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03-08-2016 | Corporate Governance | Schwerpunkt | Article

Frauen rücken in Aufsichtsräte auf

Author: Michaela Paefgen-Laß

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Eine auf Vielfalt ausgerichtete Zusammensetzung sichert die Qualität von Aufsichtsräten.


Den Aufsichtsräten der DAX 30-Konzerne scheint die Frauenquote keine Kopfschmerzen zu bereiten. Doch weibliche Mitglieder alleine machen noch keine Diversität aus. Wo die Probleme liegen.

Na also, geht doch. Ein gutes halbes Jahr ist vergangenen, seitdem das Gesetz zur Frauenquote von 30 Prozent in Aufsichtsräten in börsennotierten und voll mitbestimmten Unternehmen in Kraft getreten ist und schon haben 21 Aktionärsvertretungen der DAX 30-Konzerne die bis 2020 verpflichtende Zielvorgabe erfüllt. Besonders gut zu beobachten ist der Vormarsch der Frauen bei den Neubesetzungen, wie die sechste Ausgabe der "DAX 30-Aufsichtsratsstudie" des Personalberaters Russell Reynolds bestätigt. Von den 39 Aufsichtsratsposten, die im vergangenen Jahr neu zu verteilen waren, wurden 18 mit Frauen besetzt.

Das klingt erfreulich, denn bis zum Zielwert fehlen den Aufsichtsräten nur noch 15 Frauen und es stehen mit 2018 und 2019 zwei Superwahljahre an, in denen insgesamt 158 Aufsichtsratsposten neu zu besetzten sind. Doch obacht, wäre die 30-Prozent-Regel nicht alleine für die Kontrollorgane der großen börsennotierten Konzerne verpflichtend, sondern würde auf deren Vorstände und die ersten beiden Führungsebenen ausgeweitet werden, fehlten dort noch 1.300 Frauen – auf allen Managementebenen im DAX 30 sogar 30.000 bis 50.000 Frauen. Stehen überhaupt ausreichend an Vorstands- und Gremienverantwortung interessierte Kandidatinnen in den Unternehmen zur Verfügung?

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Es gibt noch Löcher zu stopfen

Eines ist sicher, Jens-Thomas Pietralla, Managing Director bei Russell Reynolds hat recht, wenn er prognostiziert, dass männliche Karriereaspiranten sich auf harte Zeiten einstellen müssen. Damit stehen sie aber nicht allein. Die mit der Quote verbundenen Herausforderungen klopfen bei allen Beteiligten mächtig laut an die Tür, auch das zeigt die Studie. Da sind zunächst die Unternehmen, die sich anstrengen müssen, um im "Diversity-Zielkorridor" zu bleiben, indem sie qualifizierte Frauen ins Boot holen und auch dort halten. Die Kontrollgremien müssen zeitgleich Lücken in Sachen Internationalität und Digitalkompetenz stopfen. Und auf Frauenseite? Dort sind schon jetzt fünf Aufsichtsrätinnen mit mindestens zwei Mandaten im DAX 30 vertreten und es ist zu erwarten, dass die Mandatslast noch schwerer wird. Was tun?

Warum es nicht nur um die Quote gehen darf

Die angestrebte Frauenquote dürfe nicht das ausschlaggebende Kriterium für die Ernennung zum Kontrolleur sein, äußert sich Springer-Autor Arno Mahlert zu den "Anforderungen an das Aufsichtsratsgremium und die Frauenquote". Er schlägt vor, den Suchprozess mit Hilfe externer Berater anzugehen, sich nicht nur auf die von Vorstand oder Aufsichtsrat vorgeschlagenen Kandidaten zu konzentrieren und sich vor allem auf die unternehmensindividuellen Anforderungen, die das Gremium erfüllen soll, zu fokussieren." Diese individuellen Anforderungen können sich im Zeitablauf ändern. Dann sollten gegebenenfalls einzelne Mitglieder bereit sein, vorzeitig aus dem Gremium auszuscheiden, um den Weg freizumachen für die benötigten neuen Profile", schreibt Mahlert (Seite 204). Die Frauenquote werde langfristig auf ganz natürlichem Weg erreicht.

Hauptergebnisse der "DAX 30-Aufsichtsratsstudie"
  • 21 von 30 Aktionärsvertretungen erfüllen die für 2020 vorgeschriebene Frauenquote
  • Der Frauenanteil in DAX 30-Aufsichtsräten beträgt 2016 28,7 Prozent (+ 5 PP)
  • Bestnoten für die Kontrolleure von Siemens, Deutsche Bank, Adidas und Daimler
  • Anteil ausländischer Aufsichtsräte auf 27 % gefallen, nur 6% kommen von außerhalb Europas
  • Nur 37 % verfügen über ausgewiesene Digital-Expertise
  • 2018 und 2019 müssen 158 Aufsichtsratsposten neu besetzt werden
Quelle: 6. "DAX 30-Aufsichtsratsstudie" von Russell Reynolds


Auch Springer-Autorin Ann-Kristin Achleitner, vom "Handelsblatt" ihrer Multi-Mandate wegen als "Deutschlands mächtigste Aufseherin" bezeichnet, kritisiert, dass hinter der Diskussion um das Geschlecht in den Gremien, Kriterien wie Internationalität und Alter vernachlässigt werden. Ihre "Überlegungen zu Aufsichtsräten und positiv gelebter Diversität" verlangen nach einer altershomogenen Zusammensetzung, damit vom digitalen Wissen der jüngeren Generation profitiert wird. Unternehmen rät sie, "den möglichen Talentpool von Aufsichtsrätinnen zu erweitern, indem Kandidatinnen in den Aufsichtsräten von Tochtergesellschaften oder aber Beiräten berücksichtigt werden" (Seite 198). Und Frauen, die sich für eine Aufsichtsratstätigkeit interessieren richtet sie den Tipp, sich frühzeitig Debattenkompetenz und Gremienerfahrung anzueignen. Lernen lasse sich das in "Verbänden, Stiftungen, Sozialunternehmen und in kleinen und mittleren privaten oder öffentlichen Unternehmen" (Seite 199).

Zurück zur Ausgangsfrage: Stehen überhaupt ausreichend junge Frauen für Gremien- und Vorstandsarbeit in den Startlöchern? Wenn ja, warum geben sie sich dann mit 30 Prozent zufrieden und wollen nicht gleich die Hälfte? Eine realistische und auch ernüchternde Einschätzung dazu hat Springer-Autorin Monika Schulz-Strelow, seit 2006 Präsidentin im Verein "FidAR - Frauen in die Aufsichtsräte e.V.", parat.  Im "Interview zu Frauen in Führungspositionen im Finanzsektor" bedauert sie: "Für die Hälfte des Himmels brauchen wir auch die jungen, hochqualifizierten Hochschulabsolventinnen und Berufseinsteigerinnen. Und bedauerlicherweise sehen einige von ihnen die Erfüllung ihres Lebens nicht zwingend in der Unabhängigkeit des eigenen Kontos, sondern verlassen sich eher auf die Hälfte des gemeinsamen Kontos" (Seite 475).

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