Skip to main content
Top

03-05-2017 | Bewegtbildwerbung | Schwerpunkt | Article

Germany's Next Product Placement

Author: Corina Socaciu

4 min reading time

Activate our intelligent search to find suitable subject content or patents.

search-config
print
PRINT
insite
SEARCH
loading …

Sendungen wie GNTM nutzen die vielfältiger werdenden TV-Werbeformen, um Markenbotschaften immer subtiler zur vermitteln. Doch führen sie auch zum Erfolg?

"Beauty sells", das scheint sich für die ProSieben-Sendung "Germany's Next Topmodel" (GNTM) zu bewahrheiten. Denn, wie eine aktuelle Studie des Medienbeobachtungsunternehmens XAD zeigt, belaufen sich die Brutto-Media-Ausgaben der Model-Casting-Show von Heidi Klum bis zur Halbzeit der diesjährigen Staffel auf 31,1 Millionen Euro. Bis zum Finale prognostiziert die Studie einen weiteren Anstieg der Werbeausgaben.

Pro Folge geben werbende Firmen derzeit rund 3,9 Millionen Euro aus. Das entspricht pro Sendung einer halben Million Euro mehr im Vergleich zu 2015. Das liegt einerseits daran, dass die Werbezeit inzwischen teurer geworden ist: Während ein 30-sekündiger Werbefilm im Jahr 2015 noch 44.070 bis 81.510 Euro Brutto-Media betrug, sind es aktuell 52.200 bis 87.390 Euro. Andererseits zeigt sich, dass die Show – trotz negativer Fernsehkritiken, die das propagierte Schönheitsideal und die Kommentare der Jury in Frage stellen – bei werbenden Firmen gut ankommt. Das attraktive Werbeumfeld der Casting-Sendung, in der Schönheit und Jugend emotional stilisiert werden, nutzen mittlerweile 157 Firmen.  

Editor's recommendation

2017 | Book

Werbung in der Medien- und Informationsgesellschaft

Eine kommunikationswissenschaftliche Einführung

Als grundlegende Einführung zeigt dieses Buch Werbung aus publizistik- und kommunikationswissenschaftlicher Sicht. Es thematisiert die „Werbung in der Medien- und Informationsgesellschaft“. Fokussiert auf die Akteursperspektive trägt die dritte, völlig überarbeitete Auflage aktuellen Veränderungen und Entwicklungen der Werbung Rechnung.


Clevere Verlängerung der Werbezeit

Top-Werber sind nach Anzahl der ausgestrahlten Werbespots: 

  • der Kosmetikproduzent L'Oréal, der auch als Sponsor auftritt und mit 81 Spots die Liste anführt,
  • Konsumgüterkonzern Procter & Gamble (54 Spots), 
  • Automobilhersteller Opel (50 Spots), 
  • Modekette About You (36 Spots) 
  • die Schokoladenproduzenten Ferrero und Mars (28 und 11 Spots), 
  • Mobilfunkanbieter Telekom (11 Spots) und 
  • die Fastfood-Ketten McDonald's und Burger King (mit 15 und 11 Spots). 

Umso erstaunlicher ist in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass trotz steigender Zahl der werbenden Unternehmen und signifikant höheren Gesamtausgaben, die Zahl der Werbespots zurückgegangen ist. Während ProSieben 2015 pro Werbefolge noch 94 Spots ausstrahlte, sind es in diesem Jahr 88 Spots pro Folge. Dies mag eine Reaktion des Fernsehsenders auf die sogenannte "Werbevermeidung" der Zuschauer sein, wie Gabriele Sieger und Dieter Brecheis im Kapitel "Vielfalt und Komplexität aktueller Werbeformen in systematischer Darstellung" ihres Buches "Werbung in der Medien- und Informationsgesellschaft" erläutern. Demzufolge nutzen Rezipienten immer mehr Möglichkeiten, traditioneller Werbung aus dem Weg zu gehen. (Seite 292 ff.) Im Zuge der zunehmenden Ausdifferenzierung von Werbeformen liegt es für Marketing-Strategen nahe, Kunden etwa durch Einbetten von werbeähnlichen Inhalten in redaktionelle Kontexte vom Umschalten abzuhalten. 

In den dokumentarisch aufbereiteten GNTM-Folgen wird deutlich, dass in den sogenannten "Challenges" der jungen Kandidatinnen immer mehr namhafte Marken vertreten sind. So kommt es, dass mehr Marken als die in den Werbespots gezeigten, über in der Sendung präsentiert werden. Auffällig oft zeigt die Kamera Kosmetikprodukte, Uhren, Automarken und vieles mehr. Der Kosmetikhersteller L'Oréal wirbt bei GNTM nicht nur in Werbespots, sondern lässt die Produkte durch gezieltes Productplacement in die Show integrieren. Zuschauer sehen, wie die Kandidatinnen "kämpfen" müssen, um etwa als Werbegesicht für ein Parfüm, für einen Damenrasierer oder für einen Schokoriegel ausgesucht zu werden. Der auf diese Weise dramatisch aufgeladene Wettbewerb dient zugleich als Teaser, sodass die Erstausstrahlung des Spots im Fernsehen und in Online-Videos von Konsumenten mit deutlich geringerem Widerstand wie ein feierliches Ereignis angesehen werden kann.  In diesem Zusammenhang konstatieren Sieger und Brecheis: "Eigentlich ist Heidi Klums Modelsuche eine clevere Verlängerung der Werbezeit."

An der Kernzielgruppe vorbei

Doch neu ist das Konzept nicht. Auch in James-Bond-Filmen werden Automarken immer wieder inszeniert und selbst im öffentlich-rechtlichen Fernsehen sind – so Ralf T. Kreutzer im Kapitel "Marketing-Instrumente" seines Buches "Praxisorientiertes Marketing" – Tatort-Filme mehr als einmal unter Verdacht gekommen, Product Placement zu betreiben, etwa für Zigaretten- und Automarken.

Product Placement ist die zu Werbezwecken erfolgte Einbindung (Platzierung) von Produkten, Dienstleistungen oder Marken, u. a. in Spielfilmen, Soap Operas, Telenovelas, Reportagen, Shows und Verbrauchersendungen, aber auch in redaktionellen Beiträgen von Zeitungen und Zeitschriften gemeint, ohne dass dies als Werbung herausgestellt und/oder unmittelbar sichtbar wird", sagt Kreutzer. (Seite 349)

Kreutzer verweist darauf, dass die Einsatzmethoden des Product Placements vor allem als Mittel gegen das Umschalten in den Werbepausen von den Sendemachern eingeführt werden. Die These geht konform mit den Zahlen, die bei anhaltend hoher Zahl von Werbekunden, einen Rückgang der klassischen Spots pro Folge aufzeigen und eine höhere Dichte von Product Placements. Der Erfolg bei den werbenden Firmen ist der Sendung dadurch zwar sicher. Doch wie sieht es auf Zuschauerseite aus?

Eine Statistik der GfK/AGF Fernsehforschung und Media Control belegt, dass der Anteil der Zuschauer in der werberelevanten Gruppe im Alter zwischen 14 und 59 Jahren gerade mal bei 16,6 Prozent liegt. Der Großteil der Zuschauer ist drei bis 13 Jahre alt. 2,61 Millionen Fernsehzuschauer ab drei Jahren sahen etwa am 20. April 2017 die elfte Folge der aktuellen Staffel. In der Altersgruppe 14 bis 49 Jahre waren es 1,72 Millionen. Auch die Zahlen der früheren Staffeln bestätigen die Tendenz, dass die Durchschnittszuschauer der Sendung, die das Product Placement konsumieren, Kinder sind.  Darin wird deutlich: Die Sendung "Germany's Next Topmodel" verfehlt, trotz ausgefeilter Werbemethoden, ihre Kernzielgruppe.

print
PRINT

Related topics

Background information for this content

Related content

06-02-2017 | E-Commerce | Schwerpunkt | Article

Was muss Video-Content bieten?