Zusammenfassung
Die Compliance zielt bei ihrem Vorgehen grundsätzlich auf den Einzelnen. In der Tradition der Rechtwissenschaften, welche keine kollektiven Handlungen kennt, sondern nur das einzelne Individuum freispricht oder verurteilt. Dabei mögen die Umstände einfließen, grundsätzliches Credo bleibt jedoch, dass der Einzelne eine Entscheidung eigenverantwortlich trifft und verantwortet. Dieser Tradition berücksichtigt nicht die Gruppe, welcher dieser angehört. Dabei ist wirtschaftliches Handeln immer auch soziales Handeln, da es sich sinnhaft am Verhalten anderer orientiert, zum kollektiven Repertoire (selbst-)verständlicher Verhaltens- und Handlungstypen gehört, auf Erwartungen anderer zu reagieren oder sich gegenüber anderen zu rechtfertigen bzw. rechtfertigen zu können (Hedtke 2014, S. 1). Wirtschaftlich Handelnde sind in soziale Gruppe und Organisationen eingebunden. Eine Gruppe ist mehr als die Summe der Mitglieder, führt quasi ein „Eigenleben“. Deren Funktionsweise wird nicht zuletzt deshalb verdeutlicht, weil die Mehrzahl der schwerwiegenden, lang anhaltenden Compliance-Verstöße von Gruppen begangen werden.