschrift fußt (noch) auf dem 4. IPCC-Bericht. Letztlich spielt es aber für Pkw-Klimaanlagen keine Rolle, denn der GWP ist unter 150, ob er nun 4 oder kleiner 1 beträgt.

Trivial ist die Auswahl des Kältemittels für ein Automobil aber nicht. Wie Holger Großmann im Springer-Buch Aerodynamik des Automobils unter Herausgeberschaft von Wolf-Heinrich Hucho im Kapitel Heizung, Lüftung, Klimatisierung von Pkw schreibt, stellt der Fahrgastraum eines Pkw ein komplexes wärmetechnisches System dar. Seine Auslegung hat sich im Lauf der Zeit von einer rein empirischen Vorgehensweise zu einer theoriegestützten Entwicklung gewandelt. Als Grundlagen stehen heute sogar Normen und Richtlinien weltweit zur Verfügung. Dazu zählen unter anderem DIN 1946-3: Entwurf 2004-03, die US-amerikanische FMVSS 103, EWG 78/317, die australische ADR 15 und die deutsche VDI-Richtlinie 6032 zu Hygiene-Anforderungen an die Lüftungstechnik in Fahrzeugen zur Personenbeförderung. Großmann stellt im Kapitel Grundlagen aus dem Buch Pkw-Klimatisierung fest, dass der Kältemittelkreislauf mit R744 zu den energiesparenden und umweltfreundlichen Konzepten gehört. Denn Detailoptimierungen waren erfolgreich, dazu zählen geregelte Expansionsventile an Stelle einer Drossel (Orifice Tube) und ein innerer Wärmeübertrager im Kreislauf. Mit solchen Maßnahmen werde die COP-Leistungszahl der Kälteanlage weiter verbessert. Wir dürfen also auf den Durchbruch weiter hoffen. Eine dritte Chance wird es für R744 nicht geben.

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