Skip to main content
Top

2014 | OriginalPaper | Chapter

Die europäischen Instrumente zur Überwindung der Staatsschuldenkrise

Author : Prof. Dr. Jörg Gundel

Published in: Neue europäische Finanzarchitektur

Publisher: Springer Berlin Heidelberg

Activate our intelligent search to find suitable subject content or patents.

search-config
loading …

Zusammenfassung

Die Finanzkrise hält die Welt seit 2008 in Atem; seit dem Bekanntwerden des tatsächlichen Zustands der griechischen Staatsfinanzen im Frühjahr 2010 ist sie auch zu einer spezifisch europäischen Krise geworden, auf die die Europäische Union zunächst mit Ad-Hoc-Lösungen, im Anschluß aber mit der Schaffung dauerhaft angelegter neuer Instrumente reagiert hat, die in Form des Fiskalpakts und des ESM-Vertrags als völkerrechtliche Vereinbarungen das originäre EU-Recht ergänzen. Der Beitrag analysiert den europarechtlichen Status Quo, der in den Augen der großen Mehrheit der Mitgliedstaaten die Ergänzungen notwendig gemacht hat, stellt die Strukturen dieser neuen Neben-EU-Verträge dar und untersucht ihre komplexen Beziehungen zum EU-Recht und seinen Institutionen. Schließlich werden mit den noch nicht abschließend entschiedenen Fragen (Eurobonds, Bankenunion) auch die weiteren Perspektiven des Umbaus der Wirtschafts- und Währungsunion behandelt.

Dont have a licence yet? Then find out more about our products and how to get one now:

Springer Professional "Wirtschaft+Technik"

Online-Abonnement

Mit Springer Professional "Wirtschaft+Technik" erhalten Sie Zugriff auf:

  • über 102.000 Bücher
  • über 537 Zeitschriften

aus folgenden Fachgebieten:

  • Automobil + Motoren
  • Bauwesen + Immobilien
  • Business IT + Informatik
  • Elektrotechnik + Elektronik
  • Energie + Nachhaltigkeit
  • Finance + Banking
  • Management + Führung
  • Marketing + Vertrieb
  • Maschinenbau + Werkstoffe
  • Versicherung + Risiko

Jetzt Wissensvorsprung sichern!

Springer Professional "Wirtschaft"

Online-Abonnement

Mit Springer Professional "Wirtschaft" erhalten Sie Zugriff auf:

  • über 67.000 Bücher
  • über 340 Zeitschriften

aus folgenden Fachgebieten:

  • Bauwesen + Immobilien
  • Business IT + Informatik
  • Finance + Banking
  • Management + Führung
  • Marketing + Vertrieb
  • Versicherung + Risiko




Jetzt Wissensvorsprung sichern!

Footnotes
1
Dazu noch u. 4. 2.
 
2
Dazu u. 4. 3. und 5.
 
3
Exemplarisch für die Themen dieses Stadiums ist der Sammelband von Giegerich (Hrsg.), Internationales Wirtschafts- und Finanzrecht in der Krise, 2011, der die Beiträge einer Ringvorlesung aus den Jahren 2009/2010 enthält: Nur einer der Beiträge geht auf die Anfänge der Griechenland-Krise ein, der Beitrag zum Staatsbankrott betrifft noch außereuropäische Beispiele. Ähnliches gilt für den Sammelband von Hummer (Hrsg.), Die Finanzkrise aus internationaler und österreichischer Sicht – Vom Rettungspaket für Griechenland zum permanenten Rettungsschirm für den Euro-Raum, 2011, der die Beiträge einer Tagung aus dem Jahr 2009 enthält und die jüngeren Entwicklungen entgegen dem Untertitel nur in einem aktualisierten Beitrag des Herausgebers erfaßt (kritisch dazu die Rezension von C. Mayer, ÖZW 2012, 52 f.). Der Wandel der Szenerie läßt sich auch daran ablesen, daß die Verwerfungen dieser ersten Phase noch den Anstoß für den Aufnahmeantrag Islands in die EU gegeben hatten (zur Aufnahme der bisher nicht abgeschlossenen Beitrittsverhandlungen s. die Kommissions-Pressemitteilung IP/11/791 v. 27.6.2011). Auch waren die ersten EU-Staaten, die auf Finanzhilfe angewiesen waren, nicht Mitglieder des Euro-Raums, s. dazu noch u. Fn. 32.
 
4
Für eine Beschreibung als zwei aufeinanderfolgende Krisen Calliess, VVStRL 71 (2012), 113 (116 ff.).
 
5
So Ohler, DVBl. 2011, 1061.
 
6
So Zeitler, WM 2012, 673 (673).
 
7
Anders wohl Siekmann, in: Kadelbach (Hrsg.), Nach der Finanzkrise, 2012, S. 131 (134), nach dem auch die „gegenwärtige Staatsschuldenkrise im Kern eine Krise der Finanzinstitute (…) ist“, weil sie als Gläubiger der Krisenstaaten gefährdet seien.
 
8
Bündig zur Charakterisierung der Staatschuldenkrise auch Müller-Graff, Integration 2011, 289 (294): „Nicht der Markt ist das Problem, sondern die staatliche Haushaltpolitik.“ Gegen eine Bewertung bereits der ersten Phase der Finanzkrise als Versagen der Marktwirtschaft Möschel, WuW 2008, 1283 ff.; stellvertretend für eine ideologisierte Kritik marktwirtschaftlicher Strukturen s. Stürner, in: Hochhuth (Hrsg.), Rückzug des Staates und Freiheit des Einzelnen, 2012, S. 231 ff.
 
9
S. den im Frühjahr 2012 veröffentlichten Band von Kadelbach (Hrsg.), Nach der Finanzkrise – Rechtliche Rahmenbedingungen einer neuen Ordnung, 2012.
 
10
Dazu noch u. 4.3.
 
11
Dazu vor allem die Gipfelerklärung der Mitglieder des Euro-Währungsgebiets v. 29.6.2012 (verfügbar unter www.​consilium.​europa.​eu).
 
12
S. dazu die Schlußfolgerungen des Europäischen Rates zur Tagung vom 28.-29.6.2012, EUCO 76/2/12 v. 20.7.2012, insbes. S. 3 (verfügbar unter www.​consilium.​europa.​eu).
 
13
S. FAZ Nr. 127 v. 2.6.2012, S. 1/2; zur im Anschluß auf die Klage eines irischen Abgeordneten gegen die Ratifikation des ESM-Vertrags erfolgten Vorlage des irischen Supreme Court an den EuGH s. noch u. Fn. 19 u. 88.
 
14
Conseil constitutionnel, 9.8.2012 No 2012–653 DC – Traité sur la stabilité, la coordination et la gouvernance au sein de l’Union économique et monétaire; dazu noch u. 4. 2. 1. bei Fn. 65.
 
15
Kritisch zu dem bereits mit der Maastricht-Entscheidung etablierten und in der Entscheidung zum Vertrag von Lissabon ausgebauten Ansatz zur Begründung eines „Grundrechts auf nationale Souveränität“ über Art. 38 GG z. B. Oppermann, in: Sachs/Siekmann (Hrsg.), FS K. Stern, 2012, S. 869 ff.; Sachs, in: Ders./Siekmann (Hrsg.), FS K. Stern, 2012, S. 597 ff.; speziell in Bezug auf die Kontrolle der Euro-Rettungsmaßnahmen Wieland, in: Appel et al. (Hrsg.), FS R. Wahl, 2011, S. 851 (857 ff.).
 
16
BVerfG, 12.9.2012 – 2 BvR 1390/12 u. a., NJW 2012, 3145 m. Anm. Müller-Franken = DVBl. 2012, 1370 m. Anm. Tomuschat,1431 ff.; dazu auch Herrmann, EuZW 2012, 805 ff.; Ukrow, ZEuS 2012, 417 ff.; Peuker, EuR 2013, 75 ff.
 
17
Mit dem Vorliegen der letzten noch fehlenden Ratifikation trat der ESM-Vertrag am gleichen Tag in Kraft, s. die Bekanntmachung in BGBl. II S. 1086; zum Inkrafttreten des Fiskalpakts s. noch u. 4. 2. 1. mit Fn. 77.
 
18
Declaration on the European Stability Mechanism v. 27.9.2012, verfügbar unter www.​consilium.​europa.​eu. Aus deutscher Sicht ist dieser Weg unproblematisch, weil er nur die verfassungsrechtlich geforderte Interpretation festschreibt. Aus der Sicht anderer Mitgliedstaaten kann er sich aber als Vertragsergänzung darstellen, die nicht der ggf. nötigen parlamentarischen Billigung unterlag; VerfGH Wien, 16.3.2013 – SV 2/12-18, hat diesen Vorwurf geprüft und schließlich verworfen, weil die Erklärung tatsächlich nur die ohnehin zutreffende Interpretation bestätige und den Vertragsinhalt damit nicht verändere.
 
19
EuGH (Plenum), 27.11.2012 Rs. C-370/12 (Pringle), NJW 2013, 29 = JZ 2013, 248 m. Anm. Ruffert u. Thym; dazu auch Calliess, NVwZ 2013, 97 ff.; Palmstorfer, EuR 2013, 215 ff.; Weiß, EuZW 2013, 95 ff.; Nettesheim, NJW 2013, 14 ff.; die Entscheidung ist im beschleunigten Verfahren gem. Art. 23 a der EuGH-Satzung ergangen.
 
20
Dazu im Einzelnen u. 3. 2.
 
21
S.o. Fn. 12; s. auch noch u. 4. 4. mit Fn. 113.
 
22
Zunächst Art. 104 c Abs. 2 EGV (Maastricht-Fassung) in Verbindung mit dem Protokoll über das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit, ABl. EG 1992 C 191/84; nun Art. 126 Abs. 2 AEUV mit dem Protokoll Nr. 12 zu EUV und AEUV, ABl. EU 2010 C 83/279.
 
23
Zu ihm z. B. Hahn, JZ 1997, 1133 ff.; Häde, EuZW 1996, 138 ff.; monographisch Konow, Der Stabilitäts- und Wachstumspakt, 2002.
 
24
S. insbes. die VO (EG) Nr. 1467/97 des Rates v. 7.7.1997 über die Beschleunigung und Klärung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit, ABl. EG L 209/6.
 
25
Ein Defizitverfahren setzte nach der VO (EG) Nr. 1467/97 (Fn. 24) den Verstoß eines Mitgliedstaats gegen die 3 %-Defizitgrenze für die aktuelle Neuverschuldung voraus, die Überschreitung der Altschuldengrenzen war hier nicht sanktioniert. Auch bei Einhaltung der Neuverschuldungsgrenze mußten die Altschuldenstände aber anwachsen; dazu plastisch Hofmann/Konow, ZG 2012, 138 (140).
 
26
Der EuGH hat insoweit nur die Nichtigkeit der Ratsentscheidung zur Aussetzung des Verfahrens feststellen können, s. EuGH, 13.7.2004 Rs. C-27/04 (Kommission/Rat), Slg. 2004, I-6649 = JZ 2004, 1069 m. Anm. Kotzur = DVBl. 2004, 1017 m. Anm. Nicolaysen, 1321 ff.; s. auch Palm, EuZW 2004, 71 ff.; Streinz/Ohler/Herrmann, NJW 2004, 1553 ff.
 
27
Entscheidung des Rates v. 5.6.2007 zur Aufhebung der Entscheidung 2003/89/EG über das Bestehen eines übermäßigen Defizits in Deutschland, ABl. EU L 183/23.
 
28
S. insbes. die VO (EG) Nr. 1056/2005 des Rates v. 27.6.2005 zur Änderung der VO (EG) Nr. 1467/97, ABl. EU L 174/5; kritisch dazu Zeitler, in: Bauer et al. (Hrsg.), FS R. Schmidt, 2006, S. 223 ff.; zurückhaltender Hatje, DÖV 2006, 597 ff.; s. auch noch Ohler, ZG 2010, 330 (333), mit dem berechtigten Hinweis, daß ein Zusammenhang zwischen der damaligen Flexibilisierung und der heutigen Krise kaum herzustellen ist.
 
29
Art. 137 AEUV sowie Protokoll betreffend die Euro-Gruppe; hierzu und zu den begrenzten Detailveränderungen im übrigen s. Häde, EuR 2009, 200 ff. (insbes. zur Euro-Gruppe S. 216 f.).
 
30
S. dazu auch den Überblick bei Obwexer, ZÖR 2012, 209 ff.
 
31
Dazu z. B. Thym, EuZW 2011, 167 (168 f.); Kube/Reimer, NVwZ 2010, 1911 ff.; Calliess, ZEuS 2011, 213 (219 ff.); Martucci, in: Audit (dir.), Insolvabilité des Etats et dettes souveraines, 2011, S. 233 (248 ff.); zur Ermächtigung des deutschen Finanzministers zur Übernahme des deutschen Beitrags s. das Gesetz „zur Übernahme von Gewährleistungen im Rahmen eines europäischen Stabilisierungsmechanismus“ v. 22.5.2010, BGBl. I S. 627, ausgeweitet durch das Stabilisierungsmechanismus-Änderungsgesetz v. 9.10.2011, BGBl. I S. 1992.
 
32
VO (EU) Nr. 407/2010 des Rates v. 11.5.2010 zur Einführung eines europäischen Finanzstabilisierungsmechanismus, ABl. EU L 118/1, ergangen auf der Rechtsgrundlage der Notstandsklausel des Art. 122 Abs. 2 AEUV; für die auf dieser Grundlage in den einzelnen „Notfällen“ erlassenen Durchführungsbeschlüsse des Rates: Beschluß 2011/77/EU v. 7.12.2010 über einen finanziellen Beistand der Union für Irland, ABl. EU L 30/34; Beschluß 2011/344/EU v. 30.5.2011 über einen finanziellen Beistand der Union für Portugal, ABl. EU L 159/88. Bereits in der ersten Phase der Finanzkrise war die EU den Nicht-Euro-Staaten Ungarn, Litauen und Rumänien auf der Grundlage des Art. 143 AEUV zu Hilfe gekommen, der aber auf Euro-Mitgliedstaaten nicht anwendbar ist, s. dazu Häde, EuZW 2009, 399 (401); zu früheren Präzedenzfällen s. Martucci, in: Audit (dir.), Insolvabilité des Etats et dettes souveraines, 2011, S. 233 (239 ff.).
 
33
Die detaillierten Einsparungs- und Reformauflagen, die von Griechenland zu erfüllen sind, finden sich auch in auf der Grundlage von Art. 136 AEUV erlassenen Ratsbeschlüssen: S. zunächst den Ratsbeschluß 2010/320/EU v. 10.5.2010, ABl. EU L 145/6, nach mehrfachen Änderungen ersetzt durch den Beschluß 2011/734/EU v. 12.7.2011, ABl. EU L 296/38, dieser wiederum ergänzt durch Beschluß 2012/211/E v. 13.3.2012, ABl. EU L 113/8.
 
34
Zur Struktur s. prägnant den 8. Erwägungsgrund des Ratsbeschlusses 2010/320/EU (Fn. 33): „Die von den Mitgliedstaaten des Euroraums gewährte Hilfe wird in Form von bilateralen Darlehen unter Koordinierung der Kommission zusammengeführt. Die Darlehensgeber haben beschlossen, die Gewährung der Hilfe daran zu knüpfen, daß Griechenland die in diesem Beschluß festgelegten Bedingungen einhält.“ S. zur Ermächtigung des deutschen Finanzministers zur Übernahme des deutschen Beitrags das Gesetz „zur Übernahme von Gewährleistungen zum Erhalt der für die Finanzstabilität in der Währungsunion erforderlichen Zahlungsfähigkeit der Hellenischen Republik (Währungsunion-Finanzstabilitätsgesetz – WFStG)“ v. 7.5.2010, BGBl. I S. 537.
 
35
Auch insoweit ist aber die EU-Kommission als Koordinatorin tätig geworden und hat in Vertretung der Euro-Mitgliedstaaten die Vereinbarungen mit Griechenland getroffen, s. die „Vereinbarung zwischen der Europäischen Kommission in Vertretung der Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets, und der Hellenischen Republik“, BT-Drs. 17/8731, S. 15 ff./23 ff.; zu diesem Tätigwerden der Kommission außerhalb ihrer vertraglichen Funktionen s. noch u. 4. 2. zu Fiskalpakt und ESM-Vertrag.
 
36
Zu diesem Paket z. B. Antpöhler, ZaöRV 2012, 353 ff.; Obwexer, ZÖR 2012, 209 (211 ff.).
 
37
Daneben enthält das Paket auch Verordnungen zur makroökonomischen Steuerung der Mitgliedstaaten mit Sanktionen, die hier nicht behandelt werden können; an der Rechtsgrundlage insoweit zweifelnd Bast/Rödl, EuGRZ 2012, 269 ff.
 
38
S. insbes. die VO (EU) Nr. 1177/2011 des Rates v. 8.11.2011 zur Änderung der VO (EG) Nr. 1467/97 über die Beschleunigung und Klärung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit, ABl. EU L 306/33. So kann nun auch bei überhöhtem Altschuldenstand und gleichzeitiger Einhaltung der Neuverschuldungsgrenze ein Verfahren eingeleitet werden (zum vorherigen Rechtsstand s. o. Fn. 25). Eine Umkehrung der Abstimmungsregeln, nach denen der Rat Sanktionen nicht mehr mit qualifizierter Mehrheit beschließen, sondern einen Vorschlag der Kommission mit qualifizierter Mehrheit ablehnen müßte („umgekehrt qualifizierte Mehrheit“), war dagegen für die in Art. 126 AEUV vorgegebenen Verfahrensschritte ohne Änderung des Primärrechts nicht möglich, sie findet sich aber in anderen Verordnungen des „Six Pack“, dazu Antpöhler, ZaöRV 2012, 353 (365); zur entsprechenden Regelung im Fiskalpakt s. u. 4. 2. mit Fn. 75.
 
39
Anlage I zu den Schlußfolgerungen der Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets v. 11.3. 2011, verfügbar unter www.​consilium.​europa.​eu; dazu auch Obwexer, ZÖR 2012, 209 (227 f.).
 
40
Neben den 17 Euro-Mitgliedstaaten sind weitere 6 EU-Mitgliedstaaten beteiligt, Großbritannien, Schweden, Tschechien und Ungarn wirken nicht mit; zur vergleichbaren Aufspaltung beim Fiskalpakt s. u. 4. 2. 1.
 
41
In diese Richtung Oppermann, in: Bechthold et al. (Hrsg.), FS W. Möschel, 2011, S. 909 (914 f.), der die umstrittenen Auslegungsfragen zum geschriebenen Vertragsrecht aber offenläßt.
 
42
Wie hier zu Recht Herrmann, EuZW 2010, 413 ff.; ebenso Heun/Thiele, JZ 2012, 973 (978 f.), die zu Recht festhalten, daß die deutsche Diskussion lange Zeit durch eine über den Wortlaut hinausgehende, extensiv-teleologische Interpretation der Bestimmungen aus der Hand von Vetretern der Ökonomie geprägt wurde.
 
43
S. z. B. Faßbender, NVwZ 2010, 799 (800); Frenz/Ehlens, EWS 2010, 65 (67); Ruffert, 48 CMLRev. (2011), 1777 (1785 ff.); im Grundsatz ebenso Häde, ZG 2011, 1 (6 ff.), der das angenommene Verbot aber für den Fall drohender Zahlungsunfähigkeit teleologisch reduzieren und im Ergebnis nicht anwenden will.
 
44
Auch das Verbot der Kreditvergabe an die Mitgliedstaaten und ihre Einrichtungen gemäß Art. 123 AEUV ist im übrigen nicht einschlägig, weil es sich ausdrücklich (und ausschließlich) an die EZB und die nationalen Zentralbanken richtet; anders Kube/Reimer, NVwZ 2010, 1911 ff., dies., ZG 2011, 332 (335 f.), die das Verbot im Wege eines Erst-Recht-Schlusses auf die Mitgliedstaaten erstrecken wollen; wie hier dagegen Wieland, NVwZ 2011, 340 (341).
 
45
Wie hier z. B. Middleton, in: Liber Amicorum Jean-Claude Piris, 2012, S. 421 (430): „Article 125 prevents the Union or another Member State from guaranteeing the debt of a Member State, but the prohibition does not extend to a loan granted by a Member State to another Member State (…)”; ebenso z. B. Müller-Graff, Integration 2011, 289 (293); Wieland, NVwZ 2011, 340 (342); F. Mayer/Heidfeld, ZRP 2012, 129 (130); ähnlich nun auch EuGH, 27.11.2012 Rs. C-370/12 (Pringle), Tz. 138 f. mit der Hervorhebung, daß der ESM gegenüber den Gläubigern des Schuldnerstaats weder als Bürge auftrete noch für dessen Schulden hafte.
 
46
Ein erster Hilfskredit Rußlands über 2,5 Milliarden Euro erfolgte schon im Dezember 2011, dazu z. B. Martens, FAZ Nr. 130 v. 6.6.2012, S. 2; zu den (schließlich erfolglos gebliebenen) Verhandlungen über einen zweiten Hilfskredit von 5 Milliarden Euro s. FAZ Nr. 156 v. 7.7.2012, S. 11.
 
47
Ähnlich Müller-Graff, Integration 2011, 289 (293).
 
48
Es handelt sich dabei im übrigen gerade um den Effekt, der mit dem Instrument der Eurobonds umgangen werden soll; dazu noch u. 4. 3. 2.
 
49
Dazu z. B. m.w.N. Louis, 47 CMLRev. (2010), 971 (978): „The sanction imposed by the market is often late and, when it occurs, excessive.“ Ähnlich Häde, EuZW 2009, 399 (402); zu weitgehend allerdings wohl Calliess, VVStRL 71 (2012), 113 (131, 155 f.), der diese Wirkung in der Euro-Krise als „Marktversagen“ einordnet: Auslöser ist dennoch die unsolide Haushaltswirtschaft des betroffenen Staates.
 
50
Anders Hentschelmann, EuR 2011, 282 (285 f.), der die Funktion der Klausel nur dann als erfüllt ansieht, wenn den Investoren rechtlich und tatsächlich jede Hoffnung auf ein wie auch immer geartetes Eingreifen Dritter genommen wird – was allerdings durch normative Regelungen kaum erreichbar sein und zudem in Krisensituationen dysfunktional wirken dürfte.
 
51
Zu diesem Unterscheidungspunkt gegenüber einer durch Art. 125 AEUV ausgeschlossenen gemeinsamen Haftung s. Hofmann/Konow, ZG 2012, 138 (142): Es „wird den Märkten signalisiert, daß ein notleidender Euro-Mitgliedstaat zwar mit Unterstützung in beschränktem Umfang rechnen kann, aber keine Haftung für die gesamte Staatsschuld übernommen wird.“ S. auch F. Mayer/Heidfeld, ZRP 2012, 129 (130); dieser Punkt betrifft auch die Frage der Vereinbarkeit des ESM mit Art. 125 AEUV, dazu noch u. 4.2.2).
 
52
Dazu und zu möglichen Ersatzansprüchen der betroffenen Inhaber griechischer Staatsanleihen ausführlich Sandrock, RIW 2012, 429 ff.
 
53
Ähnlich Hofmann/Konow, ZG 2012, 138 (142 f.; anders dann aber S. 155 mit Fn. 51).
 
54
EuGH, 27.11.2012 Rs. C-370/12 (Pringle), Tz. 130.
 
55
EuGH, 27.11.2012 Rs. C-370/12 (Pringle), Tz. 137; in der vorangehenden Tz. 136 verweist der EuGH zur Begründung allerdings nur auf eine entsprechende Stellungnahme der EZB zur Auslegung des Art. 125 AEUV, so daß der Eindruck einer dogmatisch nicht eigenständig begründeten Zusatzbedingung entsteht.
 
56
So zu Recht Herrmann, EuZW 2010, 645 (646).
 
57
So aber z. B. Ruffert, in: Jahrbuch Bitburger Gespräche 2011/I, S. 15 (23); Kube/Reimer, ZG 2011, 332 (337); weniger entschieden Horn, NJW 2011, 1398 (1400); anders zu Recht Herrmann, EuZW 2010, 645 (646).
 
58
BVerfG, 12.9.2012– 2 BvR 1390/12 u. a. (Fn. 16), Tz. 278, allerdings ohne weitere Begründung; kritisch dazu Herrmann, EuZW 2012, 805 (810 f.) mit dem berechtigten Hinweis, daß die Frage im ausstehenden Hauptsacheverfahren dem EuGH vorzulegen wäre, wenn der Punkt als entscheidungserheblich angesehen werden sollte.
 
59
Auch in Bezug auf den ESM stellt sich allerdings die Frage des Verhältnisses zu Art. 125 AEUV, dazu u. 4. 2. 2.; dasselbe gilt für die Überlegungen zur Ausgabe von Eurobonds, s. u. 4. 3. 2.
 
60
S. z. B. Mussler, FAZ Nr. 152 v. 3.7.2012, S. 9: „Europa ohne Regeln”; ähnlich R. Müller, FAZ Nr. 207 v. 5.9.2012, S. 10, wonach die – vom Verf. offensichtlich als gegeben vorausgesetzte – „Europarechtswidrigkeit der Euro-Rettungspolitik von manchen Politikern offen eingestanden“ werde.
 
61
S. dazu z. B. die Beiträge in Kodek/Reinisch (Hrsg.), Staateninsolvenz, 2012; zu den Konsequenzen des Ausscheidens eines Mitgliedstaats aus dem Euro-Raum s. auch Clerc/Kauffmann, RevMC 2012, 642 ff.; D. Meyer, wbl. 2012, 610 ff.; C. Hofmeister/H. Hofmeister, ZRP 2012, 196 ff.
 
62
Zu den verschiedenen diskutierten Konstruktionen s. z. B. Bonke, ZEuS 2010, 493 (515 ff.)
 
63
Text in BGBl. II S. 1008 ff.; dazu Craig, 37 ELRev. (2012), 231 ff.; Fines, RevMC 2012, 651 ff.; Louis, RTDE 2012, 5 ff.; C. Mayer, JRP 2012, 124 ff.; de Sadeleer, Europe 4/2012, 4 (8 ff.); Weber, DVBl. 2012, 801 ff.; Zarka, Rec. Dalloz 2012, 893 ff.
 
64
Zum Vorbild der deutschen Schuldenbremse, die 2009 mit der Föderalismusreform II durch die Neufassung von Art. 109 GG (Bundes- und Länderhaushalte) und Art. 115 GG (Bundeshaushalt) in das Grundgesetz aufgenommen wurde, die nach den Übergangsfristen in Art. 143 d GG für den Bund allerdings erst ab 2016 und für die Länder ab 2019 greift, s. z. B. Neidhardt, Staatsverschuldung und Verfassung – Geltungsanspruch, Kontrolle und Reform staatlicher Verschuldungsgrenzen, 2010; Koemm, Eine Bremse für die Staatsverschuldung?, 2011; Ryczewski, Die Schuldenbremse im Grundgesetz, 2011, sowie die Beiträge in: Kahl (Hrsg.), Nachhaltige Finanzstrukturen im Bundesstaat, 2011.
 
65
Eine zwingende Verpflichtung zur Änderung des nationalen Verfassungsrechts würde wohl regelmäßig dazu führen, daß der Vertrag selbst den Anforderungen einer Verfassungsänderung unterworfen werden müßte, s. für das französische Verfassungsrecht Conseil constitutionnel, 9.8.2012 No 2012–653 DC (Fn. 14), Tz. 17 ff. (die Notwendigkeit einer Verfassungsänderung wird hier verneint, weil die in Frankreich als „règle d’or“ bekannte Schuldenbremse in einer den Haushaltsgesetzgeber bindenden Weise auch durch ein – im Rang über dem Gesetz stehendes – Loi organique umgesetzt werden könne, s. insbes. Tz. 24; dazu Simon, Europe 8/1012, 3; Oliva, RFDA 2012, 1043 ff.; Roux, RTDE 2012, 855 ff.).
 
66
Bei der Einrichtung dieser nationalen Schuldenbremsen, die neben das EU-Defizitverfahren nach Art. 126 AEUV treten, sollen die Mitgliedstaaten sich nach Art. 3 Abs. 2 des Fiskalpakts „auf gemeinsame, von der Kommission vorzuschlagende Grundsätze“ stützen, die bisher allerdings nicht vorliegen; zur Frage der Einbeziehung der Kommission s. noch u. Fn. 71.
 
67
So z. B. de Sadeleer, Europe 4/2012, 4 ff.; zur Parallele auch Weber, DVBl. 2012, 801 (803 f.) mit dem weiteren Beispiel des Sozialprotokolls zum Vertrag von Maastricht, das ebenfalls eine Nutzung des EU-Rahmens ohne Beteiligung Großbritanniens vorsah, als Teil der Maastrichter Verträge aber anders als der Fiskalpakt auch von diesem Mitgliedstaat ratifiziert worden war.
 
68
Wird sein Urteil mißachtet, kann der EuGH gem. Art. 8 Abs. 2 des Fiskalpakts in einem dem Art. 260 AEUV nachgebildeten Verfahren finanzielle Sanktionen in Höhe von bis zu 0,1 % des BIP verhängen; sie fließen bei Staaten, die zugleich dem ESM angehören, diesem zu, andernfalls dem EU-Haushalt. Die davon zu unterscheidende Anwendung der (einmal umgesetzten) Schuldenbremse auf nationaler Ebene ist von der Zuständigkeit des EuGH dagegen nicht erfaßt; zu diesem Streitpunkt in den Verhandlungen s. z. B. Zarka, Rec. Dalloz 2012, 893 (897).
 
69
Dazu aus verfassungsrechtlicher Sicht u. Fn. 78.
 
70
Um insoweit eine Umsetzungslücke durch Klageunwillen der Mitgliedstaaten zu vermeiden, sieht der Anhang zum Protokoll über die Unterzeichnung des Fiskalpakts vor, daß die Klage binnen drei Monaten nach Feststellung eines Verstoßes durch die Kommission von den Vertragsstaaten zu erheben ist, die Mitglieder des Dreiervorsitzes des Rates sind.
 
71
S. etwa zum „Auftrag“ an die Kommission, Vorschläge für die gemeinsamen Grundsätze zur Schuldenbremse zu unterbreiten, o. Fn. 59; zudem wird sie nach Art. 8 Abs. 1 aufgefordert, den Vertragsparteien (!) einen Bericht über die Umsetzung der Schuldenbremse in den Vertragsstaaten vorzulegen, auf dessen Grundlage dann über Klagen vor dem EuGH gegen säumige Mitgliedstaaten zu entscheiden ist (s. schon Fn. 69).
 
72
So ausdrücklich für einen vergleichbaren Fall der Inanspruchnahme der Kommission durch die Mitgliedstaaten Tz. 26 der Schlußanträge von Generalanwalt Jacobs zu EuGH, 30.6.1993 verb. Rs. C-181 u. 248/91 (Parlament/Rat), Slg. 1993, I-3685: „Es liegt bei der Kommission, einen solchen Auftrag anzunehmen oder abzulehnen, vorausgesetzt natürlich, daß sie sich dabei so verhält, wie es mit ihren Verpflichtungen aus den Gemeinschaftsverträgen vereinbar ist.“ Die EU-Kommission kann vorliegend allerdings kein Interesse daran haben, sich diesen Ansinnen zu verweigern, weil sie damit zumindest faktischen Einfluß auf diese formal außerhalb des EU-Rechts stehenden Vorgänge ausüben kann.
 
73
Für einen Präzedenzfall der Beauftragung der Kommission durch die Mitgliedstaaten außerhalb ihrer vertraglichen Funktionen s. EuGH, 30.6.1993 verb. Rs. C-181 u. 248/91 (Parlament/Rat), Slg. 1993, I-3685, Tz. 20; dort war die Inanspruchnahme allerdings kollektiv durch alle Mitgliedstaaten erfolgt; dazu Middleton, in: Liber Amicorum Jean-Claude Piris, 2012, S. 421 (431 f.); s. auch Craig, 37 ELRev. (2012), 231 (240 f.).
 
74
Anderer Ansicht allerdings Fischer-Lescano/Oberndorfer, NJW 2013, 9 ff., die allerdings nur unspezifisch auf den Grundsatz loyaler Zusammenarbeit abstellen, der durch den mit der gewählten Konstruktion verbundenen Ausschluß des Europäischen Parlaments aus den Entscheidungsprozessen verletzt werde.
 
75
Art. 7 des Fiskalpakts; s. dazu Hofmann/Konow, ZG 2012, 138 (145): „völkerrechtliche Vereinbarung über das Abstimmungsverhalten“.
 
76
Als früheres Beispiel ist das Übereinkommen v. 19.6.1980 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Römer Schuldrechtsübereinkommen), BGBl. 1986 II S. 810, zu nennen, das nach seinem Art. 29 bereits nach der Ratifikation durch 7 Mitgliedstaaten unter diesen in Kraft trat.
 
77
Diese Voraussetzung war mit dem 21. Dezember 2012 erfüllt, weil zu diesem Zeitpunkt Finnland als zwölfter Euro-Mitgliedstaat die Ratifikation vorgenommen hatte.
 
78
So zur Beteiligung der Bundestages im Vorfeld, die nur in Art. 23 GG, nicht aber bei „normalen“ völkerrechtlichen Verträgen im Rahmen des Art. 59 GG vorgesehen ist: BVerfG, 19.6.2012 – 2 BvR 2305/11, EWS 2012, 276 = NVwZ 2012, 954 = DVBl. 2012, 894; dazu v. Kielmansegg, EuR 2012, 654 ff.
 
79
S. zur Diskussion um die verfassungsrechtlichen Anforderungen an das Zustimmungsgesetz Möllers/Reinhardt, JZ 2012, 693 ff.; Wollenschläger, NVwZ 2012, 713 ff.; dagegen Hölscheidt/Rohleder, DVBl. 2012, 806 ff., die ein einfaches Zustimmungsgesetz als ausreichend ansehen.
 
80
Anders als Frankreich (s. o. Fn. 65) kennt die deutsche Rechtsordnung keine Zwischenebene, die für eine den Haushaltsgesetzgeber bindende Umsetzung unterhalb des Verfassungsrangs genutzt werden könnte; anders Hölscheidt/Rohleder, DVBl. 2012, 806 (809), die als Alternative eine Aufnahme in das Haushaltsgrundsätzegesetz vorschlagen.
 
81
Hierfür Kahl/Glaser, FAZ Nr. 58 v. 8.3.2012, S. 8, die die Zustimmungsgesetze als Eintritt in einen europäischen Bundesstaat und als Identitätsänderung des Grundgesetzes qualifizieren und daher eine Volksabstimmung nach Art. 146 GG fordern, die auch durch Verfassungsbeschwerde (wohl in Analogie zur BVerfG-Rspr. zu Art. 38 GG) erzwungen werden könne; dagegen z. B. Hofmann/Konow, ZG 2012, 138 (157 ff.).
 
82
Text in BGBl. II S. 983 ff.; dazu z. B. Kube, WM 2012, 245 ff.; Obwexer, ZÖR 2012, 209 (239 ff.).
 
83
Der Beitritt ist EU-Mitgliedstaaten mit dem Ratsbeschluß zur Einführung des Euro auf ihrem Territorium eröffnet, Art. 2 Abs. 1 des ESM-Vertrags; Nicht-Euro-Mitgliedstaaten, die sich neben dem ESM an Unterstützungsmaßnahmen beteiligen, wird nach Erwägungsgrund 9 der Präambel Beobachterstatus eingeräumt.
 
84
S. noch u. Fn. 92.
 
85
S. Art. 37 Abs. 3 des ESM-Vertrags.
 
86
Beschluß des Europäischen Rates v. 25.3.2011 zur Änderung des Art. 136 AEUV hinsichtlich eines Stabilitätsmechanismus für die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, ABl. EU L 91/1; dazu Kube/Reimer, ZG 2011, 332 (338 ff.). Diesem – Einstimmigkeit erfordernden – Beschluß haben auch Großbritannien und Tschechien zugestimmt, die dem Fiskalpakt ferngeblieben sind.
 
87
Diese Absicherung gegen den Vorwurf eines Verstoßes gegen die No-Bail-Out-Klausel würde vor allem den Bedenken der Stimmen Rechnung tragen, die die bisherigen Instrumente EFSM und EFSF nur aufgrund ihres Charakters als befristete Notmaßnahmen akzeptiert hatten (s. o. Fn. 43); mit dem ESM wird dagegen ein dauerhafter Mechanismus errichtet, der aber durch den neuen Art. 136 Abs. 3 AEUV ausdrücklich legitimiert würde. Der EuGH hat nun allerdings geklärt, daß die Absicherung unnötig ist, s. sogleich Fn. 90.
 
88
Dieses vereinfachte Verfahren setzt unter anderem voraus, daß mit der Änderung die Kompetenzen der EU nicht erweitert werden; schon aus diesem Grund mußte der ESM als Instrument der Euro-Mitgliedstaaten und nicht der EU konstruiert werden. Ob dieses Verfahren gewählt werden konnte, war Gegenstand der Vorlage des irischen Supreme Court an den EuGH, s. EuGH, 27.11.2012 Rs. C-370/12 (Pringle).
 
89
Das Zustimmungsgesetz wurde von beiden Häusern des tschechischen Parlaments gebilligt, Präsident Klaus verweigerte jedoch die Unterzeichnung . Erst sein Nachfolger hat die Ratifikation mit Wirkung zum 23.4.2013 vorgenommen. so daß die Änderung am 1.5.2013 in Kraft trat; s. zum Ratifikationsstand www.​consilium.​europa.​eu/​policies/​agreements.
 
90
EuGH, 27.11.2012 Rs. C-370/12 (Pringle), Tz. 183 ff.
 
91
Zur parlamentarischen Rückbindung der Abstimmung des deutschen Mitglieds s. noch u. Fn. 95.
 
92
S. insbes. Art. 14 Abs. 3 u. 4, wonach die Kommission vom Gouverneursrat mit der Aushandlung des Memorandum of Understanding über die Auflagen betraut wird und dieses vorbehaltlich seiner Zustimmung im Namen des ESM unterzeichnet (die damit beschriebene Funktion hatte die Kommission bereits zuvor bei den intergouvernementalen Rettungsmaßnahmen im Fall Griechenlands und des EFSF übernommen, s. o. Fn. 34 f.); auch das Dringlichkeitsverfahren nach Art. 5 Abs. 4 (s. o. bei Fn. 91) kann nur zur Anwendung kommen, wenn Kommission und EZB ein rasches Eingreifen für erforderlich halten.
 
93
BVerfG, 7.9.2011 – 2 BvR 987/10 u. a., BVerfGE 129, 124 = JZ 2011, 1004 m. Anm. Thym = EuR 2011, 828; dazu Nettesheim, EuR 2011, 765 ff.
 
94
BVerfG (Fn. 93), Tz. 128: Aus der nationalen Budgethoheit folge, daß keine „dauerhaften völkervertragsrechtlichen Mechanismen begründet werden“ dürften, „die auf eine Haftungsübernahme für Willensentscheidungen anderer Staaten hinauslaufen, vor allem, wenn sie mit schwer kalkulierbaren Folgewirkungen verbunden sind“; zur Notwendigkeit einer konstitutiven Zustimmung des Bundestages zuvor Tz. 124 ff. (zu den Konsequenzen im ESM-Zustimmungsgesetz s. sogleich Fn. 95); zu den Grenzen der Übertragung dieser Zustimmungsbefugnis auf Bundestagsausschüsse dann BVerfG, 28.2.2012 – 2 BvE 8/11, EuGRZ 2012, 227 = NVwZ 2012, 495; dazu Nettesheim, NJW 2012, 1409 ff.; Moench/Ruttloff, DVBl. 2012, 1261 ff.
 
95
So z. B. Kube, AöR 137 (2012), 205 (212 f.); das deutsche Zustimmungsgesetz bindet die nach dem Vertrag erforderliche Zustimmung des deutschen Mitglieds im Gouverneursrat bei einer Inanspruchnahme des ESM an einen vorangehenden Beschluß des Bundestages, s. § 4 Abs. 1 der Zustimmungsgesetzes in der auf Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses verabschiedeten Fassung, BT-Drs. 17/10126.
 
96
BVerfG, 12.9.2012 – 2 BvR 1390/12 u. a. (o. Fn. 16), insbes. Tz. 253; zu der in der Eilentscheidung geäußerten und einer Klärung im Hauptsacheverfahren vorbehaltenen Kritik am Verhalten der EZB s. bereits Fn 58. Auch im Hauptsacheverfahren wären hier freilich prozessual keine unmittelbaren Konsequenzen möglich, weil Verfahrensgegenstand das Zustimmungsgesetz zum ESM ist; sofern der ggf. im Vorabentscheidungsverfahren befaßte EuGH der EZB engere Grenzen ziehen sollte, wäre deren Beachtung allerdings zu erwarten.
 
97
Ähnlich Calliess/Schoenfleisch, JZ 2012, 477 (486); auch die Entscheidung des französischen Conseil constitutionnel, 9.8.2012 No 2012–653 DC (Fn. 14), Tz. 14 ff., verneint insoweit eine unzulässige Einschränkung der nationalen Souveränität; s. weiter BVerfG, 12.9.2012 – 2 BvR 1390/12 u. a. (o. Fn. 16), Tz. 300 ff.
 
98
Art. 15 Abs. 1 des ESM-Vertrages sieht in Reaktion hierauf die Möglichkeit vor, „Finanzhilfe mittels Darlehen an ein ESM-Mitglied speziell zum Zwecke der Rekapitalisierung von Finanzinstituten dieses ESM-Mitglieds zu gewähren.“ Bereits der Wortlaut macht allerdings deutlich, daß für diese Darlehen ebenfalls der Empfängerstaat haftet; zur Möglichkeit einer künftigen direkten Rekapitalisierung s. u. Fn. 102.
 
99
Dazu z. B. Kohtamäki, Die Reform der Bankenaufsicht in der Europäischen Union, 2012; Siekmann, in: Kadelbach (Hrsg.), Nach der Finanzkrise, 2012, S. 131 ff.; Lehmann, in: Gramlich/Manger-Nestler (Hrsg.), Europäisierte Regulierungsstrukturen und -netzwerke, 2011, S. 131 ff.
 
100
VO (EU) Nr. 1903/2010 des EP und des Rates v. 24.11.2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Bankenaufsichtsbehörde), […], ABl. EU L 331/12; dazu z. B. Kämmerer, NVwZ 2011, 1281 ff.; Schammo, 48 CMLRev. (2011), 1879 ff.; Michel, DÖV 2011, 728 ff.; allgemein zum Status der EU-Agenturen Gundel, in: Schulze et al. (Hrsg.), Europarecht, 2010, § 3 Rn. 25 ff.
 
101
Vorschlag für eine Richtlinie des EP und des Rates „zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen (…)“, KOM (2012) 280 endg/2.
 
102
Nach Einrichtung einer solchen einheitlichen Bankenaufsicht soll nach der Gipfelerklärung der Euro-Mitglieder vom 29.6.2012 (o. Fn. 11) auch die bisher nicht vorgesehene direkte Banken-Rekapitalisierung durch den ESM (s. Fn. 98) ermöglicht werden, was allerdings einen entsprechenden Beschluß des Gouverneursrats voraussetzt.
 
103
S. die Kommissionsmitteilung „Fahrplan für eine Bankenunion“, KOM (2012) 510 endg., sowie den Vorschlag für eine VO des Rates „zur Übertragung besonderer Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute auf die Europäische Zentralbank“, KOM (2012) 511 endg., und den Vorschlag für eine VO des EP und des Rates „zur Änderung der VO (EU) Nr. 1093/2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (…)“, KOM (2012) 512 endg.
 
104
Speziell zum Fall der spanischen Krise und ihren Entstehungsbedingungen s. Rodriguez, RevMC 2012, 672 ff.
 
105
Zu diesen „Rückkopplungseffekten“ der Staatsschuldenkrise s. schon o. Fn. 6.
 
106
Dazu z. B. Müller-Franken, JZ 2012, 219 ff.; F. Mayer/Heidfeld, NJW 2012, 422 ff.; dies., ZRP 2012, 129 ff.; Heun/Thiele, JZ 2012, 973 ff.; Allemand, RevMC 2012, 635 ff.; ders., RTDE 2012, 553 ff.
 
107
Denselben Effekt würde der vom deutschen Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung vorgeschlagene „Schuldentilgungsfonds“ nutzen, in den die 60 % des BIP übersteigenden Altschulden der Mitgliedstaaten der Eurozone ausgelagert werden sollen; zur verfassungsrechtlichen Beurteilung des Vorschlags s. das Gutachten von Schorkopf, Verfassungsrechtliche Grenzen und Möglichkeiten für eine Umsetzung des Schuldentilgungspakts des Sachverständigenrats, abrufbar unter www.​sachverstaendige​nrat-wirtschaft.​de; s. aber auch Müller-Franken, NVwZ 2012, 1201 ff.; zur europarechtlichen Bewertung auch noch u. Fn. 111.
 
108
Zu den verschiedenen, unter anderem vom Europäischen Parlament ausgehenden Vorstößen s. z. B. Prieto, RTDE 2012, 1 ff.; s. auch Kafsack, FAZ Nr. 105 v. 5.5.2012, S. 15; zum nun vom Europäischen Rat vom 28.-29.6.2012 beschlossenen „Pakt für Wachstum und Beschäftigung“, der allerdings im Wesentlichen nur bereits vorhandene Mittel neu präsentiert, s. noch u. Fn. 117.
 
109
S. auch das Grünbuch der EU-Kommission „über die Durchführbarkeit der Einführung von Stabilitätsanleihen“, KOM (2011) 818 endg. (der vertrauenerweckende Begriff der Stabilitätsanleihen ersetzt hier das belastete Stichwort der Eurobonds).
 
110
Aus der Sicht der kleineren Mitgliedstaaten bietet das Instrument allerdings auch Volumenvorteile, die unabhängig von einer unterschiedlichen Bonität der Schuldner bestehen.
 
111
So auch das Grünbuch der EU-Kommission (Fn. 109), S. 13 ff.: Eine Vertragsänderung sei nur bei Anleihen mit nur teilschuldnerischer Garantie der Mitgliedstaaten verzichtbar, jedoch könnten die Mitgliedstaaten dann „bei der Emission nicht Nutznießer einer möglicherweise höheren Bonität anderer Mitgliedstaaten sein.“ (S. 22). Ebenso F. Mayer/Heidfeld, ZRP 2012, 129 (131 f.), die diese Bewertung auch auf den vom deutschen Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung vorgeschlagenen „Schuldentilgungsfonds“ (Fn. 107) erstrecken: Zwar betreffe dies nur Altschulden und berühre den Steuerungsimpuls der No-Bail-Out Klausel (s. o. bei 3. 2. bei Fn. 48) nicht unmittelbar, die Verlagerung schaffe aber Raum für neue Schulden.
 
112
Monatsbericht Juni 2012 der Deutschen Bundesbank, S. 8 ff. (abrufbar unter www.​bundesbank.​de).
 
113
S. dazu die Schlußfolgerungen des Europäischen Rates (Fn. 12), S. 3: Danach sollte der Ratspräsident in Zusammenarbeit mit den Präsidenten von EZB, Kommission und Eurogruppe im Oktober 2012 einen Zwischenbericht vorlegen, ein Gesamtbericht sollte Ende 2012 folgen; zum Zwischenbericht „Auf dem Weg zu einer echten Wirtschafts- und Währungsunion“ (abrufbar unter www.​consilium.​europa.​eu) s. z. B. Kafsack, FAZ Nr. 240 v. 15.10.2012, S. 16. s. auch die Kommissionsmitteilung „Ein Konzept für eine vertiefte und echte Wirtschafts- und Währungsunion: Auftakt für eine europäische Diskussion“, KOM (2012) 777 endg./2.
 
114
Der Europäische Rat v. 13.-14.12.2012 hat die in den Berichten (Fn. 113) entwickelten Vorstellungen – etwa zu einer „Fiskalkapazität“, d. h. einem eigenen Gemeinschaftshaushalt des Euroraums – nicht aufgenommen, sondern die Vorlage eines weiteren „Fahrplans“ für die Fortentwicklung der Währungsunion verlangt, der vom Europäischen Rat im Juni 2013 erörtert werden soll, s. Tz. 12 der Schlußfolgerungen der Tagung des Europäischen Rates v. 13.-14.12.2012, EUCO 205/12, verfügbar unter www.​consilium.​europa.​eu.
 
115
S. stellvetretend Pöttering, FAZ Nr. 188 v. 14.8.2012, S. 27; für die Wahrnehmung der Eurokrise als Chance zur Vertiefung der Integration in der juristischen Diskussion s. z. B. Wieland, JZ 2012, 213 ff.
 
116
Zu den Schlagzeilen der italienischen Tagespresse zu einem „Vierten Reich“ und einer Herrschaft der „Nazideutschen“ s. etwa FAZ Nr. 182 v. 7.8.2012, S. 11: „Antideutsche Stimmung in Italien“.
 
117
Stattdessen wird der vom Europäischen Rat am 28.-29.6.2012 beschlossene nicht-förmliche „Pakt für Wachstum und Beschäftigung“ (Anlage zu den Schlußfolgerungen des Europäischen Rates [Fn. 12], S. 7 ff.) als Ersatz für solche Nachverhandlungen verstanden, s. dazu Zarka, Rec. Dalloz 2012, 1740.
 
118
S.o. Fn. 77.
 
Literature
go back to reference C. Calliess, Finanzkrisen als Herausforderung der internationalen, europäischen und nationalen Rechtssetzung, VVStRL 71 (2012), 113 C. Calliess, Finanzkrisen als Herausforderung der internationalen, europäischen und nationalen Rechtssetzung, VVStRL 71 (2012), 113
go back to reference P. Craig, The Stability, Coordination and Governance Treaty: Principle, Politics and Pragmatism, 37 ELRev. (2012), 231 ff. P. Craig, The Stability, Coordination and Governance Treaty: Principle, Politics and Pragmatism, 37 ELRev. (2012), 231 ff.
go back to reference W. Häde, Die Wirtschafts- und Währungsunion im Vertrag von Lissabon, EuR 2009, 200 ff. W. Häde, Die Wirtschafts- und Währungsunion im Vertrag von Lissabon, EuR 2009, 200 ff.
go back to reference C. Herrmann, Die Bewältigung der Euro-Staatsschulden-Krise an den Grenzen des deutschen und europäischen Währungsverfassungsrechts, EuZW 2012, 805 ff. C. Herrmann, Die Bewältigung der Euro-Staatsschulden-Krise an den Grenzen des deutschen und europäischen Währungsverfassungsrechts, EuZW 2012, 805 ff.
go back to reference W. Heun/A. Thiele, Verfassungs- und europarechtliche Zulässigkeit von Eurobonds, JZ 2012, 973 ff. W. Heun/A. Thiele, Verfassungs- und europarechtliche Zulässigkeit von Eurobonds, JZ 2012, 973 ff.
go back to reference Hofmann/Konow, Die neue Stabilitätsarchitektur der Europäischen Union, ZG 2012, 138 ff. Hofmann/Konow, Die neue Stabilitätsarchitektur der Europäischen Union, ZG 2012, 138 ff.
go back to reference S. Kadelbach (Hrsg.), Nach der Finanzkrise, Baden-Baden 2012 S. Kadelbach (Hrsg.), Nach der Finanzkrise, Baden-Baden 2012
go back to reference V. Louis, Un traité vite fait, bien fait?, RTDE 2012, 5 ff. V. Louis, Un traité vite fait, bien fait?, RTDE 2012, 5 ff.
go back to reference M. Nettesheim, „Euro-Rettung“ und Grundgesetz – Verfassungsrechtliche Vorgaben für den Umbau der Währungsunion, EuR 2011, 765 ff. M. Nettesheim, „Euro-Rettung“ und Grundgesetz – Verfassungsrechtliche Vorgaben für den Umbau der Währungsunion, EuR 2011, 765 ff.
go back to reference W. Obwexer, Das System der „Europäischen Wirtschaftsregierung“ und die Rechtsnatur ihrer Teile, ZÖR 2012, 209 ff. W. Obwexer, Das System der „Europäischen Wirtschaftsregierung“ und die Rechtsnatur ihrer Teile, ZÖR 2012, 209 ff.
Metadata
Title
Die europäischen Instrumente zur Überwindung der Staatsschuldenkrise
Author
Prof. Dr. Jörg Gundel
Copyright Year
2014
Publisher
Springer Berlin Heidelberg
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-642-37868-3_4