2.3.1 Zusammensetzung der Marke
Die Marke als Unterscheidungszeichen muss von der zu beschreibenden Ware bzw. Dienstleistung unterscheidbar sein und somit von diesem – zumindest gedanklich – trennbar sein und somit keine rein beschreibende Wirkung haben.
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Bis zum Inkrafttreten der Richtlinie (EU) 2015/2436
32 musste eine Marke zum Zwecke der Registrierung
grafisch darstellbar sein. Mit der neuen Richtlinie wird den Bedürfnissen nach modernen Markenformen Rechnung getragen
33 und sich gleichzeitig an den technischen Möglichkeiten zur Darstellung einer Marke im mittlerweile elektronischen geführten Markenregister orientiert. Das Zeichen kann nunmehr in einer angemessenen Form unter Verwendung allgemein zugänglicher Technologie wiedergegeben werden, wobei die Wiedergabe eindeutig, präzise, abgeschlossen, leicht zugänglich, verständlich, dauerhaft und objektiv sein muss.
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Demzufolge können Marken im Sinne des Art. 7 CPI – in Umsetzung von Art. 3 Richtlinie (EU) 2015/2436 – Zeichen aller Art sein, die geeignet sind,
-
Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden und
-
im Register in einer Weise dargestellt zu werden, dass die zuständigen Behörden und das Publikum den Gegenstand des ihrem Inhaber gewährten Schutzes klar und eindeutig bestimmen können.
Das Zeichen kann somit aus geläufigen Namen (
marchio denominativo)
35, beschreibenden Begriffen (
marchio descrittivo)
36 oder Fantasienamen (
marchio di fantasia) in den unterschiedlichsten Wortkombinationen, Personennamen (
marchio patronimico)
37, aber auch aus Abbildungen (
marchio figurativo)
38, Buchstaben, Zahlen
39, oder Kombinationen (
marchio complesso) daraus bestehen. Darüber hinaus können Marken auch Klänge (
marchio sonoro)
40, Formen (
marchio di forma)
41, Muster (
marchio a motivi ripetuti)
42, Farben (
marchio di colore)
43, besondere Aneinanderreihungen oder Zusammenfügungen (
marchio d’insieme), bestimmte Positionierungen von Charakteristika (
marchio di posizione) und Bewegungen (
marchio di movimento) zum Gegenstand haben. Die Registrierbarkeit von Gerüchen (
marchio olfattivo)
44 ist und bleibt hingegen – gelinde gesagt – umstritten.
45
Durch den Wegfall des Erfordernisses der grafischen Darstellbarkeit können, vorausgesetzt, dass die Zeichen schutzfähig sind, insbesondere Klangmarken (marchio sonoro), Multimediamarken (marchio multimediale), oder Hologramme (marchio olografico) in den vorgesehenen elektronischen Formaten sowie sonstige Markenformen eingetragen werden.
2.3.2 Art der Marken
Die Marken lassen sich nach verschiedenen Kriterien einteilen und bezeichnen.
Aus Sicht der Art der
Unternehmenstätigkeit des Markeninhabers wird zwischen Fabrikmarken oder Herstellermarken (
marchio di fabbrica)
46, Handelsmarken (
marchio di commercio)
47 sowie Waren- (
marchio di prodotto) und Dienstleistungsmarken (
marchio di servizio)
48 unterschieden.
Die Unterscheidung zwischen Fabrikmarke und Handelsmarke ist insofern relevant, zumal es dem Händler gemäß Art. 20, Abs. 3 CPI gestattet ist, seine eigene Marke auf den von ihm zum Verkauf angebotenen Waren anzubringen. Gleichzeitig ist es ihm jedoch untersagt, die Marke des eigentlichen Herstellers, beziehungsweise des Händlers, von dem er die Ware gegebenenfalls erhalten hat, zu entfernen.
Eine weitere Unterscheidung wird aus Sicht der Waren, auf denen die Marke angebracht wird, vorgenommen, wobei zwischen Spezialmarke (marchio speciale) und Generalmarke (marchio generale) unterschieden wird. Während der Markeninhaber die Spezialmarke nur zur Kennzeichnung einer spezifischen Ware (Warentyp) verwendet (z. B. Fiat Panda), wird mit der Generalmarke eine Gesamtheit von, eventuell auch heterogenen, Waren – die der Markeninhaber herstellt oder verkauft – gekennzeichnet (z. B. Fiat).
Schließlich können die Marken auch aus Sicht der Gestalt des Zeichens unterschieden werden. Demnach unterscheidet man die einfache Marke (marchio semplice), welche aus einem einzigen Element besteht, von sogenannten komplexen Marken (marchio complesso). Letztere bestehen aus der Zusammenfügung mehrerer Elemente, von denen eine jede eine autonome Unterscheidungskraft besitzt.
Schlussendlich kann auch aus Sicht des
Markeninhabers zwischen der Individualmarke und der Kollektivmarke unterschieden werden. Während Individualmarken (
marchio individuale) von jedem Unternehmer – oder auch von mehreren physischen wie juristischen Personen als Unternehmer gemeinsam
49 – registriert und auch verwendet werden können, steht die Registrierung einer Kollektivmarke (
marchio collettivo)
50 nur spezifischen vom Gesetz bestimmten Rechtssubjekten zu.
Das Rechtsinstitut der Kollektivmarke hat in Italien im Zuge der Anpassung an die Verordnung (EU) 2015/2424 im Jahre 2019 eine einschneidende Novellierung
51 erfahren, sodass nun zwischen (a) Kollektivmarken (
marchi collettivi)
52 und (b) Garantie- oder Zertifizierungsmarken (
marchi di garanzia oder
marchi di certificazione)
53 grundlegend zu unterscheiden ist.
Für die
Kollektivmarken ist der Umstand charakterisierend, dass die Inhaber der Kollektivmarken die Nutzung derselben einzelnen Herstellern, Händlern oder Dienstleistern übertragen können, sodass es zu einer Mehrfachnutzung derselben Marke durch mehrere verschiedene Unternehmen kommt, wobei der Kollektivmarkeninhaber in der Regel diese gar nicht selbst nutzt. Die Finalität einer Kollektivmarke besteht darin, die spezifische Herkunft, die Art oder die Beschaffenheit wie die Qualität bestimmter Waren oder Dienstleistungen zu garantieren. Die Unternehmen, die diese Marke nutzen, müssen also die Standards erfüllen, die der Kollektivmarkeninhaber vorgibt. Aus formalrechtlicher Sicht ist deshalb der Umstand zentral, dass für jede Kollektivmarke eine eigene Markensatzung, oder ein entsprechendes Reglement (
regolamento concernente l’uso del marchio collettivo oder
disciplinare) urkundlich errichtet werden muss, dem alle Unternehmen, die diese Kollektivmarke verwenden, verpflichtet werden. In einer solchen Markensatzung werden beispielsweise die Voraussetzungen festgeschrieben, die erfüllt werden müssen, um die entsprechenden Kollektivmarken nutzen zu können. Zudem müssen auch Kontrollmechanismen und Sanktionen vorgesehen sein, für den Fall, dass es zu Übertretungen oder Satzungsverletzungen kommt, damit die festgeschriebenen Standards gehalten werden können. Seit der Reform im Jahre 2019 legt Art. 11 CPI
54 fest, dass die Registrierung von Kollektivmarken folgenden Subjekten zusteht: juristischen Personen öffentlichen Rechts, d. h. dem Staat, wie auch allen anderen öffentlichen Körperschaften, sowie Fach- und Berufsverbänden von Herstellern, Erzeugern, Dienstleistern oder Händlern. Damit ist es Aktiengesellschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung oder Kommanditgesellschaften auf Aktien untersagt, Kollektivmarken zu registrieren.
Die
Garantie- oder
Zertifizierungsmarken im Sinne des Art. 11-bis CPI
55 sind eine neue Art von Marken, deren Zweck es ist, bestimmte Eigenschaften von Waren und Dienstleistungen zu zertifizieren. Im Gegensatz zu Kollektivmarken können alle natürlichen oder juristischen Personen – somit auch Behörden, Institutionen, Berufsverbände, Interessensvertretungen usw. – die Eintragung von Zertifizierungsmarken beantragen, um den Ursprung, die Art oder die Qualität bestimmter Waren oder Dienstleistungen zu garantieren. Der Gesetzgeber verlangt allerdings, dass der Zertifizierungsmarkeninhaber keine Tätigkeit ausüben darf, die die Bereitstellung von Waren oder Dienstleistungen des zertifizierten Typs beinhaltet. Zertifizierungsmarken können in Abweichung zu Art. 13, Abs. 1, Bst. b) CPI aus geografischen Bezeichnungen bestehen, oder diese enthalten. In diesem letzten Fall ist der Inhaber allerdings nicht dazu berechtigt, Dritten die Benutzung des geografischen Namens im geschäftlichen Verkehr zu verbieten, sofern diese Benutzung den Grundsätzen der gewerblichen Lauterkeit entspricht. Bei Antrag auf Eintragung einer Zertifizierungsmarke muss, gleich wie bei der Kollektivmarke, eine Markensatzung (
regolamento d’uso) hinterlegt werden.
Es darf in diesem Zusammenhang kurz darauf hingewiesen werden, dass Italien das europäische Land mit der höchsten Anzahl von Lebensmittelprodukten mit Herkunftsbezeichnung und geografischer Angabe ist, die von der Europäischen Union anerkannt sind.
56 Die Grundlage für diese geografischen Ursprungsbezeichnungen findet sich im Sekundärrecht der Europäischen Union. Die Verordnung (EG) Nr. 479/2008 betrifft geografische Angaben für Weine und wurde durch die Verordnung (EG) Nr. 491/2009
57 ersetzt. Die Verordnung (EG) Nr. 110/2008
58 betrifft geografische Angaben für Spirituosen. Die Verordnung (EU) Nr. 1151/2012
59 regelt die
geschützten Ursprungsbezeichnungen (g.U.;
Denominazioni di Origine Protetta – DOP) und die
geschützten geografischen Angaben (g.g.A.;
Indicazioni Geografische Protette – IGP) für Lebensmittel und Getränke. Gemäß Art. 29 CPI können Ursprungsbezeichnungen und geografische Angaben, die ein Land, eine Region oder einen Ort bezeichnen, dann unter besonderen Schutz gestellt werden, wenn sie zur Bezeichnung eines Erzeugnisses verwendet werden, das aus diesem Land, dieser Region, oder diesem Ort stammt und dessen Qualität, Ansehen oder Eigenschaften ausschließlich, oder im Wesentlichen auf sein geografisches Herkunftsumfeld, einschließlich natürlicher, menschlicher und traditioneller Faktoren, zurückzuführen sind.
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Darüber hinaus, wiewohl damit zusammenhängend, gibt es die
garantierten traditionellen Spezialitäten (g.t.S.;
Specialità Tradizionali Garantite – STG). Sie schützen bestimmte Produkte, die nach traditionellen Rezepten oder Herstellungsmethoden hergestellt werden.
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Eine eigenständige Erwähnung verdienen schließlich die sogenannten
historischen Marken von nationalem Interesse (
marchi storici di interesse nazionale).
62 Es handelt sich hierbei um ein völlig neues Institut, das von französischen Vorbildern stammen dürfte.
63 Mit Gesetzesdekret vom 30.04.2019, Nr. 34
64 wurde die Möglichkeit zur Eintragung in ein Sonderregister von „historischen Marken von nationalem Interesse“ vorgesehen (Art. 11-ter iVm 185-ter CPI). Den in diesem Register eingetragenen Markeninhabern ist es gestattet, zusätzlich zur eigenen Marke ein Logo mit der Bezeichnung „
marchio storico di interesse nazionale“ zu führen.
65 Eine Marke wird gemäß Art. 11-ter CPI dann als
historisch definiert, wenn sie seit mindestens 50 Jahren auf dem Markt ist und dies unabhängig davon, ob sie registriert wurde oder nicht. Darüber hinaus muss sie die Vermarktung von Waren oder Dienstleistungen aufweisen, die in nationalen Unternehmen von herausragender Qualität hergestellt wurden, die historisch mit Italien verbunden sind.