2011 | OriginalPaper | Chapter
Das Ende des „multilateralen Reflexes“? Deutsche NATO-Politik unter neuen nationalen und internationalen Rahmenbedingungen
Authors : PD Dr. habil. Markus Kaim, Pia Niedermeier, M.A.
Published in: Deutsche Außenpolitik
Publisher: VS Verlag für Sozialwissenschaften
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Deutschland hat aufgrund seiner Geschichte multilaterales Handeln zur unumstößlichen Norm seiner Sicherheitspolitik erhoben. Dieser „multilaterale Reflex“ prägt Deutschlands Politik in den Vereinten Nationen, der Europäischen Union, aber auch der NATO. Gerade das transatlantische Bündnis galt lange als zentraler Angelpunkt deutscher Sicherheitspolitik und die Bundesregierung als erfolgreicher Vermittler innerhalb der NATO und verlässlicher Allianzpartner der USA. Zwar ist deutsche Sicherheitspolitik unter der Großen Koalition (2005-2009) und dem schwarz-gelben Bündnis (seit 2009) deklaratorisch dem Primat der NATO ebenso verpflichtet wie dem Gebot des effektiven Multilateralismus. Faktisch jedoch ist eine Politik zu beobachten, die durchaus darum bemüht ist, Interessen Deutschlands im Rahmen der Allianz zu vertreten, auch wenn dies in einigen Sachfragen zum offenen Konflikt mit den USA geführt und eine Konsensfindung innerhalb der NATO erschwert hat. Deutsche NATO-Politik ist also nicht mehr zwangsläufig bereit, die eigenen Vorstellungen hinter das Gelingen der multilateralen Zusammenarbeit zurückzustellen. Dabei ist dieses Verhalten nicht Ausdruck neuer deutscher Großmannssucht. Viel eher ist es ein Indiz dafür, dass sich tradierte Handlungsmuster deutscher NATO-Politik den international wie national stark veränderten Rahmenbedingungen schrittweise anpassen.