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2022 | Book

Digitale Arbeit gestalten

Herausforderungen der Digitalisierung für die Gestaltung gesunder Arbeit

Editors: Prof. Dr. Eva Bamberg, Prof. Dr. Antje Ducki, Prof. Dr. Monique Janneck

Publisher: Springer Fachmedien Wiesbaden

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About this book

Zu betrieblicher Gesundheitsförderung und zu Gesundheitsmanagement liegen zahlreiche Veröffentlichungen vor. Es fehlen jedoch Publikationen, in denen aktuelle Entwicklungen des Arbeitslebens, besonders Digitalisierung, hinreichend berücksichtigt werden. Digitalisierung hat für Gesundheit und für Gesundheitsförderung eine doppelte Relevanz: Sie verändert das Arbeitsleben und dabei Arbeitsverhältnisse, Arbeitsorganisation und Arbeitsbedingungen, und sie beeinflusst Methoden und Instrumente der Gesundheitsförderung. Dieser Band gibt praktisch nützliche und wissenschaftlich fundierte Handlungshilfen für gesundheitsbezogene Maßnahmen in der digitalisierten Arbeitswelt. Zentrale Entwicklungen der Arbeitswelt sowie digital gestützte Methoden der Gesundheitsförderung werden dargestellt und diskutiert.

Table of Contents

Frontmatter

Einführung

Frontmatter
1. Wandel der Arbeit, Digitalisierung und Gesundheit
Zusammenfassung
Digitalisierung und Industrie 4.0 sind populäre Themen mit einer langen Tradition, denn seit Jahrzehnten wird die Diskussion zu Technikentwicklung als wesentlicher Teil der Entwicklung der Arbeitsgesellschaft geführt. Viele Erkenntnisse, die in diesem Zusammenhang erarbeitet wurden, sind für die aktuelle Auseinandersetzung über die Folgen von Digitalisierung und Industrie 4.0 von Bedeutung. Die Implikationen, die Digitalisierung für die Arbeitsorganisation, die Arbeitsverhältnisse, die Arbeitsbedingungen, die Balance zwischen verschiedenen Lebensbereichen hat, sind maßgeblich für die Gesundheit der Arbeitenden. Gesundheitsförderung und die Gestaltung guter Arbeit im Zeitalter der Digitalisierung bauen auf diesen Erkenntnissen auf und erweitern sie.
Eva Bamberg, Antje Ducki, Monique Janneck

Wandel der Arbeit durch Digitalisierung

Frontmatter
2. Digitalisierung: Produkte und Systeme
Zusammenfassung
Der Arbeitsstil des Malers Georg Grosz dient als Ausgangspunkt um zu zeigen, wie sich ein spezifischer Arbeitsbereich – Textverarbeitung – in den letzten Jahrzehnten verändert hat und welche Folgewirkungen sich daraus ergeben können. Nach einer kurzen Erläuterung des Digitalisierungsbegriffs werden Produkte und Systeme der Digitalisierung im Überblick beschrieben. Abschließend werden die Inhalte der Kapitel des vorliegenden Buchteils zusammenfassend wiedergegeben.
Eva Bamberg, Antje Ducki, Monique Janneck
3. Künstliche Intelligenz in der Arbeitswelt
Zusammenfassung
Während Prognosen zur Bedeutung Künstlicher Intelligenz (KI) vielfältig sind, stehen die Zeichen auf einer zügigen Weiterentwicklung, die auf verschiedene Arten die Arbeitswelt verändern wird. Unter KI werden Systeme gefasst, die kognitive Prozesse durch regelbasierte bzw. mathematische Operationen ausführen. Dabei kann sie durch eine Vielzahl von Methoden realisiert werden. Um ihren betrieblichen Einsatz zu ermöglichen, müssen KI-Systeme sichere Arbeitsmittel sein und es ist auch, z. B. hinsichtlich unerlaubter Datennutzung, für den Schutz der Beschäftigten zu sorgen. Des Weiteren muss die Arbeit unter KI-Nutzung menschengerecht gestaltet sein und z. B. Lernchancen für Beschäftigte bereithalten. Auch organisatorische Aspekte, wie Verantwortlichkeiten und Befugnisse, sind bewusst zu gestalten. Dann kann KI nicht nur genutzt werden, um Effizienz zu fördern und Innovationspotenziale zu heben, sondern auch, um Sicherheit und Gesundheit zu verbessern.
Lars Adolph, Alina Tausch
4. Agilität und Arbeitsmethoden
Zusammenfassung
Agilität ist die Fähigkeit, in chaotischen und dynamischen Situationen schnell und flexibel zu reagieren, indem zum Nutzen für die Kund*innen eine Balance zwischen Strukturierung und Flexibilität geschaffen wird. Agile Arbeitsmethoden haben ihren Ursprung in der Softwareentwicklung, werden aber zunehmend in anderen Bereichen eingesetzt. Sie versprechen, in einer komplexer werdenden Welt möglichst kund*innenorientierte Lösungen zu finden. Agile Projektmanagementmethoden wie Scrum und Kanban zeichnen sich durch Merkmale wie Kund*innenzufriedenheit durch Teillieferungen, kurze Entwicklungszyklen, Fokus auf technischer Exzellenz und Design sowie funktionierende Teilprodukte aus. Selbststeuerung und Selbstorganisation sind wichtige Schlüssel für das Funktionieren agiler Arbeit. Gleichwohl stellen besonders diese Aspekte Beschäftigte vor besondere Herausforderungen, was Verantwortungsübernahme, Flexibilität und mögliche Folgebelastungen betrifft. Der Artikel zeigt auf, wie gezielte agile Methoden in nicht-klassischen Bereichen wie der sozialen Arbeit aussehen und wirken können und welche Rahmenbedingungen für ein gesundes Vorgehen in Organisationen wichtig sind.
Stefanie Bock, Farina Steinert
5. Mensch-Maschine-Systeme
Zusammenfassung
Mit dem Einsatz von digital-vernetzten, KI-unterstützten Mensch-Maschine-Systemen (MMS) in der Arbeit ergeben sich neue gesundheitliche Risiken, aber auch neue Wege einer präventiven Arbeitsgestaltung sowie neue Chancen für Arbeitsschutz und arbeitsbezogene Gesundheitsförderung. Gleichzeitig könnten sich mit der verstärkten Nutzung von „Machine Learning“ und anderen Formen der so bezeichneten „Artificial Intelligence“ als „Enabler of Autonomation“ die seit Langem beschriebenen Ironien der Automatisierung weiter zuspitzen – mit erheblichen Risiken für Sicherheit und Gesundheit weit über den Kreis der Arbeitenden hinaus. Gefordert wird ein Paradigmenwechsel im Prozess der MMS-Gestaltung hin zu partizipativem Vorgehen und „soziotechnischer Systemgestaltung 2.0“.
Wolfgang Kötter
6. Virtuelle und mobile Arbeitsformen
Zusammenfassung
Der Beitrag thematisiert Erfolgsbedingungen virtueller Zusammenarbeit und zeigt Möglichkeiten auf, wie räumlich und zeitlich verteiltes Arbeiten im Team gezielt unterstützt werden kann. Maßnahmen zur Förderung effektiver Team- und Projektarbeit werden in ein Phasenmodell der Aufgaben eines verteilten Teams eingeordnet. Wie können Führungskräfte auf Distanz führen? Um diese Frage zu beantworten, wird auf ein zu veränderndes Verständnis von Führung eingegangen sowie auf die Notwendigkeit für Teams, sich stärker selbst zu organisieren. Interventionen, die der durch die Digitalisierung drohenden Entgrenzung von Arbeits- und Privatleben entgegenwirken, werden benannt.
Margarete Boos, Thomas Hardwig, Stefan Klötzer
7. Virtuelle und automatisierte Führung
Zusammenfassung
Die digitale Transformation verändert Organisationen, Arbeitsumgebungen und Arbeitsprozesse fundamental und stellt Organisationen und Führungskräfte vor große Herausforderungen, Führung und Zusammenarbeit leistungs- und gesundheitsförderlich zu gestalten. Unter dem Oberbegriff E-Leadership werden die verschiedenen Konzepte, die sich aus der rekursiven Wechselwirkung zwischen Führung(-skräften) und moderner Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) ergeben, strukturiert. In diesem Kapitel werden insbesondere die virtuelle Führung (wenn eine Führungskraft ihre Führungsfunktionen vermittelt über IKT ausübt) und die automatisierte Führung (wenn Führungsfunktionen nicht mehr durch die Führungskraft, sondern durch IKT übernommen werden) in den Fokus gerückt und ihre Vor- und Nachteile sowie damit verbundene Chancen und Risiken für die Leistung und Gesundheit der geführten Mitarbeiter*innen diskutiert.
Jenny S. Wesche, Jana B. Wilbert, Andreas Sonderegger, Martin Gersch
8. Neue Beschäftigungsformen in der Plattformökonomie
Zusammenfassung
Plattformen im Internet verändern nicht nur unser Konsum- und Freizeitverhalten. In vielen Fällen bieten sie auch neue Beschäftigungsformen. Es ist von den Uber-Fahrer_innen die Rede, Essenslieferdiensten, von Reinigungskräften, die per App gebucht werden können, von Menschen, die Kleinstaufgaben wie Online-Recherchen durchführen oder Werbe- und Produkttexte schreiben. Prominenter sind die Bezeichnungen Gig oder Crowd Worker. Verschiedene Forschungsdisziplinen sind mit diesen Themen befasst. Aus juristischer Sicht stellt sich immer wieder die Frage, wie die arbeitenden Menschen einzuordnen sind, als Arbeitnehmer oder als Selbstständige. Der Beitrag „Neue Beschäftigungsformen in der Plattformökonomie“ befasst sich mit der juristischen Einordung und bezieht die Arbeitsorganisation auf Plattformen auch unter Berücksichtigung des Urteiles des Bundesarbeitsgerichts vom 01.12.2020 – 9 AZR 102/20 mit in seine Erwägungen hinein.
Andreja Schneider-Dörr

Entwicklung und Gestaltung von Digitaler Arbeit in verschiedenen Handlungsfeldern

Frontmatter
9. Einleitung: Digitale Arbeitswelt – Potentiale und Probleme
Zusammenfassung
Digitalisierung ist mit weitreichenden Veränderungen in der Arbeitswelt verbunden. Das Kapitel greift zentrale Themen, die im wissenschaftlichen und Praxisdiskurs behandelt werden, auf. Anforderungen an soziotechnische Gestaltung, Ergonomie, elektronische Kommunikation und virtuelle Teams, sowie an Flexibilisierung und Entgrenzung von Arbeit werden zusammenfassend charakterisiert. Es folgt ein Überblick über die Kapitel in diesem Abschnitt, die Potentiale und Herausforderungen der Digitalisierung in verschiedenen Handlungsfeldern beleuchten.
Monique Janneck
10. Entwicklung und Gestaltung von Digitaler Arbeit im Handlungsfeld Produktion
Zusammenfassung
Unter der Bezeichnung „Industrie 4.0“ steht die Digitalisierung im Handlungsfeld Produktion in den letzten Jahren wieder vermehrt im Fokus der medialen, industriepolitischen und wissenschaftlichen Aufmerksamkeit. Dabei gerät mitunter aus dem Blick, dass der Digitalisierungsprozess in der Produktion schon seit gut 50 Jahren im Gange ist: Bereits seit Ende der 1960er/Anfang der 1970er-Jahre wurden in der Produktion Speicherprogrammierbare Steuerungen (SPS) genutzt. Spätestens seit den 1980er-Jahren kam der Computer als „Hilfsmittel“ (von Computer Aided Design [CAD] über Computer Aided Engineering [CAE] bis hin zu Computer Integrated Manufacturing [CIM]) zum Einsatz, und manche sahen ihn schon als Kommandozentrale der damals viel diskutierten „menschenleeren Fabrik“. Seitdem ist die Digitalisierung von Arbeitsinformationen, Arbeitsabläufen und Arbeitsmitteln in Produktionsunternehmen ständig weiter fortgeschritten. Allerdings hat sie dann in den 2010er-Jahren mit dem Internet der Dinge, der so bezeichneten Industrie 4.0 und dem Aufkommen neuer internetbasierter Organisations- und Geschäftsmodelle eine ganz neue Qualität erreicht. Der Artikel skizziert die mit dieser neuen Qualität der Digitalisierung einhergehenden Herausforderungen und Chancen für eine gesundheitsgerechte Gestaltung von Produktionsarbeit, und er beschreibt situationsangemessene Gestaltungsprinzipien und Vorgehensweisen sowie Beispiele für gute Gestaltungslösungen.
Wolfgang Kötter, Sebastian Roth
11. Digitalisierung im Handwerk
Zusammenfassung
Handwerksbetriebe nutzen die Digitalisierung für eine Modernisierung ihrer internen Arbeitsprozesse sowie an der Schnittstelle zu Kunden und externen Partnern. Verbreitung und Reifegrad der Lösungen variieren jedoch stark in Abhängigkeit von Gewerken, Größe der Betriebe und Standort im urbanen oder ländlichen Raum. Dort, wo bereits ein fortgeschrittener Umsetzungsstand von Digitallösungen zu finden ist, erkennt man positive Effekte, z. B. eine bessere Kommunikation bei komplexen Projekten, die Entlastung von nicht-wertschöpfenden Tätigkeiten oder eine Modernisierung des Images vom Unternehmen. Risiken wie das Entstehen von dequalifizierenden Tätigkeiten, die Entfremdung von der identitätsstiftenden Kernaufgabe in Handwerksberufen oder digitaler Stress und hieraus resultierende gesundheitliche Negativwirkungen sollten beachtet und frühzeitig abgewendet werden.
Michael Heil, Delia Schröder
12. Digitale Transformation personenbezogener Arbeit – am Beispiel der professionellen Pflege
Zusammenfassung
Personenbezogene Arbeit bezeichnet Tätigkeiten bei denen der Arbeitsgegenstand ein Mensch ist. Beratungs-, Lehr- und Trainingstätigkeiten gehören ebenso dazu wie ärztliche, therapeutische, pflegerische oder künstlerische Tätigkeiten. In diesem Beitrag werden Gemeinsamkeiten und Unterschiede dieses Handlungsfeldes sowie dessen charakteristische Merkmale – letztere am Beispiel der professionellen Pflege – vorgestellt. Anschließend wird beleuchtet, wie der Einsatz digitaler Technologien diese Merkmale verändern kann, welche Folgen damit für Erwerbstätige verbunden sein können und wie es möglich ist, digitalisierte personenbezogene Arbeit menschengerecht zu gestalten. Die Autorinnen arbeiten in ihrem Beitrag heraus, weshalb eine Prämisse Kriterium für den Technologieeinsatz bei personenbezogener Arbeit dessen positive Wirkungen auf die Interaktion- d. h. auf die Beziehungsarbeit mit Klient*innen, Patient*innen oder Kund*innen-sein muss.
Marlen Melzer, Ulrike Rösler, Larissa Schlicht
13. Entwicklung und Gestaltung von Digitaler Arbeit in Forst- und Agrarwirtschaft
Zusammenfassung
Melkroboter, Futterautomaten und intelligente Sprühdosen – was nach Science Fiction klingt, ist längst Realität in Deutschlands Ställen und Wäldern. Die Digitalisierung hat in der Land- und Forstwirtschaft bereits vor einiger Zeit Einzug gehalten und ist kaum noch wegzudenken. Dieser Beitrag befasst sich mit der Entwicklung digitaler Arbeit in den beiden grünen Branchen. Es wird anhand konkreter Beispiele veranschaulicht, wie die digitale Arbeit in land- und forstwirtschaftlichen Betrieben gestaltet ist und welche Chancen und Risiken sich hieraus ergeben. Insbesondere wird auf den Aspekt der sich verändernden Kompetenzanforderungen an die Arbeitskräfte eingegangen. Abschließend werden die Limitationen der Möglichkeiten digitaler Arbeit in Land- und Forstwirtschaft aufgezeigt.
Fabian Müller, Janna Luisa Pieper

Digitale Unterstützung von BGM: Potentiale und Probleme

Frontmatter
14. Digital unterstütztes betriebliches Gesundheitsmanagement (dBGM)Digital unterstütztes betriebliches Gesundheitsmanagement (dBGM)
Zusammenfassung
Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) wird, wie die Arbeit selbst und wie Gesundheitsdienstleistungen allgemein, digitalisiert. Das betrifft den gesamten BGM-Prozess von der Analyse bis hin zu einzelnen Interventionen und umschließt den Arbeitsschutz, die Prävention und Gesundheitsförderung und das betriebliche Wiedereingliederungsmanagement. Im digitalen Betrieblichen Gesundheitsmanagement (dBGM) kommen verschiedene digitale Methoden und Instrumente zum Einsatz. Das Spektrum an digitalen Methoden ist breit, es reicht von Online-Befragungstools über Apps, Wearables oder Sensoren in Kleidungsstücken hin zu Online-Trainings im Bereich der Verhaltens- und Verhältnisprävention, Onlinecoachings und digitalen Assistenzsystemen. Digitale Angebote können als Einzelmaßnahme angeboten oder auf Plattformen als integriertes Angebot aufbereitet werden. Sie können analoge Maßnahmen ergänzen oder auch ersetzen. Die Einsatzmöglichkeiten digitaler Tools reichen von der Aufzeichnung gesundheitsbezogener Daten, der Verknüpfung von Daten aus unterschiedlichen Datenbeständen, (individualisiertem) Feedback bis hin zu konkreten Vorschlägen zur Verhaltens- und oder Verhältnisänderung. Der Beitrag zeigt Qualitätsstandards für digitale Anwendungen im Kontext des dBGM und richtet das Augenmerk auf die gesunde Gestaltung digitaler Arbeit.
Antje Ducki
15. Digitale Arbeit braucht Schutz – Arbeitsschutz wird digital?
Zusammenfassung
Die Gestaltung gesunder und sicherer Arbeit ist eine grundlegende betriebliche Aufgabe. Damit diese Aufgabe in angemessener Form wahrgenommen werden kann, ist eine entsprechende betriebliche Organisation des Arbeitsschutzes unerlässlich. Mit der Digitalisierung ergeben sich neue Möglichkeiten, um Prozesse und Maßnahmen des betrieblichen Arbeitsschutzes umzusetzen und zu unterstützen. Wie eine internetgestützte Marktrecherche der derzeitigen Verfügbarkeit von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT)-basierten Arbeitsschutzinstrumenten zeigt, bietet digital-unterstützter Arbeitsschutz die Chance, betriebliche Arbeitsschutzprozesse mit weiteren organisationalen Prozessen ganzheitlich zu verknüpfen. Außerdem können betriebsspezifische Lösungen umgesetzt werden. Somit kann der Arbeitsschutz aus der „Statistenrolle“ hinaustreten. Gleichzeitig können IKT nur dann ihre Potenziale entfalten, wenn die betriebliche Umsetzung strukturiert und unter Berücksichtigung der Bedürfnisse der Anwender*innen erfolgt.
Swantje Robelski, Sabine Sommer
16. Digitale Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen
Zusammenfassung
In diesem Kapitel werden zunächst Grundlagen der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung aufgezeigt. Anschließend werden die Chancen einer vollständig digitalisierten Durchführung thematisiert und potenzielle Hindernisse auf Basis aktueller Forschungsergebnisse beschrieben und mögliche Lösungen zu deren Überwindung präsentiert. Abschließend wird eine digitale Variante der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung dargestellt, die sich dadurch auszeichnet, dass Informationen zur Belastungsmessung wie auch Maßnahmenableitung per Online-Verfahren von den Beschäftigten generiert werden, um so Belastungen an ihrer Quelle zu bekämpfen. Diese Darstellung eines exemplarischen Verfahrens soll dazu beitragen, dass Präsenztermine reduziert und digitale Möglichkeiten der Gesundheitsförderung stärker genutzt werden.
Mathias Diebig
17. Digitale Interventionen zur individuellen Prävention und Gesundheitsförderung
Zusammenfassung
Digitalisierung verändert die Art und Weise, wie Prävention und betriebliche Gesundheitsförderung gestaltet werden. Digitale Anwendungen ermöglichen eine vergleichsweise einfache Erfassung von gesundheitlich bedeutsamen Merkmalen des Arbeitsplatzes, von Gesundheitsverhalten, gesundheitlichen Ressourcen oder Beschwerden. Es werden Qualitätsanforderungen an entsprechende Anwendungen vorgestellt und insbesondere die Probleme von sozialem Benchmarking diskutiert. Anwendungen mit dem Fokus auf die Messung von Merkmalen können gleichzeitig als eigenständige Interventionen fungieren oder sie eröffnen andere unmittelbare Handlungsmöglichkeiten und verknüpfen Analysen mit der Ableitung von Maßnahmen. Internet-Interventionen und mobile Anwendungen bilden den Schwerpunkt digitaler Angebote in der Prävention und Gesundheitsförderung. Vor dem Hintergrund von digitalen Endgeräten, Nutzungsmustern und darauf abgestimmten Trainingskonzepten werden die Potenziale beider Formate aufgezeigt. Mit Blick auf den deutschen Sprachraum wird eine Übersicht zu vorhandenen Trainings für Berufstätige, vor allem deren gesundheitlicher Wirksamkeit gegeben. Die großen Unterschiede zwischen den Trainings verdeutlichen, dass jede Internet-Intervention und jede mobile Anwendung separat bewertet werden müssen, um digitale Prävention und betriebliche Gesundheitsförderung evidenzbasiert und verantwortungsbewusst gestalten zu können. Schließlich werden mögliche Risiken und Nebenwirkungen diskutiert.
Dirk Lehr, Leif Boß
18. Technologien und Methoden und ihr Einsatz
Zusammenfassung
Digitale Gesundheitsangebote stellen aufgrund geringerer örtlicher und zeitlicher Hürden eine flexible Alternative zu herkömmlichen Methoden dar. Dies gilt z. B für Online-Plattformen, die u. a. umfängliche Trainings mit Assessments und automatisierten Antwortsystemen bieten. Auch das Angebot an Gesundheits-Apps ist vielfältig, bspw. zum Zwecke der Prävention oder der Diagnose. Die Funktionalität von Smartphone-Apps kann zudem mit Hilfe von Applikationen auf einer Smartwach erweitert werden. Damit können u. a. verschiedene Vitaldaten erhoben und in einem Ernstfall ein automatischer Notruf abgesetzt werden. Die Virtual Reality (VR)-Technologie wird im Rahmen einer digitalen Konfrontationstherapie eingesetzt, bietet damit finanzielle, zeitliche und organisatorische Vorteile im Vergleich zu real durchzuführenden Therapien. Allen Vorteilen digitaler Gesundheitsangebote stehen Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes gegenüber, dem ein ähnlicher Stellenwert wie der ärztlichen Schweigepflicht beigemessen werden sollte.
Helge Nissen, Sophie Jent
19. Online-Coaching
Zusammenfassung
Online Coaching-Angebote nehmen rasant zu in einer individualisierten und digitalisierten Lebenswelt. Das betrifft auch Gesundheitscoaching. Arbeitsbezogenes Gesundheitscoaching thematisiert die gesundheitsförderliche Gestaltung der Arbeitstätigkeit und -organisation, gesundheitsförderliches Verhalten am Arbeitsplatz, Work-Life Balance (WLB) und Erholung. Pandemiebedingt sind aktuell viele Erwerbstätige im Homeoffice und erleben besondere Herausforderungen an ihre WLB und die Gestaltung von Erholung. Ähnliche Herausforderungen kennen Inhaber*innen von Kleinbetrieben seit jeher. In diesem Beitrag stellen wir neben deren erfolgreichen Strategien zur Gestaltung von Erholung und WLB ein darauf abzielendes Blended Gesundheitscoaching für erwerbstätige Paare und dessen Evaluation vor. Homeoffice und die damit einhergehenden Anforderungen an die Erholungsgestaltung und WLB werden auch zukünftig von Bedeutung sein und stellen neben anderen Veränderungen der Arbeitswelt eine Herausforderung für die betriebliche Gesundheitsförderung dar. Online Coaching kann auf diese Herausforderung eine geeignete Antwort sein.
Christine Busch, Romana Dreyer
20. Verhältnisprävention digital umsetzen: Integrative Plattformen als Weg für eine umfassende Gesundheitsförderung
Zusammenfassung
Bedingt durch die vermehrte Flexibilisierung von Arbeitszeiten und des Arbeitsortes erscheint es sinnvoll, digitale Angebote neben der personenbezogenen Gesundheitsförderung ebenfalls im Bereich der Verhältnisprävention einzusetzen, um auch bedingungsbezogene Verbesserungen für Beschäftigte flexibel zu ermöglichen. Für eine erfolgreiche digitale Umsetzung von Verhältnisprävention müssen jedoch einige zentrale Punkte berücksichtigt werden. Im aktuellen Beitrag werden einige Grundlagen der klassischen betrieblichen Gesundheitsförderung und ihre Bedeutung für eine digitale Umsetzung von Verhältnisprävention diskutiert. Aus den identifizierten Herausforderungen werden Empfehlungen abgeleitet, wie digitale Plattformen gestaltet sein sollen, um Verhältnisprävention, aber auch betriebliche Gesundheitsförderung im Ganzen, nachhaltig erfolgreich in einer digitalen Version umzusetzen. Basierend auf einer Recherche zu digital integrativen Plattformen wird aufgezeigt, inwieweit die abgeleiteten Empfehlungen bereits Anwendung finden.
Grit Tanner, Antje Ducki, Theresia Steinke
21. Gemeinsame Verantwortung realisieren – Betriebliches Gesundheitsmanagement in Netzwerken und in der Wertschöpfungskette
Zusammenfassung
Betriebliches Gesundheitsmanagement kann durch den Austausch in Netzwerken unterstützt werden. Durch Netzwerke wird es möglich, Informationen zu erhalten, Erfahrungen zu diskutieren, Motivation zu fördern und zu verstetigen, Anregungen zu erhalten und gemeinsame Projekte durchzuführen. Eine besondere Variante sind Netzwerke, die sich aus den Beteiligten der Wertschöpfungskette, einschließlich der Kunden, zusammensetzen. Der Erfolg von Netzwerken und von Betrieblichem Gesundheitsmanagement in der Wertschöpfungskette ist an ähnliche Voraussetzungen geknüpft wie Teamarbeit; dazu gehören ein gemeinsames Verständnis von Kommunikation und Kooperation, gemeinsame Ziele sowie aktive und gleichberechtigte Beteiligung der Akteure. Mit Hilfe von Tools, wie des GESIOP-Tools für gesunde Arbeit, können Gesundheitsmanagement und Gesundheitsförderung in der Wertschöpfungskette unterstützt werden. Digitalisierung hat im Kontext von Netzwerken eine doppelte Bedeutung: im Zuge von Digitalisierung und digitaler Arbeit werden Netzwerke in der Arbeitswelt zunehmend wichtig; ferner kann durch Digitalisierung das Netzwerken und damit Betriebliche Gesundheitsförderung unterstützt werden.
Eva Bamberg, Grit Tanner

Menschengerechte Gestaltung digitaler Arbeit

Frontmatter
22. Betriebliche Kernaufgaben bei der Digitalisierung – Was ich tun und auf gar keinen Fall lassen sollte
Zusammenfassung
Digitalisierung ist ein technischer und ein sozialer Prozess: Tools oder Werkzeuge, mit denen Menschen arbeiten, werden verändert und damit auch das Arbeits-Verhalten. Das eine geht nicht ohne das andere. Je besser die Mitarbeiter*innen und die Führungskräfte bei der Implementierung neuer Tools und der Digitalisierung der Arbeitsprozesse einbezogen sind, sie zu Macher*innen der Digitalisierung werden, umso effizienter, menschengerechter und gesundheitsförderlicher sind die Konzepte und umso höher ist die Akzeptanz. Dieses Kapitel führt durch die Schritte der betrieblichen Digitalisierung und ist gespickt mit vielen Beispielen aus der Praxis: Zielbildung und Konzeptentwicklung, Partizipation der Betroffenen, das Digitalisierungs-Klima im Unternehmen, Schulung und die Frage der kontinuierlichen Verbesserung und des permanenten Change werden thematisiert.
Andrea Beddies
23. Instrumente und Methoden
Zusammenfassung
Psychische Belastungen sind inzwischen einer der zwei Top-Gründe für Arbeitsausfälle. Um diesem Trend entgegenzuwirken, müssen die Belastungsfaktoren von Arbeitnehmenden möglichst minimiert werden. Dabei stehen ihnen zum einen zahlreiche (digitale) Verfahren zur Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen zur Verfügung, zum anderen existiert eine zunehmende Anzahl von digitalen Interventionsangeboten zur Prävention. Im Sinne einer Zusammenführung wird eine strukturierte Auswahl verschiedener Verfahren, die für eine Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung eingesetzt werden können, in diesem Kapitel vorgestellt. Darüber hinaus wird eine Übersicht über eine Auswahl digitaler Gesundheitsangebote dargestellt, welche als geeignete Präventionsmaßnahmen fungieren können. Die Forschung zeigt, dass der Einsatz verhältnis- und verhaltenspräventiver Maßnahmen in Kombination die bedeutendsten Effekte zeigt. Ein Beispiel aus der Praxis veranschaulicht die Umsetzung dessen.
Simone Kauffeld, Eva-Maria Schulte
24. Aufgaben und Kompetenzen bei der Gestaltung digitaler Arbeit
Zusammenfassung
Das folgende Kapitel unterscheidet individuelle, betriebliche und gesellschaftliche Aufgabenbereiche bei der Gestaltung digitaler Arbeit. Individuelle Kernaufgaben umfassen persönliche, soziale und technikorientierte Kompetenzen. Digital Arbeitende müssen Arbeitsgestaltungskompetenz erwerben, die es ihnen ermöglicht, den eigenen Arbeitsplatz, die Arbeitsaufgabe, Arbeitsmittel, die Arbeitsumgebung aber auch die Arbeitszeit und die soziale Situation möglichst belastungsarm und gleichzeitig ressourcenreich zu gestalten. Regeln zur Datensicherheit und zum Datenschutz müssen bekannt sein und eingehalten werden. Die Vermittlung des entsprechenden Wissens und die Schaffung von Rahmenbedingungen, in denen dieses Wissen auch umgesetzt werden kann, sind betriebliche Kernaufgaben. Der betriebliche Fokus ist darauf gerichtet, digitale Arbeit humanzentriert, d. h. schädigungslos, gesundheits- und persönlichkeitsförderlich zu gestalten und den Gestaltungsprozess an die Bedingungen digitaler Arbeit anzupassen. Neue Gestaltungsakteure wie z. B. Softwareentwickler*innen oder auch Anbieter*innen von Coworking Spaces sind zukünftig stärker zu berücksichtigen. Auf gesellschaftlicher Ebene müssen verschiedene Gruppen und Positionen in einen breiten Diskurs zur digitalen Zukunft einbezogen werden. Übergeordnete Rahmenbedingungen sind durch Wissenschaft, Politik und Gesetzesvorgaben zu regeln. Die digitale Transformation benötigt eine humanzentrierte Gestaltungskultur, die das Gemeinwesen und einen verantwortungsvollen Umgang mit Technik in den Mittelpunkt stellt.
Antje Ducki, Eva Bamberg, Monique Janneck
Backmatter
Metadata
Title
Digitale Arbeit gestalten
Editors
Prof. Dr. Eva Bamberg
Prof. Dr. Antje Ducki
Prof. Dr. Monique Janneck
Copyright Year
2022
Electronic ISBN
978-3-658-34647-8
Print ISBN
978-3-658-34646-1
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-34647-8

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