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27-09-2022 | Compliance | Schwerpunkt | Article

Firmen sollten Korruptionsrisiko nicht unterschätzen

Author: Andrea Amerland

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Die Corona-Pandemie und das Homeoffice gehören zu den Faktoren, die das Korruptionsrisiko steigen lassen. Europäische Experten rechnen daher damit, dass Bestechungen 2022 zunehmen werden. Wie Unternehmen vorbeugen können.

"Covid-19 is not just a health and economic crisis, but a corruption crisis as well, with countless lives lost due to the insidious effects of corruption undermining a fair and equitable global response", zitiert Springer-Autor Sebastian Wolf Transparency International, eine Nichtregierungsorganisation zur Bekämpfung von Korruption sowie zur Prävention von Straftaten, die mit Bestechung im Zusammenhang stehen. Im Buchkapitel "Covid-19 als Herausforderung für Korruptionsbekämpfung und Korruptionsforschung" schreibt der Springer-Autor, dass es aber weit mehr Untersuchungen gebe, die mögliche Korruptionsrisiken infolge bestimmter Merkmale der Pandemie beziehungsweise ihrer Bekämpfung beschreiben (Seite 3).

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Korruption in Europa

Die Rettungsprogramme des ESM unter dem Blickwinkel der Korruptionsbekämpfung

Korruption in Europa? Und dies in einem Ausmaß, das Wirtschaftskrisen verursachen und die Stabilisierung von Staaten im Rahmen von Rettungsprogrammen zwischenstaatlicher Finanzinstitutionen verhindern bzw. erheblich erschweren kann? 

So gehe etwa das United Nations Office on Drugs and Crime davon aus, das auch Risiken bei Maßnahmen zur Stützung der Wirtschaft drohen: "The lack of sufficient accountability and oversight mechanisms in the allocation and distribution of economic stimulus packages increases the risk that corruption and fraud will weaken the impact of the measures being taken", zitiert Sebastian Wolf weiter (Seite 4).

Erhöhtes Bestechungs- und Korruptionsrisiko

Auch rund jeder dritte Risikoexperte in Europa (30 Prozent) rechnet aktuell mit einer erhöhten Bestechungs- und Korruptionsanfälligkeit für sein eigenes Unternehmen im Vergleich zum Vorjahr. Zu diesem Ergebnis kommt der "2022 Anti-Bribery and Corruption (ABC) Benchmarking Report" von Kroll, für den der Daten- und Technologieanbieter für die Bereiche Risikomanagement, Governance und Wachstum 700 Risiko- und Compliance-Experten in 14 Ländern mit jeweils 50 Teilnehmern befragen ließ.

Während die deutschen Umfrageteilnehmer optimistisch sind und für dieses Jahr von einem geringerem Risiko ausgehen (14 Prozent), die Mehrheit (56 Prozent) mit keinen signifikanten Veränderungen rechnet und sogar zehn Prozent eine deutlich niedrigere Bestechungswahrscheinlichkeit erwarten, sieht die Situation in anderen europäischen Ländern pessimistischer aus. 

So geben nur zwei Prozent der Risikoexperten in Frankreich und Großbritannien an, dass die Korruptionsproblematik 2022 sehr viel geringere Ausmaße annehmen werde als noch 2021. 48 bis 50 Prozent der Befragten in den beiden Ländern, aber auch in Italien, befürchten vielmehr eine Ausweitung der Käuflichkeit. In Deutschland sagen das nur 36 Prozent. 

Anti-Bestechungsprogramme aktualisieren

Auch wenn hierzulande die Beurteilung der Situation sehr viel positiver ausfällt, warnt Andreas Stöcklin, Head of EMEA Corporate Finance und Germany Country Leader bei Kroll, dass manche Folgen der Pandemie weiterhin große Risikofaktoren bleiben, etwa Lieferkettenunterbrechungen und Homeoffice. "Diese Veränderungen werden uns höchstwahrscheinlich noch eine Weile begleiten, wodurch es umso wichtiger wird, dass Firmen einen Weg finden, sie in ihr 'Anti-Bribery and Corruption'-Programm zu integrieren." Allerdings sei es ermutigend, dass nur vier Prozent der Befragten in Deutschland ihr ABC-Programm als ineffektiv einstuften.

Danach gefragt, welche Themen unbedingt Teil der Anti-Bestechungsprogramme von Unternehmen sein sollten, antworten die deutschen Risikomanager: 

  • Environmental, Social, Governance, kurz ESG (68 Prozent),
  • die Eindämmung des Klimawandels (41 Prozent), 
  • Inklusion, Gerechtigkeit und Diversität (41 Prozent), 
  • Arbeitnehmerrechte (41 Prozent) sowie 
  • Luft- und Wasserverschmutzung (31 Prozent). 

Als Begründung, warum ESG-Kriterien in der Korruptionsbekämpfung eine Rolle spielen sollten, nennen die deutschen Befragten (24 Prozent) die Widerstandsfähigkeit des Unternehmens und gewichten diesen Aspekt deutlich höher als ihre europäischen Kollegen.

Unternehmenskultur zur Korruptionsprävention

Generell ist die Korruptionsbekämpfung ein wichtiger Ausgangspunkt, um mögliche Unternehmenskrisen zu vermeiden und Unternehmen resilienter zu machen, betonen auch Adrienne Perucca und Jochen Schellinger im Buchkapitel "Resilienz durch Unternehmenskultur". Eine besondere Bedeutung bei der Korruptionsprävention und damit auch bei der Minimierung bestechungsbedingter Reputationsrisiken, sprechen die Autoren auf Grund einer qualitativen Befragung der Organisationskultur zu. Sie leiten daraus für Unternehmen folgende Handlungsempfehlungen ab (Seite 48 f.): 

  • Unternehmen sollten die Unternehmenskultur so gestalten, "dass sie ihre korruptionspräventive Wirkung entfalten kann und dass ein Bewusstsein für deren hohe Bedeutung bei der Bewahrung der Unternehmensreputation, aber auch für die Sicherung der Reputation im Krisenfall erforderlich ist."
  • Eine offene, transparente und vor allem konsistente Unternehmenskultur, die durch Vertrauen geprägt ist, wirkt korruptionspräventiv und somit auch resilienzfördernd. 
  • Unternehmen sollten kontinuierlich überprüfen, ob ihre definierten Werte auch gelebt werden. 
  • Bei der Krisenprävention ist darauf zu achten, dass Widersprüche "durch inkompatible Subkulturen oder Wertdifferenzen vermieden werden und dass stattdessen eine Konsistenz der Werte angestrebt wird."
  • Führungskräfte müssen die definierten Werte und regelkonformes Verhalten vorleben.
  • Kommunikativen Maßnahmen sollten regelmäßig, verständlich und kulturkompatibel erfolgen, damit sie gegen Korruption wirken.
  • In größeren Unternehmen ist eine Whistleblowingmeldestelle beziehungsweise ein Compliancemanagementsystem empfehlenswert.
  • Trotz allem sollten Unternehmen als Krisenvorbereitung "eine reputationssichernde Krisenkommunikation vordenken", um im Korruptionsfall offen und ehrlich zu kommunizieren.

Enhanced Due Diligence nicht vergessen

Allerdings gilt es auch, Gefahren bei Partnern zu reduzieren. Obwohl 44 Prozent der Befragten hierzulande überzeugt sind, dass Vermittler das Risiko für Bestechung und Korruption oder Geldwäsche erhöhen, führen dennoch 52 Prozent der deutschen Risikoexperten keine Enhanced Due Diligence (EDD) zu Drittunternehmen durch. Damit ist Deutschland im europäischen Vergleich das Schlusslicht und hat nach Einschätzung von Kroll-Experte Andreas Stöcklin offenbar Nachholbedarf bei den Sorgfaltspflichten und der Rolle der EDD als risikobasierten Ansatz benötigen.

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