Aufgrund ihrer hervorragenden Materialeigenschaften begannen Kunststoffe in den 1950er-Jahren ihren Siegeszug. Die weltweite Kunststoffproduktion steigt immer noch rapide an, von 230 Mio. Tonnen im Jahr 2005 auf 359 Mio. Tonnen im Jahr 2018 (Plastics Europe
2019). Somit werden jährlich etwa 40 kg Kunststoffe für jeden lebenden Menschen produziert. Zudem ist die Nutzungsdauer von Kunststoffen, insbesondere bei Einwegverpackungen, die etwa 40 % des Kunststoffbedarfs in Europa ausmachen (Plastics Europe
2019), oft relativ kurz. Ihre primären Vorteile, nämlich die Dichtheit und Widerstandsfähigkeit, sind gleichzeitig ihr Nachteil, da die Kunststoffe auch entsprechend resistent in unserer Umwelt verbleiben. Die Lebensdauer von Kunststoffen wird auf Hunderte bis Tausende von Jahren geschätzt, was bedeutet, dass abgesehen von der Verbrennung der überwiegende Teil aller jemals hergestellten Kunststoffe immer noch vorhanden ist (Barnes et al.
2009; Thompson et al.
2005). Obwohl die Recyclingraten über die letzten Jahre steigen (mit einer Rate von 64 % im Zeitraum von 2006 bis 2014 in der EU28 + 2) (Plastics Europe
2019), geht ein Teil der kontrollierten Abfallströme verloren und landet in unserer Umwelt. Kunststoffabfälle werden nach ihrer Größe klassifiziert, es gibt allerdings keine definierte Größe für ein als „Mikroplastik“ kategorisiertes Partikel. Allerdings wird eine Obergrenze von 5 mm in der Literatur allgemein als vereinbart gesehen (Anderson et al.
2016; Cole et al.
2011). Plastikpartikel sind an Land und auch in der Süßwasser- und Meeresumwelt präsent (z. B. Cole et al.
2011), wurden aber auch in den entlegensten Gebieten der Welt wie in Tiefseesedimenten (Van Cauwenberghe et al.
2013) oder eingekapselt im Eis der Arktis (Obbard et al.
2014) beobachtet. Wenn das Material dem Sonnenlicht, dem Wind und der chemischen Umgebung ausgesetzt wird, verändert es sich und zerfällt zu Teilchen von wenigen Mikrometern Größe, die leicht zerstreut werden können. Über die biologischen Auswirkungen, wie die Interaktion des Organismus mit Mikrokunststoffen und deren Aufnahme (Wagner et al.
2014), ist wenig bekannt, aber dass Partikel von Tieren mit Nahrung verwechselt werden, ist weithin nachgewiesen (Horton et al.
2017). Einem Team des österreichischen Umweltbundesamts ist es darüber hinaus gelungen, eine Methodik zu entwickeln, um das Vorhandensein von Plastik im menschlichen Stuhl zu überprüfen. In den Exkrementen aller Probanden wurde Mikroplastik nachgewiesen (Schwabl et al.
2019). Obwohl das Festland und Flüsse als Ursprung und Transportweg von Kunststoffen anerkannt sind, konzentriert sich der Großteil der bisherigen Forschung auf die Meeresumwelt (Horton et al.
2017). Studien an und in Flüssen sind jedoch in den letzten Jahren rasch vorangekommen. Horton et al. (
2017) gaben einen detaillierten Überblick über Süßwasserstudien, die von Seen (z. B. Imhof et al.
2016) bis zu Flüssen (z. B. Dris et al.
2015; Faure et al.
2015; Lechner et al.
2014; Mani et al.
2015) und Flusssedimenten reichen (z. B. Klein et al.
2015). Messungen wurden in den letzten Jahren in den Zuflüssen der Großen Seen (Baldwin et al.
2016), der Seine (Dris et al.
2015), verschiedener Flüsse in der Schweiz (Faure et al.
2015), des Rheins (Mani et al.
2015), und der Donau (Lechner et al.
2014) durchgeführt. Alle Forscher verwendeten benthische Netze (Lechner et al.
2014) oder Oberflächenschleppnetze (Manta-trawls), wie sie erstmals von Carpenter et al. (
1972) verwendet, von Brown und Cheng (
1981) beschrieben und von Lippiatt et al. (
2013) als Standardmethode für Oberflächengewässer vorgeschlagen wurden. Bei dieser Methodik wird ein sogenannter „Manta-trawl“ horizontal an der Oberfläche durch das Wasser gezogen. Aufgrund dieser Probenahmestrategie befassen sich alle diese Studien nur mit den Partikeln, die auf der Wasseroberfläche und in der oberflächennahen Schicht (obere 10 bis 30 cm der Wassersäule) schwimmen. Moore et al. (
2011) versuchten mehrere Tiefen zu erfassen, indem sie verschiedene Geräte, darunter einen modifizierten großen Helley-Smith-Probenehmer, in betonierten Bächen in der Nähe von Los Angeles einsetzten. Auch Dris et al. (
2015) gingen auf verschiedene Tiefen in einem Punkt in der Mitte der Seine ein, indem sie ein Planktonnetz (das sogar Plastikfasern erfassen kann) mit einem Propellerströmungsmesser koppelten, um bis zu 2 m tief zu beproben. Bislang gab es jedoch keine anwendbare Methodik, um den gesamten Querschnitt mit einer Vielpunktmethode auch in der Tiefe standardmäßig zu beproben und so den Mikroplastiktransport in mittleren und großen Flüssen zu erfassen. Kunststoffe bestehen aus verschiedenen Polymeren, die je nach Zusammensetzung, Dichte und Form des Kunststoffs schwimmend, neutral oder sinkend sein können (Anderson et al.
2016; Cole et al.
2011). Sie können auch zu Polymeren höherer Dichte werden, wenn bei der Herstellung mineralische Füllstoffe hinzugefügt werden (Corcoran
2015). Kunststoffpartikel verändern ihre Größe und Dichte durch Aggregation oder durch das Wachstum von Biofilmen (z. B. Long et al.
2015; Harrison et al.
2018), und durch turbulente Strömung werden sie in Flüssen bewegt (Tritthart et al.
2019). Sie werden manchmal sogar in der Nähe des Flussbetts konzentriert und interagieren mit dem Sediment. In den Ozeanen sind in allen Schichten, von der Oberfläche bis hinunter zum Sediment, Plastikteilchen gefunden worden (z. B. Horton et al.
2017; Obbard et al.
2014; Dris et al.
2018). Wenn die Dichte des Kunststoffs geringer ist als die Dichte des Wassers, können sie schwimmen oder sich nahe der Wasseroberfläche befinden. Aufgrund ihrer unterschiedlichen Dichte, Turbulenzen in Flüssen, Biofilm usw. sind sie jedoch eher mit dem Verhalten von suspendierten Sedimentpartikeln zu vergleichen und kommen in der gesamten Wassersäule vor. Eine geeignete Methodik zur Bestimmung des Mikroplastiktransports sollte sich daher an den Forschungserfahrungen orientieren, die für Schwebstoffproben zur Verfügung stehen.
Dazu gibt es in Österreich einen Leitfaden, der die Messmethodik am Stand der Wissenschaft beschreibt und für die Verwendung im Land empfiehlt. Beim Schwebstofftransport wird in der Regel eine Kombination aus direkten und indirekten Methoden angewendet, um Messungen mit der erforderlichen räumlichen und zeitlichen Auflösung zu erfassen (Haimann et al.
2014). Um der zeitlichen Variabilität Rechnung zu tragen, werden optische Sensoren installiert, die die Trübung an einer Stelle im Gewässerquerschnitt kontinuierlich erfassen. Zusätzlich ist die Verteilung der Schwebstoffkonzentration im Querschnitt (räumliche Variabilität) zu berücksichtigen (Wass und Leeks
1999). Zur Ermittlung der mittleren Querschnittskonzentration (Cm) wird die in ISO 4363 (
2002) und von Edwards und Glysson (
1999) beschriebene Mehrpunktmethode empfohlen. Mit dieser Methode werden die Schwebstoffkonzentration und die Fließgeschwindigkeit in verschiedenen vertikalen Profilen und in verschiedenen Tiefen gemessen (Haimann et al.
2014). Um die zeitliche Auflösung zu berücksichtigen, werden verschiedene Messungen über das ganze Jahr durchgeführt und Abflussspektren oder indirekte Geräte verwendet. Angepasst an die Messung des Mikroplastiktransports ist es auch von hoher Bedeutung, die räumliche und zeitliche Variabilität zu bestimmen.