Immer mehr IT-Systeme und Datenbanken kommen im Marketing für die individuelle Kundenansprache zum Einsatz. Das Fachwissen der Führungskräfte in diesem Bereich ist allerdings sehr lückenhaft. Das birgt einige Gefahren.
Der Wunsch nach individuellen Interaktionen mit Kunden an unterschiedlichen Kontaktpunkten erhöht die Anforderungen für Strategie, Prozesse und Organisation der verwendeten Marketing-Technologie. Um diese besser an die Kundenbedürfnisse abzustimmen, nehmen Unternehmen viel Kapital in die Hand. Die Ausgaben in diesem Bereich werden in Deutschland voraussichtlich in den kommenden vier bis fünf Jahren von 4,2 auf 10,7 Milliarden Euro steigen, schätzt Ralf Strauß, Managing Partner des Marketing Tech Lab.
Um die IT-Anwendungen gut zu nutzen, müssten die Führungskräfte im Marketing über eine gute Datenqualität verfügen und die Technologie verstehen. Dieses Wissen besitzt allerdings nur knapp ein Fünftel der Befragten aus der Studie "Marketing Tech Monitor 2022" des Marketing Tech Labs, die im Juni veröffentlicht wurde. Für die Studie wurden 300 Marketing- und Digital-Verantwortliche aus Deutschland, Österreich und der Schweiz befragt. Die Studie beschäftigt sich mit den relevanten Themen der Branche rund um Data-Driven Marketing, vom KPI-Framework bis zum Datenmanagement.
Zu wenig IT-Verständnis im Marketing
Aus Sicht der Studienautoren mangelt es den Führungskräften oftmals an technischem Grundlagenwissen und Verständnis, so dass sie Fragen wie die folgenden für ihr Unternehmen nicht beantworten können:
- Welcher Granularitätslevel ist für Use Cases oder Requirements erforderlich?
- Was ist eine Customer Data Platform, kurz CDP?
- In welchem Anwendungskontext macht diese wirklich Sinn?
Knapp 47 Prozent der Befragten geben in der Befragung zwar an, ihre IT-Landschaft dokumentiert zu haben. Nur ein Prozent der befragten Marketingspezialisten hat die verwendete Technologie-Landschaft allerdings vorausschauend optimiert. Dazu passt, dass ein Fünftel der Umfrageteilnehmer angab, kaum einen Überblick über die eingesetzte eigene Tool-Landschaft zu haben. Und dieses Phänomen gilt nicht nur für Marketingverantwortlichen kleinerer Firmen, sondern auch aus Großunternehmen.
Marketer benötigen Kenntnisse im Umgang mit Daten
Wie wichtig Kompetenz im Umgang mit Daten ist, erklären die Springer-Autoren Katharina Schüller und Simon Büschges im Kapitel „Die Rolle einer umfassenden Datenstrategie als Fundament von Marketing Analytics “ des Fachbuchs "Marketing Analytics" (Seite 19). Die Experten beschreiben anhand einer Fallstudie, wie eine Hilfsorganisation, von dem Bereich Marketing Analytics ausgehend, eine firmenweite Datenstrategie entwickelt hat. "Datenkompetenz ist keine Fachexpertise, die vornehmlich Spezialisten wie Data Scientists vorbehalten ist, sondern eine Schlüsselkompetenz im Zuge des digitalen Wandels", argumentieren die Springer-Autoren.
Diese technische Kompetenz beinhaltet laut Schüller und Büschges:
- das fachliche und technische Wissen, unter anderem über Software-Tools, Datenstrukturen, Datenquellen, Analysemethoden,die Fähigkeiten und Fertigkeiten
- dieses Wissen zweckorientiert umzusetzen, und
- die Motivation und Haltung, die Daten in Mehrwert zu verwandeln und dabei die Möglichkeiten und Grenzen der Datennutzung kritisch zu hinterfragen.
Aus Sicht der Experten von Marketing Tech Lab nutzen zudem die meisten Verantwortlichen für Werbung und Marketing eine Vielzahl an externen Plattformen und Ökosystemen, denen es an Transparenz mangelt. Das begünstige Anzeigenbetrug und führe dazu, dass zu viele unterschiedliche Tools im Einsatz sind, die nicht miteinander harmonieren.
Vollintegrierte IT-Angebote sind nicht zu empfehlen
"Vollintegrierte Full Stack-Angebote entpuppen sich in der Realität häufig als Flickenteppich wild zugekaufter Anwendungen", sagt Strauß. Seiner Erfahrung nach sind "individuelle Strategien beim Auf- und Ausbau eines Technologie Stack das Gebot der Stunde, inklusive einer dezidierten Daten-Strategie einschließlich Aktivierung".
In den kommenden zwei Jahren wird aus Sicht der Befragten vor allem die effiziente Kundenansprache basierend auf First-Party-Daten eine große Rolle spielen. Daher wollen die Marketingverantwortlichen vor allem die Datenlandschaft konsolidieren, die Marketingtechnologie-Landschaft komplettieren und in ihren Organisationen für mehr Know-how bei Marketingtechnologien sorgen.