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2019 | OriginalPaper | Chapter

2. Die (post-)neoklassische Arbeitsökonomik als Referenz- und „Negativfolie“

Author : Simon Weingärtner

Published in: Soziologische Arbeitsmarkttheorien

Publisher: Springer Fachmedien Wiesbaden

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Zusammenfassung

Fast alle arbeitsmarkt- und wirtschaftssoziologischen Beiträge beziehen sich entweder kritisch-konstruktiv oder negativ-abgrenzend auf die ökonomietheoretischen Ansätze der Neoklassik bzw. deren Weiterentwicklungen im Rahmen der Neuen Institutionenökonomik. Daher ist es für eine vergleichende Analyse soziologischer Arbeitsmarkttheorien unabdingbar, sich mit den einschlägigen wirtschaftswissenschaftlichen Ansätzen auseinanderzusetzen. In diesem Kapitel werden daher die Grundannahmen der mikroökonomischen Neoklassik zum „Homo Oeconomicus“, zum Standardmodell des (Arbeits-)Marktes sowie der Humankapitaltheorie vorgestellt. Anschließend wird mit den drei Theoriesträngen der Neuen Institutionenökonomik (Property-Rights-, Principal-Agent- und Transaktionskostentheorie) auf die wichtigsten arbeitsmarkttheoretischen Weiterentwicklungen eingegangen, die versuchen, die abstrakten Modellannahmen der orthodoxen Neoklassik schrittweise zu konkretisieren. Das Kapitel schließt mit einer kurzen Zusammenfassung und Kritik der einschlägigen ökonomischen Konzeptionen und zeigt deren Implikationen für die Arbeitsmarktsoziologie auf.

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Footnotes
1
Die nicht unerheblichen semantischen Unterschiede zwischen den häufig auch synonym verwendeten Konzepten „Marktwirtschaft“ und „Kapitalismus“ bringt Ulrike Herrmann in ihrem lesenswerten historischen Abriss der Geschichte des Kapitalismus auf den Punkt (vgl. Herrmann 2014). Wobei hierzu kritisch angemerkt werden muss, dass die Autorin die Idee der Marktwirtschaft auf die neoklassische Idealvorstellung der vollkommenen Konkurrenz reduziert. Dies dient zwar der didaktischen Zuspitzung, ignoriert allerdings weniger rigide Konzeptualisierungen des Gegenstandes (z. B. als „dezentrale Planwirtschaft“), die durchaus mit einer Analyse der Allokationsprozesse im real existierenden Kapitalismus vereinbart werden können (Trares 2016).
 
2
Für eine vertiefende Lektüre sei an dieser Stelle auf die auch für Nicht-ÖkonomInnen gut nachvollziehbare Einführung in die neoklassische Arbeitsmarkttheorie von Steffen Schönfelder (2010) verwiesen, auf der die nun folgenden Ausführungen in weiten Teilen beruhen. Überdies war für die folgenden Darstellungen Schönfelders im Rahmen des SFB 580 entstandene und (leider) unveröffentlichte Magisterarbeit (2011) eine wichtige Inspirationsquelle. Eine zwar etwas technischere, aber dennoch gut verständliche Einführung in die wichtigsten ökonomischen Arbeitsmarkttheorien haben Sesselmeier, Funk und Waas (2010) vorgelegt. Als Einstiegslektüre empfehlenswert ist zudem der Eintrag von Keller und Henneberger (2018) zu Arbeitsmarkttheorien aus dem Gabler Wirtschaftslexikon. Eine der wohl scharfsinnigsten und lesenswertesten Kritiken des neoklassischen Denkens entstammt der Feder von Steve Keen (2011).
 
3
Oft wird der Homo Oeconomicus gerade auch von Kritikern aus der Soziologie als unrealistisch und im wahrsten Sinne des Wortes un-sozial kritisiert (z. B. Beckert 1996, 1997; Miller 1994). Die Kritik am mangelnden Realitätsbezug wird von Ökonomen zurückgewiesen, da das Verhaltensmodell als Forschungsheuristik gar keinen hundertprozentigen Realitätsgehalt anstrebe, sondern lediglich eine heuristische Approximation ökonomischen Vorteilsstrebens darstelle. Ein schlagkräftigerer soziologischer Einwand bezieht sich hingegen auf die Performativität (Realität prägende bzw. erzeugende Kraft) der Idee des Eigennutzstrebens im Rahmen des marktfundamentalistischen Wirtschaftsliberalismus (Polanyi 2014 [1944]). Denn dieser leite aus dem Eigennutzaxiom sein „utopische[s] Bemühen […] zur Errichtung eines selbstregulierenden Marktsystems“ ab (ebd., S. 54). D. h. im Neoliberalismus wird der eigennützige HOE zum Verhaltensimperativ, wie nicht zuletzt Michel Foucault in seinen Vorlesungen zur modernen „Gouvernementalität“ mit der Idee des „unternehmerischen Selbst“ eindrucksvoll auf den Begriff bringt (Foucault 2006 [1979]; vgl. Bührmann 2005; Bröckling 2007). Aufgrund der gesellschaftlichen Hegemonie des Neoliberalismus, scheint auch im wirtschaftswissenschaftlichen Diskurs bisweilen die Grenze zwischen dem Markt als analytischer Referenz und qua politischer Intervention aktiv herzustellendem und zu garantierendem normativen Ideal (vgl. Mirowski 2015, S. 35 ff.) bzw. politischem Legitimationsmythos (Ötsch 2009) zu verschwimmen.
 
4
In seiner Allgemeinheit ist der Nutzenbegriff der Neoklassik folglich tautologisch und bedarf in der konkreten ökonomischen Analyse immer einer problemadäquaten Definition. Zumeist gilt jedoch: Nutzen gleich materieller Wohlstand (Göbel 2002, S. 25).
 
5
Dies gilt natürlich nur, sofern HOE nicht über andere (Tausch-)Ressourcen verfügt, die er anstelle seiner Arbeitskraft zur Erfüllung seiner Konsumbedürfnisse einsetzen kann.
 
6
Der Verweis auf das Geld wird an dieser Stelle zum Zweck der realitätsnahen Illustration eingeführt. In seiner mathematischen Rigorosität kommt das aus der Produktionsfunktion der Unternehmen und der Nutzenfunktion der Haushalte bestehende Basismodell der Neoklassik ohne das Vermittlungsmedium Geld aus.
 
7
Eine überzeugende anthropologische Kritik dieser – heute in nahezu allen gängigen VWL-Lehrbüchern in ähnlicher Weise erzählten – Geschichte der gesellschaftlichen Transformation von der Tausch- zur Marktwirtschaft findet sich bei Karl Polanyi (2014 [1944], S. 77 ff.) und aktueller bei David Graeber (2014, S. 31 ff.).
 
8
Im sog. „Pareto-Optimum“ sieht die Neoklassik eine optimale Ressourcenallokation realisiert. Dieses Optimum bezeichnet eine „[g]esellschaftliche Situation, in der es nicht möglich ist, die Wohlfahrt eines Individuums durch eine Re-Allokation der Ressourcen zu erhöhen, ohne gleichzeitig die eines anderen Individuums zu verringern“ (Gabler-Wirtschaftslexikon).
 
9
Herrmann (2016a, S. 142 f.) weist auf die Zirkularität dieses Arguments hin: „Es werden Preise benötigt, damit man seinen Nutzen sinnvoll optimieren kann. Aber genau dieser Optimierungsprozess sollte überhaupt erst zu Preisen führen. […] Bis heute hat die Neoklassik dieses fundamentale Problem nicht lösen können, was liberale Ökonomen aber nicht davon abhält, allgemeine Gleichgewichtstheorien vorauszusetzen“.
 
10
Um es mit Herrmann (2016b) pointiert auszudrücken: „[d]ie Neoklassik will unbedingt beweisen, dass die Gesamtwirtschaft stets zum Gleichgewicht tendiert. Dieser ‚Nachweis‘ ist jedoch nur möglich, wenn man die reale Welt ignoriert“.
 
11
Die makroökonomischen Schlüsse der keynesianischen Tradition können nach Schönfelder im Kern als endogene Modifikationen der Neoklassik gelten (Schönfelder 2010, S. 26, FN 70). Wie er herausstellt, ist die makroökonomische Neoklassik eigentlich gar keine originäre Neoklassik, sondern eine Erweiterung klassischer Kreislaufannahmen (Jean B. Say) und der Allgemeinen Gleichgewichtstheorie (Léon Walras). John Maynard Keynes ist also nicht nur ihr wohl berühmtester Kritiker, sondern zugleich auch der eigentliche Urheber der Makroökonomik auf neoklassischem Fundament: „seine Abweichungstheorien legen dabei (implizit) auch einen idealen Referenzpunkt frei, der als (makroökonomische) Neoklassik gelten kann“ (ebd.).
 
12
Didaktisch ansprechende Systematisierungen der wichtigsten Ansätze der NIÖK finden sich in den betriebswirtschaftlich bzw. organisationstheoretisch ausgerichteten Arbeiten von Göbel (2002) sowie Ebers und Gotsch (2006). Etwas formaler und technischer, aber dennoch auch für Fachfremde in weiten Teilen lesenswert sind zudem die volkswirtschaftlich ausgerichteten Lehrbücher von Erlei, Leschke und Sauerland (2007) sowie von Richter und Furubotn (2003).
 
13
Opportunistisches Verhalten und asymmetrisch verteilte Informationen, die in den beiden anderen NIÖK-Linien Berücksichtigung finden, werden, zumindest im verfügungsrechtlichen Grundmodell, ausgeblendet, woraus sich eine ökonomisch-funktionalistische Sichtweise auf Institutionalisierungsprozesse ergibt. Zwar berücksichtigen aktuellere PRT-Analysen durchaus auch die genannten Aspekte, diese Erweiterungen laufen jedoch prinzipiell der verfügungsrechtlichen Grundannahme, wonach „freie“ Verhandlungen zwischen rationalen Akteuren zu pareto-optimalen Allokationsergebnissen führen (Coase-Theorem) zuwider, weswegen ihre Berücksichtigung an dieser Stelle die Darstellung nur unnötig verkomplizieren würde.
 
14
So geht beispielsweise in einem klassischen Mietverhältnis (vgl. Göbel 2002, S. 79 ff.) das Recht zum Gebrauch (usus) einer Immobilie von deren Besitzer auf einen anderen über, während alle anderen Rechte (usus fructus, abusus, Übertragung) beim Vermieter bleiben. Aus dieser spezifischen Property-Rights-Struktur lassen sich nun unterschiedliche Nutzungsstrategien der Transaktionsteilnehmer ableiten. Da er nicht über das Übertragungsrecht verfügt, hat der Mieter gemäß der PRT ein geringeres Interesse an Erhalt und Verbesserung der Wohnsubstanz als der Vermieter. Entsprechend ist bei Vermietung eine intensivere und potenziell weniger achtsame Nutzung zu erwarten als in einer Situation „unverdünnter“ Property Rights, in der der Besitzer seine Immobilie selbst bewohnt.
 
15
Zum schillernden und intuitiv leicht missverständlichen ökonomischen Begriff des Marktversagens („failure of markets to exist“) sowie zur Diskussion verschiedener „Markt-ermöglichender“ wirtschaftspolitischer Strategien vgl. Fritsch et al. (2010, S. 89 ff.) oder Grüner (2007, S. 19 ff.).
 
16
Die tatsächliche Realisierung des verfügungsrechtlichen Idealzustandes würde mit Blick auf die „Ressource“ Arbeitskraft faktisch der Einführung einer Form von (Lohn-)Sklaverei gleichkommen, da jegliche Form von Arbeitnehmerschutz- bzw. Menschenrechten zur Verdünnung der Verfügungsrechte und damit zur Steigerung von Transaktionskosten für die Arbeitgeberseite beitragen. Aufgrund dieser teilweise problematischen moralischen Implikationen, gilt die PRT als nur bedingt auf den Arbeitsmarkt anwendbar.
 
17
Analog argumentiert auch die Transaktionskostentheorie (TKT), wobei diese im Unterschied zur PRT dauerhafte Beschäftigungsverhältnisse nicht als Allokationssphäre des Marktes zuordnet, sondern der eigenständigen betriebsinternen Allokationssphäre des „internen Arbeitsmarktes“, welche prinzipiell nach anderen Regeln funktioniert (vgl. auch Feld II: Segmentationsansätze).
 
18
Streng genommen wäre sogar auch eine neo-marxistische Interpretation der PRT denkbar. So geht etwa Richard D. Wolff (2012, S. 115 ff.) davon aus, dass sog. „Workers’ Self-Directed Enterprises“ oder kurz: „Worker Coops“, in denen die Beschäftigten demokratisch über die Transaktionsbedingungen ihrer Arbeitskraft sowie die betrieblichen Strategien entscheiden können, einen effektiveren Umgang mit Ressourcen mit einer egalitäreren Verteilungsstruktur verbinden könnten als die „klassischen“ kapitalistischen Unternehmungen, zumal sie geringere Kosten für die Disziplinierung und Kontrolle der Arbeitskraft aufbringen müssten.
 
19
Ein ganz ähnliches Argument vertritt Aage B. Sørensen in seinem arbeitsmarktsoziologischen Schließungsansatz (Feld I).
 
20
Hier bedarf es der einschränkenden Anmerkung, dass sich die folgenden Ausführungen zu den theoretischen Grundannahmen der AGT vornehmlich auf die – auch als „Theorie relationaler Verträge“ bezeichnete – „deskriptive Agenturtheorie“ beziehen. Dieser, um eine größere Realitätsnähe bemühten, Forschungsrichtung steht die stärker mathematisch ausgerichtete „normative Agenturtheorie“ bzw. „Vertretungstheorie“ gegenüber (Ebers und Gotsch 2006, S. 259; Richter und Furubotn 1999, S. 35 f.). Letztere operiert mit wesentlich abstrakteren Annahmen, sodass eine ausführliche Darstellung dieser Richtung der Intention dieses Kapitels, mainstreamökonomische Konkretisierungen der neoklassischen Arbeitsmarkttheorie vorzustellen, zuwiderlaufen würde.
 
21
Konkret geht es hier also um Kauf-, Liefer-, Kredit-, Versicherungs- und Arbeitsverträge etc. In der AGT wird die Organisation als eine Art „legale Fiktion“ betrachtet, der jegliche Eigenlogik abgesprochen wird. Sie tritt lediglich als zentraler Vertragspartner „der einen gemeinsamen Knotenpunkt und eine Koordinationsstelle für die Vielzahl von Einzelverträgen des organisatorischen Vertragsnetzwerkes bildet“ in Erscheinung (Ebers und Gotsch 2006, S. 260; vgl. kritisch: Davis 2009).
 
22
Die Summe der Agenturkosten ergibt sich aus den Beobachtungs- bzw. Überwachungskosten („monitoring costs“), den Kosten für die Überwindung der Informationsasymmetrie („bonding costs“) sowie dem sog. „residual loss“, welcher die verbliebene Differenz zwischen der aus Sicht des Prinzipals optimalen und der vom Agenten tatsächlich gewählten Strategie besteht (Jensen und Meckling 1976, S. 308).
 
23
In beiden Fällen kommen einschlägige auf AGT-Überlegungen aufbauende Arbeitsmarkt- und Personaltheorien wie die Kontrakt- (Gordon 1974), die Effizienzlohn- (z. B. Shapiro und Stiglitz 1984) und die Tournament-Theorie (Lazear und Rosen 1981) zum Einsatz (vgl. ausführlich: Sesselmeier et al. 2010, S. 207 ff.). Eine genuin arbeitsmarktökonomische Perspektive nimmt darüber hinaus der Insider-Outsider-Ansatz (Lindbeck und Snower 1988) ein.
 
24
AGT und PRT neigen zur Nivellierung der verschiedenen Vertragsarten, da sie der Organisation gegenüber dem Markt keinen eigenen Status als institutionelles Arrangement zuweisen, sondern sie lediglich als Aggregate mehr oder weniger „vollständiger“ (ex-ante-)Verträge („Nexus of Contracts“) innerhalb eines marktförmig organisierten Austauschprozesses begreifen (vgl. Göbel 2002, S. 135).
 
25
Es werden in der TKT fünf Kostenkategorien unterschieden, von denen zwei vor Vertragsabschluss und drei nach Vertragsabschluss anfallen können (Williamson 1985, S. 20 ff. zit. n. Ebers und Gotsch, S. 278). Ex ante entstehen Informations- und Suchkosten bei der Ermittlung von geeigneten Transaktionspartnern sowie von Produkt- und Preisinformationen. Ebenfalls ex ante fallen die von der Agenturtheorie zentral gestellten Verhandlungs- und Vertragskosten an. Ex post fallen dagegen Überwachungs-, Konflikt- und Durchsetzungs- sowie Anpassungskosten zur Einhaltung, Durchsetzung bzw. nachträglichen Anpassung der Vertragskonditionen an.
 
26
Beispiele hierfür sind etwa Investitionen in spezifisches Humankapital oder die inhaltliche, räumliche und/oder zeitliche Harmonisierung von Produktionsprozessen zwischen Zulieferer- und Abnehmerbetrieben (vgl. ausführlich: Williamson 1991, S. 281).
 
27
Jenseits der theoretischen Einwände wird außerdem aus forschungspraktischer Perspektive die mangelnde Operationalisierbarkeit des Konzepts der „Agenturkosten“ kritisiert (vgl. ausführlich: Ebers und Gotsch 2006, S. 276 f.).
 
28
Diese einseitige Parteinahme führt zu einer verzerrten Wahrnehmung der realen Machtverhältnisse auf Arbeitsmärkten sowie zu einer teilweise verdinglichenden Sichtweise auf abhängig Beschäftigte und Arbeitslose. Aufgrund der enormen politischen und diskursiven Wirkmächtigkeit der Standardökonomik, zeitigt diese vermeintlich harmlose theoretische und methodologische Zuspitzung mitunter ganz reale politische Konsequenzen, die sich heute z. B. anhand des wirkmächtigen arbeitsmarktpolitischen „Aktivierungsdiskurses“ studieren lassen (vgl. Lessenich 2009; Butterwegge 2015).
 
29
Jenseits dieses ökonomischen Arguments, kann man sich dieser Entwicklung auch vonseiten der neuen Wirtschaftssoziologie nähern. So betont beispielsweise Granovetter (1985) die zentrale Bedeutung von Vertrauen und informellen Beziehungen im Rahmen ökonomischer Austauschprozesse.
 
Metadata
Title
Die (post-)neoklassische Arbeitsökonomik als Referenz- und „Negativfolie“
Author
Simon Weingärtner
Copyright Year
2019
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-23743-1_2