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2011 | Book

Der ambivalente Frieden

Die Friedensforschung vor neuen Herausforderungen

Editors: Ines-Jacqueline Werkner, Ulrike Kronfeld-Goharani

Publisher: VS Verlag für Sozialwissenschaften

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About this book

Das Ende des Ost-West-Konflikts hat zu einem fundamentalen Wandel des Internationalen Systems geführt. In den sozialistischen Staaten fanden tiefgreifende politische und wirtschaftliche Transformationsprozesse in Richtung Demokratie und Marktwirtschaft statt. Diese Situation weckte zunächst Hoffnungen auf eine Friedensdividende. Mittlerweile dominieren jedoch Begriffe wie ‚neue’ Kriege, Terrorismus und militärische Interventionen. Kriege auf dem Balkan, im Irak oder in Afghanistan lassen Zweifel an einem friedlichen Europa und friedlicheren internationalen Beziehungen aufkommen. Damit ist die internationale Gemeinschaft – aber auch die Europäische Union als die Zivilmacht Europa – zunehmend gefordert, auf die aktuellen Krisenherde und Konflikte eine Antwort zu finden. Angesichts dieser Situation soll die Ambivalenz gegenwärtiger Friedenspolitik mit ihren Problemen, Herausforderungen und Perspektiven näher in den Blick genommen und einer kritischen Analyse unterzogen werden.

Table of Contents

Frontmatter

Der ambivalente Frieden – Die Friedensforschung vor neuen Herausforderungen

Der ambivalente Frieden – Die Friedensforschung vor neuen Herausforderungen
Zusammenfassung
Das Ende des Ost-West-Konflikts und des Kalten Krieges haben das internationale System verändert: Es kam zu einem Zusammenbruch der Sowjetunion und des sozialistischen Systems in Europa. In den sozialistischen Staaten begannen tiefgreifende politische und wirtschaftliche, zu einem Großteil auch staatliche Transformationsprozesse in Richtung Demokratie und Marktwirtschaft. Die seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges bestehenden bipolaren Strukturen lösten sich auf und damit auch die unmittelbaren Bedrohungen der nationalen Territorien in Europa. Diese Situation weckte zunächst Hoffnungen auf eine Friedensdividende. In diesem Kontext sprach Francis Fukuyama (1992) gar vom „Ende der Geschichte“.
Ines-Jacqueline Werkner, Ulrike Kronfeld-Goharani

Das Ende des Kalten Krieges – Paradigmenwechsel in der Friedenspolitik?

Frontmatter
Neue Kriege und neue Kriegführung als Herausforderungen für die Friedenspolitik
Zusammenfassung
Das Neue hat eine kurze Halbwertszeit. Was gestern neu war, ist heute schon alt, was eben noch aktuell schien, ist wenig später schon überholt. Ein bisschen ist es auch so mit den „neuen Kriegen“, über die in der letzten Zeit viel gesprochen und geschrieben worden ist. Nach über zehn Jahren Debatte und Forschung sind sie aber nur noch deshalb neu, weil immer neue Phänomene mit dem Begriff der „neuen Kriege“ beschrieben werden.
Christopher Daase
Gewalt im Dienste der Menschenrechte? – Von der humanitären Intervention im Kosovo zur Responsibility to Protect
Zusammenfassung
Seit dem Kosovo-Krieg von 1999 hält die intensive Debatte der Völkerrechtler über die humanitäre Intervention an, die durch sehr kontroverse Positionen gekennzeichnet ist (Nachweise bei Tomuschat 2002) und mit der „Responsibility to Protect“ (R2P) eine neue Dimension bekam (Schorlemer, 2007). Im Mittelpunkt stand dabei das Problem, ob massenhafte und schwere Verletzungen der Menschenrechte in einem Staat andere Staaten oder internationale Organisationen zur Gewaltanwendung unter dem Label der humanitären Intervention in den menschenrechtsverletzenden Staat berechtigt. Die Frage erhält dadurch Brisanz, als eine solche Intervention im Widerspruch zu der bislang auch durch das moderne Völkerrecht geheiligten Souveränität der Staaten steht (Kicker 2000: 198). Das politische Konzept der R2P aus dem Jahr 2001 versucht einen Ausweg aus diesem Dilemma.
Hans-Joachim Heintze
Der Gerechte Friede – Ein Paradigmenwechsel in der christlichen Friedensethik?
Zusammenfassung
Der Topos „Gerechter Friede“ kennzeichnet seit mehr als zwanzig Jahren eine wachsende Gemeinsamkeit christlicher Kirchen auf dem Gebiet der Friedensethik. Sie hat mittlerweile eine erhebliche Dynamik in der Fortentwicklung traditioneller Positionsbestimmungen zu diesem Themenfeld freigesetzt. Von besonderer Bedeutung waren dabei jene Diskussionen über den konzeptionellen Ansatz friedensethischer Kernaussagen und ihre Bedeutung für die Gegenwart, die im Kontext der Ökumenischen Versammlungen in beiden deutschen Staaten Ende der achtziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts stattfanden. Die Ökumenische Versammlung in der damaligen DDR stellte ihren umfangreichen Beschlusstexten zu einer Fülle von Einzelfragen politischer Ethik eine „Theologische Grundlegung“ voran, in der es unter anderem hieß:
Thomas Hoppe
Weltordnungspolitik in einer zerklüfteten Welt – 20 Jahre nach dem Ende des Ost-West-Konfliktes dem zivilisatorischen Frieden ein Stück näher?
Zusammenfassung
In einer „kurzen Geschichte des 21. Jahrhunderts“ vertritt der Mitarbeiter der New York Times und Bestsellerautor Thomas L. Friedman die These: „Die Welt ist flach“ – so auch der Titel des 2005 erschienenen, inzwischen in viele Sprachen übersetzten Erfolgsbuches (Friedman 2006). Nun bestätigen einige Erscheinungen in der sich globalisierenden Welt in gewisser Hinsicht diese Perspektive wie die Rolle und Funktion des Internets, globale Wertschöpfungsketten via outsourcing, offshoring, insourcing, auch die digitale Organisation von Arbeitsabläufen sowie andere sich weltweit organisierende Prozesse. Dennoch ist diese Perspektive, vor allem wenn sie wie in diesem Fall übertrieben formuliert wird, zu weltflächig, als dass sie die real existierende Welt zureichend zu beschreiben oder gar analytisch aufzuschlüsseln vermag. Denn diese heute existierende Welt wird durch dramatische Zerklüftungen und weltweit abgeschichtete Problemlagen gekennzeichnet.
Dieter Senghaas

20 Jahre nach dem Systemwechsel – Die EU ein innereuropäisches Friedensprojekt?

Frontmatter
Transformation, Demokratie und Konflikt in Mittelund Osteuropa
Zusammenfassung
Das Ende des Kalten Krieges hatte die Erwartung geweckt, nach dem Verschwinden des Ost-West-Konflikts warte auf die Völker Europas eine Friedensdividende in Form einer verbesserten Sicherheitslage. Das Ende des Wettrüstens, so hieß es zudem, könne in der westlichen Welt Ressourcen freisetzen, die bis dato in sicherheits- und verteidigungspolitische Bereiche geleitet wurden. Gleiches wurde für den postsozialistischen Raum vorausgesetzt, falls die dort anhängigen Konflikte um den Zusammenbruch der Sowjetunion gelöst werden könnten (vgl. u.a. Keohane/Nye/Hoffmann 1993).
Timm Beichelt
Die EU und ihre Nachbarschaft – Zwischen Grenzauflösung und Grenzverschiebung
Zusammenfassung
Das Verhältnis der Europäischen Union (EU) zu ihrer Nachbarschaft ist geprägt von einem Wechselspiel zwischen Grenzauflösung und Grenzverschiebung (Expansion), Inklusion und Exklusion. Inklusion bedeutet dabei die Einbeziehung bzw. Verdichtung der Beziehungen zur Nachbarschaft oder auch Peripherie (also Grenzöffnung), Exklusion hingegen meint eine von der EU ausgehende einseitige, meist abschottende Maßnahme gegenüber dem peripheren Raum (Grenzschließung). Dieses Wechselspiel ist vor allem dem Wesen der EU als dynamischem Einigungs- und Integrationsraum geschuldet. Die Integrationsdynamik wirkt sich nicht nur nach innen aus, also nicht nur in den Integrationsraum hinein, sondern verändert auch das Verhältnis der EU als Ganzes zur angrenzenden Nachbarschaft. In der politikwissenschaftlichen Literatur ist die EU in diesem Sinne vielfach als postmodernes Gebilde „jenseits der Staatlichkeit“ beschrieben worden, das dazu tendiert, Grenzen im klassischen Sinne aufzulösen und diese Grenzen neu, insbesondere nach funktionalen Kriterien, zu ziehen bzw. Räume neu zu definieren und zu gestalten (vgl.: Zielonka 2002b).
Regina Heller
Die Friedenspolitik der EU im Südkaukasus – Bürokratische Außenpolitik statt geostrategischen Anspruchs
Zusammenfassung
Seit der im Vertrag von Maastricht (1991) geschaffenen Gemeinsamen Außenund Sicherheitspolitik (GASP) und verstärkt seit Gründung der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) (1999) erhebt die EU den Anspruch, zur Konfliktprävention, Konfliktlösung und Friedensschaffung in ihrem näheren und weiteren Umfeld beizutragen. Mit der Verabschiedung der Europäischen Sicherheitsstrategie 2003 avancierte die Konfliktbewältigung und Friedenssicherung in multilateraler Ausprägung endgültig zu ihrem Markenzeichen. In ihrer Sicherheitsstrategie betont die EU selbstbewusst, dass sie im Unterschied zu anderen Organisationen die gesamte Palette der Instrumente zur Konfliktprävention und Friedensschaffung aus einer Hand anbiete (Europäische Sicherheitsstrategie 2003: 7). Tatsächlich engagierte sie sich seitdem in einer Vielzahl von Konflikten in unterschiedlichsten Regionen vom Balkan über Afrika bis nach Indonesien. Dennoch wissen wir trotz einer Reihe von Evaluierungen noch relativ wenig darüber, wie die EU Friedenssicherung betreibt, ob und worin sich ihr Ansatz von dem anderer Akteure unterscheidet und wie erfolgreich sie ist. Das europäische Engagement zur Beruhigung der Konflikte im Südkaukasus eignet sich in besonderer Weise als Testfall, um zumindest ein Schlaglicht auf diese Fragen zu werfen.
Matthias Dembinski

Aktuelle Krisenherde der Welt – Probleme und Perspektiven einer friedensverträglichen Sicherheitspolitik

Frontmatter
Der Irakkrieg und die Folgen
Zusammenfassung
Wie von Präsident Barack Obama im Wahlkampf 2008 versprochen, zogen Ende August 2010 die letzten Kampftruppen ohne Siegesrhetorik aus dem Irak ab, weitere etwa 50.000 Soldaten bleiben freilich bis Ende 2011 zur Unterstützung der zivilen Behörden und zur Terrorbekämpfung im Land stationiert. Der Krieg war 2003 unter falschen Voraussetzungen (Massenvernichtungswaffen, Bekämpfung von Al Qaida, Demokratisierung des Mittleren Ostens) begonnen worden. Ein Diktator wurde gestürzt. War der Krieg aber die hohen zivilen und militärischen Opfer wert? Er hat vier bis fünf Tausend amerikanischen Soldaten und 100 bis 200 Irakern das Leben und die amerikanische Bevölkerung hunderte Mrd. Dollar gekostet. Seine globalen und regionalen politischen Auswirkungen werden lange spürbar bleiben. Global wurde der Ruf der USA als Ordnungsmacht angeschlagen, die regionale Machtbalance geriet durcheinander, und der Terrorismus erhielt neue Nahrung. Mit dem Abzugsplan will Obama einige dieser Fehler korrigieren. Dieser Artikel beschäftigt sich mit den Intentionen der beteiligten Akteure, mit den Kosten und mit den Folgen des Krieges.
Heinz Gärtner
Das Atomprogramm des Iran – Herausforderungen an die Internationale Gemeinschaft
Zusammenfassung
Das Atomprogramm des Iran steht inzwischen seit fast acht Jahren mit an der Spitze der Probleme der internationalen Politik, gemessen sowohl an Schlagzeilen in der internationalen Presse wie an diplomatischen Bemühungen.
Michael Brzoska
Krisenherd Pakistan – Nukleare Risiken, regionale Konflikte und die Taliban
Zusammenfassung
Der folgende Aufsatz richtet sich auf einen Kunststaat, Militärstaat und Krisenstaat besonderer Prägung.
Jakob Rösel
Klimawandel und Gewaltkonflikte – Ein unabwendbares Szenario für die Zukunft?
Zusammenfassung
Kann Umweltzerstörung zur Entstehung oder Verschärfung von gewaltsamen Konflikten beitragen? In Europa und Nordamerika entwickelte sich vor zwei Jahrzehnten ein breites Forschungsprogramm zu „ökologischer Sicherheit“, das den kausalen Beitrag von Umweltfaktoren zum gewaltsamen Konfliktaustrag untersucht (Homer-Dixon 1994, 1999; Kahl 2006; Bächler et al. 1993, 1996; Barnett et al 2007, Breitmeier 2009). Seitdem wurde die Frage des möglichen Beitrags von Umweltzerstörung zu Gewaltkonflikten in der Friedens- und Konfliktforschung stets kontrovers diskutiert (Brock 2001). Die empirische Arbeit an den mit dem Konzept der „ökologischen Sicherheit“ verbundenen Forschungsfragen ging zwar weiter, aber die Friedens- und Konfliktforschung hat dem Zusammenhang zwischen Umweltzerstörung und gewaltsamen Konflikten bis vor wenigen Jahren nur eine relativ geringe Bedeutung zuerkannt. Grenzüberschreitende Umweltprobleme wurden dementsprechend lange überwiegend unter einem governanc e-analytischen Blickwinkel untersucht. Damit richtete sich das Erkenntnisinteresse bisher vor allem auf die Beantwortung der Frage, welche Faktoren zu einer effektiven kollektiven Problembearbeitung und –lösung im Kontext internationaler oder transnationaler Institutionen beitragen (Breitmeier 2008; Breitmeier et al. 2006, Breitmeier et al 2009). Dies trifft auch für die Normen und Regeln des globalen Klimaregimes zu, die in der Klimarahmenkonvention von 1992 und im Kyoto-Protokoll von 1997 enthalten sind und die bei den Verhandlungen für ein neues Post-Kyoto-Protokoll für den Zeitraum nach dem Jahr 2012 weiterentwickelt werden müssen (Biermann et al. 2010). Wie plausibel ist demgegenüber die Betrachtung des Klimaproblems aus einem sicherheitspolitischen Blickwinkel? Ist mit einer solchen sicherheitspolitischen Perspektive möglicherweise ein neues Verständnis der Umweltproblematik verbunden? Besitzen Umweltprobleme zukünftig die gleiche sicherheitspolitische Relevanz wie solche traditionellen Sicherheitsprobleme wie das Wettrüsten, die Existenz und Proliferation von Massenvernichtungswaffen, oder wie Konflikte über nationale Grenzen und Territorien?
Helmut Breitmeier

Öffentliche Podiumsdiskussion

Frontmatter
Podiumsdiskussion zum Thema: „Wie weiter in Afghanistan?“
Zusammenfassung
Militärische Interventionen gelten als umstritten. Dies gilt auch für den Einsatz in Afghanistan. So sprechen sich in der jüngsten Bevölkerungsumfrage des Sozialwissenschaftlichen Instituts der Bundeswehr die Hälfte der Befragten in Deutschland dafür aus, den militärischen Einsatz in Afghanistan umgehend zu beenden und alle Bundeswehr-Soldaten sofort aus dem Land zurückzuziehen, während die andere Hälfte der Befragten dafür plädiert, den Afghanistan-Einsatz fortzusetzen. Dabei werden vor allem Wiederaufbauarbeiten unterstützt, Kampfeinsätze gegen die Taliban werden dagegen mehrheitlich abgelehnt. – So das aktuelle Meinungsbild der Bevölkerung zu Afghanistan.
mit Renke Brahms, Edward Keynes, Winfried Nachtwei, Reinhold Robbe, Hannes Wendroth, Ines-Jacqueline Werkner
Backmatter
Metadata
Title
Der ambivalente Frieden
Editors
Ines-Jacqueline Werkner
Ulrike Kronfeld-Goharani
Copyright Year
2011
Publisher
VS Verlag für Sozialwissenschaften
Electronic ISBN
978-3-531-92078-8
Print ISBN
978-3-531-17692-5
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-531-92078-8