Zusammenfassung
Geheimnisse sind durch widerstrebende Forderungen nach Geheimhaltung und Offenlegung gekennzeichnet. In Demokratien müssen Geheimnisse gerechtfertigt werden, beispielsweise mit Verweis auf Privatsphäre, Staatssicherheit oder effizienten und effektiven Entscheidungsprozessen. Geheimhaltungsansprüche vor allem der Exekutiven stehen dabei Offenlegungsforderungen von BürgerInnen, Zivilgesellschaft und Parlamenten, insbesondere der parlamentarischen Opposition, gegenüber. Krisen, so das Argument dieses Beitrags, verschieben die Kräfteverhältnisse in dieser Aushandlung zugunsten der Exekutiven und zugunsten exekutiver Geheimhaltung, da sie einen besonderen Handlungsdruck konstruieren, der die Gewichtung von Geheimhaltung und Transparenz verändert. Am Beispiel der Aushandlung der deutschen Umsetzung des Europäischen Stabilitätsmechanismus werden die Forderungen der unterschiedlichen Akteure analysiert. Die Untersuchung konzentriert sich darauf, wie Grenzen und Notwendigkeiten von Geheimhaltung ausgehandelt und festgeschrieben werden. Damit trägt der Beitrag sowohl zur Debatte um die Exekutivlastigkeit europäischer Integration bei wie auch zur Beantwortung der Frage nach den Auswirkungen der Krise auf das Verhältnis zwischen Exekutive und Parlament.