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21-12-2016 | Developed Markets | Schwerpunkt | Article

Apple befindet sich im Rückwärtsgang

Author: Nils Jacobsen

4:30 min reading time

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Der Techpionier gilt bis heute als das Maß aller Dinge: Apple ist noch immer der wertvollste Konzern der Welt und der Inbegriff einer Kultmarke. Doch nach fünf Jahren unter dem neuen CEO Tim Cook zeigt Apple ungewohnte Schwäche.

Als ich vor drei Jahren die erste Auflage von "Das Apple-Imperium" veröffentlicht hatte, war der Aufschrei bei Apple-Fans groß. Der Untertitel war schuld: "Vom Aufstieg und Fall des wertvollsten Unternehmens der Welt" zu lesen, schien nach dem Traumlauf der Steve-Jobs-Ära vermessen. Die These war in Analogie zur Geschichte zu verstehen: zum Aufstieg und Fall des Imperium Romanum, zum "Aufstieg und Fall der großen Mächte", wie es der britische Historiker Paul Kennedy beschrieben hatte.

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Das Apple-Imperium 2.0

Apple ist größer, wertvoller und mächtiger als je zuvor. Doch im Zenit der Macht liegt bekanntlich der Keim des Niedergangs. Wie andere Imperien in der Geschichte ist auch Apples scheinbar unangefochtene Regentschaft vom Verfall bedroht.


Die ersten Anzeichen des einsetzenden Abwärtstrends waren schließlich auch beim Apple-Imperium bereits Ende 2013 sichtbar: Erstmals seit über einer Dekade schrumpften die Gewinne des Tech-Giganten plötzlich wieder.

Drei Jahre später gleicht sich das Bild, wenn auch auf höherem Niveau: Apple befindet sich erneut im Rückwärtsgang – diesmal jedoch mit weitaus mehr Dynamik. Um acht Prozent brachen die Umsätze im Fiskaljahr 2016 ein, um gleich 15 Prozent die Gewinne. Es ist das erste Mal seit 2001, dass sich Apples Geschäfte wieder rückläufig entwickeln. Die Aktie hat inzwischen 20 Prozent von den Allzeithochs eingebüßt und notiert schwächer als im Vorjahr und sogar als gegen Ende 2014.

Apple lebt wieder von seiner glorreichen Vergangenheit 

Noch stellt Apple mit Erlösen in Höhe von 216 Milliarden Dollar und Nettogewinnen von knapp 46 Milliarden Dollar den Goldstandard der Branche dar – kein anderes Tech-Unternehmen verdient oder erlöst annähernd so viel wie der Konzern aus Cupertino. Und doch wirkt Apple – wie das späte Römische Reich unter den Soldatenkaisern – in den inzwischen bereits fünf Jahren unter der Ägide von Tim Cook wie ein Unternehmen, das weiter zum überwältigenden Teil von seiner äußerst glorreichen Vergangenheit der Steve Jobs-Ära lebt.

Was ist dem neuen Apple unter Tim Cook in den vergangenen Jahren so Großartiges gelungen, außer das Wachstum eines Produkts immer weiter auszureizen, das bereits 2007 gelauncht wurde? Das iPhone war Apples Lebensversicherung, bis die Absätze seit Jahresbeginn schließlich zweistellig einzubrechen begannen und seitdem keinen Boden gefunden haben.

Apples neues Problem: Das iPhone schwächelt 

Auch wenn Apple im nächsten Jahr zum zehnjährigen Jubiläum mit einem generalüberholten iPhone 8 noch einmal kurzfristig Zuwächse verbuchen dürfte (was dann nach zwei Jahren fallender Absätze nicht die allergrößte Herausforderung wäre), erscheint es sehr fraglich, wie lange das iPhone noch zum Wachstum taugt, zumal sich die Upgrade-Zyklen bei Nutzern immer weiter zu verlängern scheinen.

Das iPhone 6 hatte es vorgemacht: Nur noch alle drei Jahre scheint Apple inzwischen ein neues Modell auf den Markt zu bringen, danach folgten mit dem iPhone 6s und iPhone 7 zwei optisch identische Modelle, die auch unter der Oberfläche wenig Neuerungen boten. Angesichts der immer kleineren Innovationszyklen erscheint heute nicht absehbar, welche neuen Anreize Apple Kunden 2018 und 2019 mit den Nachfolgegeneration des iPhone 8 eigentlich bieten kann.

Sollte das iPhone in den kommenden Jahren gar an Anziehungskraft verlieren, weil die Konkurrenz aus Asien technisch überlegene Produkte für einen Bruchteil des Preises auf den Markt bringt, würden sich Apples Probleme wegen der Abhängigkeit von seinem Kassenschlager verschärfen, der immer noch für über 60 Prozent der Umsätze und geschätzt 70 Prozent der Gewinne verantwortlich ist.

Die Apple Watch konnte bislang nicht die Erwartungen erfüllen 

Das liegt nicht zuletzt daran, dass auch Apples andere Konzernsparten im Rückwärtsgang begriffen sind: Die iPad-Absätze brechen seit Jahren ein, und auch Macintosh-Computer verzeichnen seit nunmehr vier Quartalen im beschleunigten Maße nachgebende Verkäufe. Lediglich die Software-Division iTunes – eigentlich Apples notorische Schwachstelle – wächst als einzige Konzernsparte, weil der US-Konzern vor eineinhalb Jahren den Streamingdienst Apple Music gestartet hat.

Neue Hardware-Produkte wie die Apple Watch, das erste eigene Produkt der neuen Ära, konnten bislang nicht annähernd die Erwartungen erfüllen – noch immer ist nicht klar, ob die Smartwatch aus Cupertino mehr sein kann als ein Accessoire zum iPhone. Die Absätze sind noch so gering, dass Tim Cook sie lieber in der Bilanz unter "Anderen Produkten" versteckt und brachen im zweiten Jahr seit der Einführung sogar schon wieder dramatisch ein – im jüngsten Quartal um über 70 Prozent.

"Die Risiken waren nie größer" 

Die Wall Street ist längst alarmiert. "Wir glauben, dass Apple ein Jahrzehnt der Misere bevorsteht. Die Risiken waren nie größer", äußerte sich Analyst Andrew Merkwitz von der Investmentbank Oppenheimer zuletzt sorgenvoll.

Keine Frage: Die Fallhöhe vom absoluten Zenit der Wirtschaftswelt ist hoch – Apples Polster mit einem Nettovermögen von rund 150 Milliarden Dollar ist es allerdings auch. Insofern dürfte das Kultunternehmnen aus Cupertino von einer existenziellen Krise nach dem Vorbild von Blackberry oder Sony in der vorhersehbaren Zukunft verschont bleiben.

"Das Apple Imperium 2.0" ist daher nicht als Abgesang zu verstehen – es ist kein Untergangsszenario, das Apples Ende beschwört. Vielmehr ist es eine vertiefende Analyse, die hinterfragt, ob nach dem hyperbolischen Aufstieg automatisch der tiefe Fall folgt – und wie hart der Aufprall dabei ausfallen kann. 

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