Kundenservice und die Customer Experience rücken durch den massiven Wandel zum digitalen Vertrieb noch stärker in den Mittelpunkt. Doch wie steht es mit der Umsetzung? Eine Studie macht eine Bestandsaufnahme.
Gute Kundenerfahrungen sind die Basis für gute Geschäfte. Doch viele Marketer und Vertriebsentscheider in Unternehmen haben ihre strategische Bedeutung nicht genügend erkannt.
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Eine gemeinsame Benchmark-Studie der Pidas-Gruppe in Zusammenarbeit mit der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) legt offen, dass zwar für 80 Prozent der Unternehmen das Thema Kundenorientierung äußerst wichtig ist und 74 Prozent sind der Meinung, dass die Bedeutung der Kundenserviceorientierung in Zukunft weiter zunehmen wird. Doch der Umsetzungsgrad in den Unternehmen wird durchaus unterschiedlich gesehen.
Anker in der Unternehmensstrategie fehlt
Ein Problem liegt laut den befragten Unternehmen darin, dass Customer-Care-Themen häufig noch nicht umfassend in der Unternehmensstrategie integriert sind.
- Gerade einmal jedes fünfte Unternehmen hat die Customer Experience, also das Kundenerlebnis, strategisch in der eigenen Organisation verankert,
- bei 23 Prozent ist es noch kein Thema.
- Nur sieben Prozent der Organisationen konnten durch entsprechende Aktivitäten die Kundenerfahrungen erfolgreich verbessern.
- Bei 60 Prozent der Unternehmen zeigen sich keine positiven Effekte und
- nur 13 Prozent der Vertriebe beschäftigen sich aktiv mit der Messung von Kundenfeedbacks und setzen beispielsweise den Net Promoter Score ein, um die Kunden-Weiterempfehlungsrate zu messen.
Über 80 Prozent der Unternehmen glauben jedoch, dass ihre Kunden zufrieden mit ihrem Service sind. Der Net Promoter Score wird als Kennzahl zur Messung der Kundenzufriedenheit genutzt.
Erstaunlich ist auch, dass rund ein Drittel der Unternehmen immer noch auf das kanalübergreifende Erfassen von Kundeninteraktionen verzichten. Dementsprechend schwierig ist es für den Vertrieb, die Kundenbedürfnisse systematisch auszuloten und darauf zu reagieren. Dabei ist das strategische Vorantreiben möglichst exzellenter Kundenerlebnisse ein zentraler Wettbewerbsfaktor im Vertrieb vieler Branchen.
Kundenerfahrung in der Unternehmens-DNA
Dabei stellen laut Springer-Autor Thomas Suwelack die Kundenerfahrungen eigentlich den ersten Baustein der Unternehmens-DNA dar, schreibt er im Kapitel "Outside-In: Marke, Kundenstrategie und Erfahrungselemente auf Basis einer Customer Experience zentrierten Unternehmens-DNA entwickeln" seines Buchs "Toolbox Customer Experience". Seine Kauferfahrungen soll der Kunde möglichst "im Kontext seiner Interaktion mit den Unternehmensleistungen erleben", so Suwelack. Dabei kommt es aus seiner Sicht auf die richtige Balance an. So sollte beispielsweise in der digitalen Marketingkommunikation nicht jeder Touchpoint emotionale, entdeckende oder gar transformierende Erfahrungen "bereithalten"", erklärt er. Vielmehr geht es darum, dass Kunden auf die Marktleistungen aufmerksam werden und mit ihnen interagieren. Erst dann könnten sich bestimmte gewünschte Kundenerfahrungen einstellen. Dabei müssen sowohl Volumen-, als auch Qualitäts- und Wertziele beachtet werden, die für das Marketing, aber auch den Vertrieb gleichermaßen relevant sind. Dazu gehören im digitalen Vertrieb beispielsweise:
Volumenziele: Gesamtzahl der Besuche/Zugriffe auf einer Website durch verschiedene Personen. Gesamtzahl der Personen, die die Website in einem bestimmten Zeitraum besuchen.
Qualitätsziele: geringe Bounce-Rate, hohe Verweildauer, Seitenzahl pro Besuch
Wertziele: Umsatz-Conversion mit E-Commerce-Shop, Downloads pro Besuch, Kosten der Promotion, App-Download, positive digitale Kundenbewertung, Engagement.
Fünf Faktoren bilden die Customer Experience
Alexander Tiffert erklärt in seinem essential zu den "Grundlagen der Customer Experience" (Seite 6), warum diese einzelnen Aspekte so wichtig sind, um gewinnbringende Kundenerfahrungen und damit langfristige Umsatzerfolge im Vertrieb zu schaffen. Für ihn bildet sich eine positive Kundenerfahrung aus den fünf Teilbereichen der Kundenerfahrung, dem Service- und Markenerlebnis, dem Kauferlebnis rund um den kundenseitigen Kaufprozess und das Produktnutzenerlebnis. Die einzelnen Dimensionen der Customer Experience verdeutlicht die nachfolgende Abbildung:
Die Teilbereiche der Customer Experience
Aus: Alexander Tiffert, Grundlagen der Customer Experience, S. 10, Springer Fachmedien Wiesbaden
Im Unterschied zu früheren Konzepten der Kundenzufriedenheit schließe der Begriff der Customer Experience mehrere Prozessphasen ein, nicht nur die Inanspruchnahme einer Dienstleistung oder eines Produktes, "sondern eben auch die vor- und nachgelagerten Erlebnisse, aus denen sich dann ein Gesamteindruck" beim Kunden bilde, schreibt Tiffert.