Laut einer Umfrage misstrauen 80 Prozent der Deutschen Digitalkonzernen wie Amazon, Google und Facebook. Einer der Gründe: der mangelnde Schutz der Daten. Imagekampagnen reichen nicht, um das Problem zu lösen.
Facebook und Google werben derzeit mit großen Kampagnen um Vertrauen. Nach dem im Frühjahr aufgedeckten Diebstahl von fast 90 Millionen Facebook-Nutzerdaten durch die Firma Cambridge Analytica schaltet das soziale Netzwerk mittlerweile auf Entschuldigung um. In TV-Spots, Zeitungsanzeigen und auf Plakaten greift Facebook nun selbst die Themen Privatsphäre und Sicherheit auf und verspricht, "ein besseres Facebook" werden zu wollen.
Intransparente Datenkraken
Auch Google kämpft mit Sicherheitslücken und seinem Datenkraken-Image. So berichtete etwa die "Süddeutsche Zeitung", dass Google von Smartphone-Besitzern, die Google-Dienste nutzen, die Standortdaten aufzeichnet und damit Bewegungsprofile erstellt. Problematisch ist dabei insbesondere, dass das häufig ohne Wissen beziehungsweise gegen den Willen der Smartphone-Nutzer passiert. Denn die Information, wie sich das Tracking ausstellen lässt, ist für "normale" User schwer zu finden. Solche Intransparenz untergräbt das Vertrauen.
Zudem ist das Thema Datensicherheit durch weltweite Hackerangriffe und zunehmende Cyberkriminalität stetig in den Medien präsent. Insofern verwundert das verbreitete Misstrauen gegenüber den großen Digitalkonzernen mit ihren datenbasierten Geschäftsmodellen nicht. In einer Umfrage von Civey für das Digitalfestival "Next 2018" gaben sogar 81 Prozent der jungen, internetaffinen Menschen an, den digitalen Dickschiffen kaum zu vertrauen.
Strengere Regulierung gefordert
79 Prozent der mehr als 5.000 befragten Internetuser in Deutschland befürworten außerdem eine strengere Regulierung der globalen Digitalfirmen. Damit liegen sie auf der Linie von Wirtschaftsminister Peter Altmaier, der den Wettbewerb durch die großen Internetkonzerne gefährdet sieht und kartellrechtliche Maßnahmen prüft. Denn Google, Facebook, Amazon und Apple, die allesamt ihren Hauptsitz in den USA haben, "dominieren nicht nur wesentliche Angebote und Märkte des Internets. Sie regeln als Betreiber der zentralen Infrastrukturen auch die Zugänge zum Netz, strukturieren die Kommunikationsmöglichkeiten der Nutzer, sind wesentliche Treiber des Innovationsprozesses und prägen als große Arbeitgeber auch die Arbeitsbedingungen im kommerziellen Internet", erklärt Ulrich Dolata in dem Buchkapitel "Internetkonzerne: Konzentration, Konkurrenz und Macht".
Natürlich haben auch die Internetuser eine gewisse Macht und sollten diese, wie 79 Prozent der Civey-Befragten meinen, gegebenenfalls durch einen Wechsel zu einem kleineren Wettbewerber nutzen. Tatsächlich tun dies aber nur wenige; und zwar meistens, weil sie zu bequem sind (28 Prozent), keine anderen Anbieter kennen (13 Prozent) oder kleinere Wettbewerber für schlechter halten (12 Prozent).
Es gibt ein Netzleben neben Google
Dabei lohnt sich die Suche nach alternativen Anbietern durchaus, etwa nach anderen Suchmaschinen als Google. Denn deren Übermacht ist keineswegs Ausdruck ihrer überragenden Qualität, wie Dirk Lewandowski in seinem Beitrag über "Alternativen zu Google" betont. "Kein Test konnte bislang einen qualitativen Vorsprung von Google nachweisen, der so groß wäre, dass er die gegenwärtigen Marktverhältnisse rechtfertigen würde. Zwar ergeben die meisten Studien einen Vorteil für Google, dieser ist aber nicht so groß, dass er die nahezu exklusive Nutzung von Google rechtfertigen würde", schreibt er auf Seite 201/202. Das Sichten der Ergebnisse einer weiteren Suchmaschine kann zudem sehr sinnvoll sein, weil sich die (Top-)Ergebnisse verschiedener Suchmaschinen kaum überschneiden.
Gute Gründe für die Verwendung anderer/ergänzender Suchmaschinen zu Google |
Einholen einer "zweiten Meinung" |
Mehr beziehungsweise zusätzliche Ergebnisse |
Andere Ergebnisse |
Bessere Ergebnisse |
Andere Trefferpräsentation |
Andere Benutzerführung |
Andere Suchmöglichkeiten |
Quelle: Dirk Lewandowski, Alternativen zu Google, Seite 204 ff. |
Digitaler Humanismus ist gefordert
Doch nicht nur Googles Marktmacht steht in der Kritik. Auch Fake News, Hassbotschaften und Shitstorms in den sozialen Medien tragen zur Skepsis gegenüber Digitalkonzernen bei – und mit Besserung rechnen die wenigsten: Gerade mal jeder zehnte von Civey Befragte glaubt, dass die Nutzer sozialer Netzwerke künftig verantwortungsvoller handeln.
Die Vertrauensprobleme der Digitalunternehmen bestätigt Volker Martens. Der Vorstand der Agentur Faktor 3 und Mitveranstalter der Next-Konferenz, die diesmal unter dem Motto "Digital Fix - Fix Digital" stand, meint: "Wir suchen nach der Reparatur von etwas, das aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken ist. Darin spiegelt sich für uns gleichermaßen die riesige Herausforderung und die nicht weniger große Notwendigkeit, diese Probleme zu beheben." Unternehmen müssten einen digitalen Humanismus anstreben und sich stets fragen, ob ihre technologischen Innovationen dem Zweck dienen, Kunden die bestmögliche Erfahrung zu bieten.