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2016 | Book

Die Erfindung der Zukunft

Sechs Innovationen, die die Welt veränderten

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About this book

Ein neuer Blick auf die Geschichte und Macht großer Ideen

In dieser bebilderten Darstellung sechs großer technologischer Neuerungen, die unsere moderne Welt auf vielfältige Weise prägen, zeichnet Steven Johnson die Geschichte der Innovation über die Jahrhunderte nach, indem er bedeutsame Facetten des modernen Alltags (seien es Kühleinrichtungen, Uhren oder Brillengläser) von ihrer Erfindung durch Hobbyforscher, Amateure und Unternehmer bis zu ihren unerwarteten historischen Konsequenzen verfolgt.

Das Buch steckt voller überraschender Schilderungen zufälliger genialer Entdeckungen und brillanter Fehlschläge - wie die Geschichte des französischen Verlegers, der den Phonographen schon vor Edison erfunden hatte, oder die des Hollywood-Stars, der zur Entwicklung der Technik hinter WLAN und Bluetooth beitrug. Dabei deckt Johnson immer wieder unerwartete Verbindungen zwischen scheinbar unzusammenhängenden Feldern auf: So ermöglichte die Erfindung der Klimatisierung gewaltige Wanderungsbewegungen von Menschen, nämlich in Millionenstädte wie Dubai oder Phoenix, die ansonsten praktisch unbewohnbar wären; Pendeluhren trugen dazu bei, die Industrielle Revolution auszulösen; sauberes Wasser erwies sich als Voraussetzung für die Produktion von Computer-Chips.

Die Erfindung der Zukunft ist die Geschichte jener kollaborativen Netzwerke, die unsere moderne Welt schufen – informativ, oft provokativ und immer unterhaltsam.

Table of Contents

Frontmatter
1. Glas
Zusammenfassung
Vor etwa 26 Millionen Jahren geschah etwas über dem Sand der Libyschen Wüste, jener öden, unfassbar trockenen Landschaft am östlichen Rand der Sahara. Wir wissen nicht genau, was es war, aber wir wissen, dass es heiß war. Siliziumkörner verschmolzen unter gewaltiger Hitze von deutlich mehr als 1000 Grad Celsius miteinander. Das Siliziumdioxid, das sie bildeten, weist eine Reihe merkwürdiger chemischer Eigenschaften auf. Genau wie Wasser (H2O) bildet es in der festen Phase Kristalle und schmilzt bei Erhitzen zu einer Flüssigkeit. Doch Siliziumdioxid (SiO2) hat einen viel höheren Schmelzpunkt als Wasser, es schmilzt nicht bei Null, sondern erst ab etwa 1500 Grad Celsius. Das Ungewöhnlichste jedoch ist das Verhalten des geschmolzenen Siliziumdioxids, wenn es wieder abkühlt. Flüssiges Wasser nimmt bereitwillig wieder die kristalline Eisstruktur an, wenn die Temperaturen entsprechend absinken. Siliziumdioxid jedoch kann aus irgendwelchen Gründen nicht wieder in die geordnete Kristallstruktur zurückkehren. Es bildet eine andere Substanz irgendwo zwischen fest und flüssig, die uns Menschen seit Anbeginn der Zivilisation in ihren Bann zieht. Als jene überhitzten Sandkörner in der Libyschen Wüste wieder unter ihren Schmelzpunkt abkühlten, überzogen sie eine große Fläche mit einer Schicht aus der Substanz, die wir heute Glas nennen.
Steven Johnson
2. Kälte
Zusammenfassung
Im Frühsommer des Jahres 1834 fuhr die Dreimastbark Madagascar in den Hafen von Rio de Janeiro ein. Sie hatte eine höchst ungewöhnliche Fracht geladen: einen gefrorenen See aus Neuengland. Die Madagascar und ihre Besatzung standen im Dienst des umtriebigen und beharrlichen Bostoner Geschäftsmannes Frederic Tudor. Heute ist er auch unter dem Spitznamen „The Ice King“ bekannt, aber als junger Erwachsener war er noch chronisch erfolglos – trotz seiner Verbissenheit.
„Eis ist für die Betrachtung ein interessanter Gegenstand“, schrieb Henry David Thoreau in Walden beim Blick auf die Eisfläche seines Teiches in Massachusetts mit ihrer „herrlichen Blaufärbung“.1 Tudor war mit einem ganz ähnlichen Gegenstand der Betrachtung aufgewachsen. Als Spross einer wohlhabenden Bostoner Familie erfreute er sich lange Jahre am Eis auf dem See des Familienanwesens Rockwood – nicht nur unter ästhetischen Gesichtspunkten, sondern auch aufgrund von dessen Fähigkeit, Dinge kühl zu halten. Wie so viele begüterte Familien des Nordens lagerten die Tudors Blöcke gefrorenen Seewassers in einem Eishaus – rund 100 Kilogramm schwere Eisblöcke, die auf wundersame Weise nicht vollständig schmolzen, bis in den heißen Sommermonaten ein anderes Ritual begann: das Abschlagen von Eisstücken von den Blöcken, mit denen man dann Getränke kühlte, Speiseeis herstellte oder bei einer Hitzewelle die Temperatur des Badewassers senkte.
Steven Johnson
3. Schall
Zusammenfassung
Vor ungefähr einer Million Jahren zog sich das Meer aus dem Becken rund um das heutige Paris zurück und hinterließ einen Ring aus Kalkstein, Sediment, das aus ehemaligen Korallenriffen besteht. Im Laufe der Zeit schnitt sich die Cure, die durch das Burgund fließt, langsam einen Weg durch einige der Kalksteinfelsen. So entstand ein System aus Höhlen und Tunneln, in denen sich durch Regenwasser und Kohlendioxid schließlich ansehnliche Stalaktiten und Stalagmiten bildeten. Archäologische Befunde zeigen, dass Neandertaler und frühe moderne Menschen über Jahrzehntausende hinweg in den Höhlen Zuflucht fanden und dort Zeremonien abhielten. Anfang der 1990er‐Jahre entdeckte man an den Wänden des Höhlenkomplexes von Arcy‐sur‐Cure mehr als 100 Bilder von Wisenten, Wollmammuts, Vögeln, Fischen – und, besonders berührend, den Abdruck einer Kinderhand. Mittels radiometrischer Datierung konnte man die Bilder auf ein Alter von 30.000 Jahren datieren. Nur die Höhlenmalereien von Chauvet in Südfrankreich gelten als noch älter.
Höhlenmalereien werden aus verständlichen Gründen meist als Beleg für den tief verankerten Wunsch angesehen, die Welt in Bildern wiederzugeben. Lange Zeit vor Erfindung des Kinos fanden sich unsere Urahnen in den von Feuer erleuchteten Höhlen zusammen und betrachteten die flackernden Bilder an der Wand. In jüngster Zeit jedoch wurde eine neue Theorie über die primitive Nutzung der Höhlen im Burgund aufgestellt, und diese konzentriert sich weniger auf die Bilder als vielmehr auf die Akustik in diesen unterirdischen Passagen.
Steven Johnson
4. Hygiene
Zusammenfassung
Im Dezember 1856 überquerte Ellis Chesbrough, ein Ingenieur mittleren Alters aus Chicago, den Atlantik, um sich Bauwerke in Europa anzusehen.1 Er besuchte London, Paris, Hamburg, Amsterdam und ein halbes Dutzend weiterer Städte – die klassische Grand Tour. Nur hatte Chesbrough seine Reise nicht unternommen, um die Architektur des Louvre oder von Big Ben kennen zu lernen. Vielmehr war er gekommen, um die unsichtbaren Errungenschaften europäischer Ingenieurskunst zu studieren: die Kanalisation.
Steven Johnson
5. Zeit
Zusammenfassung
Im Oktober 1967 kam eine internationale Gruppe von Wissenschaftlern in Paris zu einer Konferenz zusammen, die den bescheidenen Namen „Generalkonferenz für Maß und Gewicht“ trug.1 Wenn Sie schon einmal das zweifelhafte Vergnügen hatten, an einer wissenschaftlichen Konferenz teilzunehmen, dann wissen Sie wahrscheinlich in etwa, wie solche Zusammenkünfte ablaufen: Es werden Artikel vorgestellt, dazu gibt es zahllose Podiumsdiskussionen, unterbrochen von zwanglosen Netzwerkgesprächen über einer Tasse Kaffee. Abends an der Hotelbar wird getratscht, und es werden interne Machtkämpfe ausgefochten; alle haben eine mehr oder minder angenehme Zeit, und sonst passiert nicht viel. Die Conférence Générale des Poids et Mesures, wie sie französisch hieß, brach jedoch mit dieser Tradition. Am 13. Oktober 1967 kamen die Teilnehmer überein, die Definition der Zeit zu verändern.
Steven Johnson
6. Licht
Zusammenfassung
Stellen Sie sich eine außerirdische Zivilisation vor, die die Erde von jenseits der Galaxie beobachtet und nach Zeichen intelligenten Lebens sucht. Über Jahrmillionen hinweg kaum etwas Berichtenswertes: das tägliche Wettergeschehen, das sich auf dem Planeten abspielt, das langsame Kriechen der Gletscher, die sich im Rhythmus von rund 100.000 Jahren über die Erdoberfläche ausbreiten oder zurückziehen, die fast unmerkliche Drift der Kontinente. Doch vor rund 100 Jahren kam es plötzlich zu einer auffälligen Veränderung: Nachts begann die Erdoberfläche, erhellt durch die Straßenlampen der großen Städte, zu leuchten, zuerst in Europa und den USA, dann allmählich überall auf der Welt, und dieses Leuchten wurde immer stärker. Vom All aus gesehen war das Aufkommen künstlichen Lichts zweifellos das bedeutendste Einzelereignis in der Geschichte des Planeten, seit der Chicxulub‐Komet vor 65 Millionen Jahren mit der Erde kollidierte und sie in eine Wolke aus überhitzter Asche und Staub hüllte. Vom All aus betrachtet wären all die Wandlungen, die den Aufstieg der menschlichen Zivilisation kennzeichneten, ein Anhängsel: opponierbarer Daumen, Schrift, Buchdruck – all das würde verblassen neben dem Glanz des Homo lumens.
Steven Johnson
7. Fazit: Die Zeitreisenden
Zusammenfassung
Am 8. Juli 1835 heiratete der englische Baron William King im Rahmen einer kleinen Zeremonie im westlichen Randbezirk von London auf einem Anwesen namens Fordhook, das einst dem Romancier Henry Fielding gehört hatte. Allen Berichten zufolge war es eine schöne Feier, wenn auch deutlich kleiner, als man angesichts von Kings Titel und Familienvermögen hätte erwarten können. Die Intimität der Hochzeit war dem großen Interesse der Öffentlichkeit mit seiner 19‐jährigen Braut geschuldet, der wunderschönen und klugen Augusta Byron, Tochter des berühmten romantischen Dichters Lord Byron und heute allgemein bekannt unter ihrem zweiten Vornamen Ada. Byron war seit zehn Jahren tot und hatte seine Tochter seit ihrer Kindheit nicht mehr gesehen, doch sein Ruf künstlerischer Brillanz und moralischen Verfalls klang in der europäischen Kulturszene jener Tage noch immer nach. Es gab 1835 zwar noch keine Paparazzi, die Baron King und seine Braut verfolgt hätten, doch Adas Berühmtheit brachte es mit sich, dass bei ihrer Hochzeit ein gewisses Maß an Diskretion erforderlich war (Abb. 7.1).
Nach einer kurzen Hochzeitsreise begannen Ada und ihr frisch angetrauter Ehemann ihre Zeit abwechselnd in seinem Familienbesitz in Ockham, einem weiteren Anwesen in Somerset und einem Haus in London zu verbringen. Sie richteten sich häuslich ein und begannen, was ein Leben in Müßiggang zu werden versprach, dessen einziges Problemen darin bestand, drei Wohnsitze zu unterhalten. Bis 1840 hatte das Paar drei Kinder bekommen, und King war von Königin Victoria in den Grafenstand erhoben worden.
Steven Johnson
Backmatter
Metadata
Title
Die Erfindung der Zukunft
Author
Steven Johnson
Copyright Year
2016
Publisher
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-662-50294-5
Print ISBN
978-3-662-50293-8
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-50294-5

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